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Kanzlei für Familienrecht > Infothek zum Familienrecht > Unternehmer > Unterhaltsrecht für Unternehmer und Selbstständige
Verschaffen Sie sich Klarheit und Kompetenz zur Auskunft und Ermittlung des Unterhalts bei Einkommen aus selbstständiger und unternehmerischer Tätigkeit, ohne unnötige Kosten oder Rechtsstreitigkeiten zu verursachen.
| Wegweiser zum Unterhalt bei Unternehmer-Einkommen
Hierfür ist es wichtig, einen Experten zur Seite zu haben, der die Besonderheiten für Unternehmer und Selbstständige im Unterhaltsrecht versteht und Gewinnermittlungsunterlagen richtig interpretieren kann. Wir verfügen über die nötige Erfahrung und Expertise.
| Unterhaltsberechnung professionell
Formular II – Auskunft des Unternehmers zum Unternehmensgewinn
Von Fachanwälten in der Praxis geprüft und empfohlen
Formular II – Auskunft des Unternehmers zum Unternehmensgewinn
Von Fachanwälten in der Praxis geprüft und empfohlen
Nirgendwo sonst, kann das unterhaltsrelevante Einkommen mehr verschleiert, verzerrt oder verschwiegen werden als bei den Gewinneinkünften eines Unternehmers. Ein Selbständiger oder Unternehmer ist weitaus weniger gläsern als ein Angestellter. Das Einkommen des Angestellten lässt sich einfach anhand der monatlichen Gehaltsnachweise belegen. Werden diese nicht freiwillig vorgelegt, können im Rahmen eines Unterhaltsverfahrens über das Gericht die Gehaltsnachweise vom Arbeitgeber angefordert werden (verfahrensrechtliche Auskunft). Diese Möglichkeit gibt es bei Selbständigen nicht.
Mit welchen Belegen ermittelt man den tatsächlichen betrieblichen Brutto-Gewinn?
Das Brutto – Unternehmer-Einkommen kann nicht – wie beim Angestellten – mit Gehaltsnachweisen oder der Lohnsteuer-Jahresbescheinigung belegt werden. Nicht einmal der Unternehmer selbst kennt in der Regel sein durchschnittliches Nettoeinkommen. Wie auch, wenn es ständigen Schwankungen unterliegt.
Welche inhaltllichen und formalen Voraussetzungen jede Auskunft zum unterhaltsrelevanten Einkommen erfüllen muss, erfahren Sie
| HIER.
Im folgenden erfahren Sie, welche zusatzlichen Anforderungen eine Auskunft zum Einkommen eines Unternehmers zu erfüllen sind:
Auskunft zum Einkommen und Vermögen des Unternehmers ist zu erteilen, soweit dies für die Unterhaltsermittlung erforderlich ist. Und welches Einkommen aus welchen Wirtschaftsjahren soll bei erheblichen Gewinn-Schwankungen relevant sein? Bei Unternehmergewinnen wird zur Unterhaltsermittlung auf das bezogenen Einkommen in einem Mehrjahreszeitraum abgestellt.
Gewinnermittlungsunterlagen müssen herausverlangt, richtig gelesen und dann unterhaltsrechtlich ausgewertet werden. Dazu gehört nach std. Rspr. des BGH die Vorlage der
Einen Anspruch auf Vorlage von Geschäftsbüchern oder Kontoauszüge gibt es nicht (Palandt/Brudermüller, BGB, 73. Aufl. 2014, § 1605 Rz. 12). Die grundsätzliche Verpflichtung zur Vorlage von Einkommensteuererklärungen und Einkommensteuerbescheiden bei selbständig Tätigen ist auf nichtselbständige Unterhaltspflichtige nicht übertragbar.
Praxistipp: Es kann es aus taktischen Gründen im sinnvoll sein, unerledigten Steuererklärungen aus den Vorjahren möglichst rasch zum Abschluss zu bringen, wenn dann ein Unterhaltszeitraum maßgebend wird, der ein geringeres Durchschnittseinkommen darstellen lässt.
