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Unterhaltsrecht
mit internationalen Bezügen


ist immer dann gegeben, wenn ein Familienmitglied über eine ausländische Staatsangehörigkeit verfügt, staatenlos ist oder den gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland hat. Dann sind für jede einzelne Angelegenheit des Familienrechts immer zwei Fragen vorab zu klären:

Wegweiser zum internationalen Unterhaltsrecht

Dr. Schröck – Kanzlei für Familienrecht - Unterhaltsrecht - mit internationalen Bezügen 1
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Internationale Zuständigkeit
der nationalen Gerichte

Rechtsquellen:
EuUnthVO, LugÜ


Liegt eine Unterhaltssache mit internationalem Bezug vor, haben Gerichte stets ihre internationale Zuständigkeit zu prüfen. Die primäre Rechtsquelle für die Antwort auf die Frage nach der internationalen Zuständigkeit europäischer Gerichte ist die Verordnung (EU) Nr.4/2009 EuUnthVO. Das AUG setzt für deutsche Gerichte die Prüfung der internationalen Zuständigkeit nach den europäischen Vorgaben der EuUnterhaltsVO in deutsches Gesetzesrecht um.

Ist auf den Fall die EUUnthVO nicht anwendbar, richtet sich die internationale Zuständigkeit nach dem LugÜ (> Luganer Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil-und Handelssachen vom 30. Oktober 2007 (ABl. EU 2009 Nr. L147, S.5).

Anwendung der EuUnthVO
in den Mitgliedstaaten der EU


Die EuUnthVO gilt innerhalb der Mitgliedstaaten der EU (örtlicher Anwendungsbereich), wobei immer der Sonderstatus des Vereinigten Königreichs, Irlands und Dänemarks zu beachten ist. Der sachliche Anwendungsbereich der EuUnthVO setzt keinen besonderen Unionsbezug voraus (MüKoFamFG/Lipp, 3. Aufl. 2013, Art. 1 EuUnterhaltsVO Rn. 71; Thomas/Putzo/Hüßtege, ZPO, 36. Aufl. 2015, Vor Art. 1 Rn. 18). Sie gilt nicht nur innerhalb der Mitgliedstaaten iSd Art. 1 Abs.1 EuUnterhaltsVO, sondern erfasst auch die sog. Drittstaatenfälle (vgl. Art. 3, 6, 7 EuUnterhaltsVO sowie Erwägungsgrund Nr. 15). Ihr Anwendungsbereich ist immer dann eröffnet, wenn es um eine Unterhaltspflicht aufgrund eines Familienverhältnisses iS ihres Art. 1 EuUnterhaltsVO geht. Sie erfasst freilich keine reinen Inlandsfälle; aus den Erwägungsgründen (Nr. 1, 3, 4, 30, 31, 33, 45) folgt (hierzu ausführlich Rauscher/Andrae, EuZPR/EuIPR, 4. Aufl. 2015, Art. 3 EuUnterhaltsVO Rn. 15 ff.), dass sie nur die grenzüberschreitende Unterhaltsdurchsetzung erfassen möchte.

Internationale Zuständigkeit
nach dem gewöhnlichen Aufenthalt



Art. 3 EuUnthVO
Verordnungstext


Zuständig für Entscheidungen in Unterhaltssachen in den Mitgliedstaaten ist

a) das Gericht des Ortes, an dem der Beklagte seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, oder

b) das Gericht des Ortes, an dem die berechtigte Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat, oder

c) das Gericht, das nach seinem Recht für ein Verfahren in Bezug auf den Personenstand zuständig ist, wenn in der Nebensache zu diesem Verfahren über eine Unterhaltssache zu entscheiden ist, es sei denn, diese Zuständigkeit begründet sich einzig auf der Staatsangehörigkeit einer der Parteien, oder

d) das Gericht, das nach seinem Recht für ein Verfahren in Bezug auf die elterliche Verantwortung zuständig ist, wenn in der Nebensache zu diesem Verfahren über eine Unterhaltssache zu entscheiden ist, es sei denn, diese Zuständigkeit beruht einzig auf der Staatsangehörigkeit einer der Parteien.


Rechtsprechung



Loewe

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 25.04.2012 – II – 8 UF 59/12
Zur Internationalen Zuständigkeit gem. Art. 3 EuUnthVO



(Zitat) “Vor rangig auf Unterhaltsansprüche ist seit dem 18.06.2011 die Verordnung (EG) Nr. 4/2009 vom 18.12.2008 (im folgenden EuUnthVO) anzuwenden. Diese erfasst gemäß Art. 1 Unterhaltspflichten, die auf einem Familien-, Verwandtschafts-, oder eherechtlichen Verhältnis oder auf Schwägerschaft beruhen, damit auch das vorliegende Unterhaltsverhältnis. Die in § 3 ff. der EuUnthVO getroffenen Zuständigkeitsbestimmungen gelten universal, greifen also auch dann ein, wenn die Parteien – wie hier – nicht die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedsstaates besitzen ; Gegenseitigkeit ist nicht erforderlich (vgl. Hausmann, Internationales und Europäisches Scheidungsrecht, Abschnitt C, Rn. 19, 20; OLG Koblenz, Beschluss v. 18.06.2014, Aktenzeichen 13 WF 564/14, FamRZ 2015, FAMRZ 268 f., Borth/Grandel in Musielak/Borth, FamFG, 4. Aufl. 2013, Vorbem. Zu §§ 98 ff., Rn. 18.). Die EuUnthVO ist gemäß der in Art 75 getroffenen Übergangsregelung für alle Verfahren anwendbar, die seit dem 18.06.2011 eingeleitet wurden.”

Wo ist der gewöhnliche Aufenthalt?
Art. 3 lit. a) und b) EuUnthVO


In aller Regel wird der Unterhaltsgläubiger das Gericht am Ort seines gewöhnlichen Aufenthalts anrufen können.

Begriffsauslegung:

Die Zuständigkeit nach Art. 3 EuUnthVO bestimmt sich ohne Rücksicht auf die Staatsangehörigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt. Der gewönliche Aufenthalt einer Person ist ein Rechtsbegriff, der ein tatsächliches Verhältnis beschreibt. Der gewöhnliche Aufenthalt wird in europäischen Verordnungen (EuEheVOR, EuUnthVO, EuEheGÜVO etc.) nicht definiert. Nationale Vorschriften sind für die Auslegung nicht maßgebend. Vielmehr ist der Begriff aus den europäischen Verordnung selbstheraus auszulegen (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 22.05.2017 – 10 UF 46/17 : Begriff des gewöhnlichen Aufenthalts im Sinne con Art. 3 Brüssel IIA-VO). Damit unterbleibt ein Verweis auf nationales Recht. Nach deutschem Recht findet man einen Hinweis zum “gewöhnlichen Aufenthalt” in § 9 AO . Meist wird er als Daseinsmittelpunkt oder Schwerpunkt der Lebensverhältnisse interpretiert. Der gewöhnliche Aufenthalt wird in erster Linie begründet durch die tatsächliche Aufenthaltsdauer und die daraus faktisch entstandenen Bindungen, ist aber unter Berücksichtigung aller tatsächlichen Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Dauer, der Regelmäßigkeit und der Umstände eines Aufenthaltes festzustellen. Bei vorübergehenden, insbesondere bei beruflich indizierten Aufenthalten kommt es darauf an, ob der Betreffende mit der Niederlassung auch eine persönliche und familiäre Integration anstrebte; erst wenn am Berufsort mehr neue persönliche Beziehungen begründet worden sind als im Heimatort, kann der gewöhnliche Aufenthalt neu zu bestimmen sein. Der gewöhnliche Aufenthalt ist Anknüpfungspunkt für zahlreiche Rechtsfolgen, so beispielsweise im Kollisionsrecht oder im Familienrecht.
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Gewöhnlicher Aufenthalt von Kindern:

Bei Kindern mit Auslandsaufenthalt zu Ausbildungszwecken kann umstritten bzw. unklar sein (z.B. BGH, Urteil vom 05.02.1975 – IV ZR 103/3, zum gewöhnlichen Aufenthalt i.S. des Haager Übereinkommens bei Internatsaufenthalt eines 5-jährigen Kindes im Ausland). Hier wird vor allem auf den Schwerpunkt der Bindungen des Kindes und weniger auf den Wohnsitzbegriff abgestellt (vgl. OLG Koblenz, Urteil vom 4.03.2015 – 13 UF 825/14 ; EuGH FamRZ 2011, 617). Durch zeitweilige Abwesenheit, auch von längerer Dauer, wird der gewöhnliche Aufenthalt normalerweise nicht aufgehoben, sofern die Absicht besteht, an den früheren Aufenthaltsort zurückzukehren (vgl. Keidl, FamFG, 20. Aufl. 2020, § 3 Rn 9ff). Das wird insbesondere regelmäßig dann gelten, wenn jemand sich außerhalb des Wohnorts seiner Eltern ausbilden lässt. Der Meldewohnsitz eines Studierenden bei seinen Eltern oder seinem Elternteil bleibt in diesem Sinne Wohnsitz auch dann, wenn der Studierende zu Zwecken seines Studiums sich außerhalb niederlässt, sich aber nicht schon gänzlich vom Domizil bei den Eltern lösen will. Liegt es im Grundsatz so, dann bleibt der inländische Wohnsitz auch dann bestehen, wenn ein Studierender für eine längere, aber an sich befristete Zeit das Inland verlässt, um ein Studium oder einen Studienabschnitt im Ausland zu verbringen. Klassische Indizwirkung für den beibehaltenen Wohnsitz im Inland hat so der Umstand, dass ein studierendes Kind im elterlichen Anwesen oder der elterlichen Wohnung weiterhin ein Zimmer oder eine Wohnung hat und die polizeiliche Anmeldung aufrechterhalten bleibt.

Örtliche Zuständigkeitskonzentration
§ 28 AUG


Sofern sich nach Art.3 lit.a) und b) EuUnthVO eine internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte ergibt, ist das örtlich zuständige Familiengericht mithilfe von § 28 AUG zu bestimmen. Gemäß § 28 Abs. 1 AUG erfolgt jedoch insoweit eine örtliche Zuständigkeitskonzentration dahin­ gehend, als dass über Anträge in Unterhaltssachen in den Fällen des Art.3 lit.a) und b) der Verordnung (EG) Nr. 4/2009 das für den Sitz des Oberlandesgerichts, in dessen Bezirk der Antragsgegner oder der Berechtigte seinen gewöhnlichen Aufenthalt, zuständige Amtsgericht entscheidet. Befindet sich das am Aufenthaltsort eines der Beteiligten Familiengericht, das z.B. dem OLG-Bezirk München angehört, ist das Unterhaltsverfahren aufgrund dieser Zuständigkeitskonzentration das Amtsgericht München – Familiengericht örtlich zuständig.

Annexzuständigkeit
und Scheidungsverbund
Art. 3 lit. c) EuUnthVO


Nach Art. 3 lit. c) EuUnthVO ist ein Gericht, das nach seinem Recht „für ein Verfahren in Bezug auf den Personenstand zuständig“ ist, auch insoweit zuständig, als in der Nebensache zu diesem Verfahren über eine Unterhaltssache zu entscheiden ist. Das gilt nur dann nicht, wenn die Zuständigkeit in der Personenstandsache allein auf der Staatsangehörigkeit eines Beteiligten beruht. Zu den Personenstandssachen zählen auch Ehescheidungssachen , sodass die Vorschrift die zugleich die Zuständigkeit im Scheidungsverbund regelt (vgl. Dose, in: Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrechtlichen Praxis, 10. Auflage 2019, § 9 Auslandsberührung, Rn 649 ff). Nicht zum Scheidungsverbund zählen der Anspruch auf Trennungsunterhalt. Daher muss sich die Zuständigkeit aus Art.3 lit a) oder b) EuUnthVO ergeben. Es besteht also die Möglichkeit, dass gleichzeitig zwei Unterhaltsverfahren (nachehelicher Unterhalt im Verbund und Trennungsunterhalt isoliert) vor unterschiedlichen international zuständigen Gerichten geführt werden müssen.

Gerichtsstandsvereinbarung und rügelose Einlassung
Art. 4 und 5 EuUnthVO


Art. 4 und Art.5 EuUnthVO ermöglichen Ausnahmen von Art.3 EuUnthVO, wenn einvernehmlich davon abgewichen werden soll. Besonders zu beachten ist, dass solche Gerichtsstandsvereinbarungen nicht beim Kindesunterhalt für minderjährige Kinder möglich ist (Art. 4 EuUnthVO):

Gerichtsstandvereinbarung
Artikel 4 EuUnthVO


Verordnungstext

(1) Die Parteien können vereinbaren, dass das folgende Gericht oder die folgenden Gerichte eines Mitgliedstaats zur Beilegung von zwischen ihnen bereits entstandenen oder künftig entstehenden Streitigkeiten betreffend Unterhaltspflichten zuständig ist bzw. sind:
a) ein Gericht oder die Gerichte eines Mitgliedstaats, in dem eine der Parteien ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat;
b) ein Gericht oder die Gerichte des Mitgliedstaats, dessen Staatsangehörigkeit eine der Parteien besitzt;
c) hinsichtlich Unterhaltspflichten zwischen Ehegatten oder früheren Ehegatten
i) das Gericht, das für Streitigkeiten zwischen den Ehegatten oder früheren Ehegatten in Ehesachen zuständig ist,
oder
ii) ein Gericht oder die Gerichte des Mitgliedstaats, in dem die Ehegatten mindestens ein Jahr lang ihren letzten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt hatten. Die in den Buchstaben a, b oder c genannten Voraussetzungen müssen zum Zeitpunkt des Abschlusses der Gerichtsstandsvereinbarung oder zum Zeitpunkt der Anrufung
des Gerichts erfüllt sein. Die durch Vereinbarung festgelegte Zuständigkeit ist ausschließlich, sofern die Parteien nichts anderes vereinbaren.
(2) Eine Gerichtsstandsvereinbarung bedarf der Schriftform. Elektronische Übermittlungen, die eine dauerhafte Aufzeichnung der Vereinbarung ermöglichen, erfüllen die Schriftform.
(3) Dieser Artikel gilt nicht bei einer Streitigkeit über eine Unterhaltspflicht gegenüber einem Kind, das noch nicht das 18. Lebensjahr vollendet hat.
(4) Haben die Parteien vereinbart, dass ein Gericht oder die Gerichte eines Staates, der dem am 30. Oktober 2007 in Lugano unterzeichneten Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (nachstehend „Übereinkommen von Lugano“ genannt) angehört und bei dem es sich nicht um einen Mitgliedstaat handelt, ausschließlich zuständig sein soll bzw. sollen, so ist dieses Übereinkommen anwendbar, außer für Streitigkeiten nach Absatz 3.

Rügelose Einlassung begründet Zuständigkeit
Artikel 5 EuUnthVO


Verordnungstext

Sofern das Gericht eines Mitgliedstaats nicht bereits nach anderen Vorschriften dieser Verordnung zuständig ist, wird es zuständig, wenn sich der Beklagte auf das Verfahren einlässt. Dies gilt nicht, wenn der Beklagte sich einlässt, um den Mangel der Zuständigkeit geltend zu machen.

