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Kanzlei für Familienrecht > Scheidung München > Infothek zum Familienrecht > Ehewohnung
“Du verlässt das Haus! Es gehört mir!” Diese Sätze sind keine Seltenheit, wenn Eheleute am Anfang der Trennung stehen. Doch ist die Aussage richtig? Ist das Eigentum an der Ehewohnung entscheidend? Wer hat nach der Trennung das Recht, die Ehewohnung weiterhin zu nutzen und zu bewohnen?
Wir von Dr. Schröck – Kanzlei für Familienrecht verstehen, dass der Umgang mit einer Trennung oder Scheidung schwierig sein kann. Deshalb bemühen wir uns, Sie bei der Zuweisung Ihrer Wohnung zu beraten, damit Sie sich in einer der schwierigsten Zeiten des Lebens sicher fühlen können. Nehmen Sie noch heute Kontakt mit uns auf.
Erfahren Sie mehr über die alleinige Nutzung der Ehewohnung, wer das Recht darauf hat und die Gründe dafür. Wenn die zuvor gemeinsame Wohnung eines (Ehe-)Paares durch einen Familienrichter einer der beiden beteiligten Parteien zur alleinigen Nutzung zugewiesen wird, wird dies als “Wohnungszuweisung” definiert.
| Wegweiser zur Zuweisung der Ehewohnung
Bei dem Ehegatten, dem die Ehewohnung gehört, jedoch verlassen soll, wird jetzt der Ruf nach Nutzungsentschädigung und Übernahme der Hauskosten laut. Wann besteht ein solcher Anspruch?
| Wegweiser zur Nutzungsentschädigung und Hauslastenverteilung
AG Neumarkt i.d.OPf., Beschluss vom 24.09.2013 – 2 F 596/13
Rauswurf aus der Ehewohnung mit gerichtlicher Hilfe
Sachverhalt: Der 42-jährige, teilzeitbeschäftigte Ehemann bewohnte die Eigentumswohnung seiner voll berufstätigen Ehefrau. Die Ehe war kinderlos. Nach heftigen Auseinandersetzungen bewohnte die Ehefrau ihren Keller, weil der Ehemann trotz erklärter Scheidungsabsicht die Ehewohnung nicht verlassen wollte. Einer schriftlichen Aufforderung wurde nicht Folge geleistet, sodass gerichtliche Hilfe in Anspruch genommen wurde.
BGH, Beschluss vom 28.09.2016 – XII ZB 487/15
Zur Eigenschaft “Ehewohnung” im Sinne des § 1316b BGB
Leitsatz:
Die Ehewohnung behält diese Eigenschaft während der gesamten Trennungszeit.
Anmerkung: Lange Zeit galt eine Immobilie nicht mehr als Ehewohnung, wenn ein Ehegatte endgültig ausgezogen ist und damit dem anderen Ehegatten die Nutzung der Immobilie endgültig überlassen hat. Davon weicht der BGH nun mit seiner Entscheidung vom 28.09.2016 – XII ZB 487/15 ab und erklärt: eine Ehewohnung behält diese Eigenschaft während der gesamten Trennungszeit, selbst wenn seit dem Auszug eines Ehegatten mittlerweile rund zehn Jahre vergangen sind und dieser mit seiner Lebensgefährtin und Kindern seit Längerem ein anderes Haus bewohnt. Die Konsequenz der Entscheidung ist, dass vor Rechtskraft der Scheidung der Eigentümer-Ehegatte niemals einen Herausgabeanspruch gegen den anderen Ex-Ehegatten auf sein Eigentumsrecht (§ 985 BGB) stützen kann. Soll ein Herausgabeanspruch für die Zeit nach rechtskräftiger Scheidung geltend gemacht werden, muss dieses Ziel über § 1568a BGB verfolgt werden.
OLG Hamburg, Beschluss vom 15.02.2019 – 2 UF 122/17
Welche Wohnungen sind Ehewohnung? – Hier: Genossenschaftswohnung
Erbarth, Entscheidungsbesprechung in: NZFam 2020, 66
Anmerkung: Vom Begriff Ehewohnung sind Mietwohnungen, Eigentumswohnungen, Häuser sowie auch Ehewohnungen erfasst, die die Ehegatten aufgrund eines Leih- oder Pachtvertrags bewohnen. Ebenso Genossenschaftswohnungen, die nach der Satzung der Genossenschaft nur an Mitglieder vergeben werden dürfen (OLG Hamburg, Beschluss vom 03.08.2016 – 2 UF 42/16).
(1) Leben die Ehegatten voneinander getrennt oder will einer von ihnen getrennt leben, so kann ein Ehegatte verlangen, dass ihm der andere die Ehewohnung oder einen Teil zur alleinigen Benutzung überlässt, soweit dies auch unter Berücksichtigung der Belange des anderen Ehegatten notwendig ist, um eine unbillige Härte zu vermeiden. Eine unbillige Härte kann auch dann gegeben sein, wenn das Wohl von im Haushalt lebenden Kindern beeinträchtigt ist. Steht einem Ehegatten allein oder gemeinsam mit einem Dritten das Eigentum , das Erbbaurecht oder der Nießbrauch an dem Grundstück zu, auf dem sich die Ehewohnung befindet, so ist dies besonders zu berücksichtigen; Entsprechendes gilt für das Wohnungseigentum, das Dauerwohnrecht und das dingliche Wohnrecht.
(2) Hat der Ehegatte, gegen den sich der Antrag richtet, den anderen Ehegatten widerrechtlich und vorsätzlich am Körper, der Gesundheit oder der Freiheit verletzt oder mit einer solchen Verletzung oder der Verletzung des Lebens widerrechtlich gedroht, ist in der Regel die gesamte Wohnung zur alleinigen Benutzung zu überlassen. Der Anspruch auf Wohnungsüberlassung ist nur dann ausgeschlossen, wenn keine weiteren Verletzungen und widerrechtlichen Drohungen zu besorgen sind, es sei denn, dass dem verletzten Ehegatten das weitere Zusammenleben mit dem anderen wegen der Schwere der Tat nicht zuzumuten ist.
(3) Wurde einem Ehegatten die Ehewohnung ganz oder zum Teil überlassen, so hat der andere alles zu unterlassen, was geeignet ist, die Ausübung dieses Nutzungsrechts zu erschweren oder zu vereiteln. Er kann von dem nutzungsberechtigten Ehegatten eine Vergütung für die Nutzung verlangen, soweit dies der Billigkeit entspricht.
