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| Wegweiser zur Bestimmung des Verfahrenswerts
| Wer bezahlt die Verfahrenskosten?
Gerichtskosten:
Die Gerichtskosten für das Scheidungsverfahren richten sich nach dem sog. Verfahrenswert (§ 3 FamGKG ) und werden nach dem Kostenverzeichnis zum FamGKG erhoben. In jedem verfahrenseinleitenden Antrag ist grundsätzlich der vorläufige Gegenstandswert /Verfahrenswert dem Gericht mitzuteilen besteht. Es sei denn, der Verfahrenswert besteht in einer bestimmten Geldsumme, im GKG ist ein fester Wert bestimmt oder der Wert ergibt sich aus früheren Anträgen (§ 61 S.1 GKG). Danach ist der vorläufige Verfahrenswert im Scheidungsantrag anzugeben. Auf Grundlage des mitgeteilten vorläufigen Verfahrenswertes, ermittelt das Gericht die vorläufigen Gerichtskosten und den damit verbundenen Gerichtskostenvorschuss.
Anwaltsgebühren:
Der Verfahrenswert ist weiter die Bemessungsgrundlage zur Ermittlung des gesetzlichen Anwaltsgebüren (§ 23 RVG ) nach dem Vergütungsverzeichnis. Weitere Angelegenheiten, die im Scheidungsverbund gerichtlich geregelt werden können (sog. Folgesachen ) und den Verfahrenswert der Scheidung beeinflussen, sind in der folgenden Darstellung zur Verfahrenswertermittlung nicht berücksichtigt.
Folgesachen:
Die Folgesachen (§ 137 FamFG ) werden dem Verfahrenswert der Scheidung und Versorgungsausgleich hinzuaddiert (§ 33 Abs.1 S.1 FamGKG). Damit werden die Verfahrenskosten aus einem sog. Gesamtverfahrenswert ermittelt. Allgemein kann gesagt werden, dass der Verfahrenswert steigt und die Scheidung umso mehr kostet, je mehr im Scheidungsverfahren über weitere Folgesachen gestritten wird.
Beschluss zum Verfahrenswert
1. Beispiel aus der Praxis
Beschluss zum Verfahrenswert
2. Beispiel aus der Praxis
Leitsätze :
1. Soweit beim Teilverfahrenswert der Ehesache gemäß § 43 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 FamGKG die Einkommensverhältnisse der beteiligten Ehegatten Berücksichtigung finden, ist der Ansatz eines Freibetrages je unterhaltsberechtigtem Kind hierbei von monatlich 250,00 Euro angemessen und nicht zu beanstanden.
2. Die Herausnahme einzelner Vermögensarten aus der Verfahrenswertbemessung gem. § 43 Abs. 1 S. 1 FamGKG als Schonvermögen nach § 90 SGB XII ist nicht gerechtfertigt. Infolgedessen ist das selbst bewohnte Eigenheim zu berücksichtigen.
3. Die Berücksichtigung eines Freibetrages für jeden beteiligten Ehegatten bezüglich des gemeinsamen Vermögens von 60.000,00 Euro und für jedes unterhaltsberechtigte Kind in Höhe von weiteren 30.000,00 Euro ist angemessen und angezeigt (vgl. OLG München, FamRZ 2009, 1703; OLG Bamberg JurBüro 2017, 86).
4. Von diesem bereinigten Vermögenswert ist lediglich ein Bruchteil bei der Verfahrenswertberechnung zu berücksichtigten, der nach ganz überwiegender Auffassung in der obergerichtlichen Rechtsprechung regelmäßig mit 5% zu berechnen ist (OLG Hamm FamRZ 2015, 1748 m.w.N.; OLG Bamberg JurBüro 2017, 86).
