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Der familienrechtliche Ausgleichsanspruch

OLG Nürnberg, Beschluss vom 24.10. 2012 - Az 7 UF 969/12

Geschätzte Lesezeit: 5 min

II. Die Entscheidung des OLG Nürnberg

Von dieser generellen Regel macht nun das OLG Nürnberg Beschluss v. 24. Oktober 2012 · Az. 7 UF 969/12 , wiederum eine Ausnahme, wenn es sich bei dem Unterhaltstitel um eine JUGENDAMTSURKUNDE handelt. Argument dafür ist der Umstand, dass Jugendamtsurkunden im Gegensatz zu gerichtlich beschlossenen Unterhaltstiteln keine sog. Rechtskraft haben.

(Zitat) “In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein familienrechtlicher Ausgleichsanspruch gegenüber dem anderen Elternteil für Fälle anerkannt, in denen ein Elternteil (allein) für den Unterhalt eines gemeinsamen ehelichen Kindes aufgekommen ist, obwohl (auch) der andere Elternteil dem Kind unterhaltspflichtig war (vgl. etwa BGH FamRZ 1994, 1102, 1103). (…) Der Bundesgerichtshof hat diese den Ausgleichsanspruch einschränkende Voraussetzung in einem Urteil vom 20.5.1981 (FamRZ 1981, 761) in einem Fall entwickelt, in dem es um die im Vorfeld der fraglichen Unterhaltsleistungen in einem Urteil rechtskräftig festgestellten Anteile der Haftung der Eltern für den Unterhalt volljähriger Kinder ging. (…) Er hat dazu ausgeführt, dass der Ausgleichsanspruch nicht dazu bestimmt sei, gerichtlich festgesetzte Unterhaltsverpflichtungen, die auf einer Abwägung der Leistungsfähigkeit beider Eltern beruhen, durch einen Ausgleich von Unterhaltsanteilen im Verhältnis der Eltern zueinander abzuändern. Sei über den Haftungsanteil eines Elternteils in einem Unterhaltsrechtsstreit zwischen diesem und dem unterhaltsberechtigten Kind rechtskräftig entschieden, solle dieser Anteil nach dem Willen des Gesetzgebers nur unter den Voraussetzungen einer Abänderungsklage nach § 323 ZPO erneut zur Entscheidung gestellt werden. Es würde dem in dieser Vorschrift zum Ausdruck kommenden Bestreben nach Wahrung der Rechtssicherheit widersprechen, wenn ohne Rücksicht auf die Voraussetzungen einer Abänderungsklage nach § 323 ZPO ein familienrechtlicher Ausgleichsanspruch zugelassen würde, mit Hilfe dessen der im Unterhaltsprozess zur Zahlung verurteilte Elternteil geltend machen könne, das Unterhaltsurteil sei von einer unrichtigen Bemessung der Haftungsanteile der Eltern an der gemeinsamen Unterhaltsschuld ausgegangen. (…) Zwar ist diese Jugendamtsurkunde – ebenso wie eine gerichtliche Entscheidung – ein vollstreckbarer Titel (vgl. § 794 Abs. 1 Nr. 3 ZPO), der bei einer Veränderung der zugrundliegenden Umstände zu Gunsten des Unterhaltspflichtigen von diesem im Wege eines Antrages nach § 239 ZPO abzuändern ist (vgl. etwa BGH FamRZ 2011, 1041 ff.) bzw. gegen den, wohl auch bei dem hier vorliegenden Entfallen der Barunterhaltspflicht des Antragstellers wegen der Aufenthaltsnahme des Kindes bei ihm, im Wege eines Vollstreckungsgegenantrages vorzugehen ist. Allerdings kommt dieser Urkunde, anders als einer gerichtlichen Entscheidung, keine Rechtskraftwirkung zu, um deren Schutz es dem BGH mit der wiedergegebenen Argumentation in den genannten Entscheidungen offensichtlich geht. Außerdem würde auch dann, wenn man, wie offenbar der BGH in seiner Entscheidung vom 25.5.1994, davon ausgehen würde, dass auch ein Entfallen der Barunterhaltspflicht aufgrund des Aufenthaltswechsels des Kindes im Wege eines Abänderungsantrages geltend zu machen ist, für diesen die Zeitschranke des § 238 Abs. 3 FamFG nicht gelten (vgl. dazu etwa Zöller/Lorenz, ZPO, 29. Aufl., § 239 FamFG Rdnr. 3), die der BGH in der genannten Entscheidung – bezogen auf § 323 Abs. 3 ZPO – ebenfalls als Argument für seine Auffassung herangezogen hat. Der Senat ist deshalb der Auffassung, dass die Existenz der Jugendamtsurkunde und auch der Umstand, dass die Antragsgegnerin vor oder auch während des streitgegenständlichen Zeitraums nicht zur Herausgabe der Jugendamtsurkunde, sondern (mit den Schreiben des Jugendamtes vom 19.9. und 17.11.2011) „nur“ zu Unterhaltszahlungen bzw. entsprechender Auskunft aufgefordert wurde, der Annahme, dass der Antragsteller im vorliegenden Fall mit der – angesichts der ausbleibenden Zahlungen der Antragsgegnerin notgedrungenen – Übernahme des Barunterhalts für das Kind S. eine Verbindlichkeit erfüllt hat, die sich im Verhältnis zum Kind als Verpflichtung der Antragsgegnerin darstellt, nicht entgegensteht.”