Machen Sie sich bewusst, dass die unterhaltsrelevanten Gewinneinkünfte sich nicht allein aus vorgelegten Steuerbescheiden ermitteln lassen. Diese Auskunftsquelle ist viel zu wenig aussagekräftig. Sie zeigt nicht, welche Steuersparmodelle sich hinter den unternehmerischen Gewinneinkünften verbergen können. Bei Selbständigen dient die Vorlage des Steuerbescheides und der Steuererklärung der Prüfung, welche Einkommensteile steuerrechtlich unberücksichtigt geblieben sind und inwieweit steuerrechtlich anerkannte Absetzungen von einem erzielten Einkommen vorliegen, die unterhaltsrechtlich möglicherweise nicht als einkommensmindernd hinzunehmen sind, weil ihnen kein entsprechender tatsächlicher Geldabfluss oder tatsächlicher Werteverzehr zu Grunde liegt.
Die richtige – vor allem vollständige – Feststellung des unterhaltsrelevanten Einkommens des Unternehmens ist meist ein Kunststück ganz eigener Art. Es müssen Mittel und Wege gefunden werden, um effektiven Druck zur Auskunftserteilung auf den Selbständigen auszuüben.
Nach einhelliger Auffassung in der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte besteht kein Auskunftsanspruch auf Vorlage von Jahresabschlüssen zu Geschäftsjahren, die noch keine 6 Monate abgelaufen sind (vgl. OLG Düsseldorf FamRZ 1993, 591, 592; Wendl/ Kemper, das Unterhaltsrecht in der familienrechtlichen Praxis, 8. Aufl., § 1 Rn 427; vgl. auch BGH, Urteil vom 04.12.2013 – XII ZR 157/12, Rn 18). Unabhängig von steuerrechtlichen Erfordernissen haben Selbstständige die für die Ermittlung ihres Einkommens erforderlichen Jahresabschlüsse innerhalb von sechs Monaten nach Ablauf des Geschäftsjahres dem Auskunftsberechtigten zu übermitteln (BGH FamRZ 2014, 644 Rn. 9; Wendl/Dose/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 10. Aufl., § 1 Rn. 1167 m.w.N.).
Es reicht nicht aus, die Ergebnisse eines Wirtschaftsjahres oder des aktuellen Wirtschaftsjahres mit sog. BWA´s zu belegen (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 29.01.2014 – II-8 UF 180/13). Sie taugen nicht dazu den unterhaltsrelevanten Gewinn glaubhaft darzustellen. Insofern kann eine Vorlage nicht verlangt werden, weil es keine erforderlichen – untaugliche – Belege im Sinne des Paragraphen § 1605 BGB sind.
Was ist, wenn Unternehmens-Bilanzen, Steuerbescheide etc. für die letzten Jahre (noch) nicht vorliegen oder nicht herausgegeben werden?
Ein weiteres Problem sind die oft ausstehenden Steuererklärungen der letzten Wirtschaftsjahre. Wer sich nicht mit langwierigen Unterhaltsverfahren und kostspieligen Gutachten zum unterhaltsrelevanten Unternehmergewinn herumschlagen will, sollte für den Fall der Trennung und Scheidung möglichst aktuelle Gewinnermittlungsunterlagen (Bilanzen, GuV-Rechnungen, Einkommenssteuererklärungen samt Anlagen, etc.) aus den letzten drei Wirtschaftsjahren vollständig parat zu haben. Die beste Methode ist natürlich, sich vor der Trennung die notwendigen Belege zur Ermittlung des Einkommens zu sichern. Oder man denkt an die Leistungsklage ohne Auskunft.
AG München, Beschluss vom 27.03.2023 – 551 F 13831/15 UHE
Auskunft und Belege zu Kapitalerträgen – Auskunft zum Vermögen
Aus dem Einkommensteuer-Bescheid und der zugehörigen Einkommensteuer-Erklärung werden Sie oftmals nicht erkennen, ob Einkünfte aus Kapitalerträge dem unterhaltsrechtlichen Einkommen hinzuzurechnen sind. Denn dort werden die Kapitalerträge in der Regel nicht aufgeführt. Bei Auskunftsaufforderung sind zusätzliche und anderweitige Belege zu den geflossenen Kapitalerträgen konkret anzufordern. Im Fall des AG München wurden als Beleg für Kapitaleinkünfte die Erträgnisaufstellung der Banken für drei Jahre gefordert.
| Auskunftsverlangen
OLG Dresden, Beschluss vom 29.8.2019 – 20 WF 728/19
Unternehmer-Auskunft mit systematischem Verzeichnis
Das OLG Dresden stellt die die Auskunfts- und Belegpflichten des Unternehmers zum Einkommen aus unternehmerischer Tätigkeit sehr gut und ausführlich dar.
