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Kanzlei für Familienrecht > Infothek > Unterhalt > Ehegattenunterhalt > Prüfungsschema > Bedarf des Ehegatten ermitteln > Bedarf bei hohem Lebensstandard > Bedarfsentwicklungen nach Scheidung > Bedarf und Karrieresprung
Der zweite Prüfungsschritt im Prüfungsschema zum Ehegattenunterhalt ist die Bedarfsermittlung. Der Bedarf ist bei jedem Unterhaltsanspruch die Ausgangsgröße zu Bestimmung der möglichen Höhe des Unterhaltsanspruchs (= Maß des Unterhalts).
| Bedarf des Unterhaltsberechtigten
Für sämtliche Unterhaltsansprüche des Ehegatten gilt ab Trennung ein einheitlicher(Bedarfs-)Maßstab: die individuellen “ehelichen Lebensverhältnisse“. Das folgt aus dem Gesetz. Doch wie die sog. “ehelichen Lebensverhältnisse” in konkrete Zahlen zu fassen sind, erklärt keine Vorschrift, sondern nur die Rechtsprechung.
| Wegweiser zum Unterhaltsbedarf des Ehegatten
Ein Ehegatte kann von dem anderen den nach den Lebensverhältnissen und den Erwerbs- und Vermögensverhältnissen der Ehegatten angemessenen Unterhalt verlangen.
(1) Das Maß des Unterhalts bestimmt sich nach den ehelichen Lebensverhältnissen. Der Unterhalt umfasst den gesamten Lebensbedarf.
(2) Zum Lebensbedarf gehören auch die Kosten einer angemessenen > Versicherung für den Fall der > Krankheit und der > Pflegebedürftigkeit sowie die Kosten einer Schul- oder Berufsausbildung, einer Fortbildung oder einer Umschulung nach den §§ 1574, 1575.
Die Bedarfsermittlung beim > Ehegattenunterhalt folgt völlig anderen Grundsätzen als beim Verwandtenunterhalt (> Dualismus der Bedarfsermittlung). Beim > Verwandtenunterhalt wird auf die sog. > “Lebensstellung“ des Unterhaltsgläubigers abgestellt. Wer die Höhe eines Ehegattenunterhalts bestimmen will, muss dagegen wissen, was mit “ehelichen Lebensverhältnisse“ der Ehegatten gemeint ist. Die Begriffsbestimmung und somit die Transformation in konkrete Zahlen gehört mit zum schwierigsten und für Laien (d.h. letztendlich für die Betroffenen) kaum zu durchschauenden Kapitel des Unterhaltsrechts. Entscheiden ist, wie die Rechtsprechung diesen gesetzlichen Begriff interpretiert: Welche Modellvorstellung zu den “ehelichen Lebensverhältnissen“ existiert. Zur rechnerischen Umsetzung der Bedarfsermittlung nach der > gesetzlichen Vorgabe (d.h. nach den ehelichen Lebensverhältnissen) hat sich in der Rechtsprechung für den Regelfall die sog. Quotenbedarfsermittlung etabliert. Sie folgt einer bestimmten > Modellvorstellung von den ehelichen Lebensverhältnissen.
> mehr
(+) In den ehelichen Lebensverhältnissen angelegtes Einkommen des Ehemanns
(-) Abzug > Erwerbstätigenbonus für Ehemann
(+) In den > ehelichen Lebensverhältnissen > angelegtes Einkommen der Ehefrau
(-) Abzug > Erwerbstätigenbonus für Ehefrau
(+) Zurechnung > eheprägender Wohnvorteil bei Verbleib eines Ehegatten im Eigenheim der Familie.
(-) Abzug > Kindesunterhalt in Höhe des tatsächlichen Zahlbetrags
(=) Gesamtbedarf der Ehegatten
___________________________________________
1/2 vom Gesamtbedarf = Quotenbedarf = Bedarf des jeweiligen Ehegatten
Je nachdem, ob Einkünfte auf der Prüfungsebene Bedarf und auf der Prüfungsebene Bedürftigkeit oder nur auf der Prüfungsebene Bedürftigkeit zu berücksichtigen sind, muss die dazu passende Bedarfsermittlungsmethode angewandt werden. Haben Einkünfte bedarfsprägende Bedeutung, findet die > Differenzmethode Anwendung.