Anmerkung: Der Gegenstandswert wird grundsätzlich aus der Summe des in drei Monaten erzielte Netto-Einkommens der Eheleute gebildet (§ 43 Abs.2 FamGKG). Für die Wertberechnung ist der Zeitpunkt der den jeweiligen Streitgegenstand betreffenden ersten Antragstellung in dem jeweiligen Rechtszug entscheidend ( § 34 S.1 FamGKG). In § 43 Abs. 1 FamGKG ist darüber hinaus bestimmt, dass der Verfahrenswert unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls nach Ermessen des Familiengerichts zu bestimmen ist. Berücksichtigt werden insbesondere
Dies hat nun zur Folge, dass die Familiengerichte bei der Bestimmung des Verfahrenswertes nicht bundeseinheitlich vorgehen. Je nachdem, welches Familiengericht für Sie zuständig ist, werden Abschläge beim Verfahrenswert vorgenommen, wenn gemeinsame Kinder aus der Ehe hervorgegangen sind (Abschlag von 250,- € pro Kind) und macht Zuschläge, wenn Vermögen vorhanden ist. Üblicherweise wird beim Vermögen ein Freibetrag von 60.000,– € pro Ehegatte (in Bayern) berücksichtigt. Soweit der Wert des ehelichen Vermögens den (Vermögens-)Freibetrag übersteigt, wird dieser überschießende Betrag in Höhe von 5 % dem Gegenstandswert hinzugerechnet. Im Bezirk des OLG Stuttgart wird dies etwas anders gesehen:
OLG Stuttgart, Beschluss vom 03.01.2018 – 18 WF 149/17
zum Verfahrenswert der Ehesache – Vermögensfreibetrag pro Ehegatte = 30.000 €
(Zitat, Rn 18) “Hinsichtlich des Werts, welcher für das Vermögen der Beteiligten anzusetzen ist, hat der Senat den vorliegenden Fall zum Anlass genommen, seine ständige Praxis zu überprüfen und im Ergebnis abzuändern. Die vom Familiengericht angesetzten Freibeträge für die Eheleute und für die gemeinsamen Kinder, sowie der Ansatz eines Quotienten von 5% entsprechen der bisherigen Handhabung (vgl. OLG Stuttgart FamRZ 2010, 1940; OLG Stuttgart, Beschluss vom 22.12.2016 – 18 WF 186/16 – zitiert nach juris; ähnlich OLG Stuttgart FamRZ 2016, 164). Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung anderer Obergerichte, welche bei der Ermittlung des einzusetzenden Vermögensbetrags ganz erheblich differiert, hält der Senat im Regelfall den Ansatz eines Freibetrags in Höhe von 30.000,00 € für jeden Ehegatten für angezeigt und angemessen. Weitere Freibeträge für gemeinsame Kinder hält der Senat dagegen nicht für erforderlich. Die Belange der Kinder werden bereits dadurch angemessen und ausreichend berücksichtigt, dass bei der Einkommensermittlung ein Pauschbetrag von monatlich 300,00 € für jedes Kind in Abzug gebracht wird, ohne dass gegebenenfalls bezogenes Kindergeld das Einkommen erhöht.(…) Der bisher angenommene Freibetrag von 60.000,00 € für jeden Ehegatten erscheint überhöht, weil er dazu führt, dass zwischen Ehepaaren ohne jedes Vermögen und Ehepaaren mit Immobilienvermögen oder erheblichem Barvermögen bei guten, aber nicht luxuriösen Lebensverhältnissen kein nennenswerter Unterschied bei der Verfahrenswertfestsetzung entsteht, was aber ersichtlich mit der im Gesetz vorgesehenen Berücksichtigung des Vermögens beabsichtigt ist. Andererseits erscheinen Freibeträge in Höhe von lediglich 15.000,00 € je Ehegatten, wie sie teilweise auch vertreten werden (OLG Karlsruhe FamRZ 2014, 1226 – allerdings mit zusätzlichen Freibeträgen von 7.500,00 € je Kind), insbesondere dann zu niedrig, wenn nicht für gemeinsame Kinder zusätzliche Vermögensfreibeträge angenommen werden.”Anmerkung: Allgemein wird von den Familiengerichten sehr nachlässig mit der Berücksichtigung des Vermögens bei der Gegenstandswertbemessung umgegangen. Für jeden Antrag ist in der Antragsschrift jedoch der richtige Verfahrenswert anzugeben (§ 53 FamGKG). Eine einheitliche Linie, wie das Vermögen nach der obergerichtlichen Rechtsprechung zu berücksichtigen ist, ist leider nicht zu erkennen. Hier muss der Anwalt mit der für ihn einschlägigen obergerichtlichen Rechtsprechung vertraut machen.
