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Scheidung 
Braucht man zwei oder nur einen Anwalt?


Anwaltszwang

Keine Scheidung ohne Anwalt. Das folgt aus § 114 Abs.1 FamFG. Also muss ein Rechtsanwalt den Scheidungsantrag  beim zuständigen Familiengericht einreichen (§ 124 FamFG). Die Zustellung des Scheidungsantrags erfolgt über das Familiengericht von Amts wegen. Wenn die Zustellung erfolgt ist, ist das  Scheidungsverfahren rechtshängig. Ob für dieses Verfahren nur ein Ehegatte anwaltlich vertreten sein muss, oder beide Ehegatten?

Wegweiser zum Anwaltszwang

Scheidung 
mit einem gemeinsamen Anwalt?

Es ist nicht gerade selten, dass Eheleute für ihre Scheidung nach einem „gemeinsamen“ Anwalt suchen und diesen bitten, ihre einvernehmliche Scheidung „abzuwickeln“. Komplikationslose Scheidungen können weitgehend online vorbereitet werden. Auch wenn es außerhalb fachkundiger Kreise immer wieder anders formuliert wird: Es gibt keine Scheidung mit einem gemeinsamen Anwalt! Was es gibt, ist das Scheidungsverfahren, in dem nur ein Beteiligter anwaltlich vertreten ist. 
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Anwaltszwang

Spätestens in der schriftlichen Ladung zum Scheidungstermin ist in der Regel folgender gerichtlicher Hinweis enthalten:

Im Scheidungsverfahren besteht für die Ehegatten grundsätzlich Anwaltszwang (§ 114 Abs. 1 FamFG). Der Vertretung durch einen Rechtsanwalt bedarf es jedoch insbesondere nicht für die

  • Zustimmung zur Scheidung und zur
  • Rücknahme des Scheidungsantrags und für den
  • Widerruf der Zustimmung zur Scheidung,
  • für einen Antrag auf Abtrennung einer Folgesache von der Scheidung,
  • im Verfahren über die Verfahrenskostenhilfe,
  • in den Fällen des § 78 Abs. 3 ZPO,
  • für den Antrag auf Durchführung des Versorgungsausgleichs bei einer kurzen Ehezeit von bis zu drei Jahren nach § 3 Abs. 3 des Versorgungsausgleichsgesetzes und die
  • Erklärung zum Wahlrecht nach § 15 Abs. 1 und 3 des Versorgungsausgleichsgesetzes (§ 114 Abs. 4 FamFG).

Soweit Anwaltszwang besteht, sind Handlungen, welche die Ehegatten selbst vornehmen, verfahrensrechtlich unwirksam. Ist ein Ehegatte im Termin nicht durch einen zugelassenen Rechtsanwalt oder im Einvernehmen mit einem Rechtsanwalt durch einen der deutschen Sprache mächtigen Staatsangehörigen eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum, der nach den Teilen 1 und 5 des Gesetzes über die Tätigkeit europäischer Rechtsanwälte in Deutschland (EuRAG) berechtigt ist, vorübergehend die Tätigkeit eines Rechtsanwalts auszuüben, ordnungsgemäß vertreten, kann dies insoweit zum Verlust des Verfahrens führen. Schriftliche Erklärungen entbinden nicht von der Pflicht zum Erscheinen zum Termin. Diese kann das Gericht nur berücksichtigen, wenn sie im Termin durch einen Rechtsanwalt vorgetragen werden.

Anwalt 
stellt Scheidungsantrag


Das Gesetz sieht für die meisten > familienrechtlichen Angelegenheiten den Anwaltszwang vor. Dies gilt auch für das > Scheidungsverfahren ( § > 114 FamFG ). Zumindest der Ehegatte, der den > Scheidungsantrag einreichen lässt, muss anwaltlich vertreten sein. Haben sich die Eheleute über alles Wesentliche außergerichtlich einigen können (> Thema Scheidungsfolgenvereinbarung ), kommt aus Kostengründen ein Scheidungsverfahren mit nur einem Anwalt in Betracht. Wer der Scheidung nur zustimmt ( § > 134 FamFG ), benötigt dafür keinen Anwalt. Dabei sollte klar sein, dass der Anwalt nur den Ehegatten vertritt und anwaltlich berät, für den der Anwalt den Scheidungsantrag einreicht. Andernfalls droht > Parteiverrat.

