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Die Eltern schulden ihren Kindern Unterhalt in Höhe des Geldbetrages, der zur Deckung des gesamten Lebensbedarfs (§ 1610 Abs.2 BGB) erforderlich ist. Dazu hat der Gesetzgeber keine Bedarf-Pauschalsätze vorformuliert. Der Bedarf i.S.d § 1610 Abs.2 BGB muss individuell bestimmt werden. Welche Bedarfspositionen zum gesamten Lebensbedarf des Kindes zählen, hängt von folgenden Fragestellungen ab:
Dienen die Ausgaben für die Kinderbetreuung dem Interesse des Kindes oder den Interessen der Eltern? Dient der Aufwand vorwiegend erzieherischen Zwecken, dient er dem Kind und somit zur Deckung des individuellen Lebensbedarfs des Kindes (§ 1610BGB).
Aber nicht alle Kosten, die dem Interesse des Kindes dienen, zählen zum erforderlichenLebensbedarf des Kindes. Der Aufwand muss zur (individuellen) Lebensstellung des Kindes „passen”, d.h. (wie Juristen sagen) „angemessen“ sein. Er muss im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten der Eltern liegen, von denen die Kinder ihre Lebensstellung ableiten. So kann nicht jedes Luxusinternat einen erforderlichen Mehrbedarf wegen auswärtiger Unterbringung begründen, auch wenn der Besuch einer solchen Privatschule den erzieherischen Zwecken des Kindes – ohne Frage – optimal dienen kann.
Die Frage stellt sich vor allem im Zusammenhang mit Umgangskosten. Mit Betreuungskosten, die beim umgangsberechtigten und barunterhaltspflichtigen Elternteils entstehen, wird anders umgegangen, als mit denen aufseiten des kinderbetreuenden Elternteils. Umgangskosten sind nach höchstrichterlicher Rechtsprechung grundsätzlich aufseiten des barunterhaltspflichtigen Elternteils unterhaltsrechtlich neutral zu behandeln. Das kann sich erst ändern, je mehr sich die Ausübung des Umgangsrechts des barunterhaltspflichtigen Elternteils einer > Mitbetreuung des Kindes annähert.
Wird der Regel-Geldbedarf mithilfe der Düsseldorfer Tabelle (DT) festgestellt (Regelbedarf), weil das Kind seine Lebensstellung von den Eltern ableitet und wird weiter festgestellt, dass eine erforderliche Bedarfsposition nicht im Regelbedarf einkalkuliert ist, die zum Lebensbedarf des Kindes (§ 1610 Abs.2 BGB) zählt, kommt es zum Zusatzbedarf. Im Anwendungsbereich der Düsseldorfer Tabelle gilt damit die Formel:Gesamtbedarf = Regelbedarf + Mehrbedarf + Sonderbedarf.
Formel
zum Gesamtbedarf
= Gesamtbedarf
Mit dieser Formel wird die Lücke zum gesamten Lebensbedarf (§ 1610 Abs.2 BGB) geschlossen. Ob eine Bedarfslücke vorliegt, hängt davon ab, welche Bedarfspositionen der Regelbedarf nach DT erfasst. Um zu bestimmen, welche Bedarfsposition zur Kategorie Mehrbedarf oder Sonderbedarf zählt und welche zum Regelbedarf gehört, muss bekannt sein, auf welcher Grundlage die Tabellenwerte der DT kalkuliert sind.
Muss das Kind versorgt und betreut werden, so sind alle Merkmale für eine abgeleiteteLebensstellung gegeben. Ob die Betreuung und Versorgung von einem Elternteil höchstpersönlich erbracht wird oder vielmehr das Kind fremdbetreut wird, ändert nichts an der Tatsache, dass eine abgeleitete Lebensstellung gegeben ist, solange das Kind nicht selbsterhaltungsfähig ist. Ob das Kind volljährig ist oder nicht, spielt für die Frage nach der abgeleiteten Lebensstellung keine Rolle. Zur abgeleiteten Lebensstellung einer 38-jährigen Studentin, deren Studienabschluss sich krankheitsbedingt immer wieder verzögert hat: OLG München v. 06.09.2006 – 1 W 2126/06, in: FamRZ 2007, 911.
Anmerkung: Es ist aber allgemein anerkannt, dass von einer eigenen Lebensstellung des Kindes nicht gesprochen werden kann, solange es entweder von einem Elternteil oder von Dritten tatsächlich betreut wird. Daraus wird umgekehrt geschlossen, dass eine Fremdbetreuung die Bedarfsermittlungsgrundsätze zur abgeleiteten Lebensstellung nicht aufhebt. Somit verbleibt es auch bei Kindern, die extern im Internat, Heim oder sonstiger Einrichtung mit betreutem Wohnen untergebracht sind und dort fremdbetreut werden, bei der Bedarfsermittlung nach Maßgabe des Einkommens des barunterhaltspflichtigen Elternteils und den Bedarfssätzen der Düsseldorfer Tabelle. Besonderheiten bestehen insoweit, als bei auswärtiger Unterbringung kein Elternteil mehr vollständig für den Naturalunterhalt des Kindes aufkommt.