Aus den Gründen: Der Antragsgegner hat seine Angaben zu seinen Einnahmen und Ausgaben bislang nicht in einem > systematischen Verzeichnis zusammengestellt.
aa) Zwar wird das in § 260 Abs. 1 BGB aufgestellte Erfordernis, die Auskunft in der Form eines Verzeichnisses zu erteilen, nicht nur durch die Vorlage eines einzigen lückenlosen Gesamtverzeichnisses erfüllt; vielmehr genügt auch eine Mehrheit von Teilauskünften, vorausgesetzt, dass sie nicht zusammenhanglos nebeneinander stehen, sondern nach dem erklärten Willen des Auskunftsschuldners in ihrer Summierung die Auskunft im geschuldeten Gesamtumfang darstellen (BGH Urteile vom 06.06.1962 – V ZR 45/61 – LM Nr. 14 zu § 260 BGB und vom 18.10.1961 – V ZR 192/60 – FamRZ 1962, 21, 23 f.). Wesentlich für die Erfüllung des Auskunftsanspruchs ist überdies die Erklärung, dass weitere als alle von den Einzelauskünften erfassten Einkünfte nicht bestehen. Erst mit dieser abschließenden Erklärung liegt das nach § 260 Abs. 1 BGB geschuldete Verzeichnis vor (BGH FamRZ 2015, 127, zit. n. juris Rdn. 17).
bb) Hieran gemessen liegt kein systematisches Verzeichnis vor:
(1) Nach dem rechtskräftigen Beschluss des Familiengerichts vom 30.08.2018 ist der Antragsteller verpflichtet, aus allen Einkommensarten i.S.d. §§ 2, 22 EStG für die Kalenderjahre 2015 bis 2017 über alle Einnahmen und Ausgaben Auskunft zu erteilen. Zusätzlich ist er verpflichtet, bei Einkünften aus Vermietung und Verpachtung die steuerliche Gebäudeabschreibung gesondert auszuweisen. Bei Einkünften aus selbstständiger Arbeit, Gewerbe, Land- und Forstwirtschaft und sonstigen Einkünften i.S.d. §§ 2, 22 EStG ist Auskunft über den ermittelten Gewinn sowie die Privateinlagen und Privateinnahmen zu erteilen.
(2) Das Schreiben vom 31.05.2018 enthält keine Angaben hierzu. Es verweist lediglich auf Anlagen zu den Sonderbetriebsausgaben 2016 bis 2017 und eine Einkommensauskunft. Der Inhalt der als Anlage bezeichneten Einkommensauskunft kann nicht abschließend beurteilt werden, weil diese dem Schriftsatz des Antragsgegners vom 27.06.2018 nicht beigefügt war. In dem Schreiben vom 06.11.2018 wird lediglich ausgeführt, dass in den beigefügten Leitzordnern Auskünfte über Einnahmen und Ausgaben der jeweiligen Jahre 2015 bis 2017 sowie Auskünfte über Unternehmensbeteiligungen für die Kalenderjahre 2015 bis 2017 sowie eine Übersicht über die Beteiligung mit Partnerschaftsverträgen und notariellen Verträgen enthalten sei. Auch dies stellt kein systematisches Verzeichnis dar. Die Schreiben vom 27.05.2019 und 12.06.2019 enthalten nur einen Hinweis zu der “bereits erteilten Einkommensauskunft”. Auch die mit der Beschwerdeschrift vorgelegten Übersichten erfüllen die formellen Anforderungen nicht.
