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Kanzlei für Familienrecht > Scheidung München > Infothek zum Familienrecht > Unterhalt > Ehegattenunterhalt > Prüfungsschema > Bedarf nach ehelichen Lebensverhältnissen > Bedarf bei hohem Lebensstandard der Ehegatten
Der Bedarf an Ehegattenunterhalt wird bei hohem ehelichen Lebensstandard anders ermittelt als nach der üblichen Standardmethode. Sobald davon auszugehen ist, dass Teile des Gesamteinkommens der Vermögensbildung dienen, stößt diese Methode an ihre Grenzen.
Bei hohem Lebensstandard – d.h. die ehelichen Lebensverhältnisse sind z.T. durch Vermögensbildung geprägt – muss der unterhaltsberechtigte Ehegatte seinen Bedarf konkret darlegen, wenn dieser die Schwelle von 4.950 € übersteigen soll.
| Wegweiser zum Bedarf des Ehegatten bei hohem Lebensstandard
Die Einkommensgruppen der Düsseldorfer Tabelle reichen bis zu einem Monatseinkommen der Eltern in Höhe von 11.200 €. Doch wie ermittelt sich der Kindesunterhalt, wenn das Elterneinkommen die Schwelle von 11.200 € p.m. übersteigt?
| Unterhalt für Kinder bei hohem Lebensstandard
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BGH, Urteil vom 13. Juni 2001 – XII ZR 343/99
Einkommen der Ehegatten als Indikator der ehelichen Lebensverhältnisse
Aus den Entscheidungsgründen:
(Zitat) “Das Gesetz knüpft (…) an den Unterhaltsmaßstab der ehelichen Lebensverhältnisse (…) an, ohne dort allerdings im einzelnen zu definieren, welche Umstände diese Lebensverhältnisse bestimmen, und ohne den für die Beurteilung maßgeblichen Zeitpunkt festzulegen. Nach den bislang vom Senat zur Ausfüllung dieses Rechtsbegriffs entwickelten Grundsätzen werden die ehelichen Lebensverhältnisse im Wesentlichen durch die bis zur Scheidung nachhaltig erzielten tatsächlichen Einkünfte der Ehegatten bestimmt, soweit sie dazu vorgesehen waren, den laufenden Lebensunterhalt zu decken.”
Anmerkung:
Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung wird der Bedarf des Ehegatten bemessen nach dem tatsächlichen Familieneinkommen, soweit es für den laufenden Lebensunterhalt verbraucht wird (Konsumbedarf). Also knüpft man in der Regel für die Bedarfsermittlung am Einkommen an.
Der Teil des Einkommens, der für den Vermögensaufbau vorgesehen ist, ist nicht unterhaltsrelevant. Das Einkommen indiziert den Bedarf an Unterhalt; der Vermögensstamm nicht.
Der Bedarf bemisst sich beim ehelichen Unterhalt gemäß § 1578 Absatz 1 BGB nach den ehelichen Lebensverhältnissen. Diese richten sich wiederum nach dem verfügbaren Familieneinkommen. Der Unterhalt wird dementsprechend in der Praxis bei durchschnittlichen Einkommensverhältnissen in den weitaus meisten Fällen nach einer Quote des Gesamteinkommens der Ehegatten bemessen. Bei dieser Methode wird im Sinne einer tatsächlichen Vermutung davon ausgegangen, dass im Wesentlichen das gesamte Einkommen zu Konsumzwecken verbraucht wird.
Deshalb wird es bei der Bemessung des nachehelichen Unterhalts nach dem Halbteilungsgrundsatz (für Einkommen aus Erwerbstätigkeit modifiziert um einen Erwerbsanreiz) im Ergebnis hälftig auf beide Ehegatten verteilt.
| Bedarfsermittlung beim Ehegattenunterhalt nach Einkommensquote
Wird der Ehegattenunterhalt bei gehobenem Lebensstandard mit der Standardmethode ermittelt, wird in der Regel ein zu hoher Unterhaltsanspruch ermittelt, weil der Einkommensanteil, der zur Vermögensbildung verwendet wird, nicht ausgeblendet wird.
Die konkrete Bedarfsermittlung klammert dem gegenüber die Sparquote vom Einkommen aus. Die Annahme des vollständigen Verbrauchs für den Lebensunterhalt der Ehegatten ist bei besonders günstigen Einkommensverhältnissen allerdings nicht mehr ohne weiteres gerechtfertigt. Vielmehr liegt in diesen Fällen die Vermutung nahe, dass ein Teil des Einkommens der Vermögensbildung zufließt. Somit hat in der Praxis der unterhaltspflichtige Ehegatte, der Teile seines Einkommens der Vermögensbildung zuführt, ein Interesse daran, dass der Bedarf des unterhaltsbedürftigen Ehegatten konkret ermittelt wird. Hohe Einkommensverhältnisse kommen insbesondere bei Unternehmerehen vor, so dass hier der Streit i.V.m. mit der dem Problem der Einkommensermittlung bei Selbständigen eine erhebliche Praxisrelevanz aufweist.
OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 05.02.2020 – 4 UF 249/16
zur sog. relativen Sättigungsgrenze und Beweislastverteilung bei der Bedarfsermittlung
Orientierungssatz:
Die sogenannte relative Sättigungsgrenze nach Ziffer 15.3 der Unterhaltsgrundsätze des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main begrenzt den Unterhaltsbedarf weder nach oben noch nach unten, sondern regelt lediglich die Darlegungs- und Beweislast für einen höheren bzw. niedrigeren Bedarf. Lässt sich der konkrete Bedarf auf Grund des festgestellten Sachverhalts bestimmen, ist er für die Höhe des Unterhaltsanspruchs maßgeblich.
Sättigungsgrenze und Bedarfsermittlungsmethode:
Heute fixiert die Rechtsprechung die Sättigungsgrenze für die Anwendung der Standardmethode zur Bedarfsermittlung bei einem Gesamteinkommen der Ehegatten bis zu einem Betrag in Höhe von 11.200 €. Dieser Betrag entspricht dem höchsten in der jeweils aktuellen Düsseldorfer Tabelle ausgewiesenen Erwerbseinkommen. Im Jahr 2024 beträgt dieses 11.200 €. Folglich kann nach Standardmethode (Qutenunterhalt) ein Maximal-Bedarf pro Ehegatte bis zur Höhe von 5.040 (= 11.200 x 45%) unproblematisch ermittelt werden.
Dem liegt die Vermutung und Vorstellung zu Grunde, dass in der Ehe zum bestreiten des Lebensunterhalts maximal 11.200 € verbraucht (konsumiert) werden und darüber hinausgehendes Erwerbseinkommen der Vermögensbildung zugeführt wird.
Übersteigt das Familieneinkommen die Schwelle von 11.200 € und soll deshalb ein höherer Bedarf als 5.040 € in Betracht kommen, ist dies grundsätzlich nur mithilfe der konkreten Bedarfsermittlung zu erreichen und vom unterhaltberechtigten Ehegatten der Beweis anzutreten, dass im Durchschnitt mehr als 11.200 € p.m. zur finanzierung der Ehelichen Lebensverhältnisse ausgegeben wurde.
Anderseits sagt der BGH (2017): Sowohl bei Familieneinkommen unter 11.200 €, als auch über dieser Schwelle können alle Bedarfsermittlungsmethoden (nach Quote oder konkret) in Betracht kommen. Eine Weichenstellung, basierend auf einer fixen Einkommensschwelle (konkrete Sättigungsgrenze), gibt es nicht. Deshalb spricht man beim höchsten in der Düsseldorfer Tabelle ausgewiesenem Einkommen von der realtiven Sättigungsgrenze.
Die relative Sättigungsgrenze
im Ehegattenunterhalt bezieht sich auf die Annahme, dass bei besonders hohem Einkommen nicht das gesamte Einkommen für den Lebensunterhalt verwendet wird, sondern ein Teil zur Vermögensbildung dient. Dies bedeutet, dass bei sehr guten Einkommensverhältnissen vermutet wird, dass nicht das gesamte Einkommen den ehelichen Lebensstandard prägt, sondern ein Teil gespart wird. Diese Vermutung beeinflusste die Bedarfsermittlung beim Unterhalt.
Konkret bedeutet dies, dass bei hohem Einkommen angenommen wird, dass ein Teil des Einkommens für die Vermögensbildung verwendet wurde und somit nicht den ehelichen Lebensstandard geprägt hat. Daher wird dieser Teil bei der Unterhaltsberechnung nicht berücksichtigt.