> Welche Folgen hat eine auswärtige Fremdbetreuung des Kindes für die Unterhaltsbemessung?
Eine eigene Lebensstellung besitzt das Kind, wenn folgende Kriterien erfüllt sind:
OLG Koblenz, Beschluss vom 26.09.2012 – 13 UF 413/12
Bedarf eines minderjährigen Kindes mit eigenem Hausstand
OLG Hamm, Beschluss vom 16.02.2005 – 11 WF 43/05
Lebensstellung und Bedarfsermittlung für ein volljähriges Kind, das bei den Großeltern lebt
Anmerkung: Der Bedarf eines volljährigen Kindes, das bei seiner Großmutter und ihrem Ehemann lebt, muss genauso berechnet werden wie der Bedarf eines volljährigen Kindes, das einen eigenen Haushalt hat (OLG Hamm, Beschluss vom 29. 5. 2013 – II-2 WF 98/13). Auch wenn das Kind sich noch in allgemeiner Schulausbildung befindet und keine 21 Jahre alt ist, gilt es nicht als privilegiert volljährig. Die Großmutter und ihr Ehemann leisten freiwillig Verpflegung und Unterkunft, was jedoch keinen Einfluss auf den Bedarf des Kindes hat.
Bei Studenten oder volljährigen Auszubildenden mit eigener Lebensstellung wird in der Regel der Unterhaltsbedarf pauschal bestimmt. Für volljährige Kinder in der Ausbildung gehen die Oberlandesgerichte in ihren Leitlinien (vgl. Ziff. 13.1.2) deswegen von einem festen Unterhaltsbedarf aus, der zuzüglich ev. Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung und von Studiengebühren bemessen wird.
Ist das volljährige Kind erwerbsfähig, richtet sich die Lebensstellung nach dem Erwerbseinkommen, ist es krank und erwerbsunfähig, kann nur auf Erwerbsunfähigkeitsrente abgestellt werden.
Nach dieser eigenen Lebensstellung richtet sich dann auch sein Unterhaltsanspruch gegen beide Eltern anteilig nach deren Einkommens- und Vermögensverhältnissen (BGH, Urteil vom 23. Mai 2007 – XII ZR 245/04, Rn. 28).
OLG Brandenburg, Urteil vom 11.03.2004 – 10 UF 176/03
Bedarf eines volljährigen behinderten Kindes mit eigenem Hausstand & pauschalierter Bedarf
(Zitat) „Danach ist im Bereich des Volljährigenunterhalts zur Ermittlung des angemessenen Unterhalts ebenfalls auf die in den Unterhaltstabellen enthaltenen Eigenbedarfssätze eines unterhaltsberechtigten Ehegatten abzustellen und als Untergrenze derjenige Betrag pauschal als Bedarf anzusetzen, welcher der jeweiligen konkreten Lebenssituation des unterhaltsberechtigten Kindes entspricht (vgl. hierzu BGH, FamRZ 2003, 860/861 betreffend den Elternunterhalt). Insoweit bleibt das Gericht auch bei einer pauschalierenden Betrachtung an das generelle Gebot gebunden, den Unterhalt individuell und unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu bemessen (vgl. hierzu BGH, FamRZ 1982, 587/589).”
BGH, Urteil v. 18.07.2012 – XII ZR 91/10
Familienselbstbehalt gegenüber volljährigem Kind mit bereits erreichter wirtschaftlicher Selbstständigkeit
Sachverhalt: Volljähriger Sohn (Jahrgang 1969), der bereits eine eigene Lebensstellung erworben hatte, wird wegen Depressionen und Alkoholabhängigkeit wieder unterhaltsbedürftig. Er bezieht Sozialhilfe. Der Sozialhilfeträger will nach § 94 Abs.1 S. 1 SGB XII die Eltern (Rentner) in Regress nehmen. Hier nimmt der BGH dazu Stellung, welcher Selbstbehalt den Eltern gegenüber dem volljährigen Sohn zusteht.
Anmerkung: Der BGH billigt hier den Familienselbstbehalt zu, der auch Kindern gegenüber ihren Eltern zusteht. BGH, Zitat: „Zwar müssen Eltern regelmäßig damit rechnen, ihren Kindern auch über die Vollendung des 18. Lebensjahres hinaus zu Unterhaltsleistungen verpflichtet zu sein, bis diese ihre Berufsausbildung abgeschlossen haben und wirtschaftlich selbständig sind. Haben die Kinder danach aber eine eigene Lebensstellung erlangt, in der sie auf elterlichen Unterhalt nicht mehr angewiesen sind, kann in der Regel davon ausgegangen werden, dass sie diese Elternunabhängigkeit auch behalten. Darauf dürfen sich, wenn nicht bereits eine andere Entwicklung absehbar ist, grundsätzlich auch die Eltern einstellen (Senatsurteil vom 18. Januar 2012 – XII ZR 15/10 – FamRZ 2012, 530 Rn. 17).”
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