Anmerkung: Danach ist die Rüge des Mangels der internationalen Zuständigkeit dann verspätet, wenn sie erst nach Abgabe derjenigen Stellungnahme erhoben wird, die nach dem innerstaatlichen Prozessrecht als das erste Verteidigungsvorbringen vor dem angerufenen Gericht anzusehen ist (vgl. EuGH Urteil vom 24.06.1981 – 150/80 – Juris). Anders als z.B. nach § 39 ZPO muss die Rüge der fehlenden internationalen Zuständigkeit deshalb bereits in der ersten Antrags-/Klageerwiderung enthalten sein (vgl. OLG Celle Urteil vom 26.03.2008 – 3 U 238/07 – Juris und Musielak/Stadler ZPO 11. Aufl. 2014 Art. 24 EuGVVO Rn. 3). Bereits die Erklärung der Absicht der Verteidigung ohne gleichzeitiger Rüge der nationalen Zuständigkeit führt, ist bereits ein “rügeloses Einlassen” i.S.d. Art. 5 EuUnthVO ( Michael Dimmler, Richter am OLG Stuttgart). Das wird in der Praxis äufig übersehen, sodass die Zustädigkeit über rügeloses Einlassen häufig vorkommt.

Auffangzuständigkeit
Art. 6 EuUnthVO


Ergibt sich weder eine Zuständigkeit eines Gerichts eines Mitgliedstaats gemäß der Artikel 3, 4 und 5 noch eine Zuständigkeit eines Gerichts eines Staates, der dem Übereinkommen von Lugano angehört und der kein Mitgliedstaat ist, gemäß der Bestimmungen dieses Übereinkommens, so sind die Gerichte des Mitgliedstaats der gemeinsamen Staatsangehörigkeit der Parteien zuständig. Damit kann entgegen Art.3 EuUthVO auch für den Unteraltspflichtige eine Zustädigkeit im Inland bergründet sein.

Notzuständigkeit
Art. 7 EuUnthVO


Ergibt sich keine Zuständigkeit eines Gerichts eines Mitgliedstaats gemäß der Artikel 3, 4, 5 und 6, so können die Gerichte eines Mitgliedstaats in Ausnahmefällen über den Rechtsstreit entscheiden, wenn es nicht zumutbar ist oder es sich als unmöglich erweist, ein Verfahren in einem Drittstaat, zu dem der Rechtsstreit einen engen Bezug aufweist, einzuleiten oder zu führen. Der Rechtsstreit muss einen ausreichenden Bezug zu dem Mitgliedstaat des angerufenen Gerichts aufweisen. Art. 7 EuUnthVO liegt der (allgemeine) Gedanke zu Grunde, dass die Zuständigkeiten nach Art. 3 bis 5 EuUnthVO nicht alle denkbaren Konstellationen erfassen und daher dem Justizgewährungsanspruch des Rechtssuchenden nach Art. 6 Abs.1 EMRK nicht genügen.

Der BGH ist in einem Abänderungsverfahren wegen Kindesunterhalt für ein in der USA lebendes Kind auf die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichtsbarkeit nach Art 7 EuUnthVO eingegangen, nachdem die Vorinstanz auf ein Abänderungsverfahren in den USA verwiesen hat. Wenn im Ausland keine umfassende Korrektur des in Deutschland errichteten Unterhaltstitels erreicht werden kann, ist eine internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte für ein Korrekturverfahren gemäß § 240 FamFG – sofern andere Zuständigkeitsgründe nach der EuUnthVO tatsächlich nicht in Betracht kommen – jedenfalls aus der Notzuständigkeit nach Art. 7 EuUnthVO herzuleiten (vgl. BGH, Beschluss vom 14.10.2015 – XII ZB 150/15). Die Entscheidung ist für alle Fallvarianten bedeutsam, in denen ein deutscher Unterhaltstitel vom Unterhaltspflichtigen in Deutschland nach Umzug des Kindes in einen Staat außerhalb der EFTA-Staaten bzw. der EU-Mitgliedstaaten abgeändert werden soll (weiterführende Litertaur: Anm zum BGH 2015, Jürgen Rieck, in: NZFam 2016, 46).

Verfahrensbegrenzung
bei Abänderung ausländischer Entscheidungen – Art. 8 EuUnthVO



Unterhaltsberechtigter
mit gewöhnlichem Aufenthalt im Ausland:
Art. 8 EuUnthVO enthält eine grundsätzlicher Verfahrenskonzentration für Abänderungsentscheidungen bei dem Erstgericht, welches die Ausgangsentscheidung erlassen hat. Ist in einem Mitgliedsstaat eine Entscheidung ergangen in dem der Unterhaltsberechtigte seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, so kann der Unterhaltspflichtige kein Verfahren in einem anderen Mitgliedstaat einleiten, um eine Änderung der Entscheidung oder eine neue Entscheidung herbeizuführen, solange der Unterhaltsberechtigte seinen gewöhnlichen Aufenthalt weiterhin in dem Staat hat, in dem die Entscheidung ergangen ist (vgl. Erwägungsgrund 17 der EuUnthVO). Ein Abänderungsverfahren bleibt in diesem Fall grundsätzlich dem Erstgericht vorbehalten.Dieser Vorbehalt nach Art. 8 EuUnthVO gilt nach dem Wortlaut des § 2 Abs.1 Nr. 1 bis 3 EuUnthVO nur für gerichtliche Entscheidungen. Es ist jedoch anerkannt, dass die Zuständigkeitskonzentration ebenso für Änderungen gerichtliche Vergleiche und öffnentlicher Urkunden gilt. Ausnahmen von der Zuständigkeitskonzentration beim Erstgericht sind in Art. 8 Abs.2 EuUnthVO geregelt.

Unterhaltsberechtigter
wechselt von Deutschland seinen gewöhnlichen Aufenthalt ins Ausland:

Art. 8 Abs.1 greift nicht, weil der Unterhaltsberechtigte nicht mehr seinen gewöhnlichen Aufenthalt in dem Staat besitzt, der die ursprüngliche Entscheidung erlassen hat. Nach Sinn und Zweck des Art. 8 EuUnthVO wird der Unterhaltsberechtigte davor geschützt, dass der Unterhaltsverpflichtete versucht, die einmal zu seinem Nachteil getroffene Entscheidung mithilfe eines in einem anderen Mitgliedstaat durchgeführten Verfahrens zu korrigieren (OLG Düsseldorf , Beschluss vom 25.04.2013 – II – 8 UF 59/12).

Wird eine Abänderung der deutschen Ursprungsentscheidung in Deutschland gegen den Berechtigten im Ausland begehrt, muss sich dafür eine Zuständigkeit aus Art. 3 bis Art. 7 EuUntVO ergeben. In der Praxis kommt es häufig zu einer Zuständigkeit durch rügeloses Einlassen. Denn oft wird übersehen, dass bereits die Verteidigungsabsichtsanzeige der Gegenseite an das deutsche Gericht diese Zuständigkeit der deutschen Gerichtsbarkeit begründet.


Unterhaltsberechtigter
wechselt seinen gewöhnlichen Aufenthalt nach Deutschland
:

Ändert sich das Unterhaltsstatut der im Ausland erlassenen Ausgangsentscheidung, zB im Falle eines Umzugs des Unterhaltsberechtigten nach Deutschland ändert sich auch das Abänderungsstatut. Entsprechend sehen Art. 3 lit. a und b EuUnthVO eine Zuständigkeit des Gerichts an dem Ort vor, an dem der Antragsgegner oder der Unterhaltsberechtigte seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat (Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 8. Aufl. 2011, § 9 Auslandsberührung, Rn. 641). Das Abänderungsverfahren gegen einen ausländischen Titel kann in Deutschland durchgeführt werden.

Art. 8 Abs.1 greift nicht, weil der Unterhaltsberechtigte nicht mehr seinen gewöhnlichen Aufenthalt in dem Staat besitz, der die ursprüngliche Entscheidung erlassen hat. Einer materiellrechtlichen Wandelbarkeit des Unterhaltsstatuts steht der verfahrensrechtliche Grundsatz der Wahrung des Titels nach seinen Grundlagen nicht entgegen. Denn dieser Grundsatz besagt nur, dass die Titel bestehen bleiben, soweit sich die Grundlagen nicht verändert haben. Der Veränderung unterliegen aber nicht nur tatsächliche Umstände, wie Bedürftigkeit oder Leistungsvermögen (beides auch Rechtsbegriffe), sondern auch das Recht selbst, und zwar nicht nur in seiner Gesamtheit (Statut), sondern auch innerhalb derselben Rechtsordnung. Da in den (meisten) Ländern, zumindest in Europa, die Abänderungsvoraussetzungen im Wesentlichen identisch sind, wird sich der Statutenwechsel allein nicht oder kaum auswirken, allenfalls im Zusammenhang mit der Änderung weiterer Umstände .