I. Die Situation



Der familienrechtliche Ausgleichsanspruch ist ein Anspruch zwischen unterhaltpflichtigen Eltern, die anteilig für den Unterhalt ihrer Kinder haften. Die anteilige Haftung der Eltern kommt in der Praxis häufig beim MEHRBEDARF und SONDERBEDARF sowie beim Unterhalt für VOLLJÄHRIGE KINDER vor. Kommt ein Elternteil umfangreicher für den Unterhalt des Kindes auf, als dies seinem Haftungsanteil entspricht und entlastet damit den anderen Elternteil, kann es zu diesem internen Ausgleich zwischen den Eltern kommen. Näheres zu den Voraussetzungen zu diesem Rechtsinstitut erfahren Sie beim Thema FAMILIENRECHTLICHER AUSGLEICHSANSPRUCH. Eine Voraussetzung für diesen Erstattungsanspruch ist das Fehlen des Anscheins, dass die überobligatorische Leistungsübernahme des einen Elternteils freiwillig erfolgt und damit der leistende Elternteil den anderen Elternteil von einer Regressforderung inzident freistellt. Ein weiterer Anschein für die Rechtmäßigkeit der überobligatorischen Unterhaltsleistung kann auch im Vorliegen eines gerichtlichen Unterhaltstitels gesehen werden, der den leistenden Elternteil zu den Unterhaltszahlungen verpflichtet.

Beispiel:

Das unterhaltsberechtigte Kind wohnt bei seiner Mutter. Der Vater bezahlt den Barunterhalt für das Kind auf Grundlage eines gegen den Vater erlassenen Unterhaltsurteil. Später wechselt das Kind seinen Wohnsitz und zieht zum Vater. Nun kommt dieser für den Natural- und Barunterhalt des Kindes auf, weil die Mutter den Barunterhalt nicht bezahlt, obwohl sie nach Gesetzeslage dazu verpflichtet wäre. In solchen Fällen verneint der BGH einen familienrechtlichen Ausgleichanspruch des Vaters gegen die Mutter mit dem Argument, dass im Zweifel der Vater den Barunterhalt zu Erfüllung der titulierten Forderung des Kindes gegen ihn erbringt. Will also der Vater zu einem FAMILIENRECHTLICHEN AUSGLEICHSANSPRUCH gegen die Mutter gelangen, muss er den gegen ihn bestehenden Unterhaltstitel auf Null abändern lassen und so diesen Titel gegen sich beseitigen (mehr zu zu diesem Thema bei ABÄNDERUNG).

III. Fragen – Kontakt – Service


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