(4) Ist nach der Trennung der Ehegatten im Sinne des § 1567 Abs. 1 ein Ehegatte aus der Ehewohnung ausgezogen und hat er binnen sechs Monaten nach seinem Auszug eine ernstliche Rückkehrabsicht dem anderen Ehegatten gegenüber nicht bekundet, so wird unwiderleglich vermutet, dass er dem in der Ehewohnung verbliebenen Ehegatten das alleinige Nutzungsrecht überlassen hat.
Voraussetzung für einen solchen Anspruch ist weiter, dass die Einräumung des alleinigen Nutzungsrechts der Vermeidung einer unbilligen Härte dient. Was eine unbillige Härte sein kann, wird in § 1361b Abs.1 S.2 BGB erwähnt. Vormals verwendete der Gesetzgeber den Begriff “schwere Härte“. Dies wurde abgeändert, um die Eingriffsschwelle herabzusetzen (vgl. dazu die rechtstatsächliche Untersuchung: Vaskovics u.a., 2001).
OLG Hamburg, Beschluss vom 07.03.2019 – 12 UF 11/19
“Unbillige Härte” – Einzelfallbetrachtung
Leitsätze:
1. Der Begriff der unbilligen Härte ist einzelfallbezogen auszufüllen. In die Gesamtabwägung einzubeziehen sind neben dem Verhältnis der Ehegatten zueinander die Belange des anderen Ehegatten, dingliche Rechtspositionen und alle wesentlichen sonstigen Umstände, die die Lebensbedingungen der Ehegatten, aber auch ihre Beziehung zu der Ehewohnung bestimmen. In jedem Fall ist angesichts der Schwere des Eingriffs der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten und dem Gedanken des Rechtsmissbrauchs Rechnung zu tragen. Die Entscheidung soll einerseits dem Persönlichkeitsschutz des in der Wohnung Verbleibenden dienen, andererseits dem anderen die räumliche und soziale Lebensbasis möglichst erhalten (Weber-Monecke in: MükoBGB, 7. Auflage 2017, § 1361b Rn.6). Je geringer etwa aufgrund der Trennungsdauer die Chance auf eine Wiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft wird, umso weniger streng können tendenziell die Voraussetzungen für die Wohnungszuweisung anzusetzen sein. (Rn.5)
2. Zur Bejahung einer unbilligen Härte ist keine unmittelbare Gefahr für Leib und Leben des die Überlassung der Ehewohnung begehrenden Ehegatten erforderlich. Andererseits reichen bloße Unbequemlichkeiten, Unannehmlichkeiten und Belästigungen wie sie häufig mit der Trennung von Ehegatten einhergehen, nicht aus, um eine unbillige Härte begründen zu können. Besonders zu beachten ist das Wohl von Kindern (vgl. OLG Brandenburg, FamRZ 2010, 1983, juris Rn.10; Brudermüller in: Palandt, § 1361b Rn. 11). Die Wohnung ist vorzugsweise dem Elternteil zuzuweisen, der das Kind in erster Linie betreut.
KG, Beschluss vom 25.02.2015 – 3 UF 55/14
“Unbillige Härte” – Kindeswohl – Nutzungsentschädigung
Anmerkung: Das KG befasst sich ausführlich mit dem Thema Wohnungsüberlassung und > Nutzungsentschädigung. Es stellt die Gesichtspunkte übersichtlich dar, die eine “unbillige Härte” iSd § 1361b Abs.1 S.1 BGB begründen können.
OLG Hamburg, Beschluss vom 07.03.2019 – 12 UF 11/19
Gesamtabwägung und Kindeswohl
Leitsatz: Die Bedürfnisse der Kinder an einer geordneten, ruhigen und möglichst entspannten Familiensituation ohne eine örtliche Veränderung haben nach Ablauf des Trennungsjahres Vorrang vor dem Interesse des Antragsgegners am Verbleib in der Ehewohnung (Rn. 8).
KG, Beschluss vom 25.02.2015 – 3 UF 55/14
Kindeswohl
(Zitat, Rn 15) “Den Ausschlag für die Zurückweisung des Antrags des Antragstellers haben hier die nach § 1361b Abs. 1 Satz 2 BGB ausdrücklich in die Abwägung einzustellenden Kindeswohlerwägungen gegeben. Entscheidend ist, dass jedenfalls das bei der Antragstellerin lebende, jüngere Kind als das schutzbedürftigere Kind erscheint und nicht ersichtlich ist, dass das Wohl des älteren, beim Antragsteller lebenden Kindes einen Wechsel der derzeitigen Wohnsituation erfordern würde, der für beide Kinder mit neuer Unruhe verbunden wäre.”
Anmerkung: Leben Kinder im Haushalt und führt diese familiäre Situation zu erheblichen Belastungen der Kinder und sind seelische Störungen zu befürchten, steht das Kindeswohl im Vordergrund. Auch ohne Gewaltanwendung kann aus Gründen des Kindeswohls dem die gemeinsamen Kinder betreuenden Ehegatten die Ehewohnung zugewiesen werden (§ 1361b BGB, § 200 Abs.1 Ziff.1 FamFG). Die Eingriffschwelle der Kindeswohl gefährdung muss nicht erreicht sein. Es genügt zur Annahme einer unbilligen Härte eine Kindeswohl beeinträchtigung (§ 1361b Abs.1 S.2 BGB). Eine Kindesanhörung (§ 159 FamFG) gibt es im Verfahren der Ehewohnungszuweisung nicht. Die Kinder können allenfalls als Zeugen gehört werden, wenn die Zeugenstellung dem Kindeswohl nicht widerspricht. Wird parallel zum Ehewohnungszuweisungsverfahren ein Sorgerechtsverfahren geführt, kann auch der Verfahrensbeistand zur Ehewohnungszuweisung als Zeuge gehört werden.
OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 18.07.2022 – 6 UF 87/22
Alleineigentum | Unbillige Härte | unzumutbare Härte | Kindeswohl | gewohnte soziale Bindungen
Leitsätze:
Eine unbillige Härte i. S. d. § 1568a Abs. 2 S. 1 BGB liegt nicht schon dann vor, wenn die abstrakte Befürchtung besteht, die Kinder, die mit der Mutter noch in der Ehewohnung verblieben sind, könnten durch einen Umzug destabilisiert werden, sie könnten in der Folge eventuell die sozialen Bindungen in den Bildungseinrichtungen, im Freundeskreis und bei Vereinen verlieren und dass die Mutter während der Trennungszeit keinerlei Anstrengungen zur Suche von Ersatzwohnraum unternommen hat.