(3) Die Verteilung der relevanten Angaben auf mehrere Schriftsätze oder verschiedene Leitzordner verfehlt hier die einem einzigen Verzeichnis innewohnende Übersichtlichkeit(vgl. OLG Brandenburg FamRZ 2019, 291). Außerdem befinden sich in den vorgelegten Übersichten – mit Ausnahme der Einkünfte aus Selbständigkeit bzw. Gewerbe oder aus den Kapitalgesellschaften – keine Angaben zu den übrigen Einkommensarten nach §§ 2, 22 EStG. Soweit die mit der Beschwerde vorgelegten Übersichten in mehreren Ordnern nach Jahren getrennt eingeheftet waren, handelt es sich lediglich um Teilauskünfte, die zusammenhanglos nebeneinander stehen. Die Erklärung, dass andere als die von den Einzelauskünften erfassten Einkünfte nicht bestehen, fehlt. Dies gilt auch für die mit der Beschwerdeschrift vorgelegten Übersichten.
b) Ungeachtet dessen sind die Auskünfte zu den einzelnen Jahren auch unvollständig. Für die Vollständigkeit der Auskunft gelten insbesondere folgende Anforderungen:
aa) Eine Auskunft ist nur vollständig erteilt, wenn nicht nur die gesamten Einnahmen, sondern auch die damit zusammenhängenden Ausgaben (getrennt nach der jeweiligen Einkommensart) niedergeschrieben werden.
Dabei ist bei den Einkunftsarten nach § 2 EStG zu unterscheiden zwischen den sog. Gewinneinkünften des § 2 Abs. 2 Nr. 1 EStG (Selbstständige, Gewerbetreibende, Land- und Forstwirtschaft), bei denen sich das Einkommen aus der Differenz der Einnahmen und Ausgaben errechnet, und den sog. Überschusseinkünften nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 EStG (Nichtselbstständige, Kapitalvermögen, Vermietung und Verpachtung, Sonstiges), bei denen sich das Einkommen aus den Bruttoeinnahmen abzüglich der Werbungskosten ergibt (Strohal, Unterhaltsrechtlich relevantes Einkommen bei Selbständigen, 5. Aufl. 2017, Rdn. 159; OLG München FamRZ 1996, 738 f., zit. n. juris Rdn. 8).
bb) Neben der Darstellung der Werbungskosten bzw. bei den Gewinneinkünften der Ausgaben erfordert die hier geschuldete Auskunft ferner die Darstellung aller weiteren für die Unterhaltsberechnung erforderlichen Verbindlichkeiten wie Steuern, Krankenversicherung, Vorsorgeaufwendungen (OLG München, FamRZ 1996, 738 ff., zitiert nach juris Rdn. 9). Soweit Einnahmen aus bestimmten Einkunftsarten nichterzielt werden, ist dies in der Auskunft mit anzugeben.
cc) Selbständige und Gewerbetreibende sind gehalten, Einnahmen und Ausgaben – gegebenenfalls getrennt nach den einzelnen Unternehmen – geordnet zusammenzustellen und die Gewinneinkünfte auszuweisen. Eine unterhaltsrechtliche Einkommensermittlung (d.h. eine Differenzierung nach steuerrechtlich und unterhaltsrechtlich anzuerkennenden Ausgaben) kann demgegenüber nicht verlangt werden (Strohal, Unterhaltsrechtlich relevantes Einkommen bei Selbständigen, 5. Aufl. 2017, Rdn. 160).
Bei der Darstellung von Ausgaben bei einer Gewinnermittlung können Sachgesamtheiten zusammengefasst werden, wenn insoweit der Verzicht auf eine detaillierte Aufschlüsselung im Verkehr üblich ist und dies eine ausreichende Orientierung des Auskunftsberechtigten nicht verhindert. In der Regel ist als ausreichend anzusehen, in der Auskunft den Gewinn nur pauschal anzugeben, die (nach Gruppen geordneten) Umsatzerlöse und Ausgaben anzuführen und hinsichtlich der Einzelposten auf eine beigefügte Anlage Bezug zu nehmen (OLG München FamRZ 1996, 738 f., zit. n. juris Rdn. 8; OLG Bamberg FamRZ 2006, 344, zit. n. juris Rdn. 7; Strohal, Unterhaltsrechtlich relevantes Einkommen bei Selbständigen, 5. Aufl. 2017, Rdn. 160).
