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Kanzlei für Familienrecht > Scheidung München > Infothek zum Familienrecht > Ehewohnung

Nutzungsrechte an der Ehewohnung
nach Trennung und anlässlich der Scheidung


Du verlässt das Haus! Es gehört mir!” Diese Sätze sind keine Seltenheit, wenn Eheleute am Anfang der Trennung stehen. Doch ist die Aussage richtig? Ist das Eigentum an der Ehewohnung entscheidend? Wer hat nach der Trennung das Recht, die Ehewohnung weiterhin zu nutzen und zu bewohnen?

Das Wichtigste in Kürze

  1. Wenn sich Ehepartner voneinander trennen oder einer von ihnen getrennt leben möchte, kann der andere gemäß § 1361b Absatz 1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch [BGB] aufgefordert werden, ihm die Ehewohnung oder einen Teil der Ehewohnung zur alleinigen Nutzung zu überlassen.
  2. Die alleinige Nutzung ist im Falle des § 1361b BGB eine Ausnahme, normalerweise wird den Ehepartnern ein Teil der gemeinsamen Ehewohnung zugewiesen, sofern dies räumlich möglich ist und den Ehepartnern unter Berücksichtigung der konkreten Umstände zumutbar ist. Wer es emotional bewältigen kann, hat die Möglichkeit, nach der Trennung unter einem Dach mit dem Ex-Partner in der gemeinsamen Wohnung zu leben. Der Auszug aus der Ehewohnung ist keine Voraussetzung für eine Scheidung (Stichwort: Trennung unter einem Dach).
  3. Eine Wohnungszuweisung nach § 1361b BGB stellt stets eine vorläufige Zuweisung für die Trennungszeit dar, die die Rechtsverhältnisse an der ehelichen Wohnung nicht verändert. Für die Zeit ab der Scheidung gilt § 1568a BGB; hier geht es dann um die endgültige Überlassung der Ehewohnung auf Grundlage eines Mietverhältnisses.

Rechtlicher Leitfaden
Alleiniges Nutzungsrecht der Ehewohnung anlässlich Trennung
und Überlassung nach Scheidung

Wir von Dr. Schröck – Kanzlei für Familienrecht verstehen, dass der Umgang mit einer Trennung oder Scheidung schwierig sein kann. Deshalb bemühen wir uns, Sie bei der Zuweisung Ihrer Wohnung zu beraten, damit Sie sich in einer der schwierigsten Zeiten des Lebens sicher fühlen können. Nehmen Sie noch heute Kontakt mit uns auf.

Erfahren Sie mehr über die alleinige Nutzung der Ehewohnung, wer das Recht darauf hat und die Gründe dafür. Wenn die zuvor gemeinsame Wohnung eines (Ehe-)Paares durch einen Familienrichter einer der beiden beteiligten Parteien zur alleinigen Nutzung zugewiesen wird, wird dies als “Wohnungszuweisung” definiert.

| Wegweiser zur Zuweisung der Ehewohnung

Bei dem Ehegatten, dem die Ehewohnung gehört, jedoch verlassen soll, wird jetzt der Ruf nach Nutzungsentschädigung und Übernahme der Hauskosten laut. Wann besteht ein solcher Anspruch?

| Wegweiser zur Nutzungsentschädigung und Hauslastenverteilung

Dr. Schröck – Kanzlei für Familienrecht - Ehewohnung - Wer bleibt? - Wer muss gehen? 1
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Fall
aus der Praxis

Dr. Schröck – Kanzlei für Familienrecht - Ehewohnung - Wer bleibt? - Wer muss gehen? 2

AG Neumarkt i.d.OPf., Beschluss vom 24.09.2013 – 2 F 596/13
Rauswurf aus der Ehewohnung mit gerichtlicher Hilfe


Sachverhalt: Der 42-jährige, teilzeitbeschäftigte Ehemann bewohnte die Eigentumswohnung seiner voll berufstätigen Ehefrau. Die Ehe war kinderlos. Nach heftigen Auseinandersetzungen bewohnte die Ehefrau ihren Keller, weil der Ehemann trotz erklärter Scheidungsabsicht die Ehewohnung nicht verlassen wollte. Einer schriftlichen Aufforderung wurde nicht Folge geleistet, sodass gerichtliche Hilfe in Anspruch genommen wurde.

Ehewohnung
Ein Rechtsbegriff

Dr. Schröck – Kanzlei für Familienrecht - Ehewohnung - Wer bleibt? - Wer muss gehen? 3

BGH, Beschluss vom 28.09.2016 – XII ZB 487/15
Zur Eigenschaft “Ehewohnung” im Sinne des § 1316b BGB


Leitsatz:

Die Ehewohnung behält diese Eigenschaft während der gesamten Trennungszeit.

Anmerkung: Lange Zeit galt eine Immobilie nicht mehr als Ehewohnung, wenn ein Ehegatte endgültig ausgezogen ist und damit dem anderen Ehegatten die Nutzung der Immobilie endgültig überlassen hat. Davon weicht der BGH nun mit seiner Entscheidung vom 28.09.2016 – XII ZB 487/15 ab und erklärt: eine Ehewohnung behält diese Eigenschaft während der gesamten Trennungszeit, selbst wenn seit dem Auszug eines Ehegatten mittlerweile rund zehn Jahre vergangen sind und dieser mit seiner Lebensgefährtin und Kindern seit Längerem ein anderes Haus bewohnt. Die Konsequenz der Entscheidung ist, dass vor Rechtskraft der Scheidung der Eigentümer-Ehegatte niemals einen Herausgabeanspruch gegen den anderen Ex-Ehegatten auf sein Eigentumsrecht (§ 985 BGB) stützen kann. Soll ein Herausgabeanspruch für die Zeit nach rechtskräftiger Scheidung geltend gemacht werden, muss dieses Ziel über § 1568a BGB verfolgt werden.