BGH, Urteil 13.06.2001 – XII ZR 343/99
Zur Verwendung der Anrechnungsmethode & Differenzmethode
Wenn sowohl auf der Prüfungsebene “Bedarf” als auch auf der Prüfungsebene Bedürftigkeit das unterhaltsrelevante Einkommen des bedürftigen Ehegatten in gleicher Höhe zu berücksichtigen ist, kommt die Bedarfsermittlung bei beiden Berechnungsnmethoden zum gleichen Ergebnis. Allerdings ist das bedarfsrelevanteEinkommen nicht unbedingt identisch mit dem bedürftigkeitsrelevanten Einkommen (> Einkommen & Prüfungsebene). Haben Einkünfte nur Bedeutung für die Prüfungsebene “Bedürftigkeit” ist die > Anrechnungsmethode zu verwenden. Ist letzteres der Fall, ist eine stufenweise Bedarfsermittlung – wie sie die Anrechnungsmethode vorsieht – angezeigt. Die > Differenzmethode kann hier nicht zu richtigen Ergebnissen führen, weil sie nicht eine Trennung der Prüfungsebene “Bedarf” von der Prüfungsebene “Bedürftigkeit” vorsieht. Das Manko der reinen Differenzmethode löst die sog. > gemischte Differenz-/Anrechnungsmethode.
Verdienen beide Ehegatten, so erfolgt die Ermittlung des Unterhalts in aller Regel nach der üblichen Differenzmethode. Bei dieser Methode wird nicht in zwei Stufenvorgegangen (keine Trennung der Prüfungsebenen Bedarf & Bedürftigkeit). Sondern das Einkommen eines Ehegatten wird vom Einkommen des anderen Ehegatten abgezogen. Die Differenz ergibt die Bedarfslücke. Die Differenzmethode rechnet nach folgender Formel: [Einkommen (Ehemann) – Einkommen (Ehefrau)] x 1/2 = Bedarfslücke = Unterhaltsanspruch. Die Differenzmethode ermittelt den Differenzbetrag, der von einem an den anderen Ehepartner abzugeben ist, damit im Ergebnis jeder Ehegatte mit einem gleich hohen Anteil an den Lebensverhältnissen teilnimmt.
Beispiel (vereinfacht)
Einkommen Ehemann 1.000,– abzüglich Einkommen Ehefrau 500,– ergibt eine Differenz von 500,–. Für den Ausgleich der Differenz ist die Hälfte davon von dem besser verdienenden Ehegatten an den geringer verdienen Ehegatten abzuführen; hier in Höhe von 250,– (= 500: 2).
Zur Ermittlung des Unterhaltsanspruchs ist die sog. Anrechnungsmethode zu wählen, wenn der bedürftige Ehegatte vor der Trennung kein eigenes Einkommen erzielt hat und das nach der Trennung erzielte (oder > fiktiv erzielbare) Erwerbseinkommen kein > Surrogat für die vorherige Familienarbeit darstellt (> Surrogat-Theorie). Die Anrechnungsmethode geht in zwei Stufen vor: Auf der Prüfungsebene: Bedarf, wird das eheangelegte Gesamteinkommen festgestellt. Auf der Prüfungsebene: Bedürftigkeit wird das unterhaltsrelevante Einkommen (abzgl. > Erwerbsbonus) des unterhaltsbedürftigen Ehegatten angerechnet.
Beispiel (vereinfacht)
1. Stufe (Prüfungsebene: Bedarf)
Einkommen Ehemann während des Zusammenlebens: 2.000,– abzüglich Einkommen Ehefrau: 0,– ergibt einen > Quotenbedarf für jeden Partner von 1.000,– (= 2.000 x 1/2). Danach verbleiben Ehemann 1.000,– und 1.000,– hat er an die Ehefrau als Unterhalt zu bezahlen.
2. Stufe (Prüfungsebene: Bedürftigkeit)
Nach der Trennung erzielt der bedürftige Ehegatte aus einer Erbschaft monatliche Zinseinkünfte (= 300,- €). Diese 300,- werden nicht auf der Prüfungsebene Bedarfberücksichtigt, da dieses Einkommen nicht in der intakten Ehe angelegt war und auch kein > Surrogat für eine Familienarbeit darstellt. Die nicht in der Ehe angelegten Einkünfte werden auf der Prüfungsebene > Bedürftigkeit auf den Bedarf voll angerechnet (= 1.000,- € – 300,- €). Ein Unterhaltsanspruch (Bedarfslücke = 1.000,- abzgl. 300,-) ist damit in Höhe von 700,- € gegeben.