Begehrt der Alleineigentümer, der während der Trennungszeit die Ehewohnung dem anderen Ehegatten überlassen hat, die Überlassung der Ehewohnung für die Zeit nach der Scheidung nach § 1568a Abs. 1 BGB an sich, gilt der Maßstab von § 1568a Abs. 2 S. 1 BGB entsprechend, so dass ihm der Anspruch nur dann zu versagen ist, wenn sich der andere Ehegatte auf eine unzumutbare Härte berufen kann.
Das Verhalten der Ehegatten zueinander kann ebenfalls im Rahmen de des § 1361b BGB eine Rolle spielen. Misshandlungen von Familienmitgliedern, insb. Kindern; ständiges Randalieren und anderes grobes und unbeherrschtes Verhalten, auch im Zusammenhang mit Drogen oder Alkohol.
Soweit akute Gewalttätigkeiten im Spiel sind, kann auch ein Ruf nach der Polizei helfen. Die Polizei kann den, der Gewalt angewendet hat, unmittelbar aus der Wohnung verweisen. Nach dem Gewaltschutzgesetz (GewSchG ) muss dann unverzüglich ein Antrag auf gerichtliche Maßnahmen nach § 1 GewSchG folgen Weiter kann auch nach § 2 GewSchG ein Antrag auf Wohnungszuweisung gestellt werden. Es kann zugleich an eine sofortige Härtefall-Scheidung gedacht werden.
“Wenn Dir was nicht passt, kannst Du ja gehen oder ich schmeiß Dich einfach raus. Das Haus gehört mir!” Muss man solche Drohgebärden ernst nehmen? Welche Rolle spielt hierbei der Umstand, wem die Ehewohnung gehört, wenn man sich nicht einigen kann, wer das Haus oder die Wohnung zu verlassen hat?
Zwar ist der Umstand der Eigentumsverhältnisse nach dem Gesetz “besonders zu berücksichtigen“, aber wenn gemeinsame Kinder eine Rolle spielen, geht das Kindeswohl in der Regel dem Umstand der Eigentumsverhältnisse vor. Es kann auch dem Ehegatten, dem die Immobilie nicht gehört, die Immobilie zur alleinigen Nutzung zugewiesen werden (vgl. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 10.07.2015 – 18 UF 76/15). Gleiches gilt, wenn die Ehegatten Miteigentümer der Ehewohnung sind (vgl. OLG München v. 17.4.2007 – 2 UF 1607/06, FamRZ 2007, 1655). Stets ist eine Gesamtabwägung aller Umstände des Einzelfalls durchzuführen. Es spielt dabei eine Rolle, wer auf die Ehewohnung besonders angewiesen ist.
OLG Brandenburg, Beschluss vom 24.02.2020 – 2 UF 152/19
Kindeswohl – Zuweisung der Ehewohnung bei Miteigentum der Eltern
Anmerkung: Die Aufteilung einer Wohnung im Verfahren gem. § 1361b BGB komme nur ausnahmsweise in Betracht, wenn die Wohnverhältnisse so großzügig bemessen seien, dass mit einem Zusammentreffen der zerstrittenen Ehepartner entweder nicht zu rechnen sei oder wenn sich die Ehepartner wenigstens im Interesse der Kinder zu arrangieren bereit seien und ein Mindestmaß an gegenseitiger Rücksichtnahme walten ließen (Anmerkung zur Entscheidung: Alexander Erbarth, in: NZFam 2020, 423).
BGH, Beschluss vom 28.09.2016 – XII ZB 487/15
Die Verdrängung der Eigentumsrechte in der Trennungszeit
Leitsätze:
Anmerkung: Solange eine Immobilie als “Ehewohnung“ gilt, ist der Streit um die Nutzung der Immobilie nach der Trennung nach Maßgabe des § 1361b BGB zu klären. Dabei verdrängt die familienrechtliche Sondervorschrift des § 1361b BGB die Rechte des Eigentümer-Ehegatten nach § 985 BGB. Mit dem Argument, die Ehewohnung stehe im Eigentum eines Ehegatten, berechtigt den Ehegatten-Eigentümer nicht, vom anderen Ehegatten die Herausgabe der Immobilie (= Auszug) zu verlangen. Das Eigentumsrecht an der Ehewohnung ist allenfalls ein Abwägungskriterium für die Frage, wer von den Ehegatten die Immobilie nach der Trennung benutzen (bewohnen) darf (§ 1361b Abs.1 BGB). Eine Verdrängung der Eigentümerrechte durch § 1361b BGB findet allerdings nur statt, soweit der Anwendungsbereich des § 1361b BGB eröffnet ist. Das ist nicht mehr der Fall, wenn die Immobilie nicht (mehr) als Ehewohnung zu qualifizieren ist.
Ein Wohnungsüberlassungsbeschluss nach § 1361b BGB begründet allein weder ein Mietverhältnis noch ein Veräußerungsverbot gegen den Eigentümer für die Trennungsdauer.
Gemeinsame Immobilie:
Bei Miteigentum der Ehegatten an der Ehewohnung sollte weiter ein Antrag auf Zustimmung zu einer bestimmten zu bezeichnenden Nutzung und Verwaltung des Miteigentums (§ 745 Abs.2 BGB) gestellt werden. Das Verfahren richtet sich nach §§ 266 Abs. 1 Nr.3 , 112 Nr.3, 113 FamFG = sonstige Familiensache.