OLG Stuttgart, Beschluss vom 03.01.2018 – 18 WF 149/17
zum Verfahrenswert der Ehesache – Vermögensfreibetrag pro Ehegatte = 30.000 €
(Zitat) “ Gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 FamGKG ist in Ehesachen der Verfahrenswert unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Ehegatten, nach Ermessen zu bestimmen. Für die Einkommensverhältnisse ist das in drei Monaten erzielte Netto-Einkommen der Ehegatten einzusetzen, § 43 Abs. 2 FamGKG. Wie Schulden und Verbindlichkeiten der Eheleute bei der Festsetzung des Verfahrenswertes zu berücksichtigen sind, ist streitig. Diese werden teilweise pauschal (z.B. OLG Bamberg JurBüro 1983, 1539), nur bei beträchtlichen Werten (OLG Düsseldorf AnwBl. 1986, 250) oder nur bei nachhaltiger Beeinträchtigung der Lebensverhältnisse (z.B. OLG Hamburg FamRZ 2003, 1681) berücksichtigt. Andere berücksichtigen Verbindlichkeiten stets (z.B. OLG Karlsruhe FamRZ 2002, 1135) oder nie (z.B. Thiel in: Schneider/Herget Streitwertkommentar 14. Auflage 2016, Rn. 7131). Der Senat ist der Auffassung, dass Schulden ohne Rücksicht auf ihre Höhe, ihren Entstehungsgrund oder auf einen vorhandenen Gegenwert beim Verfahrenswert unberücksichtigt zu bleiben haben, um das Wertfestsetzungsverfahren praktikabel handhaben zu können. Dieses Verfahren soll möglichst unkompliziert und zügig ablaufen. Es soll gerade nicht mit der Aufklärung von Verbindlichkeiten nach Art und Höhe belastet werden. Die Verfahrenswertsetzung soll möglichst pauschalisiert erfolgen.”
Anmerkung: Der Entscheidung des OlG Hamm lag ein Verfahrenswertbeschluss des Familiengerichts Schwerte zugrunde. Das Familiengericht berücksichtigte bei der Verfahrenswertfestsetzung nur das um die Gehaltspfändung bereinigte Einkommen eines Ehegatten. Die Beschwerde dagegen hatte Erfolg.
Mit der Scheidung wird als Folgesache grundsätzlich der Versorgungsausgleich mit durchgeführt ( § 134 FamFG ). Es sei denn, es handelt sich um eine sog. kurze Ehe (§ 3 Abs.3 VersAusglG ). Die Versorgungsanwartschaften, die in der Ehe gebildet wurden, werden zwischen den Ehegatten geteilt (> § 1 VersAusglG ). Der Versorgungsausgleich erhöht den Verfahrenswert der Ehescheidung. Jede einzelne der Versorgung der Ehegatten wird dabei grundsätzlich mit jeweils 10 % aus dem dreifachen gemeinsamen Nettoeinkommen der Ehegatten hinzugerechnet (§ 50 Abs.1 FamGKG ).
Eine Scheidung bildet z.B. im Verbundverfahren (§ 44 Abs.1 FamGKG) mit weiteren Gegenständen wie Versorgungsausgleich, Zugewinn, nachehelicher Unterhalt eine Angelegenheit, bestehend aus mehreren Gegenständen (§ 16 Ziff.4 RVG). Besteht eine Angelegenheit aus mehreren Gegenständen, wird für jeden Gegenstand ein Gegenstandswert gebildet und zur Abrechnung der Angelegenheit die Gegenstandwerte zu einem Gesamtwert addiert (§ 22 Abs.1 RVG). Der ermittelte Gesamtwert ist wiederum Bemessungsgrundlage für die in Ansatz zu bringende Wertgebühr (§ 13 RVG). Wird ein Gegenstand nicht im Verbundverfahren (§ 44 Abs.1 FamGKG) geltend gemacht (sog. isoliertes Verfahren), bildet der Gegenstand eine eigene Angelegenheit, die gesondert berechnet wird. Das Gebührenrecht ist äußerst kompliziert und differenziert. Hier können nur allgemeine Hinweise auf die Grundzüge der Gebührenermittlung nach RVG gegeben werden. Alles andere würde den Rahmen der Darstellung sprengen.
Wenn jemand aufgrund seiner persönlichen und wirtschaftlichen Situation die Kosten für eine Scheidung nicht tragen kann, kann er unter bestimmten Bedingungen einen Anspruch auf finanzielle Unterstützung von Familienmitgliedern haben. Ehepartner oder Verwandte können dazu verpflichtet sein, dem bedürftigen Familienmitglied einen Vorschuss auf die voraussichtlich anfallenden Verfahrenskosten zu bezahlen (§ 1360a Abs.4 BGB).