Während des Zusammenlebens beträgt das Einkommen des Ehemannes 1000,- €; Einkommen Ehefrau: 0,- €. Sie führte den Haushalt. Nach der Trennung erzielt der Ehegatte aus einer Erbschaft monatliche Zinseinkünfte (= 300,- €) und geht einer eigenen Erwerbstätigkeit nach (Einkommen: 500,- €). Die 300,- Zinseinkünfte werden nicht auf der Prüfungsebene “Bedarf” berücksichtigt. Insoweit kommt die > Anrechnungsmethode zum Zug. Die Einkünfte aus der eigenen Erwerbstätigkeit werden wegen der > Surrogats-Theorie nach der > Differenzmethode berücksichtigt. Die gemischte Differenz-/Anrechnungsmethode führt zu folgender Unterhaltsermittlung (Beispiel vereinfacht):
Zahlt der Ehemann die 200,- €, so verbleiben ihm 800,- € (= 1.000,- € – 200,- €). Die Ehefrau hätte insgesamt 1.000,- € (= 500,- + 300,- € + 200,- € Unterhalt). Damit wird der > Halbteilungsgrundsatz nicht gewahrt. Dieser besagt auf der Prüfungsebene “Leistungsfähigkeit“, dass die Unterhaltspflicht nicht nur durch den > Selbstbehalt-Satz , sondern in erster Linie durch den angemessenen Selbstbehalt nach Halbteilungsgrundsatz begrenzt ist. Nach dem Halbteilungsgrundsatz hat jedem Ehegatten als angemessener Selbstbehalt die Hälfte des Gesamteinkommens zu verbleiben. Folge des Halbteilungsgrundsatzes: Nach Abzug des Kindesunterhalts vom Einkommen darf dem Unterhaltsschuldner als angemessener Selbstbehalt nicht weniger verbleiben, als der betreuende Elternteil aus eigenen Einkünften und Ehegattenunterhalt-Leistungen zur Verfügung hat. Der > angemessene Selbstbehalt nach Halbteilungsgrundsatz führt dazu, dass – wegen fehlender Leistungsfähigkeit – nur 100,- € an Unterhalt geschuldet wird.
Folgende Grundaussagen können zur Bemessung des Bedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen getroffen werden:
BGH, Urteil vom 13. Juni 2001 – XII ZR 343/99
Einkommen der Eheleute als Indikator für die “ehelichen Lebensverhältnisse“
(Zitat) “Das Gesetz knüpft dabei an den Unterhaltsmaßstab der > ehelichen Lebensverhältnisse in § 1578 BGB an, ohne dort allerdings im einzelnen zu definieren, welche Umstände diese Lebensverhältnisse bestimmen, und ohne den für die Beurteilung maßgeblichen Zeitpunkt festzulegen. Nach den bislang vom Senat zur Ausfüllung dieses Rechtsbegriffs entwickelten Grundsätzen werden die ehelichen Lebensverhältnisse im wesentlichen durch die bis zur Scheidung nachhaltig erzielten tatsächlichen Einkünfte der Ehegatten bestimmt, soweit sie dazu vorgesehen waren, den laufenden Lebensunterhalt zu decken.”
Grundaussage:
Somit ist das verteilungsfähige > Realeinkommen bis zur Scheidung der > Hauptindikatorder ehelichen Lebensverhältnisse. Der Bedarf kann nicht aus lediglich gedachten > fiktiven Einkünften des Pflichtigen abgeleitet werden.
Achtung bei mietfreiem Wohnen im Eigenheim:
Der geldwerte Gebrauchsvorteil einer ehelichen Immobilie prägt ebenfalls die ehelichen Lebensverhältnisse und nimmt somit Einfluss auf die Bedarfsermittlung; mehr dazu
> hier
Im Regelfall indiziert das reale Gesamteinkommen der Eheleute deren Lebensverhältnisse, denn damit wird gewöhnlich der Lebensalltag der Familie finanziert.