Alleineigentum an Immobilie:
Immobilienbesitzer, die ihr Alleineigentum an den Ehegatten zu überlassen haben, sind nicht gehindert, ihr Eigentum zu verkaufen. Da die mit Wohnungsüberlassungsbeschluss an den Ehegatten kein Mietverhältnis begründet, kann die Immobilie als “unvermietet” veräußert werden. Der in der Ehewohnung verbliebene Ehegatte kann sich gegenüber dem Erwerber nicht auf (Mieter-)Kündigungsschutz berufen. Derjenige Ehegatte, der kein Eigentumsrecht an der Ehewohnung hat (der andere Ehegatte ist also Alleineigentümer), sollte zur Sicherung der Wohnungsüberlassung nach § 1361b BGB die gerichtliche Anordnung eines zeitlich befristeten Miet- bzw. Nutzungsverhältnisses beantragen. Die Anspruchsgrundlage für einen solchen Antrag folgt aus dem Wohlverhaltensgebot nach § 1361b Abs.3 BGB, der begleitende Schutz- und Unterlassungsanordnungen ermöglicht (vgl. Brudermüller, in: Palandt, BGB, § 1361b, Rn 17).
Bei weiterem Verbleib in der Ehewohnung nach Rechtskraft der Scheidung kann begleitend zum Anspruch auf Wohnungsüberlassung dieser mit einem gesetzlichen Anspruch auf Mietvertragsabschluss nach § 1568a BGB gesichert werden.
| Endgültige Überlassung der Ehewohnung – anlässlich der Scheidung
Ist der zur Überlassung verpflichtete Ehegatte Alleinmieter der Ehewohnung, schützt die Überlassungsanordnung nach § 1361b BGB den in der Mietwohnung verbleibenden Ehegatten nicht vor einer Kündigung der Mietwohnung. Um diese Gefahr zu verhindern, ist neben dem Antrag auf Wohnungsüberlassung ein Antrag auf gerichtliche Anordnung eines zeitlich befristeten Kündigungsverbots zu stellen. Die Anspruchsgrundlage für einen solchen Antrag folgt aus dem Wohlverhaltensgebot nach § 1361b Abs.3 BGB (vgl. vgl. Brudermüller, in: Palandt, BGB, § 1361b, Rn 17).
Haben beide Ehegatten den Mietvertrag unterzeichnet, stellt sich die Frage, ob und wann der ausgezogene Ehegatte einen Anspruch auf Zustimmung zur Kündigung des gemeinsamen Mietvertrags geltend machen kann. Diese Frage ist äußerst umstritten. Das OLG München verneint einen solchen Anspruch (OLG München, Urteil vom 29.04.2004 – 6 U 5683/03). Bejahend ab endgültiger Trennung: OLG Köln, Urteil vom 11.04.2006 – 4 UF 169/05 . Vor Ablauf des ersten Trennungsjahres sollte ein solcher Anspruch – gestützt auf § 1353 Abs.1 S.2 BGB – i.d.R nicht zugestanden werden. Denn es gilt der Grundsatz, dass in der Trennungsphase im ersten Jahr soweit wie möglich keine irreversiblen Fakten geschaffen werden sollen, die mögliche Versöhnungsversuche erschweren.
| Der gemeinsame Mietvertrag
Wenn die Eheleute sich nicht darauf verständigen können, wer für den Vollzug der Trennung aus der Ehewohnung auszieht, kann § > 1361b BGB weiter helfen. Nach Maßgabe dieser Vorschrift kann ein Ehegatte beantragen (§ 200 Abs.1 Ziff.1, § 203 FamFG), dass die Ehewohnung für die Trennungsphase ihm die Ehewohnung vollständig oder zum Teil zur alleinigen Nutzung überlassen wird. „Überlassung“ bedeutet Besitzabgabe. Überlassen ist nicht auf Besitzverschaffung gerichtet. Es besteht auch keine Verpflichtung, die Ehewohnung in einem besonderen Zustand zu überlassen. Der Anspruch beinhaltet keine Räumungsverpflichtung.
Jeder Ehegatte kann bis zur Rechtskraft der Scheidung nach § 1361 b BGB vom anderen Ehegatten verlangen, dass dieser ihm die Ehewohnung zur alleinigen Benutzung überlässt. Nach Rechtskraft der Scheidung kann er gem. § 1568 a BGB die Überlassung der Ehewohnung beanspruchen. Dies gilt auch dann, wenn der verlangende Ehegatte Alleineigentümer der Immobilie ist, in der sich die vormals gemeinsame Ehewohnung befand. Soweit diese Ansprüche bestehen, ist ein auf Eigentum gestützter > Herausgabeanspruch (§ 985 BGB) ausgeschlossen. Eine dennoch auf Eigentum gestützte Klage vor den allgemeinen Zivilgerichten ist unzulässig, zumindest unbegründet. Der Kläger muss dann unter Änderung seiner Klage die Abgabe bzw. Verweisung an das Familiengericht beantragen, will er der Klageabweisung entgehen.
Voraussetzungen:
Ein begründeter Überlassungsantrag setzt voraus, dass die Zuweisung der Ehewohnung
Muster Antrag
nach dem Gewaltschutzgesetz
Die Verfolgung des Anspruchs auf vorläufige Zuweisung der Ehewohnung erfolgt regelmäßig im Wege des Antrags beim Familiengericht auf Erlass einer entsprechenden einstweiligen Anordnung. Ist Gewalt im Spiel, sollten Sie unverzüglich einen Anwalt konsultieren, der für Sie die notwendigen Schritte und Eilmaßnahmen einleitet. Wer den Rauswurf aus der Ehewohnung im Wege der einstweiligen Anordnung befürchtet, muss jetzt schnell handeln. Das Gericht kann ohne vorherige Anhörung einen Beschluss erlassen (§ 51 Abs.2 S.2 FamFG). Plötzlich steht der Gerichtsvollzieher vor der Tür und fordert Sie, mit einem Zuweisungsbeschluss in der Hand, auf, unverzüglich die Ehewohnung zu verlassen. Es können meist nur persönliche Sachen mitgenommen werden. Hausratsgegenstände dürfen nicht aus der Wohnung entfernt werden. Die Wohnungsschlüssel sind unverzüglich herauszugeben.
OLG Stuttgart, Beschluss vom 27.11.2003 – 18 WF 190/03
“Unbillige Härte” – abgesenkte Eingriffsschwelle – einstweilige Anordnung
Zum Inhalt:
In diesem Fall geht es um die Zuweisung einer Ehewohnung während eines Trennungsverfahrens. Die Ehefrau (Ast.) beantragt, dass ihr die Wohnung alleine zugewiesen wird, da sie und die Kinder unter einer sehr belastenden Situation leben. Der Ehemann (Ag.) soll psychische Gewalt ausüben, indem er die Frau beleidigt und sie bedroht. Die Ehefrau schläft mit den Kindern im Kinderzimmer und schließt sich dort ein, um sich und die Kinder zu schützen.