Fazit:
Die Weichenstellung zur richtigen Bedarfsermittlungsmethode erfolgt nach der tatsächlichen Vermutung der Einkommensverwendung allein für den Lebensunterhalt – das ist bis zur Einkommensschwelle von 11.200 € p.m. der Fall – und ob und wie diese Vermutung widerlegt werden kann.
| Weichenstellung zur Bedarfsermittlung seit BGH 2017
Daneben kommt eine konkrete Bedarfsermittlung auch in Betracht, wenn die Einkommensverhältnisse schwer durchschaubar sind, aber ein hoher Lebensstandard vorliegt (Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrechtlichen Praxis, 9.Aufl. § 4 Rn 763). Dieser Fall ist hier aufgrund der unübersichtlichen Einkommenslage der Ex-Frau durchaus annehmbar. Das Einkommen aus selbständiger Tätigkeit muss hier voraussichtlich gutachterlich festgestellt werden. Ebenso OLG Köln bei undurchsichtigen Einkommensverhältnissen des Unternehmerehegatten (OLG Köln, 24.06.1992 – 26 UF 106/91, FamRZ 1993, 64.
Die Rechtsprechung des BGH (seit 2017) besagt, dass eine Quotenbedarfsermittlung zum Ehegattenunterhalt möglich ist, wenn das Gesamteinkommen der Ehegatten die Schwelle von 11.000 € nicht überschreitet. Denn bis dahin gilt die tatsächliche Vermutung (= Beweislastregel), dass das gesamte Familieneinkommen zur Finanzierung des laufenden Lebensunterhalts verwendet wurde (BGH, Beschluss vom 25.09.2019 – XII ZB 25/19). Über dieser Einkommensschwelle gilt die dagegen die Vermutung, dass Teile des Familieneinkommens der Vermögensbildung gedient haben. Der Vermögensbildungsanteil ist aber nicht unterhaltsrelevant (BGH, Urteil vom 13. Juni 2001 – XII ZR 343/99). Deshalb ist über dieser Schwelle der Unterhaltsbedarf konkret zu ermitteln, es sei denn der Unterhaltsberechtigte kann beweisen, dass kein Teil des Einkommens der Vermögensbildung gedient hat, sondern das gesamte Einkommen dem ehelichen „Konsum“ gedient hat und zugeführt wurde. Der BGH erklärt aber nicht, dass eine konkrete Bedarfsermittlung unterhalb der Einkommensschwelle von 11.000 € p.m. unzulässig sei. Die Rechtsprechung des BGH steht also, damit einer einvernehmlichen Entscheidung und Klarstellung der Ehegatten, mit welcher Methode der Unterhaltsbedarf ermittelt werden soll, in keiner Weise im Widerspruch. So hat etwa Gutdeutsch in: FamRZ 2019, 944, 945 bereits darauf hingewiesen, dass bei einem Einkommensniveau zwischen 5.500 € bis 11.000 € p.m. klarstellende Vereinbarungen zum Vermögensbildungs- und Sparverhalten der Ehegatten möglich sind. Gegen diese Vorgehensweise äußert der BGH keine rechtlichen Bedenken (BGH, Beschluss vom 25.09.2019 – XII ZB 25/19, Rn 30). Warum also mit Vereinbarung zur konkreten Bedarfsermittlung weiterhin die Möglichkeit einer Bedarfsermittlung nach dem Gesamteinkommen und nach Quote offen ist, erschließt sich nicht. Damit sind nach unserer Ansicht z.B. folgende Vereinbarungen in einer Scheidungsfolgenvereinbarung denkbar und möglich:
“Wir, die Ehegatten Frau Musterfrau und Herr Mustermann, haben am 23. Mai 2020 den Lebensbedarf von Musterfrau nach Maßgabe unserer ehelichen Lebensverhältnisse ausführlich besprochen und sind zu dem übereinstimmenden Ergebnis gekommen, dass der monatliche Kostenaufwand eines Ehegatten für die Aufrechterhaltung dieser Lebensverhältnisse nach der Trennung in Höhe von 3.000 € besteht. Dazu haben wir beigefügte Lebensbedarfsaufstellung angefertigt. Mit unseren Unterschriften bestätigen wir hiermit, dass damit der gesamte eheliche Lebensbedarf (Elementar- und Mehrbedarf) erfasst und für beide Ehegatten verbindlich festgestellt ist. Dieser Lebensbedarf dient somit als verbindliche Bemessungsgrundlage für die weitere Ermittlung des Ehegattenunterhalts.”
Immer dann, wenn feststeht oder vermutet werden kann, dass Teile des Einkommens der Vermögensbildung dienen, ist an die konkrete Bedarfsermittlung zu denken. Denn Unterhalt dient nicht der Vermögensbildung, sondern soll den in der Ehe gepflegten Konsumbedarf decken (BGH, Urteil vom 09.06.2004 – XII ZR 277/02). An diesem Grundsatz hält der BGH bis heute fest. Im Jahr 2017 hat der BGH an der Vermutungs-Schwelle ( Vermutungstatbestand ) gedreht und erklärt, dass erst über einem Familieneinkommen über 11.000 € p.m. vermutet wird, dass Vermögensbildung mit Teilen des Familieneinkommens stattfindet. Welche Konsequenzen die sog. tatsächliche Vermutung hat und wie diese in der Praxis widerlegt werden kann, erfahren Sie
> hier
BGH, Beschluss vom 25.09.2019 – XII ZB 25/19
Bedarfsermittlung bei Familieneinkommen bis 11.000 € nach Einkommensquote
Anmerkung: Für die Weichenstellung zur richtigen Bedarfsermittlungsmethode ist zunächst festzustellen, ob ein Einkommensniveau vorliegt, dass eine konkrete Bedarfsermittlung anstelle einer Quotenbedarfsermittlung zulässt. Der BGH erklärt hierzu, dass maßgebliches Familieneinkommen die Einkommenssumme aus den bereinigten Einkünften von Ehemann und Ehefrau ist. Zur Beurteilung, ob die Grenze für die tatsächliche Einkommensverbrauchsvermutung von 11.000 € p.m. überschritten ist, sind daher die Einkünfte der Eheleute vorab um
BGH, Beschluss vom 15.11.2017 – XII ZB 503/16
Grenze für Badarfsermittlung nach der Quotenmethode
Anmerkung: Der BGH hat mit seiner Entscheidung vom 15.11.2017 nunmehr dahin entschieden, dass es aus rechtsbeschwerderechtlicher Sicht nicht zu beanstanden ist, wenn die Tatgerichte zur praktikablen Bewältigung des Massenphänomens Unterhalt von einer tatsächlichen Vermutung für den vollständigen Verbrauch des Familieneinkommens ausgehen, soweit dieses das Doppelte des höchsten Einkommensbetrags der Düsseldorfer Tabelle, mithin einen Betrag von 11.000 € (Stand Düsseldorfer Tabelle ab 2018) nicht übersteigt. Bis zu dieser Grenze hat der BGH eine Bedarfsbemessung nach der Einkommensquote ausdrücklich für zulässig erachtet und ausgeführt, dass der Unterhaltsbedarf in einem solchen Fall ohne Darlegung der konkreten Einkommensverwendung nach der Einkommensquote bemessen werden kann. Diese Rechtsprechung hat der BGH mit Beschluss vom 25.09.2019 (XII ZB 25/19, FamRZ 2020, 21) fortgeführt und weiter konkretisiert. In Anlehnung an die Entscheidung des BGH vom 15.11.2017 – XII ZB 503/16 kann der Unterhaltsberechtigte die tatsächliche Vermutung für sich in Anspruch nehmen, dass das monatliche Familiengesamteinkommen bis zur Höhe von 11.000 € von den beteiligten Ehegatten verlebt worden sei. Nach der 3/7-Regel kann der Unterhaltsberechtigte bei einem Familieneinkommen von bis zu 11.000 € p.m. einen maximalen Bedarf von 4.714 € p.m. behaupten. Nach der Methode des Erwerbstätigenbonus von 10 % kann ein maximaler Bedarf von 4.950 € p.m. (= 11.000 € x 0,45) behauptet werden. Dem kann der Unterhaltspflichtige wiederum entgegentreten und die Verbrauchsvermutung des Gesamteinkommens für den Lebensunterhalt widerlegen, wenn er schlüssig und belegt (beweisbar) vorträgt, dass das Einkommen nicht vollständig für den Lebensunterhalt verbraucht wurde, sondern teilweise der Vermögensbildung zugeführt wurde. In diesem Fall sind Aufwendungen für eine objektiv angemessene Vermögensbildung vom Einkommen abzugsfähig.