Scheidet ein Anspruch auf Verfahrenskostenvorschuss gem. § 1360a BGB aus, kann als nächstes geprüft werden, ob eine staatliche Prozessfinanzierung infrage kommt.
Wegen § 150 Abs.1 FamFG findet sich im Endbeschluss, der die Scheidung ausspricht und Entscheidungen zu Folgesachen enthält, meist folgender Satz:
„Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben”.
Damit ist gemeint, dass jeder Ehegatte seine Rechtsanwaltskosten – gleich in welcher Höhe – selbst trägt und nur die Gerichtskosten hälftig zwischen den Ehegatten aufgeteilt werden (§ 92 Abs.1 S.2 ZPO).
Da der Ehegatte, der den Scheidungsantrag gestellt hat, einen Gerichtskostenvorschuss schon in Höhe der voraussichtlichen Kosten einzahlen muss (§ 14 FamGKG), kann er dann von dem anderen Ehegatten nach der Scheidung die Erstattung der Hälfte verlangen. Dazu muss ein Kostenausgleichsantrag bei Gericht eingereicht werden.
Ausnahmen:
Nach Maßgabe des § 150 Abs.2 bis Abs.5 FamFG können Ausnahmen vom Grundsatz der Kostenaufhebung nach § 150 Abs.1 FamFG greifen. Praxisrelevante Ausnahmesituationen:
OLG Brandenburg, Beschluss vom 18.05.2015 – 10 WF 25/15
Kostenentscheidung nach Rücknahme des Scheidungsantrags
Leitsatz: Wenn ein Ehegatte seinen Scheidungsantrag mit Rücksicht auf die gemeinsame 16 Jahre alte Tochter zurücknimmt, rechtfertigt dies allein noch nicht ein Abweichen von der Kostenfolge des § 150 Abs.2 S.1 FamFG, wonach der Antragsteller nach Rücknahme die Kosten der Scheidungssache und der Folgesachen zu tragen hat.
FG Reutlingen, Beschluss vom 10.03.2015 – 3 F 1078/14 (intern vorhanden)
Kostenentscheidung nach Abweisung des Scheidungsantrags
Anmerkung: Hier konnte das Scheitern der Ehe nach Anhörung der Ehegatten im Scheidungstermin noch nicht festgestellt werden. Damit war der Scheidungsantrag unbegründet und wurde abgewiesen. Derjenige, der den Scheidungsantrag zu früh gestellt hatte, musste die gesamten Verfahrenskosten übernehmen (§ 150 Abs.2 FamFG).
OLG Nürnberg, Beschluss vom 04.08.2023 – 9 WF 637/23 (intern vorhanden)
Kostenentscheidung nach Rücknahme des Scheidungsantrags und Versöhnung
Anmerkung: Trotz der Rücknahme des Scheidungsantrags (§ 150 Abs.2 FamFG) wurden dem Antragsteller nicht allein die Verfahrenskosten auferlegt. Stattdessen wurde eine Entscheidung nach billigem Ermessen aufgrund der Versöhnung der Ehegatten getroffen (§ 150 Abs.4 FamFG).
Gemäß § 113 Abs. 1 FamFG, 104 Abs. 3 Satz 1 ZPO können Sie gegen gerichtliche Kostenentscheidungen in Scheidungssachen die sofortige Beschwerde einlegen. Diese ist zulässig, solange sie innerhalb von 2 Wochen gemäß § 569 Abs. 1 Satz 1 ZPO eingelegt wird.
Grundsatz:
BFH, Urteil v. 18.05.2017 – VI R 9/16
Scheidungskosten sind nach § 33 Abs.2 S.4 EStG vom Einkommensabzug ausgeschlossen
Anmerkung: Seit der Änderung des § 33 EStG im Jahr 2013 sind Aufwendungen für die Führung eines Rechtsstreits, also Prozesskosten, grundsätzlich vom Abzug als außergewöhnliche Belastung ausgeschlossen. Laut Bundesfinanzhof (BFH, Urteil vom 18.05.2017 – VI R 9/16) sind Scheidungskosten keine außergewöhnliche Belastung, die das steuer pflichtige Einkommen mindert, denn durch die Scheidung seien die materiellen Existenzgrundlagen nicht gefährdet. Der BFH bestätigt damit die Auffassung der Finanzverwaltung, die die Scheidungskosten bereits seit 2013 nicht mehr zum Abzug zulässt. Das Abzugsverbot betrifft auch Scheidungsfolgekosten, z.B. für den Rechtsstreit um den Unterhalt oder das Umgangsrecht mit Kindern.