Das Gericht stellt fest, dass die häusliche Atmosphäre durch massive Spannungen zwischen den Eheleuten als unerträglich wahrgenommen werden kann, was für das Wohl der Kinder schädlich ist. Auch wenn das Gericht keine Aussagen des ältesten Kindes (X) verwerten kann, da bei dessen Anhörung keine Belehrung über das Zeugnisverweigerungsrecht erfolgte, ist die Situation für die Kinder klar belastend. Das Gericht entscheidet, dass die Ehefrau die Wohnung zur alleinigen Nutzung zugewiesen bekommt, um das Wohl der Kinder zu sichern und eine unbillige Härte zu vermeiden.
Zusammengefasst: Das Gericht gibt der Ehefrau die Wohnung, weil die häusliche Situation für alle Beteiligten unzumutbar ist und das Wohl der Kinder gefährdet ist.
Aus den Entscheidungsgründen
(Zitat): “Rechtsgrundlage für die Wohnungszuweisung während der Dauer des Getrenntlebens ist der durch das Gesetz zur Verbesserung des zivilrechtlichen Schutzes bei Gewalttaten und Nachstellungen sowie zur Erleichterung der Überlassung der Ehewohnung bei der Trennung neu gefasste § 1361b BGB. Nach Abs. 1 der Vorschrift kann bei Getrenntleben der Ehegatten oder bei Trennungsabsicht auch nur eines Ehegatten der Antragsteller verlangen, dass ihm der andere die Ehewohnung oder einen Teil derselben zur alleinigen Benutzung überlässt. Voraussetzung hierfür ist, dass die Zuweisung notwendig ist, um eine unbillige Härte zu vermeiden. Damit enthält die Neufassung von § 1361b Abs. 1 S. 1 BGB eine Absenkung der Eingriffsschwelle gegenüber der bis 31.12.2001 geltenden Fassung, wonach die Wohnungszuweisung nur zur Vermeidung einer schweren Härte möglich war (hierzu Bundestags-Drucksache 14/5420, S. 33; Johannsen/Henrich/Brudermüller, Eherecht, 4. Auflage, § 1361b Rn. 2, Schumacher, FamRZ 2002, 645, 456). Das Vorliegen einer unbilligen Härte kann sich nach § 1361b Abs. 1 S. 2 BGB auch daraus ergeben, dass das Wohl von im Haushalt lebenden Kindern beeinträchtigt ist. Gem. § 1361b Abs. 2 S. 1 BGB ist bei vorangegangener Gewalttätigkeit durch den Antragsgegner dem geschädigten Ehegatten die Wohnung zur alleinigen Benutzung zu überlassen. Nach Satz 2 der Vorschrift ist der Anspruch auf alleinige Wohnungszuweisung bei vorangegangener Gewalttätigkeit oder Bedrohung durch den Antragsgegner nur dann ausgeschlossen, wenn keine weiteren Verletzungen oder widerrechtlichen Drohungen zu besorgen sind, es sei denn, dass dem verletzten Ehegatten das weitere Zusammenleben mit dem anderen wegen der Schwere der Tat nicht zuzumuten ist. Die Neufassung von § 1361b BGB hat zur Konsequenz, dass in Fällen, in denen bereits nach § 1361b Abs. 1 a.F. BGB ein Wohnungszuweisungsgrund bejaht wurde, nach neuem Recht ein solcher erst recht gegeben ist. In den Grenzfällen nach altem Recht, insbesondere solchen, in denen der Antrag auf Alleinzuweisung der Ehewohnung abgewiesen und stattdessen eine Aufteilung vorgenommen wurde, werden nach der nunmehr geltenden Rechtslage zumindest bei vorangegangener Gewaltanwendung oder Gewaltdrohung die Voraussetzungen von § 1361b Abs. 1 BGB für Alleinzuweisung der Ehewohnung an den Antragsteller meist zu bejahen sein.”
AG Ebersberg, Beschluss vom 08.05.2020 – 3 F 284/20
(intern vorhanden; unser Az.: 1101/19)
Zuweisung der im Miteigentum der Eltern befindliche Ehewohnung im Wege einstweiliger Anordnung wegen Kindeswohl (§ 1361b Abs.1 S.2 BGB)
Praxishinweise bei einstweiliger Anordnung:
Wer in beengten wirtschaftlichen Verhältnissen lebt und keine alternative Unterkunft erreichen kann, sollte sich daher rechtzeitig beim zuständigen Landratsamt um einen Wohnberechtigungsschein für Sozialwohnungen bemühen.
Da die Wohnungszuweisung ein schwerer Eingriff in die Persönlichkeitssphäre darstellt, muss dieser sich als ultima ratio und verhältnismäßig darstellen. Es darf kein milderes Mittel als Alternative zur Ehewohnungszuweisung in Betracht kommen.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung (kann bei Erlass einer einstweiligen Anordnung ohne mündliche Verhandlung beantragt werden: § 54 Abs.2 FamFG) kann etwa ein Gegenantrag auf Regelung des Getrenntlebens “unter einem Dach” gestellt werden (Fallstricke: Getrenntleben unter einem Dach).
Kann glaubhaft gemacht werden, dass kein alternativer Wohnraum zur Verfügung steht und auch nicht erreichbar ist (z.B. Wohnberechtigungsschein ist nicht zu bekommen), sollte Vollstreckungsschutz nach § 55 FamFG verbunden mit der in Ehewohnungssachen nach § 57 S.2 Ziff.5 FamFG zulässigen Beschwerde beantragt werden.