Dr. Schröck – Kanzlei für Familienrecht - Ehewohnung - Wer bleibt? - Wer muss gehen? 3

OLG Hamburg, Beschluss vom 15.02.2019 – 2 UF 122/17
Welche Wohnungen sind Ehewohnung? Hier: Genossenschaftswohnung


Erbarth, Entscheidungsbesprechung in: NZFam 2020, 66

Anmerkung: Vom Begriff Ehewohnung sind Mietwohnungen, Eigentumswohnungen, Häuser sowie auch Ehewohnungen erfasst, die die Ehegatten aufgrund eines Leih- oder Pachtvertrags bewohnen. Ebenso Genossenschaftswohnungen, die nach der Satzung der Genossenschaft nur an Mitglieder vergeben werden dürfen (OLG Hamburg, Beschluss vom 03.08.2016 – 2 UF 42/16).

Überlassungsanspruch
für oder nach Trennung

§ 1361b BGB
Gesetzestext


(1) Leben die Ehegatten voneinander getrennt oder will einer von ihnen getrennt leben, so kann ein Ehegatte verlangen, dass ihm der andere die Ehewohnung oder einen Teil zur alleinigen Benutzung überlässt, soweit dies auch unter Berücksichtigung der Belange des anderen Ehegatten notwendig ist, um eine unbillige Härte zu vermeiden. Eine unbillige Härte kann auch dann gegeben sein, wenn das Wohl von im Haushalt lebenden Kindern beeinträchtigt ist. Steht einem Ehegatten allein oder gemeinsam mit einem Dritten das Eigentum , das Erbbaurecht oder der Nießbrauch an dem Grundstück zu, auf dem sich die Ehewohnung befindet, so ist dies besonders zu berücksichtigen; Entsprechendes gilt für das Wohnungseigentum, das Dauerwohnrecht und das dingliche Wohnrecht.

(2) Hat der Ehegatte, gegen den sich der Antrag richtet, den anderen Ehegatten widerrechtlich und vorsätzlich am Körper, der Gesundheit oder der Freiheit verletzt oder mit einer solchen Verletzung oder der Verletzung des Lebens widerrechtlich gedroht, ist in der Regel die gesamte Wohnung zur alleinigen Benutzung zu überlassen. Der Anspruch auf Wohnungsüberlassung ist nur dann ausgeschlossen, wenn keine weiteren Verletzungen und widerrechtlichen Drohungen zu besorgen sind, es sei denn, dass dem verletzten Ehegatten das weitere Zusammenleben mit dem anderen wegen der Schwere der Tat nicht zuzumuten ist.

(3) Wurde einem Ehegatten die Ehewohnung ganz oder zum Teil überlassen, so hat der andere alles zu unterlassen, was geeignet ist, die Ausübung dieses Nutzungsrechts zu erschweren oder zu vereiteln. Er kann von dem nutzungsberechtigten Ehegatten eine Vergütung für die Nutzung verlangen, soweit dies der Billigkeit entspricht.

(4) Ist nach der Trennung der Ehegatten im Sinne des § 1567 Abs. 1 ein Ehegatte aus der Ehewohnung ausgezogen und hat er binnen sechs Monaten nach seinem Auszug eine ernstliche Rückkehrabsicht dem anderen Ehegatten gegenüber nicht bekundet, so wird unwiderleglich vermutet, dass er dem in der Ehewohnung verbliebenen Ehegatten das alleinige Nutzungsrecht überlassen hat.


Eingriffsschwelle

“unbillige Härte”


Voraussetzung für einen solchen Anspruch ist weiter, dass die Einräumung des alleinigen Nutzungsrechts der Vermeidung einer unbilligen Härte dient. Was eine unbillige Härte sein kann, wird in § 1361b Abs.1 S.2 BGB erwähnt. Vormals verwendete der Gesetzgeber den Begriff “schwere Härte“. Dies wurde abgeändert, um die Eingriffsschwelle herabzusetzen (vgl. dazu die rechtstatsächliche Untersuchung: Vaskovics u.a., 2001).

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OLG Hamburg, Beschluss vom 07.03.2019 – 12 UF 11/19
Unbillige Härte” – Einzelfallbetrachtung


Leitsätze:

1. Der Begriff der unbilligen Härte ist einzelfallbezogen auszufüllen. In die Gesamtabwägung einzubeziehen sind neben dem Verhältnis der Ehegatten zueinander die Belange des anderen Ehegatten, dingliche Rechtspositionen und alle wesentlichen sonstigen Umstände, die die Lebensbedingungen der Ehegatten, aber auch ihre Beziehung zu der Ehewohnung bestimmen. In jedem Fall ist angesichts der Schwere des Eingriffs der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten und dem Gedanken des Rechtsmissbrauchs Rechnung zu tragen. Die Entscheidung soll einerseits dem Persönlichkeitsschutz des in der Wohnung Verbleibenden dienen, andererseits dem anderen die räumliche und soziale Lebensbasis möglichst erhalten (Weber-Monecke in: MükoBGB, 7. Auflage 2017, § 1361b Rn.6). Je geringer etwa aufgrund der Trennungsdauer die Chance auf eine Wiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft wird, umso weniger streng können tendenziell die Voraussetzungen für die Wohnungszuweisung anzusetzen sein. (Rn.5)

2. Zur Bejahung einer unbilligen Härte ist keine unmittelbare Gefahr für Leib und Leben des die Überlassung der Ehewohnung begehrenden Ehegatten erforderlich. Andererseits reichen bloße Unbequemlichkeiten, Unannehmlichkeiten und Belästigungen wie sie häufig mit der Trennung von Ehegatten einhergehen, nicht aus, um eine unbillige Härte begründen zu können. Besonders zu beachten ist das Wohl von Kindern (vgl. OLG Brandenburg, FamRZ 2010, 1983, juris Rn.10; Brudermüller in: Palandt, § 1361b Rn. 11). Die Wohnung ist vorzugsweise dem Elternteil zuzuweisen, der das Kind in erster Linie betreut.

