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Kanzlei für Familienrecht > Infothek zum Familienrecht > Unterhalt > Unterhalt rückwirkend verlangen
Hier erfahren Sie mehr über die Rechtsnatur und Funktion der Vorschrift des § 1613 BGB zur rückwirkenden Unterhaltsforderung und Unterhaltsrückstand.
| Wegweiser zum rückwirkenden Unterhalt
Wer nachträglich mehr Unterhalt will, als er ursprünglich verlangt hat, der hat ein Problem. Denn Nachforderungen sind nur in Ausnahmefällen möglich.
| Zu wenig verlangten Unterhalt nachfordern
Ein Unterhaltsanspruch ist ein sogenannter verhaltender Anspruch, der bereits vorhanden ist, aber nur durch einen Akt des Unterhaltsberechtigten – nämlich das „Verlangen“ – wirksam zum Entstehen kommt. Das bringt § 1613 Abs.1 BGB zum Ausdruck. Das besondere Kennzeichen eines verhaltenen Anspruchs ist, dass der Schuldner nicht von sich aus zahlen muss (keine „Bringschuld“), sondern dies erst auf Verlangen des Gläubigers („Holschuld“) tun muss (Erbarth, in: FamRZ 1998, 1007 mwN).
Verhaltene Ansprüche sind daher latent vorhandene Ansprüche, die mit ihrer (latenten) Entstehung zu verjähren beginnen, aber vor ihrer Aktualisierung durch ein Gläubigerbegehren keinen konkreten Zeitpunkt für die Leistungserbringung und auch keine Verzugsmöglichkeit haben.
Ansprüche, die auf eine künftige wiederkehrende Leistung gerichtet sind, haben häufig die Rechtsnatur von sog. verhaltenen Ansprüchen. Ein weiteres Beispiel ist der Anspruch auf Nutzungsentschädigung gem. 1361b Abs.3 S.2 BGB. Einen solchen Anspruch gibt es erst ab einem deutlichen Zahlungsverlangen.
(1) Für die Vergangenheit kann der Berechtigte Erfüllung oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung nur von dem Zeitpunkt an fordern, zu welchem der Verpflichtete zum Zwecke der Geltendmachung des Unterhaltsanspruchs aufgefordert worden ist, über seine Einkünfte und sein Vermögen Auskunft zu erteilen, zu welchem der Verpflichtete in Verzug gekommen oder der Unterhaltsanspruch rechtshängig geworden ist. Der Unterhalt wird ab dem Ersten des Monats, in den die bezeichneten Ereignisse fallen, geschuldet, wenn der Unterhaltsanspruch dem Grunde nach zu diesem Zeitpunkt bestanden hat.
Anwendungsbereich:
§ 1613 BGB gilt außer für den Verwandtenunterhalt entsprechend für Familienunterhalt (§ 1360a Abs. 3 BGB), Trennungsunterhalt (§ 1361 Abs. 4 BGB, § 1360a Abs. 3 BGB), den nachehelichen Unterhalt, den Unterhalt aus Anlass der Geburt eines Kindes (§ 1615l Abs. 3, 4 BGB) sowie den Unterhalt und Trennungsunterhalt des eingetragenen Lebenspartners (§§ 5, 12 LPartG).
§ 1613 Abs.1 BGB gilt nicht bei Unterhaltsvereinbarungen:
Der Wortlaut des § 1613 Abs.1 BGB lässt vermuten, dass Unterhalt aus Unterhaltsvereinbarungen erst ab dem Moment gefordert werden können, wenn der Unterhaltsberechtigte zusätzlich zum Vertragsabschluss im zweiten Schritt ausdrücklich zur Erfüllung der vertraglichen Unterhaltsleistung aufgefordert hat. Das ist lt. BGH, Urteil vom 26.9.2014 – V ZR 58/14, Tz. 12 mwN) nicht der Fall. Denn der Unterhaltsschuldner weiß um seine Verpflichtung – bereits ohne nochmalige Aufforderung – und kann sich nicht auf Unkenntnis berufen. § § 1613 Abs.1 BGB schützt den Unterhaltsschuldner vor unklaren Unterhaltsverhältnissen.
Wer Unterhalt begehrt, muss grundsätzlich aktiv werden und eine von drei möglichen Maßnahmen zum Unterhaltsverlangen ergreifen:
> Auskunftsverlangen,
> Mahnung zur Zahlung von Unterhalt oder
> Unterhaltsverfahren einleiten.
Solange vom Unterhaltsschuldner keine Auskunft zum unterhaltsrelevante Einkommen verlangt wird, anderweitig mit der Zahlung von Unterhalt in Verzug gesetzt wurde oder der Unterhaltsgläubiger eine Unterhaltsklage eingeleitet hat, können Unterhaltsansprüche nicht rückwirkend geltend gemacht werden (Ausnahmen: § 1613 Abs.2 BGB).
Praxistipp: Auskunftsverlangen oder Zahlungsaufforderung?
Um eine Verpflichtung zur Zahlung für die Vergangenheit zu begründen, empfiehlt es sich, ein Auskunfts- und Belegverlangen gemäß §§ 1361 Abs. 4 Satz 4, 1605, 1580 BGB zu stellen. Nur so kann eine gesetzlich festgelegte Höhe für die Zahlung des Rückstands gewährleistet werden. Sollte man direkt einen bestimmten Betrag nennen, ohne ein Auskunftsverlangen und Vorbehalt zu erwähnen, besteht das Risiko, den rückständigen Anspruch auf das Zahlungsverlangen zu beschränken. Das gilt ebenso für Kranken- oder Altersvorsorgeunterhalt, der stets ex nunc gefordert werden kann, sofern er zunächst vergessen wurde. Wurde jedoch noch nicht beziffert, muss die Geltendmachung von Kranken- oder Altersvorsorgeunterhalt noch nicht gesondert erfolgen (OLG Hamm FamRZ 2014, 483).