Mehrfache internationale Zuständigkeit
Art. 12 EuUnthVO


Nach Art. 3 EuUnthVO können für die Unterhaltssache mehrere Gerichte international zuständig sein. Dieses Problem wird mit Art. 12 > EuUnterhVO gelöst: Das international zuständige Gericht, bei dem die Unterhaltssache später anhängig gemacht wurde, setzt den Fortgang seines Verfahrens aus, bis die Zuständigkeit des zuerst angerufenen Gerichts feststeht. Sobald dies der Fall ist, erklärt sich das später angerufene Gericht für unzuständig. Der gleiche zeitliche Wettlauf um die internationale Zuständigkeit kann bei Scheidungen mit Auslandsbezug nach Art. 19 Brüssel IIa-VO auftreten. 
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Internationale Zuständigkeit
Schweizer Gerichte
Lugano Übereinkommen



Leitsatz:
Bei der Bemessung des Unterhalts kann der Tatrichter zur Ermittlung des > Kaufkraftunterschieds die vom Statistischen Amt der Europäischen Union (Eurostat) ermittelten “vergleichenden Preisniveaus des Endverbrauchs der privaten Haushalte einschließlich indirekter Steuern” heranziehen.(Zitat, Rn 5, 6) “Das Beschwerdegericht ist zu Recht von seiner internationalen Zuständigkeit ausgegangen. Dabei kann dahinstehen, ob das Luganer Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil-und Handelssachen vom 30.Oktober 2007 (ABl. EU 2009 Nr. L147, S.5 – dort Art. 5 Nr. 2 Buchstabe a) oder die Verordnung (EG) Nr.4/2009 des Rates über die Zuständigkeit, das anwendbare Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Zusammenarbeit in Unterhaltssachen vom 18. Dezember 2008 (ABl. EU 2009 Nr.L 7, S.1 – dort Art.3 Buchstabe b; s. hierzu MünchKomFamFG /Lipp 2.Aufl. Art.69 EG-UntVO Rn.11) zur Anwendung gelangt, da die internationale Zuständigkeit des Beschwerdegerichts nach beiden Normen gegeben ist. Ebenso zutreffend ist das Beschwerdegericht von der Anwendbarkeit deutschen Rechts gemäß Art. 3 Abs. 1 des Haager Protokolls über das auf Unterhaltspflichten anzuwendende Recht vom 23. November 2007 (ABl. EU 2009 Nr. L 331, S. 19) bzw. Art. 4 Abs. 1 des Haager Übereinkommens über das auf Unterhaltspflichten anwendbare Recht vom 2. Oktober 1973 (BGBl. 1986 II S. 837) ausgegangen. Dabei kann die streitige Frage, welches der beiden vorgenannten Haager Übereinkommen im Verhältnis zur Schweiz Anwendung findet (vgl. zum Streitstand Senatsurteil vom 26. Juni 2013 – XII ZR 133/11 – FamRZ 2013, 1366 Rn. 31 ff.), unbeantwortet bleiben, weil nach beiden Normen jeweils deutsches Sachrecht zur Anwendung kommt.

Unterhaltsstatut
Welches nationale Unterhaltsrecht gilt?

Kein Europäisches
Unterhaltsrecht


Zu der Frage, wie in Europa ein Unterhaltsanspruch zu ermitteln ist, existiert kein einheitliches europäisches Unterhaltsrecht. Vielmehr verweisen die internationalen und europäischen Abkommen hierfür auf ein nationales Recht. Stets geht es beim Unterhalt mit internationalem Bezug darum, welches nationale Unterhaltsrecht in der einem Gericht vorliegenden Unterhaltssache anzuwenden ist. Die Weichenstellungen zum nationalen Recht erfolgen über internationale Abkommen und Verordnungen. Vorrangig gilt die EuUnthVO. Die EuUnthVO gilt für alle Mitgliedstaaten der EU. Abgesehen von Kapitel III und Kapitel VII findet die EuUnthVO auch im Verhältnis zu Dänemark Anwendung, siehe ABl. EU 2009 L 149/80. Das gegenüber dem EuUnthVO nachranginge Haager Übereinkommen zur grenzüberschreitenden Durchsetzung von Kindesunterhalt und anderer familienrechtlicher Unterhaltsansprüche vom 23.11.2007 (HUP ) ist am 01.01.2013 (für die EU am 01.08.2014) in Kraft getreten.

Verweis auf nationales Recht
gem. Haager Unterhaltsprotokoll (HUP)


Die Mitgliedstaaten der EU sind seit dem 18.6.2011 über den Verweis des Art. 15 > EuUnterhaltsVO an die Regelungen des HUP gebunden. Das HUP regelt kein internationales Unterhaltsrecht, sondern regelt vielmehr, welches nationale Unterhaltsrecht bei internationalem Bezug zur Anwendung kommen soll. Der Unterhalt wird nach dem jeweils einschlägigen nationalen Recht ermittelt, auf welches das HUP verweist. Hier ist nun wiederum maßgeblich, welche Staaten an das HUP gebunden sind. In zeitlicher Hinsicht gilt das HUP für die ab 01.07.2011 fällig werdenden Unterhaltsansprüche. Für Unterhaltsansprüche bis 30.06.2011 gilt das bis dahin gültige Haager Unterhaltsstatut 1956 (HUÜ).

Sachlicher
Anwendungsbereich


Unter den sachlichen Anwendungsbereich des Haager Protokolls fallen Unterhaltspflichten, die sich aus Beziehungen der Familie, Verwandtschaft, Ehe oder Schwägerschaft ergeben, einschließlich der Unterhaltspflichten gegenüber Kindern, ungeachtet des Familienstands der Kindeseltern.

Örtlicher Anwendungsbereich
Grundsatz (Art. 3 HUP)


Das auf den Kindesunterhalt anwendbare Recht richtet sich seit dem 18.6.2011 in allen Mitgliedstaaten mit Ausnahme Dänemarks nach dem Haager Protokoll über das auf Unterhaltspflichten anzuwendende Recht (HUP) vom 23.11.2007 (ABl. EU 2009 L 331, S. 19). Nach der Grundregel des Art. 3 Abs.1 HUP („sofern in diesem Protokoll nichts anderes bestimmt ist“) ist auch für die Unterhaltspflicht gegenüber Kindern das innerstaatliche Recht des Staates maßgebend, in dem das unterhaltsberechtigte Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Dies gilt unabhängig von der jeweiligen Nationalität der Unterhaltsbeteiligten. Dieser Grundsatz erfährt jedoch gerade hinsichtlich der gegenüber einem Kind bestehenden Unterhaltspflicht (Art. 4 Abs.1 a > HUP)

Ausnahmen
Art. 4 und 5 HUP


Es gilt nicht das Recht am Ort des Unterhaltsberechtigten, wenn…

Sonderregeln für Kindesunterhalt
Art.4 HUP:

  • Nach Art. 4 Abs.2 HUP
    ist bei einem Kind, das seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland hat und nach dem dort geltenden Recht keinen Unterhalt erhalten kann, anstelle dieses Rechts das am Ort des angerufenen Gerichts geltende Recht, also die lex fori, anzuwenden. Praktisch ist diese Ausnahme jedoch nahezu bedeutungslos, da sie von Art. 4 Abs.3 HUP verdrängt wird ( Henrich, Internationales Scheidungsrecht, Rn. 159).
  • Nach Art. 4 Abs.3 S.1 HUP
    ist in den Fällen, in denen das Kind seinen Unterhaltsanspruch nicht vor den Gerichten des Staates geltend macht, in dem es seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, sondern dort, wo der Unterhaltspflichtige seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, der Unterhaltsanspruch von vornherein nach der lex fori des angerufenen Gerichts zu beurteilen.
  • Art. 4 Abs.4 HUP:
    In Fällen, in denen das Kind weder nach der lex fori, noch nach dem Recht an seinem gewöhnlichen Aufenthalt von der verpflichteten Person Unterhalt erhalten kann. Es ist dann zu prüfen, ob ein Unterhaltsanspruch nach dem Recht des Staates gegeben ist, dem das Kind und die auf Unterhalt in Anspruch genommene Person angehören. Dabei sieht Art. 4 Abs.4 HUP einen Rückgriff auf das gemeinsame Heimatrecht der Beteiligten nur zugunsten des Kindes vor, nicht auch zu dessen Lasten. Die Vorschrift ist von Bedeutung, wenn sowohl das Kind als auch die auf Unterhalt in Anspruch genommene Person nicht die deutsche Staatsangehörigkeit, aber ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben, nach deutschem Recht aber kein Unterhaltsanspruch besteht (Palandt/ Thorn, BGB, 75. Aufl. 2016, Art. 4 HUP Rn. 18).
  • OLG Frankfurt, Beschluss vom 05.03.2015 – 6 UF 225/13
    Unterhaltsverfahren in Deutschland für Kind in USA nach deutschem Recht

    (Zitat) “Das anzuwendende materielle Unterhaltsrecht bestimmt sich nach Art. 15 EuUnthVO nach dem Haager Protokoll vom 23. November 2007 über das auf Unterhaltspflichten anzuwendende Recht (im folgenden Haager Unterhaltsprotokoll = HUP), welches zwar als Staatsvertrag bisher nicht in Kraft getreten ist, in den Mitgliedsstaaten der EU aber aufgrund des Ratsbeschlusses vom 30.11.2009 (ABL EU L 331, 17) bereits seit dem 18.06.2011 Anwendung findet. Gemäß Art. 5 des Beschlusses ist das HUP auch auf Unterhaltsforderungen anzuwenden, die in einem Mitgliedsstaat vor dem Inkrafttreten bzw. der vorläufigen Anwendung des Protokolls geltend gemacht werden, sofern die Einleitung des Verfahrens ab dem Beginn der Anwendbarkeit der EuUnthVO erfolgte. Vorliegend muss daher nicht zwischen Unterhaltszeiträumen vor und nach dem 18.06.2011 differenziert werden. Nach Art. 3 HUP ist grundsätzlich das Recht des Aufenthalts des Unterhaltsberechtigten maßgeblich, für die Geltendmachung von Kindesunterhalt enthält Art. 4 Abs.3 HUP aber die selbstständige Anknüpfung an die lex fori: „Hat die berechtigte Person die zuständige Behörde des Staates angerufen, in dem die verpflichtete Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat, so ist ungeachtet des Art 3 das am Ort des angerufenen Gerichts geltende Recht anzuwenden“. Im vorliegenden Fall ist damit deutsches Unterhaltsrecht anzuwenden, da der Antragsteller seinen Unterhaltsanspruch vor einem nach Art. 3 lit. a EuUnthVO zuständigen Gericht geltend gemacht hat.

Sonderregeln für Ehegattenunterhalt
Art. 5 HUP

Verordnungstext: In Bezug auf Unterhaltspflichten zwischen Ehegatten, früheren Ehegatten oder Personen, deren Ehe für ungültig erklärt wurde, findet Artikel 3 keine Anwendung, wenn eine der Parteien sich dagegen wendet und das Recht eines anderen Staates, insbesondere des Staates ihres letzten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalts, zu der betreffenden Ehe eine engere Verbindung aufweist. In diesem Fall ist das Recht dieses anderen Staates anzuwenden.

Anmerkung: Die Anknüpfung gemäß Art. 3 HUP an den gewöhnlichen Aufenthalt des Unterhaltsberechtigten gilt auch für Trennungs- und nachehelichen Unterhalt. Bezüglich des Ehegattenunterhalts ist die Sondervorschrift des Art. 5  HUP zu beachten. Von Art. 5 HUP werden alle Unterhaltsansprüche von Ehegatten erfasst; insbesondere ist es unerheblich ist, ob die Ansprüche im Rahmen eines Scheidungsverfahrens oder in einem isolierten Unterhaltsverfahren geltend gemacht werden. Art. 5 HUP greift nur auf ausdrückliche Einrede und eröffnet einem (Ex-)Ehegatten die Möglichkeit den Einwand, dass nicht das Recht des gewöhnlichen Aufenthalts, sondern das Recht des Staates anzuwenden ist, zu der die ehemaligen ehelichen Lebensverhältnisse eine engere Verbindung aufweisen (insbesondere das Recht des Staates des letzten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthaltes).

Durch Art. 5 HUP soll einem Aufenthaltswechsel des Berechtigten entgegengewirkt werden, der nur bezweckt, nach dem neuen Aufenthaltsrecht einen gegebenenfalls höheren Unterhalt zu verlangen.

Rechtswahl?


Das HUP unterscheidet zwei Fälle einer Rechtswahl:

  • Art. 7 HUP regelt die Wahl der lex fori für ein bestimmtes Verfahren,
  • Art. 8 HUP die Rechtswahl ohne eine Bezugnahme auf ein bestimmtes Verfahren ( Henrich, FamRZ 2015, 1764).
  • Für den Unterhalt minderjähriger Kinder kann von diesen Regeln nicht mit einer Rechtswahl-Vereinbarung (Art. 8 HUP) abgewichen werden (Art. 8 Abs.3 HUP). Eine entsprechende Rechtswahl ist unwirksam; die Möglichkeit einer Rechtswahl nach Art. 7 HUntProt bleibt unberührt (Palandt/Thorn, BGB, Art. 8 HUntProt Rn. 29).

Rechtsprechung
zum Familienrecht mit internationalem Bezug


Loewe

BG Krems, Beschluss vom 19.10.2015 – 19 Ps 220/12y
Verfahrensaussetzung bei Streit um die internationale Zuständigkeit bei Scheidung


Loewe

AG Augsburg, Beschluss vom 29.12.2017 – 408 F 2360/17
Unterhalt bei Grenzgänger | Schweiz


Loewe

OLG Dresden, Beschluss vom 04.12.2015 – 20 UF 875/15
Unterhaltsverfahren in Deutschland gegen Vater in der Schweiz

Unterhaltsermittlung
bei internationalen Bezügen

Kaufkraftumrechung
bei gewöhnlichem Aufenthalt der Beteiligten in unterscheidlichen Ländern


Loewe

BGH, Beschluss vom 3. Juli 2013 – XII ZB 220/12,
Kaufkraftunterschied


(Zitat, Rn 29) “Ob eine Anpassung des Selbstbehalts erforderlich ist, wenn der im Ausland aufhältige Unterhaltspflichtige einem von den Annahmen der Tabelle wesentlich abweichenden Preisniveau ausgesetzt ist, unterliegt der tatrichterlichen Beurteilung. Jedenfalls wenn sich die Kaufkraft des Euro in den einzelnen Staaten nur geringfügig unterscheidet, wie hier die Rechtsbeschwerde nur um 4,4 % erhöhte Lebenshaltungskosten für die Niederlande vorträgt, ist ein Kaufkraftausgleich regelmäßig nicht geboten (Wendl/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 9 Rn. 35).”