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KG, Beschluss vom 25.02.2015 – 3 UF 55/14
Unbillige Härte” – Kindeswohl – Nutzungsentschädigung


Anmerkung: Das KG befasst sich ausführlich mit dem Thema Wohnungsüberlassung und > Nutzungsentschädigung. Es stellt die Gesichtspunkte übersichtlich dar, die eine “unbillige Härte” iSd § 1361b Abs.1 S.1 BGB begründen können.

Kindeswohl
“beinträchtigt”


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OLG Hamburg, Beschluss vom 07.03.2019 – 12 UF 11/19
Gesamtabwägung und Kindeswohl


Leitsatz: Die Bedürfnisse der Kinder an einer geordneten, ruhigen und möglichst entspannten Familiensituation ohne eine örtliche Veränderung haben nach Ablauf des Trennungsjahres Vorrang vor dem Interesse des Antragsgegners am Verbleib in der Ehewohnung (Rn. 8).

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KG, Beschluss vom 25.02.2015 – 3 UF 55/14
Kindeswohl


(Zitat, Rn 15) “Den Ausschlag für die Zurückweisung des Antrags des Antragstellers haben hier die nach § 1361b Abs. 1 Satz 2 BGB ausdrücklich in die Abwägung einzustellenden Kindeswohlerwägungen gegeben. Entscheidend ist, dass jedenfalls das bei der Antragstellerin lebende, jüngere Kind als das schutzbedürftigere Kind erscheint und nicht ersichtlich ist, dass das Wohl des älteren, beim Antragsteller lebenden Kindes einen Wechsel der derzeitigen Wohnsituation erfordern würde, der für beide Kinder mit neuer Unruhe verbunden wäre.”

Anmerkung: Leben Kinder im Haushalt und führt diese familiäre Situation zu erheblichen Belastungen der Kinder und sind seelische Störungen zu befürchten, steht das Kindeswohl im Vordergrund. Auch ohne Gewaltanwendung kann aus Gründen des Kindeswohls dem die gemeinsamen Kinder betreuenden Ehegatten die Ehewohnung zugewiesen werden (§ 1361b BGB, § 200 Abs.1 Ziff.1 FamFG). Die Eingriffschwelle der Kindeswohl gefährdung muss nicht erreicht sein. Es genügt zur Annahme einer unbilligen Härte eine Kindeswohl beeinträchtigung (§ 1361b Abs.1 S.2 BGB). Eine Kindesanhörung (§ 159 FamFG) gibt es im Verfahren der Ehewohnungszuweisung nicht. Die Kinder können allenfalls als Zeugen gehört werden, wenn die Zeugenstellung dem Kindeswohl nicht widerspricht. Wird parallel zum Ehewohnungszuweisungsverfahren ein Sorgerechtsverfahren geführt, kann auch der Verfahrensbeistand zur Ehewohnungszuweisung als Zeuge gehört werden.


Leitsätze:
Eine unbillige Härte i. S. d. § 1568a Abs. 2 S. 1 BGB liegt nicht schon dann vor, wenn die abstrakte Befürchtung besteht, die Kinder, die mit der Mutter noch in der Ehewohnung verblieben sind, könnten durch einen Umzug destabilisiert werden, sie könnten in der Folge eventuell die sozialen Bindungen in den Bildungseinrichtungen, im Freundeskreis und bei Vereinen verlieren und dass die Mutter während der Trennungszeit keinerlei Anstrengungen zur Suche von Ersatzwohnraum unternommen hat.
Begehrt der Alleineigentümer, der während der Trennungszeit die Ehewohnung dem anderen Ehegatten überlassen hat, die Überlassung der Ehewohnung für die Zeit nach der Scheidung nach § 1568a Abs. 1 BGB an sich, gilt der Maßstab von § 1568a Abs. 2 S. 1 BGB entsprechend, so dass ihm der Anspruch nur dann zu versagen ist, wenn sich der andere Ehegatte auf eine unzumutbare Härte berufen kann.


Gewaltpotential
innerhalb der Familie?


Das Verhalten der Ehegatten zueinander kann ebenfalls im Rahmen de des § 1361b BGB eine Rolle spielen. Misshandlungen von Familienmitgliedern, insb. Kindern; ständiges Randalieren und anderes grobes und unbeherrschtes Verhalten, auch im Zusammenhang mit Drogen oder Alkohol.

Soweit akute Gewalttätigkeiten im Spiel sind, kann auch ein Ruf nach der Polizei helfen. Die Polizei kann den, der Gewalt angewendet hat, unmittelbar aus der Wohnung verweisen. Nach dem Gewaltschutzgesetz (GewSchG ) muss dann unverzüglich ein Antrag auf gerichtliche Maßnahmen nach § 1 GewSchG folgen Weiter kann auch nach § 2 GewSchG ein Antrag auf Wohnungszuweisung gestellt werden. Es kann zugleich an eine sofortige Härtefall-Scheidung gedacht werden.

Verhältnismäßigkeit
bei Eingriff in die Persönlichkeitsrechte


  • Besondere gesundheitsgefährdende Belastungen im Zusammenleben?
  • Findet der auszugsverpflichtete Ehegatte eine neue Wohnung? Oder ist die Ehewohnung groß genug, um eine Trennung unter einem Dach sinnvoll zu regeln?
  • Ist ein Ehegatte bereits seit mehr als 6 Monaten ausgezogen und nicht mehr zurückgekehrt? – § 1361b Abs.4 BGB

Eigenheimnutzung
und Eigentumsrechte


Wenn Dir was nicht passt, kannst Du ja gehen oder ich schmeiß Dich einfach raus. Das Haus gehört mir!” Muss man solche Drohgebärden ernst nehmen? Welche Rolle spielt hierbei der Umstand, wem die Ehewohnung gehört, wenn man sich nicht einigen kann, wer das Haus oder die Wohnung zu verlassen hat?