Wird die Ehewohnung zur Nutzung einem Ex-Partner zugewiesen, so lautet die Beschlussformel des Familiengerichts in der Regel wie folgt:
OLG Frankfurt, Beschluss vom 22.02.2013 – 4 WF 48/13
Zur Vollstreckung einer Entscheidung des Familiengerichts auf Räumung und Herausgabe der Ehewohnung
Neben der Überlassungsanordnung der Ehewohnung an einen Ehegatten, erfolgen in den Verfahren nach § 1361b BGB häufig weitere Begleitanordnungen. Gem. § 209 Abs.1 FamFG soll das Gericht die Begleitanordnungen treffen, die zur Durchführung der Nutzungszuweisung erforderlich sind. Für jede Begleitanordnungen gelten besondere Vollstreckungsregeln:
Die Räumungsanordnung (= Herausgabeanordnung unbeweglicher Sachen) ist eine Begleitanordnung zur Wohnungsüberlassung gem. § 209 Abs. 1 FamFG. Eine eventuell verweigerte Räumung wird nach §§ 885 ZPO, § 95 Abs. 1 Nr. 2, 96 Abs. 2 FamFG vollstreckt (OLG Saarbrücken, Beschluss vom 22.08.2005 – 9 WF 65/05). Ein Gerichtsvollzieher ist hinzuzuziehen. Der Gerichtsvollzieher hat den zum Auszug verpflichteten Ehegatten aus dem Besitz zu setzen und den anderen in den Besitz einzuweisen. „Räumung“ im Rahmen eines Wohnungszuweisungsverfahrens bedeutet grundsätzlich: Der Gerichtsvollzieher setzt (lediglich) den Schuldner nebst persönlicher Habe wie Kleidung etc. aus der Wohnung; der gemeinsame eheliche Hausrat verbleibt in der Wohnung. Mit Beschluss zur Ehewohnungszuweisung geht keine Haushaltsaufteilung einher. Es handelt sich auch nicht um eine Räumung wie bei einer Mietsache, in der sämtliche Möbel und die hierin enthaltenen Gegenstände ausgezogen werden müssen. Für die Sachen, die akut benötigt, insb. Kleidung, Hygieneartikel, persönliche Gegenstände, etc., ist weder eine Umzugsfirma noch umfangreich Verpackungsmaterial o.ä. erforderlich (AG Ebersberg, Beschluss vom 12.05.2020 – 3 F 284/20, intern vorhanden, unser Az.: 1101/19).
Die Anordnung zur Wohnungsschlüsselherausgabe (= Herausgabeanordnung beweglicher Sachen) wird nach §§ 883 ZPO, § 95 Abs. 1 Nr. 2 FamFG vollstreckt. Ein Gerichtsvollzieher ist hinzuzuziehen.
Anordnung eines Betretungsverbots (= Unterlassungsanordnung) wird mit Festsetzung von Ordnungsgeld vollstreckt (§§ 890 ZPO, § 95 Abs. 1 Nr. 4 FamFG). Dem Beschluss zur Verhängung von Ordnungsgeld muss eine entsprechende Androhung vorausgehen (§ 890 Abs.2 ZPO). Die Androhung verlangt ein Rechtschutzbedürfnis (KG, vom 11.11.1986 – 5 W 5283/86).
Solange die Ehe nicht geschieden ist, gilt auch für getrenntlebende Ehegatten das Gebot zur gegenseitigen Rücksichtnahme nach § 1353 Abs.1 S.2 BGB. Aus dem Wesen der Ehe ergibt sich für beide Ehegatten die – aus § 1353 Abs. 1 S. 2 BGB abzuleitende – Verpflichtung, die finanziellen Lasten des anderen Teils nach Möglichkeit zu vermindern, soweit dies ohne eine Verletzung eigener Interessen möglich ist (BGH FamRZ 2005, 182). Das allgemeine Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme (§ 1353 Abs.1 S.2 BGB) wird beim Streit um die Ehewohnung um das Wohlverhaltensgebot gem. § 1361b Abs.3 S.1 BGB ergänzt. Die Rechtsprechung stützt auf § 1353 Abs.1 und § 1361b Abs.3 BGB zahlreiche Ansprüche, die gesetzlich nicht gesondert geregelt sind. Hier folgen Beispiele:
Es kommt in der Praxis immer wieder vor, dass der ausgezogene Ehegatte die Wohnungsschlüssel einbehält. Damit wird gegen das Wohlverhaltensgebot verstoßen. Alleinige Nutzung der Ehewohnung i.S.d. § 1361b Abs.1 S.1 BGB bedeutet alleinige Schlüsselgewalt. Nach dem Willen des Gesetzgebers folgt aus § 1361b Abs.3 BGB, dass die Schlüssel an den in der Ehewohnung verbliebenen Ehegatten herauszugeben sind (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 23.03.2015 – 4 UF 211/14). Der ausgezogene Ehegatte kann sich dabei nicht auf sein (Mit-)Eigentumsrecht an der Ehewohnung berufen. Allgemeine Eigentumsrechte gelten im Bereich des Rechts zur Ehewohnung nicht.
| Ehewohnung und Eigentumsrecht
OLG Karlsruhe v. 25.04.2000 – 2 UF 195/99
Schlössertausch & Zuweisung der Ehewohnung
Ein Ehegatte, der vom anderen Ehegatten aus der Ehewohnung während der Trennungsphase ausgesperrt wurde, kann die Wiedereinräumung des Besitzes an der Ehewohnung zum Zwecke des Getrenntlebens in der Ehewohnung nach § 1361b BGB analog verlangen. Das Alleineigentum des aussperrenden Ehegatten an der Ehewohnung rechtfertigt nicht, diese ihm alleine zuzuweisen.
Im Antrag auf Erlass eines Beschlusses zur Wohnungszuweisung sollte klarstellend die Ermächtigung zum Austausch der Schlösser nach Ablauf der Räumungsfrist aufgenommen werden. Erst dann ist der Schlösseraustausch rechtlich zulässig (OLG Karlsruhe, FamRZ 1994, 1185, 1186).
OLG Frankfurt a.M. v. 11.03.2019 – 4 UF 188/18
Wiedereinräumung des Besitzes nach Aussperren
Leitsatz:
Werden einem Ehegatten Besitz- und Nutzungsrechte an der Ehewohnung durch verbotene Eigenmacht des anderen (Aussperrung) entzogen, ergibt sich sein Anspruch auf Wiedereinräumung aus § 1361b BGB analog, nicht aus § 861 BGB (Anschluss an OLG Karlsruhe FamRZ 2001, 760-761; Abgrenzung zu OLG Koblenz FamRZ 2009, 1934-1936 und OLG Schleswig FamRZ 1997, 892).