> mehr
BGH, Beschluss vom Beschluss vom 15.11.2017 – XII ZB 503/16
Grenze für Badarfsermittlung nach der Quotenmethode
Leitsätze:
Anmerkung: Der BGH hat klargestellt, dass ein über dem Doppelten des höchsten Einkommensbetrages der Düsseldorfer Tabelle liegendes Familieneinkommen die tatsächliche Vermutung für den vollständigen Verbrauch des bis zur Grenze reichenden Familieneinkommens nicht entfallen lässt. In diesem Bereich hat der BGH den Bedarf des Unterhaltsberechtigten auch dann als schlüssig dargelegt erachtet, wenn dieser nichts zur konkreten Verwendung des Familieneinkommens vorträgt (vgl. BGH, Beschluss vom 25.09.2019 – XII ZB 25/19, FamRZ 2020, 21-27; Viefhues, jurisPR-FamR 5/2020 Anm. 3). Will der Unterhaltsberechtigte einen höheren, über 4.714 € / 4.950 € p.m. hinausgehenden Bedarf geltend machen, spricht dafür keine tatsächliche Vermutung, dass Einkommen über 11.000 € für den Lebensunterhalt verwendet wurde. Vielmehr wird jetzt vermutet, dass darüber hinausgehendes Einkommen der Vermögensbildung zugeführt wird. Damit muss ein Bedarf von über 4.714 € / 4.950 € p.m. vom Unterhaltsberechtigten entweder konkret dargelegt werden oder es wird das tatsächliche Einkommen des Unterhaltspflichtigen abzüglich der tatsächlichen Sparquote schlüssig und belegbar dargelegt und daraus der Quotenunterhalt ermittelt . Der Umstand, dass die verfügbaren Familieneinkünfte der beteiligten Ehegatten über der für einen Quotenunterhalt relevanten Grenze liegen, führt also nicht dazu, dass der Unterhaltsberechtigten bei einem Einkommen von über 11.000 € eine Unterhaltsermittlung nach Einkommensquote abzgl. Sparrate von vornherein zu verwehren wäre. Nach den dargestellten Rechtsprechungsgrundsätzen hat der Unterhaltsberechtigte in einem solchen Fall vielmehr die Wahl, ob er seinen Bedarf konkret vorträgt oder nach der Einkommensquote (= Reales Einkommen abzüglich Sparanteil) bemisst. Sofern der Unterhaltsberechtigte die Quotenmethode wählt, aber nichts zur konkreten Einkommensverwendung vorträgt, kann er keinen höheren (Quoten-)Bedarf als bis zur relativen Sättigungsgrenze geltend machen (vgl. BGH, Beschluss vom 25.09.2019 – XII ZB 25/19, FamRZ 2020, 21-27). Um dem Zwang zur konkreten Bedarfsermittlung zu entgehen, wenn kein Vortrag zur Einkommensverwendung erfolgt, hat sich zwischenzeitlich die Praxis herausgebildet, dass der unterhaltsberechtigte seinen Bedarf auf 4.714 € / 4.950 € p.m. begrenzt, d.h. keinen höheren Unterhaltsbedarf geltend macht. Diese Vorgehensweise wird grundsätzlich von den Familiengerichten akzeptiert. Dazu wird beispielsweise folgender Text verwendet (Zitat aus AG Albstadt, Beschluss vom 23.03.2020 – 3 F 851/20 : intern vorhanden, unser Az.: 85/ 20):“Eine konkrete Bedarfsberechnung ist in vorliegendem Verfahren nicht erforderlich. In der seitens des Antragsgegners zitierten Entscheidung hat der BGH festgestellt, dass es nicht zu beanstanden ist, dass die Gerichte im Sinne einer tatsächlichen Vermutung davon ausgehen, dass das unterhaltsrelevante Familieneinkommen, d.h. das Einkommen, das für den ehelichen Lebensbedarf zur Verfügung stand, bis zur Höhe des Doppelten des höchsten in der Düsseldorfer Tabelle aus gewiesenen Einkommensbetrags vollständig für den Lebensbedarf der Familie verwendet worden ist und daher nach der Quotenmethode berechnet werden kann. Zwar errechnet die Antragstellerin ein Einkommen jenseits dieser Grenze von 11.000 €. Sie macht jedoch nicht den sich ergebenden vollen Bedarf geltend, vielmehr begrenzt sie diesen auf 4.000 €. Die Antragstellerin kann daher ihren Bedarf als Quote verlangen, solange er die Hälfte dieses Einkommens nicht übersteigt, was vorliegend der Fall ist.”
Merke: Wer einen höheren Bedarf als 4.950,00 € geltend machen will kann dies nur mit Vortrag eines konkret höheren Bedarfs oder mit Vortrag zum Gesamteinkommen abzgl. Sparanteil als Quotenbedarf geltend machen.
OLG Hamm, Beschluss vom 23.04.2020 – II-2 UF 152/19
Zur Widerlegung der Vermutung des vollständigen Einkommensverbrauch für den Lebensunterhalt
Leitsätze:
(Zitat, Rn 86 ff): Hierfür ist von dem Unterhaltspflichtigen nicht der volle Beweis des Gegenteils zu erbringen, denn auf tatsächliche Vermutungen, die nicht auf gesetzlicher Anordnung, sondern auf allgemeinen Erfahrungssätzen beruhen, findet § 292 ZPO keine Anwendung (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 33. Aufl. 2020, § 292 Rn. 1). Tatsächlichen Vermutungen wird lediglich eine Bedeutung bei der Beweiswürdigung in dem Sinne zugemessen, als sie einen Anscheins- oder Indizienbeweis für die behauptete Tatsache begründen können (vgl. beispielhaft BGH, Urteil vom 09.10.2009 – V ZR 178/08, NJW 2010, 363 m.w.N.). An der Beweis- und Darlegungslast des Beweispflichtigen ändert sich hingegen nichts (vgl. Zöller/Greger, a.a.O., Vorbemerk. zu § 284 BGB Rn. 33 m.w.N.). Dabei wird der Anschein bereits durch den Nachweis der ernsthaften Möglichkeit eines atypischen Geschehensablaufes entkräftet (vgl. Zöller/Greger, a.a.O., Vorbemerk. zu § 284 BGB Rn. 29 m.w.N.).
Die […] Auffassung, die Instanzgerichte hätten im Rahmen ihres tatrichterlichen Ermessens die relative Sättigungsgrenze und die darauf bezogene Verbrauchsvermutung zunächst den regionalen Lebenshaltungskosten anzupassen, findet in den maßgeblichen Entscheidungen des BGH vom 15.11.2017 – XII ZB 503/16 und vom 25.09.2019 – XII ZB 25/19 indes keine hinreichende Stütze. […] der Antragsgegner hat jedenfalls in zweiter Instanz – unter detaillierter Darlegung der ehelichen Lebensverhältnisse und der in der Ehe betriebenen Vermögensbildung – besondere Umstände dargetan, die in der Gesamtschau die tatsächliche Verbrauchsvermutung vollständig entkräften.
[…] Weiter erschüttert wird die tatsächliche Verbrauchsvermutung auch durch das von den Beteiligten während der Ehe geführte Haushaltsbuch […] Hinzu kommt, dass die Beteiligten während der Ehe durch die vollständige Entschuldung zweier Immobilien in erheblichem Umfang Vermögensbildung betrieben haben. […]
Jenseits des Vermutungstatbestandes hat die Antragstellerin die Voraussetzungen eines Trennungsunterhaltsanspruchs nach der Einkommensquote nicht dargetan. Sie hat zur konkreten Verwendung des verfügbaren Familieneinkommens nichts vorgetragen und auch nicht dargelegt, dass die Beteiligten während der Ehe einen Betrag in Höhe des von ihr geltend gemachten Quotenbedarfs für den Lebensunterhalt verbraucht haben. Der Unterhaltsanspruch der Antragstellerin aus § 1361 Abs. 1 S. 1 BGB bemisst sich damit nach ihrem konkreten Bedarf.
Anmerkung: Im Fall des OLG Hamm gelang dem unterhaltspflichtigen Ehemann der Nachweis, dass das Familieneinkommen (unter 11.000 €) nicht vollständig für den Lebensunterhalt der Familie verbraucht wurde. Die vom BGH aufgestellte tatsächliche Vermutung der vollständigen Einkommensverwendung für den Lebensunterhalt konnte der Unterhaltspflichtige hier entkräften. Er konnte sich dabei auf eine schriftliche konkrete Bedarfsrechnung seiner Ehefrau berufen. Egal ob das Familieneinkommen unter 11.000 € p.m. rangiert. Denn es ist ein unbestrittener Grundsatz, dass der Bedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen nur durch das Einkommen indiziert wird, das für den tatsächlichen ehelichen Konsum verbraucht wurde. Zwar hat der BGH in seiner Entscheidung vom 15.11.2017 – XII ZB 503/16 – die tatsächliche Vermutung aufgestellt, dass ein Familieneinkommen bis zu 11.000 € vollständig für den Lebensunterhalt verbraucht werde, um mit dieser Beweiserleichterung eine praktikable Bewältigung des Massenphänomens Unterhalt zu ermöglichen. Alle tatsächlichen Vermutungen lassen aber den Gegenbeweis zu und führen auch nicht zu einer Beweislastumkehr entsprechend § 292 ZPO. Vielmehr reiche es aus, wenn der Beweisgegner dartue, dass im konkreten Fall die ernsthafte Möglichkeit eines anderweitigen, untypischen Verlaufs gegeben sei. Das OLG Köln hatte zur früheren Sättigungsgrenze entschieden, dass auf die in den letzten drei Jahren vor der Trennung betriebene Vermögensbildung abzustellen sei (Verweis auf OLG Köln, Beschluss vom 26.11.2015 – 4 UF 138/15). Ob daran die Oberlandesgerichte weiter festhalten werden, ist ungeklärt.