Zwar ist der Umstand der Eigentumsverhältnisse nach dem Gesetz “besonders zu berücksichtigen“, aber wenn gemeinsame Kinder eine Rolle spielen, geht das Kindeswohl in der Regel dem Umstand der Eigentumsverhältnisse vor. Es kann auch dem Ehegatten, dem die Immobilie nicht gehört, die Immobilie zur alleinigen Nutzung zugewiesen werden (vgl. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 10.07.2015 – 18 UF 76/15). Gleiches gilt, wenn die Ehegatten Miteigentümer der Ehewohnung sind (vgl. OLG München v. 17.4.2007 – 2 UF 1607/06, FamRZ 2007, 1655). Stets ist eine Gesamtabwägung aller Umstände des Einzelfalls durchzuführen. Es spielt dabei eine Rolle, wer auf die Ehewohnung besonders angewiesen ist.

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OLG Brandenburg, Beschluss vom 24.02.2020 – 2 UF 152/19
Kindeswohl – Zuweisung der Ehewohnung bei Miteigentum der Eltern


Anmerkung: Die Aufteilung einer Wohnung im Verfahren gem. § 1361b BGB komme nur ausnahmsweise in Betracht, wenn die Wohnverhältnisse so großzügig bemessen seien, dass mit einem Zusammentreffen der zerstrittenen Ehepartner entweder nicht zu rechnen sei oder wenn sich die Ehepartner wenigstens im Interesse der Kinder zu arrangieren bereit seien und ein Mindestmaß an gegenseitiger Rücksichtnahme walten ließen (Anmerkung zur Entscheidung: Alexander Erbarth, in: NZFam 2020, 423).


Überlassungsanspruch (§ 1361b BGB) vs. Herausgabeanspruch
wegen Eigentum (§ 985 BGB)


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BGH, Beschluss vom 28.09.2016 – XII ZB 487/15
Die Verdrängung der Eigentumsrechte in der Trennungszeit



Leitsätze:

  • Während der Trennungszeit ist der auf § 985 BGB gestützte Antrag eines Ehegatten gegen den anderen auf Herausgabe der Ehewohnung unzulässig (im Anschluss an BGHZ 67, 217 = NJW 1977, 43 und BGHZ 71, 216 = FamRZ 1978, 496).
  • Der Eigentümer-Ehegatte, der dem anderen Ehegatten die Ehewohnung im Sinne des § 1361 b Abs. 4 BGB überlassen hat, kann bei wesentlicher Veränderung der zugrundeliegenden Umstände eine Änderung der Überlassungsregelung gemäß § 1361 b Abs. 1 BGB im Ehewohnungsverfahren verfolgen.
  • Das unzulässige Herausgabeverlangen nach § 985 BGB kann nicht in einen Antrag auf Zuweisung der Ehewohnung im Ehewohnungsverfahren umgedeutet werden.

Anmerkung: Solange eine Immobilie als Ehewohnung gilt, ist der Streit um die Nutzung der Immobilie nach der Trennung nach Maßgabe des § 1361b BGB zu klären. Dabei verdrängt die familienrechtliche Sondervorschrift des § 1361b BGB die Rechte des Eigentümer-Ehegatten nach § 985 BGB. Mit dem Argument, die Ehewohnung stehe im Eigentum eines Ehegatten, berechtigt den Ehegatten-Eigentümer nicht, vom anderen Ehegatten die Herausgabe der Immobilie (= Auszug) zu verlangen. Das Eigentumsrecht an der Ehewohnung ist allenfalls ein Abwägungskriterium für die Frage, wer von den Ehegatten die Immobilie nach der Trennung benutzen (bewohnen) darf (§ 1361b Abs.1 BGB). Eine Verdrängung der Eigentümerrechte durch § 1361b BGB findet allerdings nur statt, soweit der Anwendungsbereich des § 1361b BGB eröffnet ist. Das ist nicht mehr der Fall, wenn die Immobilie nicht (mehr) als Ehewohnung zu qualifizieren ist.

Absicherung der Wohnungsüberweisung
mit befristetem Miet- bzw. Nutzungsverhältnis in der Trennungsphase


Ein Wohnungsüberlassungsbeschluss nach § 1361b BGB begründet allein weder ein Mietverhältnis noch ein Veräußerungsverbot gegen den Eigentümer für die Trennungsdauer.

Gemeinsame Immobilie:
Bei Miteigentum der Ehegatten an der Ehewohnung sollte weiter ein Antrag auf Zustimmung zu einer bestimmten zu bezeichnenden Nutzung und Verwaltung des Miteigentums (§ 745 Abs.2 BGB) gestellt werden. Das Verfahren richtet sich nach §§ 266 Abs. 1 Nr.3 , 112 Nr.3, 113 FamFG = sonstige Familiensache.

Alleineigentum an Immobilie:
Immobilienbesitzer, die ihr Alleineigentum an den Ehegatten zu überlassen haben, sind nicht gehindert, ihr Eigentum zu verkaufen. Da die mit Wohnungsüberlassungsbeschluss an den Ehegatten kein Mietverhältnis begründet, kann die Immobilie als “unvermietet” veräußert werden. Der in der Ehewohnung verbliebene Ehegatte kann sich gegenüber dem Erwerber nicht auf (Mieter-)Kündigungsschutz berufen. Derjenige Ehegatte, der kein Eigentumsrecht an der Ehewohnung hat (der andere Ehegatte ist also Alleineigentümer), sollte zur Sicherung der Wohnungsüberlassung nach § 1361b BGB die gerichtliche Anordnung eines zeitlich befristeten Miet- bzw. Nutzungsverhältnisses beantragen. Die Anspruchsgrundlage für einen solchen Antrag folgt aus dem Wohlverhaltensgebot nach § 1361b Abs.3 BGB, der begleitende Schutz- und Unterlassungsanordnungen ermöglicht (vgl. Brudermüller, in: Palandt, BGB, § 1361b, Rn 17).