Anmerkung: Sämtliche Hilfsmittel zur Unterhaltsermittlung (> Düsseldorfer Tabelle; > unterhaltsrechtliche Leitlinien ) nach deutschem Unterhaltsrecht bauen auf der Vorstellung auf, dass sowohl Unterhaltsschuldner als auch der Unterhaltsberechtigte sich in Deutschland aufhalten und hier ihren Lebensunterhalt bestreiten. Ist dies nicht der Fall, ist bei der Unterhaltsermittlung eine wesentliche Kaufkraftdifferenz des Euro in den verscheidenen Ländern zu berücksichtigen. Es findet eine zweistufige Umrechnung statt:

  • Eurostat-Umrechnungsfaktor zur Kaufkraftumrechnung plus
  • Währungsumrechnung

Sinn des Unterhalts ist es, den Lebensbedarf am Wohnort des Unterhaltsberechtigten zu decken. Die tagesaktuellen Wechselkurse spiegeln keinesfalls die Kaufkraft einer Währung hinsichtlich der konkreten Unterhaltsforderungen wider. bedienen sich die Gerichte vielmehr unterschiedlicher Rechenansätze:

  • Zum Teil wird die Ländergruppeneinteilung des Bundesfinanzministeriums herangezogen (dazu Dose, in: WendlDose, Das Unterhaltsrecht in der familienrechtlichen Praxis, 10. Aufl. 2019, Rn 37). Kritisiert wird an dieser Berechnungsmethode, dass sie relativ pauschal ist und es nur vier Gruppen für alle Länder der Welt gibt.
  • Die Berechnungsmethode mit Hilfe der sog. Verbrauchergeldparität des statistischen Bundesamtes war sehr aufwendig. Die Veröffentlichung der Zahlen hat das Bundesamt seit 2009 eingestellt.
  • Die Werte des Statistischen Amtes der Europäischen Union (> Eurostat ), bei denen das Preisniveau des Endverbrauchs der privaten Haushalte einschließlich indirekter Steuern verglichen wird, können ebenfalls zur Berechnung der Verbrauchergeldparität herangezogen werden.
  • Die Kaufkraftbereinigung ist Sache der tatrichterlichen Beurteilung. Das Rechtsbeschwerdegericht kann nur prüfen, ob der Tatrichter insoweit den Verfahrensstoff erschöpfend gewürdigt und einen rechtlich bedenkenfreien Weg eingeschlagen hat (Senatsurteil vom 1. April 1987 IVb ZR 41/86 FamRZ 1987, 682, 684).

Unter Berücksichtigung der Verbrauchergeldparität kann nach folgenden Schritten vorgegangen werden:

1. Schritt:
Unterhalt wird bestimmt, als würden die Parteien im selben Land leben.

2. Schritt:
Die Verbrauchergeldparität wird aus den Statistischen Amtes der Europäischen Union (> Eurostat) abgelesen.

3. Schritt:
Der festgestellte Prozentsatz des Unterschieds der Kaufkraft wird halbiert. Nach diesem Faktor verändert sich die Unterhaltszahlung

Beispiele
aus der Rechtsprechung


Zum Kindesunterhalt


Loewe

OLG Oldenburg, Beschluss vom 19.10.2012 – 11 UF 55/12
Kindesunterhalt: Kind in Deutschland, Unterhaltspflichtiger in Schweiz


Anmerkung : Wird nach deutschem Unterhaltsrecht gegen einen Unterhaltsschuldner im Ausland der Unterhaltsanspruch geltend gemacht, kann es wegen wegen “teurerer” Lebenshaltungskosten im Vergleich zum Inland zu einer Anhebung der > deutschen Selbstbehaltsätze kommen. Dabei muss allerdings eine Wesentlichkeits-Schwelle überschritten werden. Diese ist bei einem geringfügigen Kaufkraftunterschied nicht der Fall.


(Zitat, Rn 18)  Nach den für das Jahr 2010 von Eurostat mitgeteilten Daten habe in diesem Jahr das Preisniveau in der Schweiz um 147,6 % und dasjenige in der Bundesrepublik Deutschland um 104,3 % über dem für die Europäische Union ermittelten Mittelwert gelegen. Demnach habe das Kaufkraftverhältnis zwischen Deutschland und der Schweiz 1:0,707 (104,3 : 147,6) betragen. Nach dem vorläufigen Ergebnis zu Kaufkraftparitäten und vergleichenden Preisniveaus, die Eurostat am 22. Juni 2012 für das Jahr 2011 veröffentlicht habe, habe das Verhältnis in diesem Jahr 1:0,639 betragen.”
(Zitat, Rn 19) “Die nach diesem Maßstab vorzunehmende Kaufkraftbereinigung habe entgegen der vom Oberlandesgericht Brandenburg vertretenen Auffassung (FamRZ 2008, 1279) nicht durch eine Anpassung der in der Düsseldorfer Tabelle enthaltenen Unterhaltssätze, sondern durch eine entsprechende Korrektur des in der Währung des Heimatlandes des Antragsgegners ermittelten unterhaltsrechtlich relevanten Einkommens zu erfolgen. Die Bedarfssätze der Düsseldorfer Tabelle seien an deutschen Verhältnissen ausgerichtet. Sie würden den Lebensbedarf eines im Inland lebenden Kindes widerspiegeln. Deshalb sei es angemessen, die Umrechnung derart vorzunehmen, dass das Einkommen des Antragsgegners hinsichtlich der Kaufkraft verhältnismäßig bereinigt werde und sodann der Bedarf der Kinder aus der sich so ergebenden Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle entnommen werde. Bei dieser Anrechnungsvariante würden nicht die Kinder mit ihrem inländischen Bedarf fiktiv in die Schweiz versetzt werden; vielmehr werde die Kaufkraft des Einkommens des Antragsgegners auf die deutschen Verhältnisse übertragen, an welchen die aus dem Mindestbedarf abgeleiteten Bedarfssätze der Düsseldorfer Tabelle auch ausgerichtet seien.” Anmerkung : Der BGH ging zu nächst von der Anwendbarkeit deutschen Rechts gemäß Art. 3 Abs. 1 des Haager Protokolls aus. Entscheidend für den Fall war dann die Frage, ob und wenn ja, wie die unterschiedliche Lebensstandards auf Seiten des Antragsgegners zu berücksichtigen waren. Da der Antragsgegner im Ausland lebt, so waren auch die Unterschiede in den wirtschaftlichen Verhältnissen und in der Kaufkraft zwischen Deutschland und der Schweiz zu berücksichtigen. Bei der Bemessung des Unterhalts kann der Tatrichter zur Ermittlung des Kaufkraftunterschieds – so der BGH – die vom Statistischen Amt der Europäischen Union (> Eurostat ) ermittelten > “ vergleichenden Preisniveaus des Endverbrauchs der privaten Haushalte einschließlich indirekter Steuern “ heranziehen.