Kommt es nicht zur konkreten Bedarfsermittlung, erfolgt die Bedarfsermittlung nach der Differenzmethode (Quotenbedarfsermittlung). Bemessungsgrundlage dafür ist das in der Ehe zur Deckung des Lebensbedarfs verfügbare Einkommen der Eheleute (vgl. BGH FamRZ 2010, 111 Rn. 35).
Verfügbar in diesem Sinn ist nur der Teil des Einkommens, der nach Abzug von Steuern und sonstiger gesetzlicher Abzüge, berufsbedingtem Aufwand, Vorsorgeaufwendungen, berücksichtigungswürdigen Verbindlichkeiten und Barunterhaltsleistungen für den Kindesunterhalt zur Bestreitung des Lebensbedarfs der Eheleute verwendet werden kann (Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 9. Auflage 2015, § 4, Rn 60 m.w.N.).
Unterhalt soll nur der Bedarfsdeckung dienen und nicht der Vermögensteilhabe des Unterhaltsberechtigten (Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 9. Auflage 2015, § 4, Rn 60 m.w.N.). Deshalb sind beim Ehegattenunterhalt für die Einkommensbereinigung nicht nur die üblichen Abzugsposten relevant.
Abgezogen wird nicht nur ein Sparanteil vom Einkommen, der höchstens Beiträge bis zur Höhe einer angemessenen privaten Altersvorsorge, umfassen darf. Grundsätzlich ist das Einkommen um den gesamten Anteil, der zur Vermögensbildung verwendet wird, zu bereinigen. Hauptgrund und damit Hauptaufgabe ist die Absonderung der Sparquote vom Gesamteinkommen der Ehegatten. Nur das Einkommen, dass nicht der Vermögensbildung zugeführt wurde soll unterhaltsrechtlich relevant sein.
Gutdeutsch weist zurecht darauf hin, dass in einem Einkommensbereich ab 5.500 € nicht geklärt ist, in welchem Umfang Vermögensbildung über die zulässige Altersvorsorge hinaus berücksichtigungsfähig ist (vgl. Wendl/Dose § 4 Rn. 453). Im Hinblick darauf, dass es der Bundesgerichtshof dem Tatrichter überlassen hat, bei welcher Einkommensgrenze er ein „hohes Einkommen“ annimmt und einige Oberlandesgerichte in ihren Leitlinien dieses bereits bei 5.500 € Familieneinkommen annehmen, ist ihm darin zuzustimmen, dass ab diesem Einkommen bei konkreter Darlegung und Nachweis durch den Unterhaltsschuldner ein Abzug für Vermögensbildung im angemessenen Rahmen über die 4 % des Bruttoeinkommens hinaus möglich sein muss (Gutdeutsch, FamRZ 2019, 944, 945). Der Unterhaltspflichtige kann im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast immer substantiiert darlegen, dass bei einem Einkommen darunter ein Teil des Einkommens der Vermögensbildung diente und daher nicht für den laufenden Lebensbedarf verbraucht wurde (OLG Zweibrücken, FamRZ 2014, 216, 217; OLG Köln, FamRZ 2012, 1731, das verlangt, dass vom Pflichtigen konkrete Zahlen der Vermögensbildung vorgetragen werden.
In den Leitlinien des OLG Frankfurt a.M. findet sich in der Ziff. 15.3 im dritten Absatz folgende Möglichkeit der Bedarfsbestimmung: „Die konkrete Darlegung des Bedarfs kann vom Berechtigten und Verpflichteten dadurch geschehen, dass die Höhe des zur Verfügung stehenden Gesamteinkommens sowie die hiervon betriebenen Aufwendungen zur Vermögensbildung dargelegt werden“. Das OLG Köln hat diese Berechnungsmethode seit 2018 ebenfalls in seine Leitlinien aufgenommen. Sofern sowohl die Ermittlung des unterhaltsrelevanten Einkommens, als auch die Aufwendungen für Vermögensbildungohne Schwierigkeiten plausibel dargestellt und belegt werden kann, ist die Bereinigungdes Einkommens um den Vermögensbildungsanteil vor Bedarfsermittlung nach der sog. Differenzmethode eine praktikable Methode (Gutdeutsch FamRZ 2019, 944; Wendl/Dose § 4 Rn 793). Gegen diese Vorgehensweise hat der BGH keine rechtlichen Bedenken (BGH, Beschluss vom 25.09.2019 – XII ZB 25/19, Rn 30).
Nachdem der BGH eine Unterhaltsermittlung nach Einkommensquote auch bei Einkommen über 11.000 € für zulässig hält (> mehr), muss es für den Unterhaltsberechtigten einen Auskunftsanspruch nach § 1605 BGB auf Auskunft der Einkommensverwendung und Umfang der Vermögensbildung aus Einkommensbestandteilen des Unterhaltspflichtigen geben. Andernfalls ist der Anspruch auf Quotenunterhalt jenseits der Einkommensschwelle von 11.000 € nur ein theoretischer Papiertiger.
Darüber hinaus muss beurteilt werden, ob die Vermögensbildung im angemessenen Verhältnis zum “objektiven Lebensstandard” passt. Ist das nicht der Fall, muss der Unterhaltsberechtigte die Einkommensbereinigung um einen Sparanteil zur Vermögensbildung und damit eine Unterhaltsreduzierung nicht hinnehmen. Entscheidend ist derjenige (objektive) Lebensstandard, der nach dem vorhandenen Einkommen vom Standpunkt eines vernünftigen Betrachters aus angemessen erscheint. Außer Betracht bleiben – gemessen am verfügbaren Einkommen – sowohl eine zu dürftige Lebensführung als auch ein übermäßiger Aufwand (Palandt/Brudermüller, BGB, 74. Aufl. 2015, § 1361 Rn. 11, mit Verweis auf § 1578 Rn 36). Da der Unterhalt der Vermögensbildung vorgeht, muss sich nach Trennung der Unterhaltsberechtigte daran (dürftige Lebensführung) nicht weiterhin über einen reduzierten Unterhalt beteiligen, wobei es nicht darauf ankommt, ob die durch die Erzielung des Einkommens vorhandenen Mittel während der Ehe zur Lebensführung tatsächlich zur Verfügung gestanden haben oder nicht (Handbuch des Fachanwalts Familienrecht/Gerhardt, 10. Aufl. 2015, Kap. 6 Rn. 227).
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 27.11.2014 – II-7 UF 224/14 (intern vorhanden)
Zum objektiv angemessenen Lebensstandard
(Zitat) “Bei der Bemessung des ehelichen und nachehelichen Unterhalts ist ein objektiver Maßstab anzulegen. Entscheidend ist derjenige Lebensstandard, der nach den ehelichen Lebensverhältnissen vom Standpunkt eines vernünftigen Betrachters als angemessen erscheint. Eine nach den Verhältnissen zu dürftige Lebensführung bleibt ebenso außer Betracht wie ein übertriebener Aufwand. Die für das Maß des Unterhalts ausschlaggebenden ehelichen Lebensverhältnisse bestimmen sich grundsätzlich nach den für den allgemeinen Lebensbedarf genutzten Einkünften. Um sowohl eine zu dürftige Lebensführung als auch einen übermäßigen Aufwand als Maßstab für die Ansprüche auf Trennungsunterhalt und nachehelichen Unterhalt auszuschließen, ist dabei ein objektiver Maßstab anzulegen. Der für eine Korrektur unangemessener Vermögensbildungheranzuziehende Maßstab darf allerdings nicht dazu führen, dass der Boden der ehelichen Lebensverhältnisse verlassen wird und Vermögenseinkünfte als eheprägend zugrunde gelegt werden, die auch nach einem objektiven Maßstab nicht für die allgemeine Lebensführung verwendet worden wären (vgl. BGH FamRZ 2007, 1532; FamRZ 1985, 582, FamRZ 1982, 151). Eine rein objektive Betrachtung – unabhängig vom tatsächlichen Ausgabeverhalten – und eine darauf gestützte Festsetzung des Bedarfs ist damit nicht nur dann möglich, wenn das eheliche Ausgabeverhalten besonders krass von dem abweicht, was bei objektiver Betrachtung angemessen ist. Das Gegenteil ist richtig. Eine objektive Betrachtung ist in jedem Fall geboten. Anderenfalls stünde derjenige, der von einer besonders krassen Abweichung des ehelichen Ausgabeverhaltens betroffen ist, besser als derjenige, bei dem das eheliche Ausgabeverhalten zwar nicht besonders krass vom objektiv Angemessenen abwich, sich aber letztlich bei objektiver Betrachtung dennoch als zu dürftig erweist. Nur die Anwendung des objektiven Maßstabes auf beide Fälle stellt hier die notwendige Gleichbehandlung der Unterhaltsberechtigten sicher.”