Anspruch auf Mietverhältnis nach Rechtskraft der Scheidung


Bei weiterem Verbleib in der Ehewohnung nach Rechtskraft der Scheidung kann begleitend zum Anspruch auf Wohnungsüberlassung dieser mit einem gesetzlichen Anspruch auf Mietvertragsabschluss nach § 1568a BGB gesichert werden.
| Endgültige Überlassung der Ehewohnung – anlässlich der Scheidung

Überlassung
der Mietwohnung


Ein Ehegatte
ist Mieter


Ist der zur Überlassung verpflichtete Ehegatte Alleinmieter der Ehewohnung, schützt die Überlassungsanordnung nach § 1361b BGB den in der Mietwohnung verbleibenden Ehegatten nicht vor einer Kündigung der Mietwohnung. Um diese Gefahr zu verhindern, ist neben dem Antrag auf Wohnungsüberlassung ein Antrag auf gerichtliche Anordnung eines zeitlich befristeten Kündigungsverbots zu stellen. Die Anspruchsgrundlage für einen solchen Antrag folgt aus dem Wohlverhaltensgebot nach § 1361b Abs.3 BGB (vgl. vgl. Brudermüller, in: Palandt, BGB, § 1361b, Rn 17).

Beide Ehegatten
sind Mieter


Haben beide Ehegatten den Mietvertrag unterzeichnet, stellt sich die Frage, ob und wann der ausgezogene Ehegatte einen Anspruch auf Zustimmung zur Kündigung des gemeinsamen Mietvertrags geltend machen kann. Diese Frage ist äußerst umstritten. Das OLG München verneint einen solchen Anspruch (OLG München, Urteil vom 29.04.2004 – 6 U 5683/03). Bejahend ab endgültiger Trennung: OLG Köln, Urteil vom 11.04.2006 – 4 UF 169/05 . Vor Ablauf des ersten Trennungsjahres sollte ein solcher Anspruch – gestützt auf § 1353 Abs.1 S.2 BGB – i.d.R nicht zugestanden werden. Denn es gilt der Grundsatz, dass in der Trennungsphase im ersten Jahr soweit wie möglich keine irreversiblen Fakten geschaffen werden sollen, die mögliche Versöhnungsversuche erschweren.
| Der gemeinsame Mietvertrag

Verfahren
zur Überlassung der Ehewohnung


Einvernehmliche

Überlassung


  • Die günstigste Variante für Geldbeutel und Nerven ist die einvernehmliche Trennung. Liegt eine Einigung hinsichtlich der künftigen Nutzung der Ehewohnung vor, entfällt das Rechtsschutzbedürfnis für ein Verfahren über die Zuweisung der Wohnung (vgl. Johannsen/Henrich/Götz, Familienrecht, 6.A. § 200 FamFG, Rn. 14; Keidel/Giers, 18.A., § 200 FamFG, Rn. 3). Eine Einigung kann auch in schlüssiger Form erfolgen. Sie ist anzunehmen, wenn der Ehepartner, der die Wohnung verlassen hat, eine neue Wohnung anmietet und einrichtet (vgl. Götz, a.a.O., Rn. 16). Streitvermeidung mit rationalen Trennungsvereinbarungen wird zwar nicht immer gelingen, da oftmals (schwere) emotionale Verletzungen in die Krise führten und der ehemalige Partner sich bereits zum Gegner verwandelt hat. Aber wer möchte Rosenkriege mit Verfahrenslaufzeiten von mehr als 5 bis 10 Jahren und damit wertvolle Lebensqualität vergeuden (Streitpotential & Verfahrenskosten)? Die gerichtliche Durchsetzung der alleinigen Nutzung der Ehewohnung und gemeinsamen Immobilie ist mit Risiken behaftet.
  • Selbst wenn ein gerichtlicher Antrag auf Zuweisung der Ehewohnung anfangs unausweichlich erscheint, kann dies oftmals die Initialzündung dafür sein, dass es in der Gerichtsverhandlung am Ende zu einer einvernehmlichen Regelung kommt
    | Beispiel – Einigung vor Gericht
  • Sind Kinder von der Trennung betroffen, ist dies ein weiterer triftiger Grund Eskalationen zwischen den Eltern so weit wie möglich zu vermeiden. Deshalb sollte man sich gut überlegen, mit welcher Strategie die Trennungsauseinandersetzung eröffnet wird und zu welchem Preis.

Antrag
in der Hauptsache


Wenn die Eheleute sich nicht darauf verständigen können, wer für den Vollzug der Trennung aus der Ehewohnung auszieht, kann § > 1361b BGB weiter helfen. Nach Maßgabe dieser Vorschrift kann ein Ehegatte beantragen (§ 200 Abs.1 Ziff.1, § 203 FamFG), dass die Ehewohnung für die Trennungsphase ihm die Ehewohnung vollständig oder zum Teil zur alleinigen Nutzung überlassen wird. „Überlassung“ bedeutet Besitzabgabe. Überlassen ist nicht auf Besitzverschaffung gerichtet. Es besteht auch keine Verpflichtung, die Ehewohnung in einem besonderen Zustand zu überlassen. Der Anspruch beinhaltet keine Räumungsverpflichtung.