AG Starnberg, Hinweis-Beschluss vom 20.08.2021 – 1 F 808/20
Auskunftspflicht eines geschäftsführenden Kapitalgesellschafters
Anmerkung: Das AG Starnberg bezieht sich auf OLG Dresden, Beschluss vom 29.8.2019 – 20 WF 728/19,
Aus den Gründen: Die für die Auskunftserteilung von Selbständigen entwickelten Grundsätze sind unter folgenden Voraussetzungen auch auf Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft anzuwenden.
(1) Grundsätzlich können zwar von GmbH-Gesellschaftern nur Angaben über die Höhe der Ausschüttung verlangt werden, da diese allein eine unterhaltsrechtliche Einnahme darstellt (Dose in: Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, § 1 Rdn. 605).
(2) Anders liegt die Sachlage allerdings, wenn es sich bei dem Gesellschafter um einen sog. beherrschenden Gesellschafter handelt. Bei Gesellschaftern, die zwar nicht alleinige Gesellschafter und Geschäftsführer sind, aber aufgrund der Quote ihrer Beteiligung oder ihrer Position die Geschäfte der Gesellschaft oder die Gewinnausschüttung steuern oder in ihrem Interesse maßgeblich beeinflussen können, sind die Grundsätze der Einkommensermittlung für Selbständige auch auf Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft anzuwenden (vgl. BGH FamRZ 1982, 680 ff.; OLG Schleswig, SchlHA 1999, 214; Fischer-Winkelmann/Maier, Einkünfte aus der Beteiligung an einer Personen- oder Kapitalgesellschaft aus unterhaltsrechtlicher Perspektive, FamRZ 1996, 1391, 1395 f.). Entsprechendes gilt auch für Gesellschafter einer Personengesellschaft (vgl. Fischer-Winkelmann/Maier, Einkünfte aus der Beteiligung an einer Personen- oder Kapitalgesellschaft aus unterhaltsrechtlicher Perspektive, FamRZ 1996, 1391, 1393).”
Gesellschafter, die keine Einflussmöglichkeit auf die Ausschüttungspolitik des Unternehmens haben, werden hier als Minderheitsgesellschafter bezeichnet. Weil Sie keine Obliegenheit zur Gewinnausschüttung von Unternehmensgewinnen trifft, sind grundsätzlich Auskünfte zum Gewinn und Verlust des Unternehmens nicht erforderlich. Dies entspricht der herrschenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur: vgl. BGH FamRZ 1982, 680 ff.; OLG Dresden, Beschluss vom 29.08.2019 – 20 WF 728/19, FamRZ 2020, 249; Dose in: Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, § 1 Rdn. 605; Fischer-Winkelmann/Maier, Einkünfte aus der Beteiligung an einer Personen- oder Kapitalgesellschaft aus unterhaltsrechtlicher Perspektive, FamRZ 1996, 1391, 1395 f.). Dennoch besteht Auskunfts- und Belegpflicht so weit, um die Nichterforderlichkeit (fehlende Unterhaltsrelevanz) überprüfen zu können. Dafür sind folgen Auskünfte und Belege zu erteilen:
Beim Minderheitsgesellschafter (Gesellschafter hat keine Einflussmöglichkeit auf die Ausschüttungspolitik des Unternehmens) soll fiktiv geprüft werden können, ob eine Anfechtungsklage (§ 254 AktG – gilt für GmbH analog) gegen einen Nichtausschüttungsbeschluss der Mehrheit der Gesellschafter zum Erfolg geführt hätte. Die berechtigten Interessen der einzelnen Gesellschafter an einer hohen Gewinnausschüttung sind ferner gegenüber dem Interesse der Gesellschaft abzuwägen. Für diese gesellschaftsrechtlich nur eingeschränkt nachprüfbare Abwägung und in Betracht kommenden prognostischen Erwägungen wie z.B. bei einem Investitionsbedarf der Gesellschaft, ist dabei der Erkenntnisstand der Gesellschafter zum Zeitpunkt der Beschlussfassung maßgebend. Manche versuchen hieraus einen Anspruch auf Auskunft und Vorlage des Lageberichts (§ 289 HGB) abzuleiten (AG München – 551 F 13831/15, unser Az.: 84/22). Der Lagebericht ist im im elektronischen Bundesanzeiger unter www.unternehmensregister.de. zu veröffentlichen. Zu beachten ist, dass kleine Kapitalgesellschaften (§ 267 Abs. 1 HGB) von der Erstellungspflicht ausgenommen sind (§ 264 Abs.1, S. 4 1. Hs HGB). In der Praxis wird dieser Weg zur Zurechnung von nicht ausgeschütteten Unternehmensgewinnen ein sehr steiniger werden. Bei einem handfesten Verdacht unnötiger Nichtausschüttungsbeschlüssen, weil die Gesellschaft ausschließlich aus engen Familienmitgliedern besteht, die den unterhaltspflichtigen Minderheitsgesellschafter zu schützen versucht, mag das ein Ansatz sein, um eine Obliegenheit zur Anfechtungsklage zu begründen.