Die meiste Rechtsprechung zur Bedarfsermittlung bei gehobenem Lebensstandard stammt aus der Metropolregion Düsseldorf. Vom OLG Düsseldorf erfolgte in den letzten Jahren eine ganze Reihe richtungsweisender Rechtsprechung.
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 27.11.2014 – II-7 UF 224/14
(intern vorhanden)
Grundregeln der konkreten Unterhaltsberechnung beim Ehegattenunterhalt
(Zitat. Abschnitt II der Begründung) „ Eine konkrete Unterhaltsberechnung hat zu erfolgen, wenn das für die Unterhaltsberechnung maßgebliche addierte Einkommen beider Beteiligter das Einkommen übersteigt, bei dem Unterhalt noch nach einer Quote vom Einkommen berechnet werden kann. Diese Grenze ist nach der Rechtsprechung des Senats überschritten, wenn der Bedarf des Unterhaltsberechtigten – einschließlich eigener Einkünfte und Unterhalt – mehr als 3.000,00 € monatlich netto beträgt. Für die Höhe des Unterhaltsanspruches kommt es dann auf den konkreten Bedarf der Antragstellerin an, der durch diese Leistungsfähigkeit geprägt war. Eine absolute Höchstgrenze des Lebensbedarfs des unterhaltsberechtigten geschiedenen Ehegatten lässt sich nicht ziehen (vgl. BGH FamRZ 1982, 151). Falsch wäre insoweit etwa die Auffassung, ein Bedarf von über 10.000 € sei nicht vorstellbar, wie dies verschiedentlich in Rechtsprechung und Lehre vertreten wird. Der Senat hat in Einzelfällen deutlich darüber liegenden Unterhalt zugesprochen. Bei höheren Einkünften ist es allerdings regelmäßig nicht angemessen, sie in vollem Umfang zur Deckung des laufenden Unterhaltsbedarfs zu verwenden; sie sind zum Teil auch zur Vermögensbildung bestimmt. Jedoch erhöht sich auch in solchen Fällen der Betrag, der für den laufenden Unterhalt angemessen erscheint, in der Regel mit der Erhöhung der Gesamteinkünfte. […]
Bei der Bestimmung des Bedarfs ist zusätzlich zu beachten, dass auch der konkrete Bedarf nicht statisch ist. Er richtet sich ebenso wie der Quotenunterhalt an nach der Trennung steigenden Einkommensverhältnissen aus. Auch neu hinzu kommende Ausgaben, die nach den ehelichen Lebensverhältnissen abgedeckt werden können, müssen Berücksichtigung finden, wenn sie sich im Rahmen des Ausgabeverhaltens bewegen. So kann der getrennt lebende Ehegatte nach der Trennung durchaus beispielsweise ein neues Hobby aufnehmen, dessen Kosten den Bedarf erhöhen.
Auf der anderen Seite ist aber auch in die Bemessung des Bedarfs einzubeziehen, dass die Anlegung eines objektiven Maßstabes nicht dazu führen darf, dass die im Rahmen des Zugewinns auszugleichende Vermögensbildung nicht zusätzlich gleichsam doppelt – auch für die Bemessung des Trennungsunterhalts herangezogen wird (vgl. BGH FamRZ 2007, 1532, bei juris Rn. 33 für den Fall der Thesaurierung von Zinsen, die den Unterhaltsbedarf nicht prägten, dem Zugewinnausgleich unterlagen und deshalb nicht für die Bestimmung des Bedarfs nach einem objektiven Maßstab herangezogen werden durften).
BGH, Beschluss vom 29. September 2021 – XII ZB 474/20
Konkrete Bedarfsermittlung und Lebenshaltungskosten – konkreter Wohnbedarf – Quotenunterhalt als Obergrenze
Leitsätze:
a) Der eheangemessene Unterhaltsbedarf beim Trennungsunterhalt ist im Falle einer konkreten Bedarfsbemessung nach den Kosten zu ermitteln, die für die Aufrechterhaltung des in der Ehe erreichten Lebensstandards erforderlich sind (im Anschluss an Senatsurteil vom 1. April 1987 – IVb ZR 33/86 – FamRZ 1987, 691).
b) Der konkrete Wohnbedarf entspricht dem, was der Unterhaltsberechtigte als Mieter (einschließlich Nebenkosten) für eine dem Standard der Ehewohnung entsprechende und angemessen große Wohnung aufzubringen hätte (im Anschluss an Senatsurteil vom 18. Januar 2012 – XII ZR 178/09 – FamRZ 2012, 517).
c) Der Quotenunterhalt stellt unter Berücksichtigung eines objektiven Maßstabs im
Hinblick auf die Halbteilung die Obergrenze auch bei der konkreten Bedarfsbemessung dar.
OLG Hamm, Beschluss vom 21.03.2016 – 4 UF 14/14
Wenn bei der konkreten Bedarfsermittlung um den Ansatz und die Höhe einzelner Bedarfspositionen gestritten wird.
(Zitat, Rn 67ff) Bei der Darstellung der einzelnen Bedarfsbereiche bzw. Bedarfspositionen folgt der Senat der Gliederung in der Beschwerdebegründung, wobei hinsichtlich der einzelnen Positionen das Nachfolgende gilt:
a) Essen und Trinken
Die Antragsgegnerin gibt hier einen monatlichen Gesamtbedarf i.H.v. 560 € an, wobei dieser Betrag auf diverse Einzelpositionen verteilt wird (vgl. obige Tabelle). Dieser Betrag erscheint bei weitem übersetzt, zumal auch jeglicher Nachweis dafür fehlt, dass während des ehelichen Zusammenlebens von ihr als Einzelperson Lebensmittel und Getränke in einem solchen erheblichen Umfang tatsächlich verzehrt worden sind. Dies hat aber – wie ausgeführt – nicht zur Folge, dass der konkrete Bedarf bei der vorliegenden existenziell notwendigen Position auf Null gesetzt wird. Der Senat sieht es daher als sachgerecht an, den Bedarf für Lebensmittel und Kleidung, wie vom Antragsteller zugestanden, gemäß § 287 ZPO auf einen Gesamtbetrag von 500 € zu schätzen. Hierin sind auch Bedarfsgegenstände für den Haushalt enthalten.
b) Kleidung, Schuhe, Schmuck etc.
Hier legt die Antragsgegnerin einen Gesamtbetrag von 660 € monatlich (zu den einzelnen Unterpositionen vgl. obige Tabelle) zu Grunde. Bei der Schlüssigkeitsprüfung fällt insoweit auf, dass die Antragsgegnerin beispielsweise bei der Position Oberbekleidung, die immerhin 350 € monatlich ausmacht, eine Vielzahl von Kleidungsstücken und Marken aufführt, aber nicht – auch nicht etwa exemplarisch für einen gewissen Zeitraum – mit konkreten Beträgen für bestimmte Kleidungsstücke rechnet. Das Vorbringen ist derartig pauschal, dass noch nicht einmal ein Sachverständigengutachten dazu eingeholt werden könnte, welche Durchschnittsaufwendungen pro Monat anfallen. Abgesehen davon hat der Antragsteller die dargelegten Aufwendungen bestritten, so dass die Antragsgegnerin gehalten gewesen wäre, zumindest einen gewissen Nachweis zu erbringen. Die Vorlage jeglicher Kassenbelege fehlt. Denkbar wäre es auch gewesen – da Kleidungsstücke vielfach mit Giro-Karte bezahlt werden –, Kontoauszüge für einen bestimmten Zeitraum vorzulegen.Was die Ausführungen zu Schmuck, Uhren und Brille anbelangt, hätte es sich hier besonders angeboten, Belege aus den vergangenen Jahren vorzulegen, zumal kaum anzunehmen ist, dass solche – auch im Hinblick auf laufende Garantiefristen – restlos vernichtet worden sein könnten. Da man diese Position ebenfalls in einem bestimmten Maße als existenziell notwendig anzusehen haben wird, erscheint es nicht gerechtfertigt, sie ganz auf null zu setzen. Wie bereits unter Buchstabe a) ausgeführt, hat der Senat sie entsprechend dem Zugeständnis des Antragstellers zusammen mit der Position Essen und Trinken einschließlich Bedarfsgegenstände für den Haushalt auf insgesamt 500 € monatlich geschätzt.
