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(1) Die Personensorge umfasst das Recht, die Herausgabe des Kindes von jedem zu verlangen, der es den Eltern oder einem Elternteil widerrechtlich vorenthält.
(2) Die Personensorge umfasst ferner das Recht, den Umgang des Kindes auch mit Wirkung für und gegen Dritte zu bestimmen.
(3) Über Streitigkeiten, die eine Angelegenheit nach Absatz 1 oder 2 betreffen, entscheidet das Familiengericht auf Antrag eines Elternteils.
(4) …
Anmerkung:
Im Regelfall sind die Eltern Inhaber des Personensorgerechts und bestimmen gemeinsam und einvernehmlich (§ 1687 Abs.1 S.1 BGB) den Umgang des Kindes, auch mit Wirkung für und gegen Dritte (§ 1632 Abs.2 BGB). Dazu gehört die Regelung des unmittelbaren persönlichen sowie des brieflichen und telefonischen Kontakts (vgl. Soergel/Strätz, BGB, 12. Aufl., § 1632 Rdnr. 14). Das Erziehungs- und Beaufsichtigungsrecht der Eltern gibt ihnen die Befugnis, mit Weisungen oder Verboten auch gegen Dritte vorzugehen (Palandt/Diederichsen, BGB, 53. Aufl., § 1632 Rdnr. 31). Ein Kontaktverbot ggü. Dritten müssen mitsorgeberechtigte Eltern grundsätzlich einvernehmlich bestimmen.
Wird keine Einigung erzielt, muss der Elternteil, der das Kontaktverbot durchsetzen will, sich die alleinige Entscheidungsbefugnis vor dem Familiengericht erstreiten. Kann auf diese Weise ein Elternteil den Kontakt des Kindes zum (neuen) Lebenspartner des anderen Elternteils verhindern?
BVerfG, Beschluss vom 16.06.2021 – 1 BvR 709/21
Umgang der Töchter mit der Mutter nur in Abwesenheit ihres jetzigen Ehemanns – Kontaktverbot zum neuen Lebenspartner
Zum Inhalt
In dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 16. Juni 2021 (Az. 1 BvR 709/21) wurde die Verfassungsbeschwerde einer Mutter gegen eine gerichtliche Entscheidung zum Umgangsrecht mit ihren Kindern, die vom Kindesvater betreut werden, nicht zur Entscheidung angenommen. Die Fachgerichte hatten entschieden, dass die Mutter den Umgang mit ihren Töchtern nur in Abwesenheit ihres Ehemanns ausüben darf. Diese Auflage wurde damit begründet, dass der Ehemann in der Vergangenheit wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern verurteilt wurde und es Bedenken hinsichtlich seiner Eignung als Kontaktperson für die Kinder gibt.
Das Oberlandesgericht hatte die Entscheidung der Fachgerichte bestätigt, wonach diese Einschränkung des Umgangsrechts zum Schutz der Kinder erforderlich sei. Die Mutter machte in ihrer Verfassungsbeschwerde verletzte Rechte aus Art. 6 (Recht auf Familie) und Art. 103 (Recht auf rechtliches Gehör) des Grundgesetzes geltend.
Das Elternrecht der Mutter wurde nicht dadurch verletzt, dass der Umgang mit ihren Töchtern nur in Abwesenheit ihres jetzigen Ehemannes erfolgen darf. Die Auflage wurde auf § 1684 Abs. 3 Satz 1, § 1687 Abs. 2 BGB gestützt und deren Notwendigkeit anhand dem Kriterium der Dienlichkeit für das Kindeswohl nach § 1697a BGB beurteilt. Die Mädchen werden von ihrem Vater betreut.
Das BVerfG stellte fest, dass die Verfassungsbeschwerde unzulässig war, da sie nicht grundlegende Fragen aufwarf und die angegriffenen Entscheidungen der Fachgerichte keine Grundrechte der Beschwerdeführerin verletzten. Insbesondere wurde die Auflage des Oberlandesgerichts als verfassungsrechtlich zulässig erachtet, da sie notwendig war, um Gefährdungen für das Kindeswohl abzuwenden. Der Beschluss ist unanfechtbar.
Kindeswohlgefährdung:
Ein Rechtfertigungsgrund ist sicher die Kindeswohlgefährdung i.S.d. § 1666 Abs.1 BGB. Die erhebliche Einschränkung des Umgangsrechts ist verfassungsrechtlich zulässig, wenn sie bei auf den Einzelfall bezogener Betrachtung erforderlich ist, um eine Gefährdung der körperlichen oder seelischen Entwicklung des Kindes abzuwenden. Die Mutter und ihr Ehemann hatten Situationen herbeigeführt, die mit ernsthaften Gefährdungen für das Wohl der beiden Töchter verbunden sein können. Der Therapeut des Ehemanns hatte ausgesagt, er habe zwar keine pädophilen Neigungen des Ehemanns, stattdessen aber andere Risikofaktoren für grenzüberschreitendes Verhalten festgestellt. Der Ehemann war in der Vergangenheit rechtskräftig wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern verurteilt worden.
Sonstige Rechtfertigungsgründe?