Zustimmung zur Scheidung
benötigt keinen Anwalt


Das Gesetz eröffnet die Möglichkeit, das Scheidungsverfahrens mit nur einem Anwalt zu betreiben. Wird der Antragsgegner im Scheidungstermin der Scheidung zustimmen, benötigt er zur Abgabe der Zustimmungserklärung (§ 134 FamFG) keinen Anwalt, weil diese keine sog. Prozesshandlung, sondern lediglich zur Feststellung gerichtlichen Feststellung der Scheidungsreife erforderlich ist. Deshalb sind einvernehmliche Scheidungen mit nur einem Anwalt möglich.

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OLG Dresden, Beschluss vom 25.03.2013 – 20 WF 270/13


Ausnahmsweise kann im Scheidungsverfahren auch der nicht anwaltlich vertreteneBeteiligte einen Antrag auf Ablehnung des Richters wegen Befangenheit stellen.

Anwaltszwang
bei Folgesachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit?


Mit Entscheidung des BGH aus dem Jahr 2017 (Beschluss vom 26.04.2017 – XII ZB 3/16) wird die seit Einführung des FamFG umstrittene Frage beantwortet, ob in den Folgesachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit, zu denen insbesondere auch der Versorgungsausgleich gehört, eine nur gegen solche Folgesachen gerichtete Beschwerde nach § 114 FamFG dem Anwaltszwang unterliegt. Der BGH sag “JA” und legt dabei § 64 Abs.2 FamFG nun gegen dessen Wortlaut aus (ein Meisterstück der Auslegungskunst deutscher Rechtsprechung).

Scheidung 
mit nur einem Anwalt

Es gibt keine Scheidung mit einem gemeinsamen Anwalt! 
Was es gibt, ist die Scheidung, bei der im Verfahren nur ein Beteiligter anwaltlich vertreten wird. Der Unterschied mag für den Laien „spitzfindig“ sein. Für den Anwalt selbst ist er essenziell; vor allem danach zu handeln. Familienanwälte können äußerst allergisch reagieren, wenn man ihnen nachsagt oder unterstellt, sie würden in einem Scheidungsverfahren beide Eheleute vertreten oder sonst wie betreuen. Das wäre nämlich strafbewehrter Parteiverrat (§ 356 StGB), was die Anwaltszulassung kosten kann. Dennoch ist das Interesse an einer einvernehmlichen Scheidung mit nur einem Anwalt groß. Dazu muss man wissen, welche Rahmenbedingungen dafür zu beachten sind.

Was ist also machbar?


  1. Scheidung mit einem Anwalt ist möglich! Nur der Ehegatte braucht einen Anwalt, der den Scheidungsantrag stellt. Der andere Ehegatte kann der Scheidung zustimmen. Für die Zustimmungserklärung benötigt man keinen Anwalt.
  2. Zusätzlich sollen die Eheleute über die Handlungsbefugnisse des einen Anwalts umfassend aufgeklärt werden.
  3. Wünschen beide Eheleute eine Beratung von einem Anwalt, sollten die Rahmenbedingungen dafür schriftlich festgelegt werden. Zur Beratung beider Eheleute müssen diese ihr Einverständnis schriftlich erklären. Ein Ehepartner muss auf anwaltliche Vertretung verzichten!

Der Scheidungsanwalt darf nur die Interessen einer Partei vertreten


Den Ehegatten sollte bewusst sein, dass sie nicht einen Rechtsanwalt beauftragen können, der sowohl die rechtlichen Interessen des einen als auch des anderen Ehegatten vertreten kann. Trotz des scheinbaren Interessengleichklangs und dem Wunsch, die Kosten für einen zweiten Anwalt zu sparen, besteht regelmäßig eine (latente) Interessenkollision. Wird der Rechtsanwalt im Interesse beide Ehegatten tätig, setzt er sich der Gefahr eines nach § 356 StGB strafbaren Parteiverrats aus. Die Tathandlung des § 356 StGB besteht darin, dass der Täter in derselben Rechtssache in Ausübung seines Berufes beiden Parteien durch Rat oder Beistand pflichtwidrig dient. Der Begriff des Dienens umfasst dabei jede berufliche Tätigkeit des Anwalts, durch die das Interesse des Auftraggebers gefördert werden soll (BGHSt 5, 301, 305). Unter dem Ausdruck Rechtssache sind alle Angelegenheiten zu verstehen, bei denen mehrere Beteiligte in (möglicherweise) entgegen gesetztem Interesse einander gegenüberstehen können ( Heine in: Schönke/Schröder, StGB, 28. Auflage, § 356 Randziffer 11). Maßgebend dafür, ob dieselbe Rechtssache vorliegt, ist der sachlich-rechtliche Inhalt der anvertrauten Interessen, also das materiell-rechtliche Rechtsverhältnis, nicht nur der einzelne Anspruch daraus (Heine a. a. O. Randziffer 12). Es muss sich um denselben Streitstoff handeln, entscheidend ist also die Identität des Sachverhalts (BGHSt 18, 192), mag dieser auch in Verfahren verschiedener Art und Zielrichtung von Bedeutung sein(Heine a. a. O. mit weiteren Nachweisen). Der Begriff derselben Rechtssache umfasst die Gesamtheit der bei einem Sachverhalt rechtlich in Betracht kommenden Tatsachen und Interessen, auch wenn sie in verschiedenen Verfahren verhandelt werden (BGHSt 5, 301, 304).