c) Körperpflege
Hier legt die Antragsgegnerin einen Monatsbetrag von 465 € (Unterpositionen siehe obige Tabelle) zu Grunde. Einzelne Darlegungen bzw. Nachweise mit Ausnahme desjenigen für das Kosmetikstudio fehlen gänzlich, so dass weitgehend eine ausreichende Grundlage für eine Schätzung nicht besteht. Es ist daher gerechtfertigt, diese Position gänzlich unbeachtet zu lassen, zumal in der Position Lebensmittel und Bedarfsgegenstände schon gewisse einfache Körperpflegeprodukte enthalten sind.
d) Wohnkosten – Wohnbedarf
Für Miete, Nebenkosten, Treppenhausreinigung und Strom legt die Antragsgegnerin einen Gesamtbetrag von 1.061 € zu Grunde. Da die Wohnkosten existenziell notwendig sind, hat der Senat diese ungeachtet der fehlenden Vorlage einzelner Belege geschätzt. Im Rahmen der zuzubilligenden Kaltmiete ist der Senat hierbei davon ausgegangen, dass der Antragsgegnerin bei einer vorherigen Wohnungsgröße für die Familienwohnung von ca. 200 m² nunmehr als Einzelperson eine Wohnungsgröße von 80 m² zuzubilligen ist. Im Hinblick auf die von der Antragsgegnerin vorgetragene ortsübliche Kaltmiete sowie die vom Antragsteller vorgelegten Wohnungsanzeigen hat der Senat eine monatliche Kaltmiete von 600 € berücksichtigt. Für die Nebenkosten hat die Antragsgegnerin lediglich eine Nebenkostenabrechnung für das Jahr 2012 vorgelegt, die sich über ca. 220 € monatlich verhält. Wenn man in Rechnung stellt, dass zu diesem Zeitpunkt die gemeinsamen Kinder der Beteiligten noch im Haushalt der Antragsgegnerin lebten und sie einen Anspruch auf eine Wohnung von max. 80 m² hätte, ist es sachgerecht, diesen Betrag im Wege der Schätzung um die Hälfte zu kürzen, also auf 110 € monatlich. Die Stromkosten hat der Senat entsprechend dem von der Antragsgegnerin vorgelegten Beleg auf 90 € monatlich geschätzt. Ferner ist eine Prämie zur Hausratversicherung i.H.v. 12 € monatlich gerechtfertigt. Die für eine Haushaltshilfe angesetzten 165 € monatlich sind nicht berücksichtigungsfähig. Auch insoweit fehlt jeder Nachweis. Zudem ist nicht dargelegt, warum die Antragsgegnerin neben einer halbschichtigen Erwerbstätigkeit und fehlender Kinderbetreuung ihren Haushalt nicht selbst führen kann. Es ist zwar immer zu beachten, dass es allein auf die Eheprägung ankommt, wobei aber auch zu berücksichtigen ist, inwieweit sich die Wohn– und Lebensverhältnisse seit dem ehelichen Zusammenleben verändert haben. Die Positionen Verbrauchsmaterial Haushalt und Kosten für Mangelwäsche sind ohne jegliche weitere Substantiierung und ohne jeglichen Nachweis nicht ansatzfähig, insbesondere, wenn für Lebensmittel und Bedarfsgegenstände bereits ein gewisser Betrag zugrundegelegt worden ist. Die Positionen Zeitungen und Zeitschriften sind ohne jeglichen Nachweis in der geforderten Höhe nicht gerechtfertigt. Wenn der Antragsteller als Pilot eine Fülle von Zeitungen und Zeitschriften kostenlos mit nach Hause bringen konnte, wäre dies kaum nachhaltig eheprägend gewesen, zumal schwer vorstellbar ist, dass die Antragsgegnerin diese neben Haushaltsführung, Erwerbstätigkeit und Freizeitaktivitäten tatsächlich (neben den Büchern) gelesen hat. Der Senat hält es daher für richtig, lediglich für den Bezug einer örtlichen Tageszeitung einen Betrag i.H.v. 27 € in die Bedarfsberechnung einzustellen. Für Internet, Telefon und Fernsehen setzt die Antragsgegnerin einen Gesamtbetrag von monatlich 150 € an. Dies erscheint ohne weitere Einzelaufstellung und ohne jeglichen Nachweis in Anbetracht der heutigen preiswerten Flatrates deutlich überhöht. Insoweit hält der Senat einen monatlichen Betrag i.H.v. 50 € für sachgerecht (einschließlich GEZ). Die weiteren von der Antragsgegnerin geltend gemachten Positionen im Bereich Wohnkosten sind ohne jede weitere Einzelaufschlüsselung und ohne jeglichen Nachweis nicht ansetzbar.
e) Kultur
Für die Positionen Kultur und Teilnahme am sozialen Leben hat die Antragsgegnerin einen monatlichen Betrag von ca. 346 € in ihre Berechnung eingestellt (Unterpositionen siehe obige Tabelle). Auch hier gilt, dass keine substantiierte Aufschlüsselung erfolgt und keinerlei Beleg der Antragsgegnerin vorgelegt worden ist. In der Bedarfsberechnung ist seitens des Senats daher lediglich ein monatlicher Betrag von 13 € für Bücher angesetzt worden, wobei berücksichtigt worden ist, dass die Antragsgegnerin gegenüber dem Sachverständigen Lesen als Hobby angegeben hat. Zudem mag der Pauschalbetrag zu nachfolgend f) auch gewisse kulturelle Bedürfnisse abdecken.
f) Sport und Freizeit
Bei weitem übersetzt und in keiner Weise nachgewiesen ist auch die Position Sport und Freizeit (einschließlich Ausrüstung) mit 466,40 € im Monat (Unterpositionen siehe obige Tabelle). Da die Antragsgegnerin selber angegeben hat, neben dem gelegentlichen Joggen keinen Sport zu betreiben, andererseits ein gewisser Bedarf für sportliche Aktivitäten und sonstige Freizeit als notwendig anzusehen ist, hat der Senat diesen Bereich entsprechend dem Zugeständnis des Antragstellers mit einem Betrag von 150 € monatlich geschätzt.
g) Urlaub
Für den Bereich Urlaub hat die Antragsgegnerin einen Gesamtbedarf von 850 € monatlich (Haupturlaube 700 € und Städtereisen 150 €) behauptet. Auch die diesbezüglichen Darlegungen sind nicht hinreichend schlüssig. Für die Schlüssigkeit wäre zu erwarten gewesen, dass die Antragsgegnerin die Urlaubsgestaltung exemplarisch für einen bestimmten Zeitraum des ehelichen Zusammenlebens darstellt und insbesondere auch die während der Zeit des ehelichen Zusammenlebens tatsächlich entstandenen Kosten, jedenfalls der ungefähren Größenordnung nach, vorträgt. Zudem ist es nicht gerechtfertigt, anzunehmen, dass der Umfang und die Ausgestaltung der Urlaube die Ehe in der Weise nachhaltig geprägt haben, dass sie ungeachtet der dafür aufzuwendenden Kosten auch künftig so durchgeführt werden sollten. Die Gesamtumstände sprechen eher dafür, dass die Beteiligten die Urlaube nur deshalb so verbracht haben, weil sie die Leistungen verbilligt in Anspruch nehmen konnten. Es besteht insoweit eine Vergleichbarkeit mit einer Fallkonstellation, bei der während der Ehe tatsächlich die Möglichkeit besteht, kostenlos mehrere Monate des Jahres in einem Ferienhaus zu verbringen; dann wird man aber kaum einen mehrmonatigen Urlaub in einem (nunmehr für einen solchen Zeitraum anzumietenden) Ferienhaus als eheprägend ansehen können. Maßgeblich für die eheprägenden Urlaube sind deshalb hier die tatsächlich entstandenen – allerdings auf die heutigen Verhältnisse fortzuschreibenden – Kosten, für die es aber an einer hinreichenden Darlegung der Antragsgegnerin fehlt. Zu beachten ist allerdings, dass der Antragsteller eine Position i.H.v. 150 € monatlich für Urlaube und Kurzreisen zugestanden hat. Diese Position ist der Antragsgegnerin daher zuzubilligen.