BGH, Beschluss vom 22.10.2014 – XII ZB 385/13
Teilauskünfte zum Einkommen
Leitsatz: Teilauskünfte eines Ehegatten über seine unterhaltsrechtlich relevanten Einkünfte führen nicht zu einer teilweisen Erfüllung des Auskunftsanspruchs aus § 1605 BGB, solange nicht auch die übrigen Teilauskünfte nebst einer Erklärung des Auskunftsschuldners vorliegen, dass diese in ihrer Gesamtheit den Auskunftsanspruch vollständig erfüllen sollen.
Anmerkung: Über die systematische Aufstellung der Einnahmen und Ausgaben hinaus muss der Auskunftspflichtige mithin auch erklären , dass er weitere Einnahmen nicht habe (Negativerklärung). Eine vollständige Auskunft liegt damit immer erst dann vor, wenn diese eine Art von Negativerklärung enthält.
Es ist Sache des Unterhaltsschuldners, seine Einnahmen und Ausgaben so darzustellen, dass die steuerlich beachtlichen Aufwendungen von den unterhaltsrechtlich relevanten abgegrenzt werden können (BGH, FamRZ 1998, 357, 359; BGH FamRZ 1993, 789, 792; OLG Brandenburg, FamRZ 2007, 1020, 1021; OLG Celle, FamRZ 2003, 177). Es kann erforderlich sein, zu einzelnen konkret bezeichneten Posten der Gewinnermittlung ergänzende Auskunft zu verlangen.
OLG Dresden, Beschluss vom 29.8.2019 – 20 WF 728/19
Vollstreckung eines Auskunftstitels zur ergänzenden Auskunft eines Unternehmers
Anmerkung: Nach der Entscheidung des OLG Dresden muss das Familiengericht im Vollstreckungsverfahren eindeutig klarstellen, welcher Auskunftsteil konkret fehlt. Der Auskunftsgläubiger muss schon in seinem Vollstreckungsantrag im Einzelnen angeben, welche ergänzenden Angaben und Belege er verlangt, weil das Vollstreckungsgericht nur mit Hilfe dieser Angaben einen Zwangsgeldbeschluss erlassen kann, der den Anforderungen entspricht (> mehr).
BGH, Versäumnisurteil vom 30. Juli 2008 – XII ZR 126/06
Darstellung des Rechenwegs
(Zitat, Rn 28) “Die Angabe des vollständigen Rechenweges, wie (das Berufungsgericht) zu dem Nettoeinkommen gelangt ist, ist nicht erforderlich, wenn die einzelnen Berechnungsgrößen nachvollziehbar dargestellt sind. Das ist hier der Fall, denn das Berufungsgericht hat sowohl die Werbungskosten als auch die Sonderausgaben angegeben. Die weiteren Rechenschritte ergeben sich aus den gesetzlichen Steuerabzügen.”
Wurde das maßgebliche Brutto-Unternehmereinkommen ermittelt, ist dieses unterhaltsrechtlich zu bereinigen. Wie für jeden anderen gelten die allgemeinen Regeln zur Einkommensbereinigung auch für den Unternehmer. Im Folgenden wird auf Besonderheiten bei diversen Abzugsposten eingegangen.
