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Sabotageverhalten bei Hausverkauf

OLG Zweibrücken, Beschluss vom 16.5.2022 – 2 UF 184/21


Thema:
> Zugewinnausgleich

Ausgleichsanspruch begrenzen
Schadenersatz wegen sittenwidriger vorsätzlicher Schädigung (Verkaufsboykott)


Situation


Nach dem Stichtagsprinzip kann es vorkommen, dass eine Immobilie im Endvermögen mit einem objektiven Verkehrswert zum Ansatz kommt, der sich in der Folgezeit nicht realisieren lässt. Hier war unstreitig, dass ein Hausanwesen im Ergebnis unter dem Marktpreis verkauft worden ist.
Nach der Trennung ist die Ehefrau mit ihren Kindern im Anwesen des Ehemannes verblieben, hat in dieser Zeit keine > Nutzungsentschädigungszahlungen erbracht und sich an der Finanzierung nicht beteiligt. Im Jahr 2019 ist der Ehemann mit einer Vielzahl von Anwaltsschreiben an die Ehefrau und ihren Bevollmächtigten herangetreten. Darin hat er mehrfach eindrücklich darauf hingewiesen, dass er

  • das Anwesen veräußern müsse, weil er die Finanzierungslasten nicht stemmen könne
  • das Anwesen betreten müsse, um Lichtbilder für Verkaufsanzeigen anzufertigen
  • um Nennung geeigneter Besichtigungstermine für etwaige Interessenten bitte.

Daraufhin hat die Ehefrau keinerlei Mitwirkungsbereitschaft gezeigt. Sie musste vielmehr geradezu überrumpelt werden, damit ein Besichtigungstermin zustande kam – was die Ehefrau in der Folge zum Gegenstand einer Strafanzeige machte.

Den Interessenten, die das Haus letztlich erwarben, gab die Ehefrau nach dem unbestrittenen Vortrag des Ehemannes zu verstehen, dass sie nicht ausziehen wolle. Vor diesem Hintergrund ist plausibel und nachvollziehbar, dass sich bei dieser Ausgangslage nicht der Marktpreis erzielen ließ, weil die Erwerber auf die Einleitung eines Zwangsvollstreckungsverfahrens angewiesen waren und das Anwesen nicht gleich nutzen konnten, sie überdies mit einem Sabotageverhalten der nicht auszugswilligen Ehefrau rechnen mussten, zu dem es ausweislich der nicht bestrittenen Angaben in der Beschwerdeerwiderung auch gekommen ist. 

Hier könnte daran gedacht werden, den Zugewinn um die Differenz zwischen dem tatsächlich erzielten Verkaufspreis und dem festgestellten Verkehrswert zum Stichtag zu kürzen. Als Rechtsgrundlage könnte sich dafür § 1381 BGB anbieten: sog. > Unbilligkeitseinrede.

§ 1381 BGB
Gesetzestext


(1) Der Schuldner kann die Erfüllung der Ausgleichsforderung verweigern, soweit der Ausgleich des Zugewinns nach den Umständen des Falles grob unbillig wäre.


Tatsächlich hat hier das OLG Zweibrücken der Ehefrau verwehrt, sich im Rahmen des Zugewinnausgleichs auf den höheren Verkehrswert der Immobilie des Ehemannes zum Stichtag zu berufen. Dies folge allerdings nicht aus der Anwendung von § 1378 Abs.1 BGB. Nach dieser Vorschrift kann der Schuldner die Erfüllung der Ausgleichsforderung verweigern, soweit der Ausgleich des Zugewinns nach den Umständen des Falles > grob unbillig wäre. Nach allgemeiner Meinung ist eine grobe Unbilligkeit im Sinne der vorgenannten Norm nur in Ausnahmefällen anzunehmen, nämlich dann, wenn der rechnerisch bewusst schematisch und pauschalisierend ausgestaltete Zugewinnausgleich zu einem Ausgleichsanspruch führt, der im Einzelfall dem Gerechtigkeitsempfinden in unerträglicher Weise widerspricht (anstatt vieler Koch in: Münchener Kommentar, 7. Auflage, § 1381 Rn. 11). Davon kann vorliegend nicht ausgegangen werden, so das OLG Zweibrücken. Es reicht insbesondere nicht aus, dass die Ehefrau einen Auszug aus dem Anwesen des Ehemannes verweigert und ihn durch ihr Verhalten am Hauskauf gehindert hat. Wenngleich diese Verhaltensweisen aus Sicht des Ehemannes wertungsmäßig unbillig erscheinen mögen, bedarf es zur Auflösung einer etwaigen Unbilligkeit nicht des Rückgriffs auf § 1381 BGB und damit eines Eingriffs in die Stichtagsberechnung.

Die Einrede des § 1381 Abs.1 BGB ist nach der Rechtsprechung des Senates (grundlegend Senatsbeschluss vom 31. August 2018, 2 UF 34/18 = NJW 2019, 611) nämlich dann nicht anwendbar, wenn das die Unbilligkeit begründende Verhalten seinerseits geeignet ist, Zahlungsansprüche auszulösen (die zur Aufrechnung gestellt werden können). So liegt der Fall hier: Die Nutzung des Anwesens trotz der Aufforderung zum Auszug kann Nutzungsentschädigungsansprüche (oder aber zumindest eine unterhaltsrechtliche Berücksichtigung) zur Folge haben. Etwaige Sabotagehandlungen im Zusammenhang mit dem Hausverkauf können > deliktsrechtliche Schadensersatzansprüche auslösen. Im Falle einer Bejahung der Einrede des § 1381 BGB würde das Wertungs- und Haftungsregime der in Betracht kommenden Gegenansprüche unterlaufen, bliebe die Reichweite der Rechtskraft unklar, bzw. drohte eine nicht gerechtfertigte Doppelberücksichtigung der Verfehlungen, so das OLG Saarbrücken.

Orientierungssatz
des OLG Zweibrücken


Sorgt ein Ehegatte durch Sabotagehandlungen dafür, dass das Hausanwesen des anderen Ehegatten nur unterhalb des Marktpreises veräußert werden kann, steht der späteren Geltendmachung eines Zugewinnausgleichsanspruches zwar nicht die Unbilligkeitseinrede des § 1381 I BGB entgegen (Fortführung Senat NJW 2019, 611). Ihm bleibt aber die Berufung auf den objektiven Marktwert des Anwesens nach § 242 BGB verwehrt.

 Weiterführende Links:
    » Schadensersatz wegen Boykott des freihändigen Verkaufs einer gemeinsamen Immobilie

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