h) PKW
Für ein privates Kraftfahrzeug Marke Golf Variant hat die Antragsgegnerin einen monatlichen Betrag i.H.v. 650 € angesetzt. In diesem Bereich fällt allerdings auf, dass die Antragsgegnerin – trotz ihres angeblich sehr luxuriösen Lebensstils – während des ehelichen Zusammenlebens nur relativ bescheidene Gebrauchtfahrzeuge gefahren hat. Demgegenüber hatte der Antragsteller ein besseres Fahrzeug zur Verfügung, so dass davon auszugehen ist, dass die Eheleute für längere Fahrten jenes Fahrzeug genutzt haben. Vor diesem Hintergrund wird die Antragsgegnerin nach der Trennung für sich allein ein etwas besseres Fahrzeug als das jeweils früher gefahrene benötigen. Ungeachtet dessen fällt dem Senat auch hier jegliche Schätzung schwer, weil die Antragsgegnerin beispielsweise zu dem Umfang und den Kosten von Reparaturen nichts vorgetragen hat. Der Antragsteller gesteht der Antragstellerin für die Position PKW einschließlich Benzin lediglich einen Betrag von 143,14 € monatlich zu, was im Hinblick auf die Gesamtkosten, wozu auch Rücklagen für eine Wiederbeschaffung gehören, äußerst wenig ist. Der Senat schätzt daher die Kosten für einen angemessenen Gebrauchtwagen, so wie er bei Fortschreibung eheprägend war, für den Zeitraum ab Rechtskraft der Scheidung bis einschließlich Mai 2015 entsprechend dem im Trennungsunterhaltsverfahrens angesetzten Wert auf 200 € monatlich, im Zeitraum von Juni bis Oktober 2015 unter Berücksichtigung des eingeschränkten Umgangs mit den Kindern auf 350 € und ab November 2015 unter Berücksichtigung des erweiterten Umganges mit den Kindern auf 450 € monatlich.
i) Versicherungen
Die von der Antragsgegnerin im einzelnen (siehe obige Tabelle) dargelegten Versicherungsprämien hat der Senat berücksichtigt, allerdings mit Ausnahme der Unfallversicherung für die Kinder, die keinen Bedarf der Antragsgegnerin darstellt.
f) Sonstiges
Im Bereich Sonstiges hat die Antragsgegnerin einen monatlichen Bedarf von ca. 187 € geltend gemacht. Hier konnte der Senat lediglich die schlüssig dargelegten und belegten Beträge für Riester-Rente, Bausparbeiträge und Gewerkschaftsbeitrag berücksichtigen. Im Übrigen fehlt auch hier jede nachvollziehbare Substantiierung bzw. jeder Beleg, auf deren Grundlage der Senat eine Schätzung vornehmen könnte und nicht lediglich zu Spekulationen veranlasst wäre.
BGH, vom 18.1.2012 – XII ZR 178/09 (Rn 40ff)
Zur Erforderlichkeit und Notwendigkeit der angesetzten Kosten bei konkreter Bedarfsermittlung
OLG München, Urteil vom 21.06.2004 – 17 UF 1571/03
Beispiel: Darstellung eines konkreten Bedarfs
(Zitat) “4. Der Elementarunterhalt der Kl. auf Grund konkreter Bedarfsrechnung setzt sich somit wie folgt zusammen:
Allgemeiner Lebensbedarf | 1300 | Euro |
Wohnbedarf mit Nebenkosten | 1500 | Euro |
Telefon | 100 | Euro |
Zeitschriften | 65 | Euro |
Gartenarbeiten | 80 | Euro |
Rücklagen für Haushaltsgegenstände | 100 | Euro |
Pkw-Kosten | 250 | Euro |
Kleidung | 400 | Euro |
Urlaub | 300 | Euro |
Arztkosten und Medikamente | 200 | Euro |
Freizeitaktivitäten | 150 | Euro |
Haushaltshilfe | 400 | Euro |
Kosmetik | 100 | Euro |
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11.03.2016 – 3 UF 141/14
Die konkrete Bedarfsermittlung zu einzelnen Bedarfspositionen – Der “neue Lebenspartner”
Anmerkung: Das OLG Düsseldorf geht hier u.a. auf die > Darlegungs- und Beweislas t des unterhaltsbedürftigen Ehegatten zu > einzelne Bedarfspositionen ein (Wohnkosten, Krankenversicherung, Telefon, Kleidung, Kosmetik, Reiskosten, Restaurantbesuche, Rechtsberatungskosten etc) und erklärt, wann eine Entscheidung nach > Beweislastgrundsätzen zu erfolgen hat und wann eine > gerichtliche Schätzung in Betracht kommt. Weitere > Rechtsprechungshinweise finden Sie > hier . Weiter wiederholt der Senat seine ständige Rechtsprechung zum > neuen Lebenspartner mit Folge der > Unterhaltsbegrenzung und erklärt: eine verfestigte Lebenspartnerschaft kommt in der Regel erst nach drei Jahren in Betracht: > hier
Wird der Bedarf nicht nach dem Gesamteinkommen der Ehegatten, sondern konkret ermittelt (> Luxusschwelle ist überschritten), müssen zur konkreten Bedarfsermittlung die bedarfsprägenden Ausgabepositionen dargelegt und notfalls bewiesen werden.
OLG Hamm, Beschluss vom 21.03.2016 – 4 UF 14/14
Konkrete Darlegung bei Unterhaltsberechnung nach konkretem Bedarf – Vortrag muss schlüssig sein!
(Zitat; Rn 66) “Bei der (deutlich geringeren) Bewertung der Einzelpositionen, wie sie der Senat vorgenommen hat, kann allerdings nicht unberücksichtigt bleiben, dass der von der Antragsgegnerin ermittelte Gesamtbedarf von (rechnerisch richtig) 6.375,75 €, der sich an den tatsächlichen ehelichen Lebensverhältnissen während des Zusammenlebens der Beteiligten zu orientieren hat, in der vorgetragenen Höhe schon deshalb nicht richtig sein kann, weil der vierköpfigen Familie keinesfalls Gesamteinkünfte zur Verfügung standen, die der Antragsgegnerin allein einen solchen Lebensstandard auch nur annähernd erlaubt hätten. Dabei verkennt der Senat nicht, dass es einzelne Positionen gibt – hierzu mag insbesondere der Bedarf für Wohnen, Urlaub und PKW gehören –, welche infolge der Trennung für die Antragsgegnerin einen höheren finanziellen Aufwand erfordern, als es ihrem persönlichen Anteil im Rahmen der Familienunterhalts entsprochen hätte. Für den Großteil der Positionen, die (nur) die ganz persönlichen Bedürfnisse der Antragsgegnerin betreffen, gilt dies indessen nicht. Jedoch kann aus dem Umstand, dass sich vor diesem Hintergrund jedenfalls die Gesamtrechnung der Antragsgegnerin als bei weitem überhöht erweist – angesichts des oben dargestellten Einkommens des Antragstellers für die Jahre 2011 und 2012 kommt bei dem von der Antragsgegnerin errechneten Bedarf eine Verletzung des Halbteilungsgrundsatzes in Betracht -, letztlich noch nicht gefolgert werden, dass damit schon der gesamte konkrete Bedarf nicht schlüssig dargelegt worden ist. Vielmehr ist eine Einzelbetrachtung zu den jeweiligen Position erforderlich; eine Schätzung gemäß § 287 ZPO kommt dabei umso eher in Betracht, als die Bedarfsposition als existenziell notwendig anzusehen ist.”
Anmerkung: Die Entscheidung zeigt, wie in einem Unterhaltsverfahren mit konkreter Bedarfsermittlung mit Tabellen und Listenaufstellungen zu den einzelnen Bedarfspositionen gearbeitet wird. Allerdings sollte darauf geachtet werden, dass die Darstellungen in das Gesamtbild der familiären Verhältnisse passt. Andernfalls wird das Gericht die gesamte Darstellung als unschlüssig und unplausibel verwerfen. Wenn die Darstellung plausibel ist, dann kommt eine Schätzung nach § 287 ZPO des Bedarfs um so eher in Betracht, als die Bedarfsdarstellung sich im Rahmen des existenziell notwendigen bewegt.
Auch im Rahmen der konkreten Bedarfsermittlung kann als gesonderter Ehegattenunterhalt neben dem Elementarunterhalt ein Altersvorsorgeunterhalt ab Zustellung des Scheidungsantrags geltendgemacht werden:
> mehr
BGH, Urteil 25.10.2006 – XII ZR 141/04
Altersvorsorgeunterhalt bei höherem Einkommen
Leitsatz: Die Höhe des geschuldeten Altersvorsorgeunterhalts ist bei sehr guten Einkommensverhältnissen nicht auf den sich aus der Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung ergebenden Betrag beschränkt.