(Zitat, Rn 59 ff) “Nach einer vom Oberlandesgericht Oldenburg (Beschluss vom 19.10.2012 – 11 UF 55/12) begründeten und vom Bundesgerichtshof (Beschluss vom 9.7.2014 – XII ZB 661/12, FamRZ 2014, 1536) gebilligten Rechtsprechung soll zum Ausgleich der Kaufkraftunterschiede das ausländische Einkommen in ausländischer Währung um Steuern usw. bereinigt und dann – nur in einem Rechenschritt – den vom Statistischen Amt der Europäischen Union (Eurostat) ermittelten “vergleichenden Preisniveaus des Endverbrauchs der privaten Haushalte einschließlich indirekter Steuern” angepasst werden. Dazu sollen die Preisniveauindizes für Deutschland und für das beteiligte Ausland rechnerisch so ins Verhältnis gesetzt werden, dass das Preisniveau des Auslands gleich eins und das Preisniveau in Deutschland gleich einem hierzu entsprechenden Bruchwert steht.
Das in der Schweiz in Schweizer Franken erzielte Einkommen ist aber außerdem nach dem jeweils relevanten Devisenkurs in Euro umzurechnen. Ansonsten bliebe nämlich unbeachtet, dass der vorgenannte Preisniveauindex nach Eurostat lediglich einem Vergleich der Preisverhältnisse in verschiedenen Wirtschaftsräumen dient, aber nicht einer Übersetzung der Kaufkraft von einem Wirtschaftsraum in einen anderen. Bei den „Vergleichenden Preisniveaus des Endverbrauchs der privaten Haushalte einschließlich indirekter Steuern“ ermittelt und mittelt Eurostat die Preise in den erfassten Ländern nach deren jeweiliger Währung und rechnet sie dann in eine einzige Währung – den Euro – um, so dass die Preisverhältnisse „gleichnamig“ und damit vergleichbar werden. Damit bleiben aber die Währungsverluste oder -gewinne beim Übertritt von einem Land in das andere außer Betracht. Lägen etwa die Preisniveaus in Deutschland und der Schweiz nach Eurostat gleichauf, so wäre nach dieser Ansicht ein schweizerisches Einkommen bei der Berechnung eines deutschen Unterhaltsanspruchs mit dem Nennbetrag zu berücksichtigen, ohne dass der Wechselkurs des Schweizer Franken zum Euro Beachtung fände. Eine Berücksichtigung nicht nur der Preis-, sondern auch der Währungsunterschiede Deutschlands und des beteiligten Auslands sowie eine zutreffende Ermittlung des Unterhaltsbedarfs eines minderjährigen Kindes lässt sich nach Auffassung des Senats nur dadurch erreichen, dass das in ausländischer Währung um Steuern usw. bereinigte Einkommen zunächst nach dem mittleren jährlichen Wechselkurs in Euro umgerechnet und dann zusätzlich entsprechend den Preisniveauindizes nach der oben genannten Eurostat-Tabelle um die Preisunterschiede bereinigt wird (so der Senat bereits in dem – unveröffentlichten – Beschluss vom 22.3.2016 – 11 UF 142/15; vgl. aber auch OLG Karlsruhe, a.a.O. und Többens, FamRZ 2016, 597).

Für die also i m vorliegenden Fall vorzunehmende zweistufige Berechnung ist zunächst ein Währungskurs von 1,0679 heranzuziehen (Jahresdurchschnitt des Euro-Referenzkurses der Europäischen Zentralbank nach Mitteilung der Deutschen Bundesbank). Der Aufschlagsfaktor nach der Eurostat-Tabelle “Vergleichende Preisniveaus des Endverbrauchs der privaten Haushalte einschließlich indirekter Steuern” beläuft sich im Jahr 2015 auf 1,633. Danach entsprach das bereinigte Monatseinkommen des Antragstellers von rund 8.250 CHF dem Betrag von 7.725 € (= 8.250 : 1,0679). Um in Deutschland denselben Lebensstandard zu pflegen bzw. Unterhaltsbedürfnisse zu befriedigen wie mit (umgerechnet) 7.725 € in der Schweiz hätte man im Jahr 2015 nur 4.730 € (= 7.725 : 1,633) benötigt.

Loewe

OLG Karlsruhe, Beschluss vom 27.8.2015 – 2 UF 69/15
Unterhalt für das in Florida lebende Kind


(Zitat) “Der so ermittelte Bedarf der Antragstellerin ist aufgrund des Kaufkraftunterschiedes zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten um 9 % zu reduzieren. Die Unterhaltssätze der Düsseldorfer Tabelle gelten für die Lebensverhältnisse in Deutschland. Da die Antragstellerin in den Vereinigten Staaten (M./F.) lebt, sind die dortigen Lebensverhältnisse zu denen in Deutschland in Relation zu setzen. Hierbei kann auf die internationalen Statistiken über Kaufparitäten zurückgegriffen werden. Die Feststellung des Kaufkraftunterschiedes anhand des vom Statistischen Amt der Europäischen Union ( Eurostat) ermittelten vergleichenden Preisniveaus des Endverbrauchs der privaten Haushalte einschließlich indirekter Steuern wurde vom Bundesgerichthof nicht beanstandet (BGH, FamRZ 2014, 1536 Rn. 35). Für die veröffentlichten Jahre 2013 und 2014 wird in dieser Statistik das Preisniveau in den V. S. mit 92,9 % (2013) und 93 % (2014) und in Deutschland mit 102,2 % (2013) und 101,5 % (2014) des für die Europäische Union ermittelten Mittelwerts angegeben. Danach betrug das Kaufkraftverhältnis zwischen Deutschland und den V. S. im Jahr 2013 1 : 0,909 und im Jahr 2014 und 1 : 0,916. Die Lebenshaltungskosten in den V. S. sind damit über einen längeren Zeitraum ca. 9 % geringer als in Deutschland.
Für das Jahr 2015 hat der Antragsgegner anhand der Tabelle OECD-Stat. belegt, dass – bezogen auf den Monat Mai 2015 – weiterhin ein Kaufkraftunterschied zwischen den beiden Staaten besteht, und zwar mit einem Verhältnis von 100 für Deutschland zu 109 für die Vereinigten Staaten, somit 1 : 0,917.
Der sich hieraus ergebende Faktor von (gerundet) 9 % ist mit dem nach der Düsseldorfer Tabelle ermittelten Bedarf zu multiplizieren, um den Unterhaltsbedarf der Antragstellerin entsprechend zu reduzieren.
3. Entgegen der Auffassung des Antragsgegners führt eine Steuervergünstigung der Mutter der Antragstellerin in den USA nicht zu einer weiteren Reduzierung des vom Antragsgegner geschuldeten Unterhalts.”


Zum Ehegattenunterhalt



Leitsätze: 

a) Wird ein aus dem Ausland stammender Ehegatte im Zusammenhang mit seiner Eheschließung in Deutschland ansässig und hätte er ohne die Ehe sein Heimatland nicht verlassen, bestimmt sich sein angemessener Lebensbedarf im Sinne von § > 1578b Abs.1 Satz1 BGB nach den Erwerbs- und Verdienstmöglichkeiten, die sich ihm bei einem Verbleib in seinem Heimatland geboten hätten.
b) Das von dem ausländischen Ehegatten in seinem Heimatland hypothetisch erzielbare Einkommen ist gegebenenfalls im Hinblick auf Kaufkraftunterschiede an das deutsche Preisniveau anzupassen.
c) Der angemessene Lebensbedarf des unterhaltsberechtigten Ehegatten kann auch in diesen Fällen nicht unter das unterhaltsrechtliche Existenzminimum sinken, welches dem in den unterhaltsrechtlichen Leitlinien der Oberlandesgerichte ausgewiesenen Selbstbehalt eines nichterwerbstätigen Unterhaltsschuldners entspricht.

Anmerkung: Nach § 1578b BGB kann der Bedarfsmaßstab zur Bestimmung des nachehelichen Unterhalts vom Maßstab der ehelichen Lebensverhältnisse auf den Maßstab des angemessenen Lebensbedarfs des Unterhaltsberechtigten herabgesetzt werden. Der BGH beschäftigt sich hier mit der Frage, was der angemessene Lebensbedarf des unterhaltsberechtigten Ehegatten ist, wenn dieser ohne Eheschließung nicht nach Deutschland gekommen wäre.

Loewe

BGH vom 01.04.1987 – IVb ZR 41/86
Unterhaltsberechtigte in Polen, Unterhaltspflichtiger in Deutschland

Internationale Verfahrenshilfe
durch Zentrale Behörde

Behördliche Verfahrenshilfe bedeutet, dass die Zentrale Behörde (in Deutschland > Bundesamt für Justiz) Unterhaltsgläubigern bei der Durchsetzung von Unterhaltsansprüchen behilflich ist. Das Bundesamt für Justiz unternimmt „ alle geeigneten Schritte “ (§ 5 AUG; Art. 51 Abs. 2 EuUnterhaltsVO), um den Unterhaltsanspruch durchzusetzen. Hierzu gehört u.a. die Herbeiführung einer einvernehmlichen Regelung, die Gewährung von Prozesskostenhilfe, die Erhebung und Verfolgung einer Unterhaltsklage sowie die Vollstreckung eines vorhandenen Titels. Hierzu hat das Bundesamt für Justiz ein Merkblatt herausgegeben. Schweiz:
Informationen zur Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen gegenüber Unterhaltsschuldnern in der Schweiz erhalten Sie über das Bundesamt für Justiz – Zentralbehörde internationale Alimentensachen, Bundesrain 20 CH-3003 Bern. In der Schweiz erfolgen Unterhaltsvollstreckungen über die sog. Inkassohilfe.