Ausnahme:
FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 16.10.2014 – 4 K 1976/14
Ausnahmen vom Abzugsverbot – Famililensache von existenzieller Bedeutung!
Anmerkung: Hier konnte das Scheitern der Ehe nach Anhörung der Ehegatten im Scheidungstermin noch nicht festgestellt werden. Damit war der Scheidungsantrag unbegründet und wurde abgewiesen. Derjenige, der den Scheidungsantrag zu früh gestellt hatte, musste die gesamten Verfahrenskosten übernehmen (§ 150 Abs.2 FamFG).
OLG Nürnberg, Beschluss vom 04.08.2023 – 9 WF 637/23 (intern vorhanden)
Kostenentscheidung nach Rücknahme des Scheidungsantrags und Versöhnung
Anmerkung: Nach § 33 Abs.2 S.4 EStG greift das Abzugsverbot nur dann nicht ein, wenn der Steuerpflichtige Gefahr läuft, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können.
Entgegen der bisherigen Rechtsprechung (BFH, Urteil vom 18.05.2017 – VI R 9/16) hat das Finanzgericht München, Urteil vom 7. Mai 2018 – 7 K 257/17 entschieden, dass die Existenzgrundlage nicht mehr nur materiell, sondern auch immateriell (z. B. bei Verlust psychischer oder ideeller Bedürfnisse) zu verstehen sei. Im Urteilsfall stritten die Eltern einer Tochter um das Umgangsrecht des Vaters. Nach Auffassung des Gerichts betreffe die elterliche Sorge nicht nur die Vermögenssorge, sondern auch die Sorge für die Person des Kindes; insofern bestand zum Schutz des Kindeswohls eine Verpflichtung zur Führung des Umgangsrechtsstreits. Nach Ansicht des Gerichts sei ein Kernbereich des menschlichen Lebens, nämlich die Gefährdung des Kindeswohls, betroffen. Daher konnten die entsprechenden Prozesskosten im Rahmen der außergewöhnlichen Belastungen – unter Anrechnung einer zumutbaren Belastung – berücksichtigt werden. Darauf hinzuweisen ist, dass gegen das Urteil Revision (Az.: VI R 27/18) eingelegt wurde; die Entscheidung des Bundesfinanzhofs hierzu bleibt abzuwarten.
Maßgebend für jede Unterhaltsberechnung ist das sog. unterhaltsrelevante Einkommen. Dabei ist das steuerliche Netto-Einkommen um abzugsfähige Positionen zu bereinigen.Kosten eines Scheidungsverfahrens können nur dann Abzugspositionen sein, soweit sie als berücksichtigungswürdige Schulden eingestuft werden können. Dies gilt nur für die notwendigen Verfahrenskosten, d.h. die Kosten für das Scheidungsverfahren selbst und für die Kosten des von Amts wegen durchzuführenden Versorgungsausgleich.
Kosten für sonstige Verfahren, insbesondere Unterhaltsverfahren, können nicht einkommensmindernd angesetzt werden. Dazu hat sich das OLG Köln mit Beschluss vom 30.01.2013 wie folgt geäußert:
OLG Köln, Beschluss vom 30.01.2013 – II-4 UF 218/12
Kosten eines Unterhaltsverfahrens sind kein Abzugsposten zur Bereinigung des unterhaltsrelevanten Einkommens
(Zitat, Rn 14) “Die Kosten eines Verfahrens über Ehegattenunterhalt, gleich ob als Folgesache oder isoliertes Verfahren, sind in der Regel nicht abzugsfähig, da sonst der Unterhaltsberechtigte über den Unterhalt das von ihm betriebene oder gegen ihn gerichtete Verfahren mitfinanzieren müsste. Beim Kindesunterhalt scheidet die Abzugsfähigkeit von Verfahrenskostenhilferaten schlechterdings aus, weil die Raten in der Höhe von dem an das Kind zu zahlenden Unterhalt abhängig sind.”
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