Bei der Quotenbedarfsermittlung (die hier nicht zur Anwendung kommt) muss nicht der konkrete Wohnbedarf ermittelt werden. Der Wohnwert spielt bei der Qotenbedarfsermittlung nur eine Rolle, wenn die Eheleute mietfrei im Eigenheim gelebt haben (> mehr). Im Bereich der konkreten Bedarfsermittlung ist das nun anders: Hier muss jede Bedarfsposition ermittelt und mit einem angemessenem Aufwandsposten bewertet werden (Beispiel > hier). Was ist der Bewertungsmaßstab für den konkreten Wohnbedarf? Dazu der BGH:
BGH, Urteil v. 18.01.2012 – XII ZR 177/09
Zum konkreten Wohnbedarf
(Zitat, Rn 24) “ Der [konkrete Wohn-]Bedarf entspricht dem, was die Klägerin als Miete (einschließlich Nebenkosten) für eine dem Standard der Ehewohnung entsprechende und der Größe nach für eine Person (statt wie bisher für zwei Personen) genügende Wohnung aufzubringen hätte.”
Anmerkung: Der Zuschnitt und die Ausstattung der ehemaligen Ehewohnung (egal ob Eigenheim oder Mietwohnung) ist der Bewertungsmaßstab für den konkreten Wohnbedarf. Daran anknüpfend ist im Wege der > Schätzung festzustellen, welche Miete für eine solche Wohnung am Markt zu bezahlen ist (> objektiver Mietwert ). Im nächsten Schritt ist festzustellen, wieviele Personen die eheliche Wohnung genutzt haben. In diesem Fall kann der objektive Mietwert nur anteilig angesetzt werden. Denn Maßstab ist nun der Mietwert für eine Singlewohnung, die ansonsten dem Standard der Ehewohnung entspricht. Bei Erwachsenen ist der Wohnwert nach Köpfen zu verteilen ( OLG Münchenv. 20. 7. 1998 – 12 WF 885/98). Der Wohnwertanteil der Kinder kann mit jeweils 20 % vom > Regelbedarf pro Kind berücksichtigt werden.
1. Variante : Unterhaltsgläubiger bezieht nach Trennung eine neue mietfreie Wohnung
2.Variante: Unterhaltsgläubiger bleibt nach Trennung in der ehelichen mietfreien Wohnung
OLG Hamm, Beschluss v. 26.10.2017 – 11 UF 64/17
Zum konkreten Wohnbedarf & konkreter Bedarfsermittlung – Frau und Kinder bleiben nach Trennung mietfrei in der Ehewohnung
Problemstellung: Es stellt sich immer die Frage, ob nach der Trennung für das mietfreie Wohnen der Unterhaltsgläubiger sich einen > Wohnvorteil in Höhe des > angemessenenoder des > objektiven Wohnwerts auf seine Bedürftigkeit anrechnen lassen muss. In der ersten Trennungsphase kann im Fall der konkreten Bedarfsermittlung davon ausgegamgen werden, dass durch den Verbleib in der Ehewohnung der bisher gewohnte Wohnbedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen als gedeckt zu betrachten ist. Ermittelt der Unterhaltsgläubiger also seinen > Bedarf konkret, dann bleibt der sog. Wohnbedarf als Bedarfsposition außer Ansatz (er ist ja gedeckt). Dieser Grundsatz gilt, solange bei der Unterhaltsermittlung der sog. angemessenen Wohnbedarf zum Ansatz kommt. Sobald der objektive Wohnwert zu berücksichtigen ist – und dieser höher als der angemessene Wohnwert ist – stellt sich die Frage, ob der Unterhaltsgläubiger sich die Differenz zum obj. Wohnwert als Teil des > bedarfsdeckenden (fiktiven) Einkommensanrechnen lassen muss. Dadurch würde es zur Verringerung der > Bedürftigkeit des Unterhaltsgläubigers und somit des Unterhaltsanspruchs kommen. Das OLG hat sich mit dieser Frage auseinandergesetzt. Es geht auf die vom BGH entwickelten > Grundsätze zum Ansatz des angemessenen oder objektiven Wohnvorteils ein. Mit dieser Weichenstellung kommt es zu dem Ergebnis, dass ein objektiver Wohnvorteil in der Unterhaltsberechnung und für die Bedürftigkeit des Unterhaltsgläubigers erst zu berücksichtigen ist, wenn dem Unterhaltsgläubiger die Vermietung oder sonstige Verwertung der mietfreien Ehewohnung zugemutet werden kann. In der Regel wird das nach Ablauf des ersten Trennungsjahres in Betracht kommen.
> mehr
Wer lebt gerne nach der Ehe auf niedrigerem Standard als vorher? Keiner! Das gilt vollkommen unabhängig davon, wie luxuriös der Lebensstil in der Ehe gestaltet war. Wer gewohnt war, mit seinen Kindern jeden Winter für zwei Wochen zum Skifahren nach Kitzbühel zum Pauschalpreis von 17.000,- € zu reisen und im Sommer vier Wochen im Robinson-Club verbrachte, will diesen Standard auch nach der Ehe fortführen. Evtl. studieren die Kinder in den USA, die man mehrmals im Jahr besucht hat. Ein Flug nach LA oder Chicago kann locker 2.500,- € kosten. Auch die üblichen gesellschaftlichen Verpflichtungen und Kontakte müssen nach der Ehe weiter gepflegt und erfüllt werden. Wurde kein Ehevertrag geschlossen, der den gewohnten Lebensstandard absichert, landet man unwillkürlich bei der Frage, was das Gesetz, sprich das Unterhaltsrecht, dazu sagt. Einschlägige Rechtsprechung lässt sich kaum finden, denn solche Fragen werden selten zur höchstrichterlichen Entscheidung vorgelegt. Oft wird der Streit außergerichtlich verglichen. Es gibt zwei Möglichkeiten: a) Man akzeptiert das Angebot des Ex-Partners ungeprüft und ohne gesetzlicher Grundlage oder b) man erkundigt sich, was es für Möglichkeiten zur gerichtlichen Durchsetzung eines luxuriösen Unterhaltsanspruchs gibt.
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 02.03.2015 – II-7 UF 224/14
(intern vorhanden, unser Az.: 311/14)
“Keine Sättigungsgrenze”
(Zitat) “Eine absolute Höchstgrenze des Lebensbedarfs des unterhaltsberechtigten geschiedenen Ehegatten lässt sich nicht ziehen (vgl. BGH FamRZ 1982, 151). Falsch wäre insoweit die Auffassung, ein Bedarf von über 10.000 € sei nicht vorstellbar, wie dies verschiedentlich in der Rechtsprechung und Lehre vertreten wird. Der Senat hat in Einzelfällen deutlich darüber liegenden Unterhalt zugesprochen.”
Anmerkung: Zunächst einmal sollte klar sein, dass der Bedarf an Ehegattenunterhalt unabhängig vom vorhandenen Vermögensstamm ermittelt wird. Weiter muss der bisher gewohnte Lebensstandard nicht durch Verwertung des Vermögens finanzieren werden, das im Zuge von Trennung und Scheidung durch Vermögensauseinandersetzung oder Zugewinnausgleich zugeflossen ist. Dies würde gegen den Grundsatz des > Verbots der Doppelbewertung verstoßen. Weiter sollten Sie wissen, dass es keinen Unterhalt nach Maßgabe von Tabellen wie beim Kindesunterhalt (> Düsseldorfer Tabelle) gibt. Das Unterhaltsrecht kennt kein Maximum, über das ein Unterhaltsanspruch nicht realisierbar ist. Im Gegenteil: Das Gesetz stellt für das Maß des Ehegattenunterhalts ganz bewusst auf die > ehelichen Lebensverhältnisse ab. Dies lässt einen unbegrenzten Spielraum nach oben offen. Die Frage stellt sich nur, wie man den gesetzlichen Spielraum ausschöpfen kann? Auch Kosten für regelmäßige Schönheits-OPs können die ehelichen Lebensverhältnisse prägen (vgl. BGH v. 18.01.2012 – XII ZR 178/09 Rn 43). Hierbei werden Sie mit Rechtstechniken konfrontiert, die hier skizziert werden. Können Sie mit der richtigen > Bedarfsermittlungsmethode einen Bedarf auf der Basis luxuriöser Lebensverhältnisse begründen, bleibt die Frage zu klären, wie lange ein Luxusunterhalt nach der Ehe weiter bezahlt wird. Das richtet sich wieder nach Art und Umfang der sog. > nachehelichen Solidarität. Diese wirkt nicht endlos. Mit der Stärkung der Eigenverantwortung (§ 1569 BGB) und der Begrenzung des nachehelichen Unterhalts aus Billigkeitsgründen gemäß § > 1578 b BGB brachte der Gesetzgeber zum Ausdruck, dass trotz Anspruchs auf gleiche Teilhabe am ehemaligen ehelichen Lebensstandard keine Lebensstandardgarantie besteht. Besteht eine neue eheähnliche Beziehung, ist der Ex-Partner nicht mehr zu einer nachehelichen Solidarität, d.h. Unterhaltszahlungen verpflichtet.
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