Die Bereinigung des Einkommens von den steuerlichen Abgaben (Einkommenssteuer, Soli, Kirchensteuer) bereitet beim Angestellten weitaus weniger Schwierigkeiten als beim Unternehmer. Beim Angestellten ist grundsätzlich die aktuelle Steuerlast aus dem Gehaltsnachweis oder der Jahres-Lohnsteuerbescheinigung abzulesen. Beim Unternehmer ergibt sich die aktuelle Steuerlast aus den jeweils aktuellen Steuerbescheiden zur Steuervorauszahlung. Bemessungsgrundlage dieser Bescheide sind oft Gewinneinkünfte aus Veranlagungsjahren, die mehrere Jahre zurückliegen. Die aktuelle Steuerlast hat damit in der Regel keinen Bezug zum aktuellen Einkommen. Erst im Rahmen der Einkommensteuererklärung für das aktuelle Veranlagungsjahr, wird die tatsächliche Steuerlast festgelegt und darauf die erfolgten Vorauszahlungen angerechnet. Im Ergebnis kommt es zu Steuernachzahlungen, Steuererstattungen und Neu-Festsetzung der künftigen Steuervorauszahlungen. Die Unterschiede in der Abgaben-Technik zwischen Angestellten und Unternehmer führen zu unterschiedlicher Berücksichtigung der steuerlichen Abgaben im Unterhaltsrecht. Man unterscheidet zwischen dem “In-Prinzip” und “Für-Prinzip” (> mehr)
Achtung: Nach dem In-Prinzip kann nur die tatsächliche Steuerbelastung berücksichtigt werden. Auch insoweit muss ein Vortrag erfolgen, der zu belegen ist. Erfolgt dies nicht, wird in einem Unterhaltsverfahren der Vortrag zum unterhaltsrelevanten Einkommen als unschlüssig zurückgewiesen.
Während die Einkünfte aus nicht selbstständiger Tätigkeit nur mit Einkommenssteuer, Solidaritätszuschlag und gegebenenfalls Kirchensteuer belastet werden, belastet der Staat das Einkommen von Unternehmern u.U. zusätzlich mit Gewerbesteuer. Nach § 4 Vb EStG ist die Gewerbesteuer eine steuerlich nicht abzugsfähige Betriebsausgabe. Sie mindert daher den betrieblichen, nicht aber den steuerlichen Gewinn. Im Unterhaltsverfahren ist vom betrieblichen Gewinn auszugehen, da die Gewerbesteuer berufsbedingter Aufwand ist. Betrieblicher Gewinn und steuerlicher Gewinn werden am Ende der Gewinn- und Verlustrechnung bzw. der Einnahmen-Überschuss-Rechnung getrennt ausgewiesen. Im Einkommensteuerbescheid ist bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb der um die Gewerbesteuer erhöhte Gewinn angegeben (Spieker, in: Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrechtlichen Praxis, 9. Auflage, § 1, Rz. 854).
Verlustausgleich bzw. Verlustvorträge führen zu einer Minderung der zu versteuernden Einkommen der vorangegangenen und/oder der nachfolgenden Veranlagungszeiträume, mit der Folge, dass deswegen ein den vorangegangenen Veranlagungszeitraum betreffender Steuerbescheid abgeändert werden muss (§ 10 d Abs. 1 S. 2 EStG). Diese Beträge sind bei Ermittlung des real verfügbaren (unterhaltsrelevanten) Einkommen hinzuzurechnen.
Beginnen wir mit der Unterscheidung zwischen betrieblichen und privaten Schulden des Unternehmers. Im Einkommensteuerrecht werden betriebliche Einkünfte entweder als Gewinneinkünfte (§ 2 Abs.2 S.1 EStG) oder als Überschusseinkünfte (§ 2 Abs.2 Nr.2 EStG) ermittelt. In beiden Fällen werden die betrieblich veranlassten Schulden(automatisch) über die Einkommensermittlungstechnik (“Einnahmen minus Ausgaben“) erfasst: Zahlungen auf Schulden (Zinsverbindlichkeiten) zählen zu den Ausgaben und mindern so den Gewinn/Überschuss. Für Tilgungen gilt das nicht ohne weiteres. Sie können zum schuldenreduzierenden Vermögensaufbau führen.
Zins- und Tilgungsleistungen für Unternehmenskredite werden unterschiedlich in der GuV-Rechnung eines Unternehmens steuerlich berücksichtigt. Die Zinsleistungen sind steuerlich anerkannter betrieblicher Aufwand, der keiner unterhaltsrechtlichen Korrektur bedarf. Tilgungsleistungen werden ebenfalls steuerlich als Betriebsausgabe berücksichtigt, soweit dafür eine steuerliche Abschreibung erfolgen kann. Doch wie ist mit Betriebsmittelkrediten unterhaltsrechtlich umzugehen, wenn die steuerlichen Abschreibungen nicht mehr möglich sind, obwohl die Tilgungslasten fortbestehen?