Halbteilungsgrundsatz :
Nach der Modellvorstellung des Unterhaltsrechts nimmt jeder Ehegatte zur Hälfte am Verbrauch des verteilungsfähigen Einkommens teil. Somit indiziert die Hälfte des realen Gesamteinkommens den ehelichen Bedarf pro Ehegatte . Dies ist die Kernaussage des Halbteilungsgrundsatzes. Dieser Grundsatz ist gesetzlich nicht geregelt, aber in der höchstrichterlichen Rechtsprechung und allgemein anerkannt. Dieser findet immer dann für die Bedarfsermittlung eines Ehegatten Anwendung, wenn das Gesamteinkommen der Ehegatten die Schwelle zur konkreten Bedarfsermittlung nicht übersteigt. Die Bestimmung der Höhe des Unterhaltsbedarfs pro Ehegatte nach Anteil am Gesamteinkommen ist die Standardmethode. Sie wird als Quotenbedarfsermittlungbezeichnet.
Abweichungen vom Halbteilungsgrundsatz
sind theoretisch denkbar, aber sehr selten und besonders zu begründen.
Ein Abweichung von der Bedarfsermittlung nach Halbteilungsgrundsatz, weil beide oder ein Beteiligter einen Vermögensstamm besitzt (wegen > Obliegenheit zur Vermögensverwertung ), wird – soweit wir das überblicken – weder in der Literatur noch in der höchstrichterlichen oder obergerichtlichen Rechtsprechung vertreten. Der Vermögensbestand ist grundsätzlich kein Indikator für den Unterhaltsbedarf (> mehr ).
BGH, Urteil v. 4.7.2007 – XII ZR 141/05
Vermögensbildung und eheliche Lebensverhältnisse
Leitsatz: Die für das Maß des Unterhalts ausschlaggebenden ehelichen Lebensverhältnisse bestimmen sich grundsätzlich nach den für den allgemeinen Lebensbedarf genutzten Einkünften. Um sowohl eine zu dürftige Lebensführung als auch einen übermäßigen Aufwand als Maßstab für die Ansprüche auf Trennungsunterhalt und nachehelichen Unterhalt auszuschließen, ist dabei ein objektiver Maßstab anzulegen. Der für eine Korrektur unangemessener Vermögensbildung heranzuziehende Maßstab darf allerdings nicht dazu führen, dass der Boden der ehelichen Lebensverhältnisse verlassen wird und Vermögenseinkünfte als eheprägend zugrunde gelegt werden, die auch nach einem objektiven Maßstab nicht für die allgemeine Lebensführung verwendet worden wären (Fortführung des Senatsurteils v. 20.11.1996 – XII ZR 70/95 -, FamRZ 1997, 281, 284).
Anmerkung: Wird das das Familieneinkommen nicht nur zur Finanzierung des Lebensunterhalts der Familie, sondern z.T. auch zum Vermögensaufbau verwendet, bestimmt dieser Teil des Einkommens den Unterhaltsbedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen grundsätzlich nicht. Nur soweit das gesamte Einkommen zur Finanzierung der individuellen Lebensverhältnisse verwendet wird, kann unproblematisch das Gesamteinkommen als Bemessungsgrundlage zur Bedarfsermittlung dienen. In diesem Fall indiziert das Einkommen die Lebensstellung. Wird allerdings das Einkommen nicht vollständig für den Lebensunterhalt verbraucht, sondern teilweise zur Vermögensbildung verwendet, gibt es zwei Probleme.