Praxistipp:
Finden Sie Ihre Ehewohnung verschlossen vor, weil Ihr Ehegatte die Türschlösser auswechseln ließ, sollten Sie nicht nur den Schlüsseldienst, sondern gleichzeitig die Polizei verständigen. Weisen Sie sich gegenüber der Polizei mit Ihrem Personalausweis als im Haus wohnhaft aus. Damit kann die Polizei den Schlüsseldienst ermächtigen, das vom Ehegatten eigenmächtig eingebaute Schloss wieder auszuwechseln und ein neues Schloss einzubauen. Lassen Sie sich die Schlüssel für das neue Schloss vom Schlüsseldienst aushändigen und übergeben einen Satz Schlüssel wiederum (auch) Ihrem Ehepartner. Mit einer erneuten Aktion seitens Ihres Ehegatten dieser Art riskiert der Ehegatte einen polizeilichen Platzverweis.
KG, Beschluss vom 07.03.2017 – 18 UF 118/16
Gegenstände einlagern – Kein Anspruch auf Kostenerstattung
Anmerkung: Im Fall des Kammergerichts Berlin hatte die Ehefrau die Ehewohnung verlassen und persönliche Gegenstände zurückgelassen. Trotz Aufforderung mit Fristsetzung des Ehemannes holte die Frau ihre Sachen nicht aus der Wohnung. Der Ehemann lagerte die Gegenstände daraufhin ein und forderte Erstattung der Einlagerungskosten. Das Gericht sah diesen Anspruch als unbegründet an. Der Ehemann hätte hier anders vorgehen müssen: mit dem unerwünschte Zurücklassung ihrer persönlichen Gegenstände, begeht die Ehefrau einen Verstoß gegen das Wohlverhaltensgebot nach § 1361b Abs.3 S.1 BGB. Dieser Verstoß ist vom Ehemann abzuwehren, indem er ein Verfahren gem. §§ 200 ff. FamFG anstrebt, damit das Familiengericht gem. § 209 FamFG per Beschluss anordnet, dass die Ehefrau ihre Gegenstände aus der Wohnung zu entfernen hat. Eine andere Vorgehensweise stellt sich für das Kammergericht offenbar als verbotene Eigenmacht dar. Wenn der ausgezogene Ehegatte Nutzungsentschädigung nach § 1361b Abs.3 BGB fordert, sollte er die Ehewohnung räumen. Denn ohne Räumung erscheint eine Nutzungsentschädigung u.U. als “unbillig”
| Nutzungsvergütung nach Trennung
Ist die Ehewohnung im Alleineigentum eines oder im Miteigentum beider Ehegatten, stellt sich nach der Trennung die Frage, wie sich das mietfreie Wohnen des im Eigenheim verbleibenden Ehegatten auswirkt.
Derjenige Ehegatte, der aus der ehelichen Mietwohnung auszieht, hat kein Interesse daran, für die eheliche Ehewohnung weiter die Miete zu bezahlen. Muss der ausgezogene Ehegatte nach Trennung sich weiter an den Mietkosten zu beteiligen?
| Die ehemalige Mietwohnung
(1) Ein Ehegatte kann verlangen, dass ihm der andere Ehegatte anlässlich der Scheidung die Ehewohnung überlässt , wenn er auf deren Nutzung unter Berücksichtigung des Wohls der im Haushalt lebenden Kinder und der Lebensverhältnisse der Ehegatten in stärkerem Maße angewiesen ist als der andere Ehegatte oder die Überlassung aus anderen Gründen der Billigkeit entspricht.
(2) Ist einer der Ehegatten allein oder gemeinsam mit einem Dritten Eigentümer des Grundstücks, auf dem sich die Ehewohnung befindet, oder steht einem Ehegatten allein oder gemeinsam mit einem Dritten ein Nießbrauch, das Erbbaurecht oder ein dingliches Wohnrecht an dem Grundstück zu, so kann der andere Ehegatte die Überlassung nur verlangen, wenn dies notwendig ist, um eine unbillige Härte zu vermeiden. Entsprechendes gilt für das Wohnungseigentum und das Dauerwohnrecht.
(3) Der Ehegatte, dem die Wohnung überlassen wird, tritt
1. zum Zeitpunkt des Zugangs der Mitteilung der Ehegatten über die Überlassung an den Vermieter oder
2. mit Rechtskraft der Endentscheidung im Wohnungszuweisungsverfahren an Stelle des zur Überlassung verpflichteten Ehegatten in ein von diesem eingegangenes Mietverhältnis ein oder setzt ein von beiden eingegangenes Mietverhältnis allein fort. § 563 Absatz 4 gilt entsprechend.
(4) Ein Ehegatte kann die Begründung eines Mietverhältnisses über eine Wohnung, die die Ehegatten auf Grund eines Dienst- oder Arbeitsverhältnisses innehaben, das zwischen einem von ihnen und einem Dritten besteht, nur verlangen, wenn der Dritte einverstanden oder dies notwendig ist, um eine schwere Härte zu vermeiden.
(5) Besteht kein Mietverhältnis über die Ehewohnung, so kann sowohl der Ehegatte, der Anspruch auf deren Überlassung hat, als auch die zur Vermietung berechtigte Person die Begründung eines Mietverhältnisses zu ortsüblichen Bedingungen verlangen. Unter den Voraussetzungen des § 575 Absatz 1 oder wenn die Begründung eines unbefristeten Mietverhältnisses unter Würdigung der berechtigten Interessen des Vermieters unbillig ist, kann der Vermieter eine angemessene Befristung des Mietverhältnisses verlangen. Kommt eine Einigung über die Höhe der Miete nicht zustande, kann der Vermieter eine angemessene Miete, im Zweifel die ortsübliche Vergleichsmiete, verlangen.
(6) In den Fällen der Absätze 3 und 5 erlischt der Anspruch auf Eintritt in ein Mietverhältnis oder auf seine Begründung ein Jahr nach Rechtskraft der Endentscheidung in der Scheidungssache, wenn er nicht vorher rechtshängig gemacht worden ist.