Einverständnis zur Beratung beider Beteiligten



Wenn die Ehegatten ihr > ausdrückliches Einverständnis in die anwaltliche Tätigkeit für die andere Seite erteilen, kann die anwaltliche Beratung beider Ehegatten unter bestimmten Voraussetzungen zulässig sein. Möglich ist ein anwaltliches Mediationsverfahren oder die Ausarbeitung einer > Scheidungsfolgenvereinbarung für beide Ehegatten: Mehr dazu erfahren Sie > hier

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BGH Urteil vom 23.04.2012 − AnwZ (Brfg) 35/11 
Latente Interessenkollision führt nicht zu Tätigkeitsverbot


1. Der > Zugewinnausgleichsanspruch zwischen geschiedenen Ehegatten und der > Unterhaltsanspruch eines unterhaltsberechtigten Kindes gegen seine Eltern decken sich sachlich zumindest teilweise; die Ansprüche bilden damit eine Rechtssache i. S. von § 43 a Absatz IV BRAO.

2. Ob eine Interessenkollision vorliegt, ist unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls zu prüfen. Das Anknüpfen an einen möglichen, tatsächlich aber nicht bestehenden (latenten) Interessenkonflikt verstößt gegen das Übermaßverbot.

3. Im Einzelfall kann daher auch die anwaltliche Vertretung des Vaters im Scheidungsverfahren und die Vertretung des Sohnes in einem unterhaltsrechtlichen Verfahren gegen die Ehefrau und Mutter zulässig sein.

Achtung Kostenfalle! 
Gemeinsamer Auftrag an einen Anwalt


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BGH, Urteil vom 19.09.2013 − IX ZR 322/12
Die gemeinsame anwaltliche Beratung in Scheidungsangelegenheiten


Anmerkung: Der BGH hält es für zulässig, dass ein Anwalt von den Ehegatten für eine gemeinsame Beratung und Vorbereitung einer einvernehmlichen Scheidung mit außergerichtlicher Scheidungsfolgenvereinbarung engagiert wird. Das geht so lange gut und ist kein Verstoß gegen berufsrechtliche Vorschriften des Rechtsanwalts, wie im Laufe der Beratung keine unüberwindbaren widerstreitenden Interessen auftreten. Tritt dieser Fall aber ein, muss ab dem Moment der für die einvernehmliche Scheidungsvorbereitung engagierte Anwalt sein Mandat beenden und niederlegen. Für das weitere Verfahren – jetzt in Form einer streitigen Scheidung – darf der ursprünglich “gemeinsame Anwalt” nicht mehr tätig werden. Jeder Ehegatte muss jetzt einen neuen, eigenen Anwalt engagieren. Das Kostenrisiko, wenn die Stimmung kippt: Die Ehegatten bezahlen insgesamt drei Anwälte! Wer also ein solches gemeinsam von den Ehegatten herangetragenes Mandat annimmt, muss auf dieses Kostenrisiko hinweisen. Andernfalls riskiert der Anwalt seinen Honoraranspruch (BGH a.a.O.).

Links & Literatur


Links



Literatur


  • Thurid Neumann, Risiko der Interessenkolllision im familienrechtlichen Mandat, in Familienrecht Kompakt 2015, 124
  • Thurid Neumann, Wichtige Grundsätze zur Interessenkollision, in Familienrecht Kompakt 2007, 126
  • Grunewald, Das Problem der Vertretung widerstreitender Interessen und ihre Vermeidung, in AnwBl 2005, 437 ff.

In eigener Sache


  • Hinweis auf die Rahmenbedingungen für eine einvernehmliche Scheidung mit nur einem Anwalt, unser Az.: 42/16 (D3/296-16); 99/ 16 (D3/718 16
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