Jeder Ehegatte kann bis zur Rechtskraft der Scheidung nach § 1361 b BGB vom anderen Ehegatten verlangen, dass dieser ihm die Ehewohnung zur alleinigen Benutzung überlässt. Nach Rechtskraft der Scheidung kann er gem. § 1568 a BGB die Überlassung der Ehewohnung beanspruchen. Dies gilt auch dann, wenn der verlangende Ehegatte Alleineigentümer der Immobilie ist, in der sich die vormals gemeinsame Ehewohnung befand. Soweit diese Ansprüche bestehen, ist ein auf Eigentum gestützter > Herausgabeanspruch (§ 985 BGB) ausgeschlossen. Eine dennoch auf Eigentum gestützte Klage vor den allgemeinen Zivilgerichten ist unzulässig, zumindest unbegründet. Der Kläger muss dann unter Änderung seiner Klage die Abgabe bzw. Verweisung an das Familiengericht beantragen, will er der Klageabweisung entgehen.

  • Weiterführende Literatur:
    Schneider, Klage vor dem Zivilgericht auf Herausgabe der vormaligen Ehewohnung und anschließende Verweisung an das Familiengericht, in: NZFam 2020, 759 

Voraussetzungen:
Ein begründeter Überlassungsantrag setzt voraus, dass die Zuweisung der Ehewohnung

  • notwendig erscheint, um eine sog. unbillige Härte zu vermeiden (§ 1361b Abs.1 BGB).
  • Wenn eine Regelung der Trennung unter einem Dach möglich erscheint, wird der Antrag auf Zuweisung der Ehewohnung an einen Ehegatten unbegründet sein.
  • Das muss sich nach einer Gesamtabwägung aller individuellen Umstände des Einzelfalls ergeben

Antrag
im Eilverfahren



Die Verfolgung des Anspruchs auf vorläufige Zuweisung der Ehewohnung erfolgt regelmäßig im Wege des Antrags beim Familiengericht auf Erlass einer entsprechenden einstweiligen Anordnung. Ist Gewalt im Spiel, sollten Sie unverzüglich einen Anwalt konsultieren, der für Sie die notwendigen Schritte und Eilmaßnahmen einleitet. Wer den Rauswurf aus der Ehewohnung im Wege der einstweiligen Anordnung befürchtet, muss jetzt schnell handeln. Das Gericht kann ohne vorherige Anhörung einen Beschluss erlassen (§ 51 Abs.2 S.2 FamFG). Plötzlich steht der Gerichtsvollzieher vor der Tür und fordert Sie, mit einem Zuweisungsbeschluss in der Hand, auf, unverzüglich die Ehewohnung zu verlassen. Es können meist nur persönliche Sachen mitgenommen werden. Hausratsgegenstände dürfen nicht aus der Wohnung entfernt werden. Die Wohnungsschlüssel sind unverzüglich herauszugeben.

Dr. Schröck – Kanzlei für Familienrecht - Ehewohnung - Wer bleibt? - Wer muss gehen? 5

OLG Stuttgart, Beschluss vom 27.11.2003 – 18 WF 190/03
Unbillige Härte” – abgesenkte Eingriffsschwelle – einstweilige Anordnung


Zum Inhalt:

In diesem Fall geht es um die Zuweisung einer Ehewohnung während eines Trennungsverfahrens. Die Ehefrau (Ast.) beantragt, dass ihr die Wohnung alleine zugewiesen wird, da sie und die Kinder unter einer sehr belastenden Situation leben. Der Ehemann (Ag.) soll psychische Gewalt ausüben, indem er die Frau beleidigt und sie bedroht. Die Ehefrau schläft mit den Kindern im Kinderzimmer und schließt sich dort ein, um sich und die Kinder zu schützen.

Das Gericht stellt fest, dass die häusliche Atmosphäre durch massive Spannungen zwischen den Eheleuten als unerträglich wahrgenommen werden kann, was für das Wohl der Kinder schädlich ist. Auch wenn das Gericht keine Aussagen des ältesten Kindes (X) verwerten kann, da bei dessen Anhörung keine Belehrung über das Zeugnisverweigerungsrecht erfolgte, ist die Situation für die Kinder klar belastend. Das Gericht entscheidet, dass die Ehefrau die Wohnung zur alleinigen Nutzung zugewiesen bekommt, um das Wohl der Kinder zu sichern und eine unbillige Härte zu vermeiden.

Zusammengefasst: Das Gericht gibt der Ehefrau die Wohnung, weil die häusliche Situation für alle Beteiligten unzumutbar ist und das Wohl der Kinder gefährdet ist.

Aus den Entscheidungsgründen

(Zitat): “Rechtsgrundlage für die Wohnungszuweisung während der Dauer des Getrenntlebens ist der durch das Gesetz zur Verbesserung des zivilrechtlichen Schutzes bei Gewalttaten und Nachstellungen sowie zur Erleichterung der Überlassung der Ehewohnung bei der Trennung neu gefasste § 1361b BGB. Nach Abs. 1 der Vorschrift kann bei Getrenntleben der Ehegatten oder bei Trennungsabsicht auch nur eines Ehegatten der Antragsteller verlangen, dass ihm der andere die Ehewohnung oder einen Teil derselben zur alleinigen Benutzung überlässt. Voraussetzung hierfür ist, dass die Zuweisung notwendig ist, um eine unbillige Härte zu vermeiden. Damit enthält die Neufassung von § 1361b Abs. 1 S. 1 BGB eine Absenkung der Eingriffsschwelle gegenüber der bis 31.12.2001 geltenden Fassung, wonach die Wohnungszuweisung nur zur Vermeidung einer schweren Härte möglich war (hierzu Bundestags-Drucksache 14/5420, S. 33; Johannsen/Henrich/Brudermüller, Eherecht, 4. Auflage, § 1361b Rn. 2, Schumacher, FamRZ 2002, 645, 456). Das Vorliegen einer unbilligen Härte kann sich nach § 1361b Abs. 1 S. 2 BGB auch daraus ergeben, dass das Wohl von im Haushalt lebenden Kindern beeinträchtigt ist. Gem. § 1361b Abs. 2 S. 1 BGB ist bei vorangegangener Gewalttätigkeit durch den Antragsgegner dem geschädigten Ehegatten die Wohnung zur alleinigen Benutzung zu überlassen. Nach Satz 2 der Vorschrift ist der Anspruch auf alleinige Wohnungszuweisung bei vorangegangener Gewalttätigkeit oder Bedrohung durch den Antragsgegner nur dann ausgeschlossen, wenn keine weiteren Verletzungen oder widerrechtlichen Drohungen zu besorgen sind, es sei denn, dass dem verletzten Ehegatten das weitere Zusammenleben mit dem anderen wegen der Schwere der Tat nicht zuzumuten ist. Die Neufassung von § 1361b BGB hat zur Konsequenz, dass in Fällen, in denen bereits nach § 1361b Abs. 1 a.F. BGB ein Wohnungszuweisungsgrund bejaht wurde, nach neuem Recht ein solcher erst recht gegeben ist. In den Grenzfällen nach altem Recht, insbesondere solchen, in denen der Antrag auf Alleinzuweisung der Ehewohnung abgewiesen und stattdessen eine Aufteilung vorgenommen wurde, werden nach der nunmehr geltenden Rechtslage zumindest bei vorangegangener Gewaltanwendung oder Gewaltdrohung die Voraussetzungen von § 1361b Abs. 1 BGB für Alleinzuweisung der Ehewohnung an den Antragsteller meist zu bejahen sein.”