Hierbei gelten folgende Regeln:
Konsequenzen für die Praxis:
Die ehelichen Lebensverhältnissen werden durch Vermögensbildung beeinflusst, denn diese Beträge standen nicht zum Lebensunterhalt zur Verfügung. Entsprechend vermindert sich der Bedarf der Berechtigten nach dem Halbteilungsgrundsatz. Das gilt auch bei Familieneinkommen unterhalb von 11.000 €. Abwehr des Zahlungsanspruchs: Unterhaltsverpflichteter muss regelmäßige Rücklagen („prägend“) darlegen und ggf. beweisen und so die Vermutungswirkung widerlegen. Lässt sich idR durch Kontoauszüge realisieren
OLG Koblenz. v. 5.10.2020 – 13 WF 663/20
(FamRZ 2021, 1368)
Anmerkung: Wurde während des ehelichen Zusammenlebens ein Teil der Einkünfte der Ehegatten nicht für den allgemeinen Lebensbedarf verwendet, hat dieses Einkommen auch nach der Trennung bei der Unterhaltsbemessung grundsätzlich unberücksichtigt zu bleiben. Eine Ausnahme gilt allerdings bei einer übertrieben sparsamen Lebensführung. Reduzierung der Höhe der Vermögensbildung? Eheliche Lebensverhältnisse sind die gelebte Realität. Allerdings ist ein objektiver Maßstab anzulegen. Entscheidend ist derjenige Lebensstandard, der nach dem vorhandenen Einkommen vom Standpunkt eines vernünftigen Betrachters aus angemessen erscheint. Dabei haben – gemessen an dem verfügbaren Einkommen – sowohl eine zu dürftige Lebensführung als auch ein übermäßiger Aufwand außer Betracht zu bleiben (vgl. BGH FamRZ 2007, 1531). Monatliche Sparraten von 400 € bei einem bereinigten Nettoeinkommen von über 3.000 € monatlich und unter Berücksichtigung mietfreien Wohnens entspricht einer Sparquote, die auch nach objektiven Maßstäben nicht zu beanstanden ist. Eine nach den Verhältnissen zu dürftige Lebensführung tritt dadurch jedenfalls nicht ein. Folglich haben diese Mittel für die Unterhaltsbemessung außer Betracht zu bleiben.
BGH, Urteil v. 27.05.2009 – XII ZR 78/08
Einkommensbereinigung durch Vorwegabzug des Barunterhalts für Kinder
(Zitat, Rn 46 ff ) “Bei der Ermittlung des Bedarfs nach § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB kommt es auf die wirtschaftlichen Verhältnisse der – geschiedenen – Ehegatten an. Diese werden durch bestehende Unterhaltspflichten gegenüber Kindern beeinflusst, weil diese das für die Lebensführung der Ehegatten verfügbare Einkommen > schmälern . Die Bezifferung des > Kindesunterhalts ist somit eine Vorfrage der Bedarfsermittlung nach § 1578 Abs. 1 BGB, die nach §§ 1601 ff. BGB zu beurteilen ist. (…) Der Vorwegabzug des Zahlbetrages entspricht nach dem Regierungsentwurf zum Unterhaltsänderungsgesetz, der im parlamentarischen Verfahren insoweit nicht in Frage gestellt worden ist, der Absicht des Gesetzgebers.“
Anmerkung: Dies gilt, gleich ob Barunterhalt für eheliche, nichteheliche oder voreheliche Kinder und von welchem Ehegatten geleistet wird. Achtung!: Für nachehelich geboreneKinder gilt das nicht (vgl. > Grundsatzentscheidung des BGH, Urteil vom 7.12.2011 – XII ZR 159/09; Gutdeutsch, Das Zusammenspiel von Ehegatten- und Kindesunterhalt, in: NJW 2009, 945ff.).
BGH, Beschluss vom 11.11.2015 – XII ZB 7/15
Vorwegabzug des Kindesunterhalts und Ermittlung des Ehegattenunterhalts
(Leitsatz) “Ein Anspruch auf (Aufstockungs-)Unterhalt kann auch dadurch entstehen, dass das Einkommen des für den Kindesunterhalt barunterhaltspflichtigen Ehegatten durch den Vorwegabzug des Kindesunterhalts unter das Einkommen des kinderbetreuenden Ehegatten absinkt.”
Anmerkung: Die Entscheidung ist für alle barunterhaltsplichtigen Eltern interessant, die deshalb ein geringeres unterhaltsrelevantes Einkommen aufweisen als der andere Elternteil und Ehegatte, weil das > Einkommen um die Zahllast an Kindesunterhalt bereinigt wird. Hier kommt es zum (Gegen-)Anspruch des kindesunterhaltsplichtigen Ehegatten auf Zahlung von Ehegattenunterhalt (> Aufstockungsunterhalt) vom kinderbetreuenden Ehegatten.
