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Kanzlei für Familienrecht > Infothek > Scheidungsverfahren > Scheidung international > mit Bezug zu Österreich
Schwerpunkt unserer Darstellungen zum europäischen Familienrecht ist das österreichische Recht zum Kindesunterhalt. Dies ist nur eine von vielen Angelegenheiten, die im Fall einer Trennung und Scheidung im grenzüberschreitenden Fall zwischen Deutschland und Österreich ist Kindesunterhalt zu regeln ist.
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Für den Fall einer bilateralen Ehe zwischen Deutschland und Österreich wird hier weiter darauf eingegangen, welches Recht für die Scheidung, zum Versorgungsausgleich, für den Ehegattenunterhalt und für das zur Anwendung kommt.
| Wegweiser zur Scheidung Deutschland – Österreich
Ehemann lebt in Deutschland. Ehefrau hat mit dem Kind ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich. Der Ehemann möchte das Scheidungsverfahren in Deutschland einleiten, die Ehefrau in Österreich. Wo kann die Ehe geschieden werden?
Die Frage, welche verfahrensrechtliche Folge die gleichzeitige Anhängigkeit derselben Sache in verschiedenen Staaten hat, und welches Gericht international für die Scheidung zuständig ist, ergibt sich in aller Regel aus europäischen Rechtsquellen. Dies gilt zum einen für Ehesachen (Scheidung; § 121 Ziff1. FamFG) und zum anderen für Sorgerechtssachen und Umgangsrechtssachen aufgrund der Brüssel II b-VO.
Ab dem 1. August 2022 tritt die überarbeitete Brüssel II a-Verordnung, Verordnung (EU) 2019/1111 des Rates vom 25. Juni 2019 über die Zuständigkeit, Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung sowie bei internationaler Kindesentführung (Brüssel II b-Verordnung), in Kraft. Die Brüssel II b-Verordnung gilt für Gerichtsverfahren, die am oder nach dem 1. August 2022 eingeleitet oder förmliche Urkunden oder Vereinbarungen erstellt oder registriert werden (Artikel 100 Absatz 1 der Brüssel II b-Verordnung). Auch Ersuchen über Zentrale Behörden (z. B. Informationsaustausch, Unterbringungsersuchen) unterliegen ab diesem Datum dem neuen Recht. Für Fälle, die vor diesem Datum eingeleitet wurden, gilt die Brüssel II a-Verordnung weiterhin (Artikel 100 Absatz 2 der Brüssel II b-Verordnung).
Darüber hinaus wurde das Internationale Familienrechtsverfahrensgesetz (IntFamRVG) angepasst, um es mit Wirkung zum 1. August 2022 an die neue Brüssel II b-Verordnung anzupassen.
Führt eine in Art. 3 VO bereitgestellten Anknüpfungen der Brüssel II b-VO zur internationalen Zuständigkeit eines Gerichts in einem EU-Mitgliedstaat, erübrigt sich jede weitere Prüfung zur internationalen Zuständigkeit.
(1) Für Entscheidungen über die Ehescheidung, die Trennung ohne Auflösung des Ehebandes oder die Ungültigerklärung einer Ehe, sind die Gerichte des Mitgliedstaats zuständig,
a) in dessen Hoheitsgebiet
i) beide Ehegatten ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben,
ii) die Ehegatten zuletzt beide ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatten, sofern einer von ihnen dort noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat,
iii) der Antragsgegner seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat,
iv) im Fall eines gemeinsamen Antrags einer der Ehegatten seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat,
v) der Antragsteller seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, wenn er sich dort seit mindestens einem Jahr unmittelbar vor der Antragstellung aufgehalten hat, oder
vi) der Antragsteller seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, wenn er sich dort seit mindestens sechs Monaten unmittelbar vor der Antragstellung aufgehalten hat und Staatsangehöriger des betreffenden Mitgliedstaats ist, oder
b) dessen Staatsangehörigkeit beide Ehegatten besitzen, oder, im Fall des Vereinigten Königreichs und Irlands, in dem sie ihr gemeinsames “domicile” haben.
Im Beispielsfall kommt nach Maßgabe der unterstrichenen Anknüpfungsvoraussetzungen die internationale Zuständigkeit der deutschen Familiengerichte in Betracht. Ebenso kann die österreichische Gerichtsbarkeit in Betracht kommen. Die Konkurrenz bei gleichzeitiger Zuständigkeit mehrerer Gerichteunterschiedlicher Mitgliedstaaten ( Deutschland – Österreich) löst sich über die Regelung des Art. 19 i.V.m. Art. 16 VO (EG) Nr.2201/2003, wonach bei mehrfacher Rechtshängigkeit der Vorrang der zeitlich früheren Anrufung des Gerichts gilt.