Rechtsprechung

AG Ebersberg, Beschluss vom 08.05.2020 – 3 F 284/20
(intern vorhanden; unser Az.: 1101/19)
Zuweisung der im Miteigentum der Eltern befindliche Ehewohnung im Wege einstweiliger Anordnung wegen Kindeswohl (§ 1361b Abs.1 S.2 BGB)


Praxishinweise bei einstweiliger Anordnung:
Wer in beengten wirtschaftlichen Verhältnissen lebt und keine alternative Unterkunft erreichen kann, sollte sich daher rechtzeitig beim zuständigen Landratsamt um einen Wohnberechtigungsschein für Sozialwohnungen bemühen.

Da die Wohnungszuweisung ein schwerer Eingriff in die Persönlichkeitssphäre darstellt, muss dieser sich als ultima ratio und verhältnismäßig darstellen. Es darf kein milderes Mittel als Alternative zur Ehewohnungszuweisung in Betracht kommen.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung (kann bei Erlass einer einstweiligen Anordnung ohne mündliche Verhandlung beantragt werden: § 54 Abs.2 FamFG) kann etwa ein Gegenantrag auf Regelung des Getrenntlebens “unter einem Dach” gestellt werden (Fallstricke: Getrenntleben unter einem Dach).

Kann glaubhaft gemacht werden, dass kein alternativer Wohnraum zur Verfügung steht und auch nicht erreichbar ist (z.B. Wohnberechtigungsschein ist nicht zu bekommen), sollte Vollstreckungsschutz nach § 55 FamFG verbunden mit der in Ehewohnungssachen nach § 57 S.2 Ziff.5 FamFG zulässigen Beschwerde beantragt werden.

Gerichtsbeschluss
Tenor in der Praxis


Wird die Ehewohnung zur Nutzung einem Ex-Partner zugewiesen, so lautet die Beschlussformel des Familiengerichts in der Regel wie folgt:

  1. Die Ehewohnung der Beteiligten [genaue Bezeichnung der Ehewohnung] wird dem Antragsteller zur alleinigen Benutzung zugewiesen.
  2. Die Antragsgegnerin wird aufgegeben, mit ihren persönlichen Gegenständen aus der Ehewohnung auszuziehen und alle dazugehörigen Schlüssel an den Antragsteller herauszugeben.


Vollstreckung
von Beschlüssen zur Wohnungszuweisung



Neben der Überlassungsanordnung der Ehewohnung an einen Ehegatten, erfolgen in den Verfahren nach § 1361b BGB häufig weitere Begleitanordnungen. Gem. § 209 Abs.1 FamFG soll das Gericht die Begleitanordnungen treffen, die zur Durchführung der Nutzungszuweisung erforderlich sind. Für jede Begleitanordnungen gelten besondere Vollstreckungsregeln:

Räumungsanordnung


Die Räumungsanordnung (= Herausgabeanordnung unbeweglicher Sachen) ist eine Begleitanordnung zur Wohnungsüberlassung gem. § 209 Abs. 1 FamFG. Eine eventuell verweigerte Räumung wird nach §§ 885 ZPO, § 95 Abs. 1 Nr. 2, 96 Abs. 2 FamFG vollstreckt (OLG Saarbrücken, Beschluss vom 22.08.2005 – 9 WF 65/05). Ein Gerichtsvollzieher ist hinzuzuziehen. Der Gerichtsvollzieher hat den zum Auszug verpflichteten Ehegatten aus dem Besitz zu setzen und den anderen in den Besitz einzuweisen. „Räumung“ im Rahmen eines Wohnungszuweisungsverfahrens bedeutet grundsätzlich: Der Gerichtsvollzieher setzt (lediglich) den Schuldner nebst persönlicher Habe wie Kleidung etc. aus der Wohnung; der gemeinsame eheliche Hausrat verbleibt in der Wohnung. Mit Beschluss zur Ehewohnungszuweisung geht keine Haushaltsaufteilung einher. Es handelt sich auch nicht um eine Räumung wie bei einer Mietsache, in der sämtliche Möbel und die hierin ent­haltenen Gegenstände ausgezogen werden müssen. Für die Sachen, die akut benötigt, insb. Kleidung, Hygieneartikel, persönliche Gegenstände, etc., ist weder eine Umzugsfirma noch umfangreich Verpackungsmaterial o.ä. erforderlich (AG Ebersberg, Beschluss vom 12.05.2020 – 3 F 284/20, intern vorhanden, unser Az.: 1101/19).


