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BGH, Urteil vom 14. Januar 2004 – XII ZR 149/01
Angemessene private Altersvorsorge geht Unterhaltsverpflichtungen vor
(Zitat, Seite 7) „Zwar erfolgt die primäre Altersversorgung des Beklagten als nichtselbständig Erwerbstätigem durch die gesetzliche Rentenversicherung. Nachdem sich jedoch zunehmend die Erkenntnis durchgesetzt hat, daß die primäre Vorsorge in Zukunft nicht mehr für eine angemessene Altersversorgung ausreichen wird, sondern zusätzlich private Vorsorge zu treffen ist (vgl. Art. 6 des Altersvermögensgesetzes vom 26. Juni 2001, BGBl I 1310, 1335), darf einem Unterhaltspflichtigen diese Möglichkeit nicht mit dem Hinweis auf eine Beeinträchtigung seiner Leistungsfähigkeit zur Erfüllung von Unterhaltsansprüchen genommen werden. Denn die eigene angemessene Altersvorsorge geht der Sorge für die Unterhaltsberechtigten grundsätzlich vor. Das gilt jedenfalls dann, wenn dem Unterhaltspflichtigen – wie bei der Inanspruchnahme auf Elternunterhalt – vorrangig die Sicherung seines eigenen angemessenen Unterhalts gewährleistet wird (vgl. Senatsurteil vom 19. März 2003 – XII ZR 123/00 – FamRZ 2003, 1179, 1182). Ihm ist deshalb die Möglichkeit zu eröffnen, geeignete Vorkehrungen dafür zu treffen, dass er nicht seinerseits im Alter seine Kinder auf Unterhalt in Anspruch zu nehmen braucht. Vor diesem Hintergrund müssen auch der zusätzlichen Altersversorgung dienende Aufwendungen in einem angemessenen Umfanggrundsätzlich als abzugsfähig anerkannt werden.”
Anmerkung: Auf welchem Niveau werden wir in Zukunft Altersente beziehen? Die demografische Entwicklung der Bundesrepublik Deutschland macht deutlich: Die Renten sind nicht sicher! Wer im Alter ohne Arbeit weiterhin seinen angemessenen Lebensunterhalt bestreiten will, wird dies allein mit Renteneinkünften aus der gesetzlichen Rentenversicherung nicht schaffen. Gesegnet sind diejenigen, die noch Vermögen von den Eltern geerbt haben. Wurden jedoch die Eltern zum Pflegefall, kann das Vermögen der Eltern schnell durch die Pflegekosten vorher aufgezehrt sein. Diese Situation prägte den Begriff “Sandwich-Generation” der heute Vierzig- bis Fünfzigjährigen. Diese Generation zahlt > Ausbildungsunterhalt an ihre Kinder und zusätzlich > Elternunterhalt an ihre pflegebedürftigen Eltern. Kommt eine Scheidung hinzu, darf > Ehegattenunterhalt auch noch bezahlt werden. Die Grenzen der Leistungsfähigkeit sind schnell erreicht.
ALTERSVORSORGE
& Einkommen
Abzug der Beiträge zur Altersvorsorge vom Einkommen > mehr
BGH, Urteil vom 28.07.2010 – XII ZR 140/07
Angemessene private Altersvorsorge bis zur Regelaltersgrenze
Leitsatz: Ist der Unterhaltspflichtige vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze in den Ruhestand getreten, können Aufwendungen für eine zusätzliche Altersversorgung weiterhin abzugsfähig sein.
Anmerkung: Kann auch derjenige, der bereits in Pension ist, von seinem Einkommen Beiträge zur privaten Altersvorsorge in Abzug bringen? Mit dieser Frage beschäftigte sich der BGH und kommt zu dem Ergebnis, dass mit Erreichen der Regelaltersgrenze grundsätzlich der privilegierte Abzug von privaten Vorsorgebeiträgen vom Einkommen endet. Etwas anders gilt, wenn noch eine unangemessene Versorgungslücke besteht, die mit Beitragsleistungen geschlossen werden kann.
BGH, Urteil vom 21.11.2012 – XII ZR 150/10
Schonvermögen im Rentenalter
Anmerkung: Befindet sich der Unterhaltspflichtige im Rentenalter, so ist die Vorstellung eines weiteren Vermögensaufbaus für das Rentenalter nicht mehr angezeigt. Jetzt ist die Phase des Vermögensverbrauchs im Alter erreicht. Jetzt gilt es zu überlegen, wie viel der unterhaltspflichtige Rentner an Kapital benötigt, um seine eigene gegenwärtige angemessene Alterssicherung aufrechtzuerhalten. Siehe dazu BGH, Urteil vom 21.11.2012 – XII ZR 150/10, ab Rn 37 ff.