(1) Werden bei Gerichten verschiedener Mitgliedstaaten Anträge auf Ehescheidung, Trennung ohne Auflösung des Ehebandes oder Ungültigerklärung einer Ehe zwischen denselben Parteien gestellt, so setzt das später angerufene Gericht das Verfahren von Amts wegen aus, bis die Zuständigkeit des zuerst angerufenen Gerichts geklärt ist.
(2) Werden bei Gerichten verschiedener Mitgliedstaaten Verfahren bezüglich der elterlichen Verantwortung für ein Kind wegen desselben Anspruchs anhängig gemacht, so setzt das später angerufene Gericht das Verfahren von Amts wegen aus, bis die Zuständigkeit des zuerst angerufenen Gerichts geklärt ist.
(3) Sobald die Zuständigkeit des zuerst angerufenen Gerichts feststeht, erklärt sich das später angerufene Gericht zugunsten dieses Gerichts für unzuständig.
In diesem Fall kann der Antragsteller, der den Antrag bei dem später angerufenen Gericht gestellt hat, diesen Antrag dem zuerst angerufenen Gericht vorlegen.
Zwischenergebnis: Derjenige, der schneller als der andere einen Scheidungsantrag bei dem von ihm gewünschten Gericht einreicht, trifft die endgültige Entscheidung über das letztendlich international zuständige Gericht in Sachen Scheidung, Umgangsrecht, Sorgerecht. Ein besonderes Problem stellt sich bei der Frage, ob für den Vorrang des früheren Antrags nach Art. 19 Brüssel IIa-VO ein Antrag auf Bewilligung von VKH genügt. Damit hatte sich das österreichische Bezirksgericht, in der zweiten Instanz das Landericht Krems und auch noch das OLG Frankfurt am Main wegen eines Verfahrenskostenhilfeantrags für ein Scheidungsverfahren in Deutschland zu beschäftigen.
BG Krems, Beschluss vom 19.10.2015 – 19 Ps 220/12y
Verfahrensaussetzung in Österreich zur Prüfung der internationalen Zuständigkeit durch deutsches Gericht
LG Krems, Beschluss vom 25.04.2016 – 2 R143/15l
Zum Vorrang des VKH-Antrags vor deutschem Gericht vor Scheidungsantrag in Österreich nach Art. 19 Brüssel IIa-VO
BG Krems, Beschluss vom 21.11.2016 – 10 C 34/15b-18
Zum Verfahrensablauf beim Streit um die internationale Zuständigkeit zwischen Deutschland und Österreich
OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 22.05.2017 – 4 UF 82/17
Zum Vorrang des VKH-Antrags vor deutschem Gericht vor Scheidungsantrag in Österreich nach Art. 19 Brüssel IIa-VO
BG Krems, Beschluss vom 18.09.2017 – 10 C 34/15b-29
Zum Verfahrensablauf beim Streit um die internationale Zuständigkeit zwischen Deutschland und Österreich
Anmerkung: die hier zitierten Beschlüsse betreffen einen einzigen Scheidungsfall vor einem deutschen Gericht (AG Gelnhausen). Weil das AG Gelnhausen – aus nicht nachvollziehbaren Gründen (auch lt. Bezirksgericht Krems/Österreich) – unfähig war, die europäischen Vorschriften zur internationalen Zuständigkeit richtig anzuwenden, wird eine scheidungswillige Frau durch die Justizmühle gedreht. Gegenüber dem AG Gelnhausen gestellte Anträge wurden z.T. einfach nicht bearbeitet oder nicht verstanden. Der Scheidungsantrag wurde bereits im August 2015 beim zuständigen AG Gelnhausen eingereicht. Die zuständige promovierte Richterin sah sich aber bis zum 09.02.2017 nicht in der Lage, eine Entscheidung zu ihrer Zuständigkeit zu treffen. Über 1 1/2 Jahre musste die Ehefrau warten, bis man ihr endlich rechtskräftig sagen konnte, welches Gericht in Österreich oder Deutschland ihre Scheidung vollzieht. Im Januar 2018 war die Frau immer noch nicht geschieden. Erst im dritten Rekursverfahren vor dem Landgericht Krems an der Donau (Az.: 2 R 136/17p, intern vorhanden) wurde am 24.01.2018 in Österreich beschlossen: “Das Bezirksgericht Krems an der Donau ist international unzuständig“. Die nächsten Fehler des AG Gelnhausen in Deutschland folgten beim internationalen Versorgungsausgleich. Für die betroffene Frau ist dieser deutsche Justizskandal eine Quälerei ohne Ende.