Viele Obergerichte und der BGH vertreten die Ansicht, dass der kinderbetreuende und zugleich erwerbstätige Ehegatte (Job und Kind) ebenfalls einen Anteil am Barunterhalt des minderjährigen Kindes trage. Diese Ansicht basiert auf der Vorstellung, dass beim Unterhalt für minderjährige Kinder der Bedarf nach dem Gesamteinkommen der Eltern zu bemessen ist, aber die Barunterhaltspflicht des nichtbetreuenden Elternteils auf den Betrag begrenzt sei, der sich nach seinem alleinigen Einkommen ermittelt. Der Bedarfsanteil, der über die Begrenzug hinausginge sei vom kinderbetreuenden Elternteil zu tragen und für die Bedarfsermittlung des Ehegattenunterhalts zu monetarisieren und im Wege der Einkommensbereinigung vom Erwerbseinkommen des kinderbetreuenden Elternteils in Abzug zu bringen:
Orientierungssatz: Bei der Berechnung von Ehegattenunterhalt ist der Naturalunterhalt, den ein betreuender Elternteil aus eigenen Einkünften für die gemeinsamen, bei ihm lebenden Kinder aufbringt, vor der Berechnung der Unterhaltsquote von seinem bereinigten Nettoeinkommen in Abzug zu bringen. Die Höhe der Abzugsposition ergibt sich rechnerisch aus der Differenz zwischen dem aus den beiderseitigen Einkünften ermittelten Barbedarf der Kinder einerseits und dem vom barunterhaltspflichtigen Elternteil aufgebrachten Unterhalt andererseits.
Anmerkung: Die Berechnungsmethode steht und fällt mit der Auffassung, der Bedarf an Unterhalt für minderjährige Kinder sei nach dem Gesamteinkommen der Eltern zu bestimmen. Letzeres ist nicht ohne Kritik.
Es gelten beim Abzug des Kindesunterhalts – aktuell (2023) – folgende Grundsätze:
OLG Brandenburg, Beschluss vom 26.2.2020 – 9 UF 248/19
Kindesunterhalt für ein vom Ehegatten-Unterhaltspflichtigen selbst betreutes Kind und Ermittlung des Ehegattenunterhalts
Leitsätze:
1. Schuldet ein geschiedener Ehegatte nachehelichen Unterhalt und betreut gleichzeitig ein minderjähriges Kind, kann er seine bisher vollschichtig ausgeübte Erwerbstätigkeit nicht teilweise zur Wahrnehmung der Betreuung des Kindes mindern, soweit das Kind das 3. Lebensjahr vollendet hat. Dies folgt aus der > Regelung des § 1570 Abs. 1 BGB , die für einen Unterhaltspflichtigen und Unterhaltsberechtigten gleichermaßen gilt. Eine Ausnahme gilt nur, wenn die Möglichkeit einer Drittbetreuung des Kindes nicht besteht.
2. Wird von dem > barunterhaltspflichtigen Elternteil kein Kindesunterhalt geleistet, kann der das Kind betreuende Elternteil seine Einkünfte jedenfalls um den Mindestunterhalt im Sinne des § 1612a Abs. 1 BGB – unter Abzug des hälftigen Kindergeldes – bei der Bestimmung des nachehelichen Unterhalts mindern.
In welcher Höhe ein Wohnwert bei der > Bedarfsermittlung einem Ehegatten zugerechnet wird, hängt davon ab, in welcher Phase sich die Ehe befindet. Der Ansatz eines Wohnvorteils in Höhe des objektiven Marktwertes wird im ersten Trennungsjahr bis zum Scheidungsantrag wird von der Rechtsprechung nicht vertreten. Dazu ausführlich > hier .Der Wert des Wohnvorteil s nach dem > Einkommenseffekt ist nach ständiger Rechtsprechung nach dem ortsüblichen Mietwert zu bemessen und entspricht – abgesehen von Korrekturen im Rahmen der Angemessenheitsbetrachtung – den Kosten, die der Eigentümer gegenüber einem Mieter erspart (BGH, Urteil vom 5. März 2008 – XII ZR 22/06; st. Rechtsprechung seit dem Senatsurteil vom 27. Juni 1984 – IVb ZR 20/83 – FamRZ 1985, 354, 356).
Die Ermittlung des unterhaltsrelevanten Einkommens erfolgt beim Verwandtenunterhalt mit > vier Prüfungsschritten . Für die Bedarfsermittlung beim > Ehegattenunterhaltkommt ein > fünfter Prüfungsschritt hinzu: die Bereinigung des Einkommens um den > Erwerbstätigenbonus.