Eine Kindeswohlgefährdung darin zu erkennen, dass das Kind Kontakt zum neuen Lebensgefährten des Ex-Ehegatten hat, wird gegenüber einem Familiengericht nicht immer – oder gar leicht – zu begründen sein. Können Kontaktverbote bei geringerer Eingriffsschwelle in das Kindeswohl ausgesprochen werden? Soll ein Kontaktverbot zum Kind auf Veranlassung eines Elternteils gegen den neuen Lebenspartner des anderen Elternteils erwirkt werden (z. B. bei Patchwork), geht es meist um die Frage, ob und welche Eingriffsschwellen zur Rechtfertigung des Kontaktverbots überwunden werden müssen. Sollte ein Kontaktverbot zum Schutz eines Kindes vor dem neuen Partner des anderen Elternteils in der Patchwork-Familie beantragt werden, dann stellt sich oft die Frage, ob und welche Bedingungen für diese Einschränkung vorhanden sein müssen.
Wird die Eingriffsschwelle der Kindeswohlgefährdung nicht erreicht, muss eine Abwägung aller vom Kontaktverbot betroffenen Interessen der Beteiligten (Vater – Mutter – Kind – neuer Lebenspartner) stattfinden (vgl. Huber, MüKo, 8. Aufl. 2020, § 1632 BGB Rn 72). So können allenfalls mögliche Gefahren, die sich aus dem Umgang mit Dritten ergeben (z.B. Verführung zu Verhaltensweisen, die den Erziehungszielen der Eltern entgegenstehen) ein Kontaktverbot rechtfertigen.
Darf der neue Partner also mit dem Kind kuscheln, baden etc.? Ja, wenn er oder sie durch eine sorgeberechtigte Person die Erlaubnis erhalten hat. Eine gesetzlich festgelegte Nähe-Grenze gibt es nicht. Ausschlaggebend ist – und das im Zweifel auch vor einem angerufenen Gericht – inwiefern das Kind diese Nähe schadet. Es wird in aller Regel schwierig sein zu erklären, weshalb Nähe und Vertrautheit zu einem Menschen für ein Kind schädlich sein sollte. Das Problem vieler Elternteile mit dem neuen Partner des anderen Elternteils wird meist rein persönlicher Natur sein und mit dem Kind oder dessen Verhalten gegenüber dem Kind nichts zu tun haben.
In der Zeit, in der sich das Kind bei einem Elternteil zur Ausübung des berechtigen Umgangsrechts aufhält, hat dieser Elternteil die alleinige Entscheidungsbefugnis in Angelegenheiten der täglichen Betreuung (§ 1687 Abs.1 S.4 BGB). Geht es hier um die Frage, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang der umgangsberechtigte Elternteil die Pflege persönlicher sozialer Kontakte Dritter zum Kind dulden muss bzw. verbieten kann, besteht ein alleiniges Umgangsbestimmungsrecht nach § 1632 Abs.2 BGB. Die Bestimmung eines Kontaktverbots zum Kind kann für diese Zeit vom Umgangsberechtigten allein gegen den Dritten wirksam ausgesprochen und gem. § 1632 Abs.3 BGB vom umgangsberechtigen Elternteil gerichtlich durchgesetzt werden. Diese Rechtsposition ist als absolutes Recht i.S.d. § 823 Abs.1 BGB anerkannt.
Verhältnis eines Elternteils zu dem Dritten bestehen keine besonderen sachlichen oder gar triftigen Gründe für die Begründung und Durchsetzung eines erstrebten Kontaktaufnahme- und Näherungsverbots während des alleinigen Umgangs.
Ein solches Verbot muss der betreuende Elternteil einzig gegenüber dem Kind auf triftige und sachliche Gründe stützen, je mehr dieses in seiner körperlichen, geistigen und seelischen Entwicklung zu einer eigenständigen Persönlichkeit herangereift ist. Angesprochen sind hier die Fälle von mehr oder weniger ausgeprägten Auseinandersetzungen mit den Eltern oder einem Elternteil gezeichneter selbst gewählter intensiver Kontakte Jugendlicher oder Heranwachsender mit Personen, von denen die Eltern(-teile) schädigende Einflüsse für das Kind besorgen. Die Entwicklung des Kindes zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Person nimmt keinen Schaden, wenn einzelne Menschen, denen sie im Alltag beim Elternteil zufällig begegnet, sie nicht ansprechen oder gar berühren und vielmehr Wert darauf legen, einen gewissen Abstand zu wahren. Danach kann ein Elternteil schlicht bestimmen, dass eine persönliche Ansprache oder sonstige Zuwendung und Annäherung durch den Dritten gegenüber dem Kind zu unterbleiben hat. Eine Überprüfung der Notwendigkeit oder Zweckmäßigkeit eines solchen Verbotes gegenüber dem Dritten findet nicht statt.
Der vom Kontaktverbot betroffene Dritte kann sich dagegen wehren, wenn er sich seinerseits auf ein nach § 823 Abs.1 absolut geschütztes Recht stützen kann, dass dem Umgangsbestimmungsrecht Vorrang einzuräumen ist.
Hinweis:
» Zum Umgangsrecht mit Stiefkind bei sozial-familiärer Beziehung (§ 1685 Abs.2 BGB)
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