Die Einkommensbereinigung um Beiträge zur privaten Altersvorsorge ist ab dem Moment nicht mehr zulässig, wenn dies dazu führt, dass Eltern nicht in der Lage sind, den Mindestunterhalt ihrer Kinder zu sichern.
Vorhandenes Vermögen von Unterhaltsgläubiger und Unterhaltsschuldner wird im Unterhaltsrecht mit unterschiedlicher Intensität berücksichtigt. Dabei ist die Pflicht zur Vermögensverwertung für den Unterhalt abhängig vom familiären Verhältnis der Beteiligten. Zusätzlich spielt für die Pflicht zum Vermögenseinsatz eine Rolle, ob es sich bei dem Vermögen um Altersvorsorgevermögen handelt. Soweit der Vorrang des Aufbaus einer privaten Altersvorsorge vor Unterhalt greift, ist Altersvorsorgevermögen kein unterhaltsrelevantes Vermögen.
Das Vermögen dient, neben dem sonstigen Einkommen, regelmäßig dazu, den angemessenen Unterhalt auf Lebenszeit zu sichern. Zum Erhalt des angemessenen Eigenbedarfs im Rentenalter reicht im Regelfall die gesetzliche Rente nicht aus. Hier ist die Rentenlücke mit privatem Vermögensaufbau bzw. Vermögensverzehr ab Renteneintritt zu schließen. Für den erforderlichen privaten Vermögensaufbau (zzgl. gesetzlicher Rentenanwartschaft) wird ein Sparanteil von 4 % vom letzten Jahresbruttoeinkommen – ab Beginn der Erwerbszeit bis zum Erreichen des Rentenalters (gesamte Erwerbszeit) – allgemein anerkannt.
OLG Nürnberg, Beschluss vom 26. April 2012 – 9 UF 1747/11
Höhe des Altersvorsorgevermögens
Anmerkung: Das OLG Nürnberg rechnet für die Spanne des Berufslebens nicht ab dem 18. Lebensjahr, sondern stellt auf den tatsächlichen Einstieg in das Berufsleben ab. Als berücksichtigungswürdige Rendite wurde nicht ein Zins von 4 %, sondern nur von 3 % angenommen. Zulässige Rechtsbeschwerde wurde beim BGH eingelegt (BGH – XII ZB 269/12). Das OLG Düsseldorf, Beschluss vom 21.06.2012 – II- 9 UF 190/11 rechnet wie der BGH ab dem 18. Lebensjahr und mit einer Rendite von 4 %.
BGH, Urteil vom 30. Januar 2013 – XII ZR 158/10
Vorrang der Existenzsicherung privilegierter Kinder & private Altersvorsorge
Aufwendungen des gesteigert unterhaltspflichtigen Elternteils für eine zusätzliche Altersversorgung und eine Zusatzkrankenversicherung sind unterhaltsrechtlich nicht berücksichtigungsfähig, wenn der Mindestunterhalt für ein minderjähriges Kind andernfalls nicht aufgebracht werden kann.
Anmerkung: Hat der Unterhaltsschuldner kein ausreichendes Einkommen, aber unterhaltsrelevantes Vermögen, stellt sich stets die Frage, ob ihm ein unantastbares Schonvermögen zugestanden wird? Beim Verwandtenunterhalt gilt für die Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners § 1603 Abs.1 BGB. Die Schranke der Unterhaltspflicht „ohne Gefährdung“ der eigenen Versorgung gilt gegenüber minderjährigen und privilegiert volljährigen Kindern wegen § 1603 Abs.2 BGB nicht. Hier besteht also kein Schonvermögen zugunsten des Unterhaltsschuldners; auch nicht in Form des Altersvorsorgevermögens. Die Einkommensbereinigung um Beiträge zur privaten Altersvorsorge ist ab dem Moment nicht mehr zulässig, wenn dies dazu führt, dass Eltern nicht in der Lage sind, den Mindesunterhalts ihrer Kinder zu sichern.
Für den bedürftigen Ehegatten gilt § 1577 Abs.3 BGB und für den leistungspflichtigen Ehegatten § 1581 S.2 BGB. In jedem Fall steht die Pflicht zur Vermögensverwertung unter dem Vorbehalt der Wirtschaftlichkeit und Billigkeit. Soweit beim Ehegattenunterhalt der Vorrang des Aufbaus einer privaten Altersvorsorge greift, kann es kaum der Billigkeitentsprechen, das Altersvorsorgevermögen bei der Feststellung des verwertbaren Vermögens nicht zu berücksichtigen.
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