Nach ständiger Rechtsprechung sind nachehelicher Unterhalt und Trennungsunterhalt zwei völlig unterschiedliche Ansprüche (BGH FamRZ 92, 920), die streng nach Stichtag der Ehescheidung voneinander zu trennen sind. Daher muss bezogen auf den jeweiligen Ehegattenunterhalt ab dem jeweils gültigen Zeitpunkt ein gesondertes Unterhaltsverlangen ausgesprochen werden.
(1) …
(2) Im Übrigen kann der Berechtigte für die Vergangenheit Erfüllung oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung nur entsprechend § 1613 Abs. 1 BGB fordern.
(3) Für eine mehr als ein Jahr vor der Rechtshängigkeit liegende Zeit kann Erfüllung oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung nur verlangt werden, wenn anzunehmen ist, dass der Verpflichtete sich der Leistung absichtlich entzogen hat.
§ 1585b BGB im Vergleich zu § 1613 BGB:
Um nachehelichen Unterhalt zu erhalten, ist es wichtig, zwischen § 1585b BGB und § 1613 BGB zu unterscheiden, obwohl beide durch das Gesetz zur Änderung des Unterhaltsrechts vom 21.12.2007 vereinheitlicht wurden.
Unterschied:
Gemäß § 1585b Abs. 3 BGB kann kein Anspruch auf den Unterhalt für die Vergangenheit aus § 1613 Abs. 2 Nr. 2 BGB geltend gemacht werden. Der Unterhalt für mehr als ein Jahr in der Vergangenheit ist nur möglich, wenn sich der Pflichtige mutwillig der Leistung entzogen hat. § 1585b Abs. 3 BGB regelt einen Fall der Verwirkung und ermutigt den Unterhaltsgläubiger, die Ansprüche bald nach der Scheidung geltend zu machen. Deshalb ist besondere Sorgfalt bei der Inanspruchnahme von nachehelichem Unterhalt geboten.
Es gibt Situationen, in denen kann aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen der Unterhalt nicht verlangt werden. Hier sieht das Gesetz den Beginn des Unterhaltsanspruchs losgelöst von einem Unterhaltsverlangen.
2) Der Berechtigte kann für die Vergangenheit ohne die Einschränkung des Absatzes 1 Erfüllung verlangen
1. wegen eines unregelmäßigen außergewöhnlich hohen Bedarfs (Sonderbedarf); nach Ablauf eines Jahres seit seiner Entstehung kann dieser Anspruch nur geltend gemacht werden, wenn vorher der Verpflichtete in Verzug gekommen oder der Anspruch rechtshängig geworden ist;
2. für den Zeitraum, in dem er
a) aus rechtlichen Gründen oder
b) aus tatsächlichen Gründen, die in den Verantwortungsbereich des Unterhaltspflichtigen fallen,
an der Geltendmachung des Unterhaltsanspruchs gehindert war.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Nr. 2 kann Erfüllung nicht, nur in Teilbeträgen oder erst zu einem späteren Zeitpunkt verlangt werden, soweit die volle oder die sofortige Erfüllung für den Verpflichteten eine unbillige Härte bedeuten würde. Dies gilt auch, soweit ein Dritter vom Verpflichteten Ersatz verlangt, weil er anstelle des Verpflichteten, Unterhalt gewährt hat.
OLG Oldenburg, Urteil vom 11.01.2006 – 3 UF 148/05
§ 1613 Abs.3 BGB – Begrenzung der Unterhaltsrückforderung wegen unbilliger Härte
(Zitat) „Das Amtsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass der Beklagte grundsätzlich auch zum rückständigen Unterhalt verpflichtet ist, weil der Kläger bis zur Feststellung der Vaterschaft des Beklagten aus rechtlichen Gründen gehindert war, seine Ansprüche geltend zu machen, § 1613 Absatz 2 Nr. BGB. Gleichwohl scheidet jedoch vorliegend die Inanspruchnahme des Beklagten für die Zeit vor Oktober 2004 aus, denn sie würde eine unbillige Härte bedeuten, § 1613 Absatz 3 BGB. Entscheidendes Kriterium für die Prüfung der Frage, ob grobe Unbilligkeit i. S. § 1613 BGB vorliegt ist, ob ein möglicher Kindesvater mit seiner Inanspruchnahme auf Kindesunterhalt rechnen muss (vgl. Palandt/Diederichsen, § 1613 BGB, Rdnr. 25).“
(1) Wegen eines Sonderbedarfs (§ 1613 Abs. 2) kann der Berechtigte Unterhalt für die Vergangenheit verlangen.
(2)….
(3) Für eine mehr als ein Jahr vor der Rechtshängigkeit liegende Zeit kann Erfüllung oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung nur verlangt werden, wenn anzunehmen ist, dass der Verpflichtete sich der Leistung absichtlich entzogen hat.
Anmerkung:
Die Sonderregelung des § 1585b Abs.3 BGB soll den Unterhalt fordernden Ehegatten dazu zwingen, seine Unterhaltsansprüche möglichst rechtzeitig für die Zeit nach der Scheidung gerichtlich geltend zu machen. Andernfalls darf sich der Unterhaltsschuldner – trotz Verzugs – darauf einstellen, nur für Unterhaltsrückstände aufzukommen, die jünger als ein Jahr sind. Es sei denn, der zahlungspflichtige Ehegatte hat sich absichtlich der Unterhaltszahlung entzogen.
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