Die sich aus den Grundaussagen ergebende > Modellvorstellung von den “ ehelichen Lebensverhältnissen ” lässt nun eine Transformation in eine > Standard-Berechnungsformel zu: es ergibt sich eine Berechnungsformel zu Ermittlung eines sog. Quotenbedarfs. Doch keine Regel ohne Ausnahme: Wenn das Realeinkommen der Eheleute keine Indikatorwirkung entfalten kann, weil es die ehelichen Lebensverhältnisse nicht korrekt widerspiegeln kann, muss der Bedarf entweder als Mindestbedarf ausgewiesen werden oder es muss eine konkrete Bedarfsermittlung stattfinden > Grenzen der Quotenbedarfsermittlung.
In intakter Ehe besteht der Ehegattenunterhalt (> Familienunterhalt) nicht ausschließlich in Form einer Geldrente (vgl. § > 1360a Abs.2 BGB). Das Thema der Bedarfsermittlungnach der erklärten > Modellvorstellung von den “ehelichen Lebensverhältnissen” beginnterst ab dem Tag, ab dem Unterhalt nur noch in Form einer Geldrente zu leisten ist, d.h. mit einem möglichen > Trennungsunterhalt nach § 1361 Abs.1 BGB. Doch findet ein Rückblick in die Zeit der intakten Ehe statt. Schließlich ist diese grundlegend für die Frage, ob und wie sich die “ehelichen Lebensverhältnisse” entwickelt haben und welches > Bedarf indizierendes Einkommen in dieser Zeit erzielt wurde. Es gibt Ehen, bei denen sich keine “ehelichen Lebensverhältnisse” herausgebildet haben. Etwa weil sie von Anfang an nicht “intakt” oder zu kurz war oder sich aus anderen Gründen keine eheliche Solidarität “einstellen” konnte. Wenn sich also im Rückblick auf die Ehezeit vor der Trennung keine Entwicklung einer ehelichen Solidarität nachweisen lässt, kann sich dann der Bedarf an Unterhalt nicht nach der > Modellvorstellung von “ehelichen Lebensverhältnissen” ein Ehegattenunterhalt begründen? Bei > kurzer Ehedauer kann sich keine nacheheliche Solidarität entwickeln, so dass es keinen > nachehelichen Unterhalt geben kann. Doch gilt dies auch für den Bedarf an > Trennungsunterhalt? Mehr dazu
> hier
Bedarf prägendes Einkommen ist das Gesamteinkommen der Ehegatten bis zur Rechtskraft der Scheidung. Somit können Einkommensentwicklungen den Bedarf an Trennungsunterhalt beeinflussen. Mehr dazu
> hier .
Beim > Trennungsunterhalt mag es noch einleuchten, dass Einkommensentwicklungen bis zur Scheidung den Bedarf der Ehegatten beeinflussen. Doch wenn die Einkommensänderungen erst nach der Scheidung auftreten, kommt es zu ersten Verständnisproblemen. Allerdings ist fakt, dass die Rechtsprechung nacheheliche Einkommensveränderungen bei der Bedarfsermittlung nicht unberücksichtigt lässt. Was berücksichtigt werden kann und was nicht, erfahren Sie
> hier
Wird bei > höherem Einkommen der Bedarf nicht nach dem Gesamteinkommen der Eheleute, sondern nach dem > konkret ermittelten Bedarf bestimmt, stellt sich auch hier die Frage, wie Einkommensverbesserungen in der Trennungsphase sich auf die konkrete Bedarfsermittlung auswirken. Mehr dazu
> hier
Der Bedarfsmaßstab der ehelichen Lebensverhältnisse gilt nach der Ehe so lange fort, bis die > nacheheliche Solidarität endet. Nach § 1578b BGB wird dafür der Bedarfsmaßstab der ehelichen Lebensverhältnisse aufgegeben werden. An dessen Stelle tritt als Maßstab der sog. angemessene Lebensbedarf. Mehr dazu erfahren Sie
> hier
Bei Verletzungen der nachehelichen Solidarität kommen daneben die allgemeinen > Verwirkungstatbestände infrage.
> Beispiele
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