Hinweis:
Direkte Unterhaltsverfahren ohne Einschaltung von sog. zentralen Behörden sind weiter möglich!

Der Durchsetzungsweg über die “Zentralen Behörden” nach Art. 49 ff EuUnterhaltsVO ist nur eine Möglichkeit. Weiterhin kann alternativ der Unterhalt direkt im Inland oder Ausland beim zuständigen Gericht geltend gemacht werden. Dieser Weg ist oftmals schneller und effektiver. Die Kanzlei DR.SCHRÖCK – Fachanwaltskanzlei für Familienrecht vertritt Sie auch bei Unterhaltsfragen zwischen Deutschland und Österreich für österreichischen Behörden und Gerichten. Soll im Ausland nach deutschem Familienrecht entscheiden werden oder ausländisches Familienrecht vor deutschen Familiengerichten zur Anwendung kommen, kann man sich eines deutschen Anwalts bedienen, der auch in einem Mitgliedstaat vertretungsbefugt ist (z.B. Deutscher Anwalt in Österreich). Hier ist der Kontakt zu fachkompetenten Anwälten gefragt, die über die erforderlichen Sprachkenntnisse und Kenntnisse zu den jeweiligen Rechtsmaterien haben. Weiter Informationen dazu erhalten Sie über den > deutschen Anwaltverein.

Zwangsvollstreckung
international

Vollstreckungserklärungsverfahren
Ausländischer Unterhaltstitel ohne deutscher Vollstreckungsklausel?



Unterhaltstitel der EuUntVO


Entscheidungen aus Staaten, die durch das Haager Protokoll von 2007 gebunden sind, bedarf in Deutschland keiner gesonderten Anerkennung oder Vollstreckbarkeitserklärung (Art. 17 EuUntVO ). Damit entfällt das Verfahren zur Vollstreckbarerklärung in der EU (ausgenommen für Dänemark), das bislang einer Vollstreckung inländischer Unterhaltstitel in einem anderen Mitgliedstaat vorgeschaltet war. Zum Zwecke der Vollstreckung sind der jeweils zuständigen Vollstreckungsbehörde die Belege und Schriftstücke nach Art. 20 bzw. 48 Abs.3 der EuUnterhaltsVO. Weiter sind die nationalen Ausführungsbestimmungen zu beachten: für Vollstreckung europäischer Titel in Deutschland: §§ 30 bis 34 > AUG. Das weitere Verfahren ist in Art. 27 bis 31 EuUnterhaltsVO geregelt. In der Schweiz erfolgen Unterhaltsvollstreckungen über die sog. Inkassohilfe.  Im engen Rahmen des Art. 19 > EuUntVO kann eine Nachprüfung durch das ausländische Gericht verlangt werden. Der Nachprüfungsantrag ist fristgebunden (Art. 19 Abs.2 EuUntVO).


Europäischer Vollstreckungstitel


Die EuUntVO entbindet aber nicht von der Notwendigkeit einer Vollstreckbarerklärung durch den Vollstreckungsstaat, in dem der Titel geschaffen wurde. Jedoch wurde mit Wirkung vom 21.10.2005 der sog. europäische Vollstreckungstitel geschaffen, mit dem die grenzüberschreitende Vollstreckung (außer Dänemark) erheblich vereinfacht wurde.


Unterhaltstitel außerhalb der EuUntVO


Geht es um die Anerkennung der Unterhaltsentscheidung eines Landes, das nicht Mitgliedstaat der EU ist und mit welchem weder ein multilaterales noch ein bilaterales Anerkennungsabkommen besteht (das auswärtige Amt kann Auskunft erteilen), richtet sich die Anerkennung nach § 108 Abs. 1, § 109 FamFG und die Vollstreckbarerklärung nach §§ 110 Abs. 1, 110 Abs. 2 FamFG. Zuständig für die Entscheidung zur Anerkennung und Vollstreckbarkeisterklärung ausländischer Entscheidungen regelmäßig das Gericht am Wohn- bzw. Aufenthaltsort des Unterhaltsschuldners (Art. 24 Nr.5 EUGVVO; §§ 30 ff AUG i.V.m. 110 Abs.3 FamFG; vgl.  BGH, Beschluss vom 20.06.2018 – XII ZB 285/17).


Vollstreckungsabwehrverfahren

im Staat der Zwangsvollstreckung


Zum Vollstreckungsabwehrantrag gem. § 767 ZPO gegen ausländische Unterhaltstitel: AG Köln, Beschluss vom 16.01.2019 – 322 F 210/18. Zuständig für den Vollstreckungsabwehrantrag ist das Gericht, in dessen Hoheitsgebiet die Vollstreckung durchgeführt werden soll (national gem. §§ 66 Abs.3 S.2, 35 Abs. 1 AUG). Das hat der EuGH im Jahr 2020 bestätigt.

  • Weiterführende Links:
    » Rolf Wagner, Vollstreckungsabwehrantrag vor deutschen Gerichten gegen Unterhaltstitel aus anderen Mitgliedstaaten der EU-Unterhaltsverordnung?, in: NZFam 2020, 741
    »
      Hilmar Odemer, Die internationale und örtliche Zuständigkeit bei der Abwehr grenzüberschreitender Unterhaltsvollstreckungen gemäß § 767 ZPO, in: NZFam 2020, 944.

Links & Literatur



Links


Literatur & Rechtsprechung


  • OLG Stuttgart, Beschluss vom 04.03.2019 – 11 WF 19/19, internationale Rechtshängigkeitssperre bei anhängigen Unterhaltssachen im Ausland
  • Dieter Henrich, Im Labyrinth des internationalen Unterhaltsrechts, FamRZ 2015, 1761
  • Unger / Unger, Unterhalt bei im Ausland lebenden Unterhaltsgläubigern oder Unterhaltsschuldnern nach Wegfall der Statistik zur Verbrauchergeldparität, in: FPR 2013, 19
  • Dieter Martiny, Unterhalt mit Auslandsbezug. Umsetzbarkeit von deutschen Unterhaltstiteln im Ausland und ausländischen Titeln im Inland
  • Marco Nademleinsky, Die neue EU-Unterhaltsverordnung samt dem neuen Haager Unterhaltsprotokoll, in EF-Z 2011, 130
  • Riegner , Probleme der internationalen Zuständigkeit und des anwendbaren Rechts bei der Abänderung deutscher Unterhaltstitel nach dem Wegzug des Unterhaltsberechtigten ins EU-Ausland, FamRZ 2005, 1798 – 1804 ;
  • Klinck , Das neue Verfahren zur Anerkennung ausländischer Entscheidungen nach § 108 Abs.2 S. 1 FamFG, FamRZ 2009, 741-749.
  • Pietsch, Die grenzüberschreitenden zivilrechtlichen Vollstreckungsmechanismen in der EU, in: Österreichisches Anwaltsblatt, S. 639 – 648.

In eigener Sache


  • OLG München – 4 UF 353/19 – Ehegattenunterhalt: Unterhaltsschuldner in Österreich, unterhaltsberechtigte Ehefrau in Deutschland, unser Az.: 12/ 17
  • Unterhalt für volljähriges Kind in der Schweiz, unser Az.: 185/ 15 (D3/540- 16)
  • Vater in Deutschland, Kind in Österreich: welches nationale Kindesunterhaltsrecht gilt?, unser Az.: 38/ 16 (D3/594- 16)
  • AG Gelnhausen – 61 F 61 F 1226/16 EAUE, Einrede des Art. 5 HUP beim Ehegattenunterhalt, unser Az.: 177/ 15 (D3/1030- 16)
  • AG Kaufbeuren – 501 AR 163/15 GÜ, Die Verbrauchergeldparität beim Trennungsunterhalt, unser Az.: 12/ 17
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