Die kollisionsrechtliche Frage des in den genannten Verfahren anzuwendende materielle Recht fällt nicht in den Anwendungsbereich der Brüssel II b-VO (EG), sondern richtet sich nach der Rom III-VO.
Von der Rom III-VO werden unter anderem die Scheidungsfolgen des nachehelichen Unterhalts, des güterrechtlichen Ausgleichs erfasst. Doch zur Folgesache Versorgungsausgleich gibt es im europäische Gemeinschaftsrecht keine Regelungen. Auch sonstige supranationale Regelungen zur internationalen Zuständigkeit für die Durchführung des Versorgungsausgleichs gibt es nicht. Im deutschen Rechtsraum richten sich kollisionsrechtliche Fragen nach Art. 17 Abs.3 EGBGB. Danach ist deutsches Recht zum Versorgungsausgleich anzuwenden, wenn nach Rom III-VO für die Scheidung deutsches Scheidungsverfahrensrecht anzuwenden ist.
Hier regelt die nationale deutsche Vorschrift des § 98 Abs.2 FamFG, dass die Zuständigkeit für den Versorgungsausgleich der Zuständigkeit des Gerichts für das Scheidungsverfahren folgt. Die deutschen Familiengerichte müssen von Amts wegen auch ausländische Anwartschaften ermitteln (> internationaler Versorgungsausgleich ), was zu erheblichen zeitlichen Verzögerungen führen kann.
In Österreich ist die Durchführung eines Versorgungsausgleichs völlig unbekannt. Würde das Scheidungsverfahren in Österreich stattfinden, könnte nach Art.5 Rom III-VO deutsches Scheidungsrecht gewählt werden. Dies würde zur weiteren Konsequenz haben, dass nach Art. 17 Abs.3 EGBGB deutsches Versorgungsausgleichsrecht vor dem österreichischen Gericht behandelt werden muss und in Österreich Rentenauskünfte von deutschen Rentenversicherungsträgern eingeholt werden müssen. Ein völlig unbefriedigendes Szenario. Vor allem ist bei solchen Prozedere völlig ausgeschlossen, dass das Scheidungsverfahren zu einem schnellen zum Abschluss kommt. Wird vor dem (potentiellen) österreichischen Gericht keine Rechtswahl nach Art. 5 Rom III-VO getroffen, würde sich das anzuwendende Scheidungsrecht nach Art. 8 Rom III-VO nach dem letzten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt richten: also wieder nach deutschem Recht.
Die internationale Zuständigkeit regelt hier Verordnung (EU) Nr.4/2009 – EuUnthVO. Als Folgesache ist die deutsche Gerichtsbarkeit zuständig, wenn das Scheidungsverfahren in Deutschland stattfindet. Dies ergibt sich aus Art. 4 Abs.1 c) EuUnthVO.
| Weitere Infos zur internationalen Zuständigkeit
Das materielle nacheheliche Unterhaltsrecht richtet sich nach dem Haager-Unterhaltsprotokoll. Seit dem 18.06.2011 wird gem. Art. 15 EuUnthVO das Unterhaltsstatut nach den Vorschriften des Haager Protokolls zum Unterhaltskollisionsrecht vom 23.11.2007 – HUP für alle Mitgliedsstaaten mit Ausnahme von Dänemark und des Vereinigten Königreichs bestimmt. Wird keine Rechtswahl getroffen (was nach Art. 7 und 8 HUP möglich ist), gilt das materielle Recht des gewöhnlichen Aufenthaltes des Unterhaltsberechtigten. Also kommt grundsätzlich österreichisches Unterhaltsrecht zur Anwendung, es sei denn es wird in der nach Art.8 Abs.2 HUP vorgesehenen Form eine schriftliche Rechtswahlvereinbarung getroffen. Letzteres ist wiederum wegen Art. 8 Abs.3 HUP für das Kind nicht möglich, weil in Bezug auf Minderjährigenunterhalt keine Rechtswahlmöglichkeit eröffnet wird. Für das Kind gilt österreichisches Unterhaltsrecht zwingend, solange es in Österreich seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat oder der Unterhaltsberechtigte vor einem deutschen Gericht in Anspruch genommen wird (Art.4 Abs.3 S.1 HUP).
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