Das Problem (“Was ist berücksichtigungswürdig?”) stellt sich somit hauptsächlich im Zusammenhang mit privat veranlassten Schulden. Vor allem diese sind kritisch unter die Lupe zu nehmen (> hier). Natürlich gibt es auch kritische Fragen bei betrieblich veranlassten Aufwendungen. So kennt das Steuerrecht z.B. den Abzug von gewinnmindernden Abschreibungen, der nicht ohne weiteres im Unterhaltsrecht akzeptiert wird.
> mehr
Vielen Unternehmern ist nicht bekannt, dass Beiträge zur Altersvorsorge bis zu 24 % des Bruttoeinkommens (vgl. BGH, Beschluss vom 15.12.2021 – XII ZB 557/20) eine angemessene Altersvorsorge darstellen und in dieser Höhe eine Bereinigung des unterhaltsrelevanten Einkommens möglich ist. Wer nicht gesetzlich rentenversichert ist, kann natürlich den Rahmen des Gesamtprozentsatzes vollständig über den Aufbau einer privaten Altersvorsorge ausschöpfen.
Unternehmer sind selbständig tätig, weil Sie hierbei höhere Gewinnchancen erwarten und realisieren können, als bei einer Tätigkeit als Angestellter für ein anderes Unternehmen. Bezieht der unterhaltspflichtige Unternehmer Einkünfte, welche allein oder mit dem Einkommen des Ehegatten zusammen Schwelle zur Vermögensbildung übersteigen, ist eine einkommensunabhängige Bedarfsermittlung angezeigt. Jetzt kann unabhängig von konkret ermittelten Einkommen der konkrete Bedarf der Unterhaltsberechnung zugrunde gelegt werden. Dies kommt bei Unternehmerehen nicht selten vor.
Jedenfalls beim Einzelunternehmer ist das Unternehmen meist die einzige Existenzgrundlage (> Unternehmen im Familienrecht). Wenn solche Unternehmer Unterhalt bezahlen sollen und zusätzlich den Wert des Unternehmens im Wege des Zugewinnausgleichs berücksichtigt sehen, ist die Grenze des Machbaren schnell erreicht. Hier kommt das Verbot der Doppelbewertung zu Hilfe.
| MEHR
Wegen der praktischen Schwierigkeiten, über ein Auskunftsverlangen an umfassende Daten zum Unternehmergewinn zu kommen, können sich Unterhaltsverfahren mit Beteiligung eines Unternehmers extrem in die Länge ziehen.
Zur Vermeidung von Verzögerungen durch ein vorangestelltes Auskunftsverfahren (z.B. > Stufenantrag; Literatur: Daniel Wache, Der Stufenantrag im Unterhaltsrecht: Verzögerungs- und Beschleunigungsstrategien, in: NZFam 2019, 372) geht die Verfahrenspraxis häufig folgenden Weg:
AG Koblenz, Beschluss vom 07.02.2020 – 208 F 236/19
Trennungsunterhalt vom GmbH-Geschäftsführer im eA-Verfahren
Anmerkung: Die Ermittlung eines Unterhaltsanspruchs auf Grundlage des Unternehmereinkommens ist im Eilverfahren (§§ 49 ff FamFG) nur eingeschränkt möglich. Ohne Vollbeweis und ohne Gutachten zum Unternehmerlohn wird das Unternehmereinkommen mit Glaubhaftmachung (§ 51 Abs.1 S.2 FamFG, § 294 ZPO) vorläufig geschätzt (§ 287 ZPO). Grundlage der Schätzung werden i.d.R. das belegbare steuerliche Einkommen nach Steuerbescheid und Einkommensteuererklärung sein. Im Rahmen des Eilverfahrens findet keine weitere Sachaufklärung (z.B. zu Thesaurierung von Gewinnen in der GmbH etc.) zur unterhaltsrechtlichen Korrektur des steuerlichen Einkommens des Unternehmers statt.
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