AG Miesbach, Beschluss vom 18.04.2013 – (K) 1 F 212/12
(intern vorhanden, unser Az.: 2/15)
Ehewohnungszuweisung an den Eigentümer der Ehewohnung
Aus dem Inhalt:
Der Entscheidung des Familiengerichts lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der Antragsteller ist Alleineigentümer des streitgegenständlichen Anwesens. In der Trennungsphase lebten die Eheleute unter einem Dach. Die Ehefrau (Antragsgegnerin) bewohnte ein in dem Anwesen befindliches Appartement mit eigenem Badezimmer. Da der gemeinsame Sohn befindet sich in Ausbildung und wohnt ebenfalls im Anwesen. Da das Appartement von der Antragsgegnerin bewohnt wurde, musste dieser im Keller schlafen. Der Antragsteller (80 Jahre alt) beansprucht die Zuweisung der ihm gehörenden DHH als Ehewohnung. Er trägt vor, dass er schwer herzkrank ist, sodass seine psychische Situation angeschlagen ist und sich Streitereien und Auseinandersetzungen mit der Antragsgegnerin auf seine psychische und physische Situation negativ auswirken. Zudem leide der im Haushalt lebende, knapp 28-jährige Sohn, unter der häuslichen Situation. Der Antragssteller beantragt deshalb, ihm die Ehewohnung zur alleinigen Benutzung zuzuweisen und der Antragsgegnerin aufzugeben, die Ehewohnung ihm zur alleinigen Benutzung zu überlassen.
Die Antragsgegnerin beantragt Zurückweisung, hilfsweise Räumungsfrist. Sie bestreitet, dass der Antragsteller unter der häuslichen Situation leidet und eine hochgradige Herzerkrankung beim Antragsteller vorliegt, ebenso dass der gemeinsame Sohn gesundheitlich angegriffen ist. Sie trägt vor, die Wohnung seit der Heirat für die Antragsgegnerin Lebensmittelpunkt und Heimat ist und sie sich aufgrund ihrer niedrigen Rente auf dem örtlichen Wohnungsmarkt keine Ersatzwohnung beschaffen kann. Außerdem habe sie als Nichteigentümerin erhebliche Mittel für den Bau der bei Heirat in Rohbau befindlichen Ehewohnung erbracht.
Der Antrag lautet:
1. Die in [ORT], [ORTSTEIL], [ANSCHRIFT], gelegene Ehewohnung in Form einer Doppelhaushälfte, eingetragen im Grundbuch des [NAME des AMTSGERICHTS], Blatt [NR.] Flurstück [NR.] wird dem Antragsteller zur alleinigen Nutzung überlassen.
2. Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, die im Antrag Ziffer 1 bezeichneten Ehewohnung nach Rechtskraft der Scheidung sofort und dem Antragsteller zur alleinigen Nutzung zu überlassen.
3. Bei der Räumung ist § 885 Abs.2 bis 4 ZPO nicht anzuwenden
Aus den Entscheidungsgründen
(Zitat): “Der Anspruch des Antragstellers ist begründet. Gem. § 1568a Abs.1 BGB kann ein Ehegatte verlangen, dass ihm der andere Ehegatte anlässlich der Scheidung die Ehewohnung überlässt, wenn er auf die Nutzung unter Berücksichtigung des Wohls der im Haushalt lebenden Kinder und der Lebensverhältnisse der Ehegatten in stärkerem Masse angewiesen ist als der andere Ehegatte oder die Überlassung aus anderen Gründen der Billigkeit entspricht. Für die Zuweisungsentscheidung ist es ohne Bedeutung, auf welchem Rechtsverhältnis das Nutzungsrecht an der Wohnung beruht, insbesondere ob einer oder beide Ehegatten Eigentümer sind. Entscheidend ist vielmehr, wer stärker auf die Ehewohnung angewiesen ist, wobei dem nicht die Wohnung begehrenden Ehegatten diese auch nicht zugesprochen werden kann, wenn er keinen Antrag stellt. Im vorliegenden Fall vermag der im Haushalt lebende Sohn kein Kriterium zu sein. Zwar unterscheidet § 1568a BGB nicht nach minderjährigen und volljährigen Kindern, aber für den angegriffenen gesundheitlichen Zustand des noch in Ausbildung befindlichen Sohnes, der bestritten ist, liegt kein aktuelles Beweisangebot vor. Ein ärztliches Zeugnis aus 2011 ist unbehelflich. Der schlechte gesundheitliche Zustand des Antragstellers dagegen ist durch ärztliche Atteste, insbes. vom 23.1.2013 nachgewiesen. Die Herzerkrankung an sich hat die Antragsgegnerin auch nicht bestritten, sondern lediglich, dass diese hochgradig ist. Auch das Alter kann ein Zuweisungskriterium sein. Zwar sind beide Eheleute schon Rentner, aber der Antragsteller steht bereits im 80. Lebensjahr. Die Verbundenheit zur Ehewohnung der Eheleute vermag kein Argument zu liefern, da beide Eheleute während der Ehezeit in der Ehewohnung gelebt haben. Die Vermögens- und Einkommensverhältnisse sprechen eher für die Antragsgegnerin, da der Antragsteller sich als Eigentümer der DHH und mit einem höheren Rentenbezug als die Antragsgegnerin besser steht. Die Eigentumslage spricht im Rahmen der Billigkeitsprüfung nach Abs.1 S.2 ebenfalls für den Antragsteller, wobei zu sehen ist, dass das Eigentum allein kein Abwägungskriterium ist, da der andere Ehegatte nur solange ein Recht zu Besitz hat, als die Scheidung nicht rechtskräftig ist. Nach der Scheidung hat der Alleineigentümer Ansprüche aus § 985 BGB. Die Frage der unbilligen Härte nach Abs.2 ist nicht zu prüfen, da nicht die Antragsgegnerin einen Zuweisungsanspruch geltend macht. Es liegen also Gründe vor, die für eine Zuweisung der Ehewohnung zur alleinigen Benutzung an den Antragsteller sprechen. Um für die finanziell schwache Antragsgegnerin die Folgen der Zuweisung zu mildern, war gem. § 209 FamFG eine großzügige Räumungsfrist festzusetzen. Weiterhin war anzuordnen, dass der § 885 Abs.2 bis 4 ZPO nicht anzuwenden ist.”
OLG Hamm, Beschluss vom 21.1.2016 – 12 UF 170/15
Antrag auf Ehewohnungsüberlassung während der Trennungszeit?
Der Anspruch auf Mitwirkung an der Mitteilung nach § > 1568a Abs.3 BGB kann schon während der Trennungszeit geltend gemacht werden (entgegen OLG Hamm, FamRZ 2015, 667).
Wem als (Ex-)Ehegatten und Miteigentümer einer (ehemaligen) ehelichen Immobilie die Teilungsversteigerung droht, kann den Erfolg der Teilungsversteigerung erheblich torpedieren, wenn er (prophylaktisch) die endgültige Zuweisung der Ehewohnung anstrebt.
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