Herausgabe der Wohnungsschlüssel


Die Anordnung zur Wohnungsschlüsselherausgabe (= Herausgabeanordnung beweglicher Sachen) wird nach §§ 883 ZPO, § 95 Abs. 1 Nr. 2 FamFG vollstreckt. Ein Gerichtsvollzieher ist hinzuzuziehen.


Betretungsverbot


Anordnung eines Betretungsverbots (= Unterlassungsanordnung) wird mit Festsetzung von Ordnungsgeld vollstreckt (§§ 890 ZPO, § 95 Abs. 1 Nr. 4 FamFG). Dem Beschluss zur Verhängung von Ordnungsgeld muss eine entsprechende Androhung vorausgehen (§ 890 Abs.2 ZPO). Die Androhung verlangt ein Rechtschutzbedürfnis (KG, vom 11.11.1986 – 5 W 5283/86).


Weiterführende Links


  • Mathias Grandel, Vollstreckbarkeit familienrechtlicher Regelungen, DAV 2015
  • IWW: So werden einstweilige Anordnungen vollstreckt | hier
  • Vollstreckung von Unterhaltstiteln | hier

Rücksichtnahme
und Wohlverhaltensgebot

Gebot gegenseitiger Rücksichtnahme und Verantwortung
(§§ 1353 Abs.1 S.2, 1361 Abs.3 BGB)


Solange die Ehe nicht geschieden ist, gilt auch für getrenntlebende Ehegatten das Gebot zur gegenseitigen Rücksichtnahme nach § 1353 Abs.1 S.2 BGB. Aus dem Wesen der Ehe ergibt sich für beide Ehegatten die – aus § 1353 Abs. 1 S. 2 BGB abzuleitende – Verpflichtung, die finanziellen Lasten des anderen Teils nach Möglichkeit zu vermindern, soweit dies ohne eine Verletzung eigener Interessen möglich ist (BGH FamRZ 2005, 182). Das allgemeine Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme (§ 1353 Abs.1 S.2 BGB) wird beim Streit um die Ehewohnung um das Wohlverhaltensgebot gem. § 1361b Abs.3 S.1 BGB ergänzt. Die Rechtsprechung stützt auf § 1353 Abs.1 und § 1361b Abs.3 BGB zahlreiche Ansprüche, die gesetzlich nicht gesondert geregelt sind. Hier folgen Beispiele:


Die Schlüsselgewalt

über Ehewohnung


Es kommt in der Praxis immer wieder vor, dass der ausgezogene Ehegatte die Wohnungsschlüssel einbehält. Damit wird gegen das Wohlverhaltensgebot verstoßen. Alleinige Nutzung der Ehewohnung i.S.d. § 1361b Abs.1 S.1 BGB bedeutet alleinige Schlüsselgewalt. Nach dem Willen des Gesetzgebers folgt aus § 1361b Abs.3 BGB, dass die Schlüssel an den in der Ehewohnung verbliebenen Ehegatten herauszugeben sind (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 23.03.2015 – 4 UF 211/14). Der ausgezogene Ehegatte kann sich dabei nicht auf sein (Mit-)Eigentumsrecht an der Ehewohnung berufen. Allgemeine Eigentumsrechte gelten im Bereich des Rechts zur Ehewohnung nicht.
Ehewohnung und Eigentumsrecht


Aussperren

aus der Ehewohnung?


Dr. Schröck – Kanzlei für Familienrecht - Ehewohnung - Wer bleibt? - Wer muss gehen? 5

OLG Karlsruhe v. 25.04.2000 – 2 UF 195/99
Schlössertausch & Zuweisung der Ehewohnung


Ein Ehegatte, der vom anderen Ehegatten aus der Ehewohnung während der Trennungsphase ausgesperrt wurde, kann die Wiedereinräumung des Besitzes an der Ehewohnung zum Zwecke des Getrenntlebens in der Ehewohnung nach § 1361b BGB analog verlangen. Das Alleineigentum des aussperrenden Ehegatten an der Ehewohnung rechtfertigt nicht, diese ihm alleine zuzuweisen.

Im Antrag auf Erlass eines Beschlusses zur Wohnungszuweisung sollte klarstellend die Ermächtigung zum Austausch der Schlösser nach Ablauf der Räumungsfrist aufgenommen werden. Erst dann ist der Schlösseraustausch rechtlich zulässig (OLG Karlsruhe, FamRZ 1994, 1185, 1186).

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OLG Frankfurt a.M. v. 11.03.2019 – 4 UF 188/18
Wiedereinräumung des Besitzes nach Aussperren


Leitsatz: 

Werden einem Ehegatten Besitz- und Nutzungsrechte an der Ehewohnung durch verbotene Eigenmacht des anderen (Aussperrung) entzogen, ergibt sich sein Anspruch auf Wiedereinräumung aus § 1361b BGB analog, nicht aus § 861 BGB (Anschluss an OLG Karlsruhe FamRZ 2001, 760-761; Abgrenzung zu OLG Koblenz FamRZ 2009, 1934-1936 und OLG Schleswig FamRZ 1997, 892).

Praxistipp:
Finden Sie Ihre Ehewohnung verschlossen vor, weil Ihr Ehegatte die Türschlösser auswechseln ließ, sollten Sie nicht nur den Schlüsseldienst, sondern gleichzeitig die Polizei verständigen. Weisen Sie sich gegenüber der Polizei mit Ihrem Personalausweis als im Haus wohnhaft aus. Damit kann die Polizei den Schlüsseldienst ermächtigen, das vom Ehegatten eigenmächtig eingebaute Schloss wieder auszuwechseln und ein neues Schloss einzubauen. Lassen Sie sich die Schlüssel für das neue Schloss vom Schlüsseldienst aushändigen und übergeben einen Satz Schlüssel wiederum (auch) Ihrem Ehepartner. Mit einer erneuten Aktion seitens Ihres Ehegatten dieser Art riskiert der Ehegatte einen polizeilichen Platzverweis.


Hausverbot


  • Es kann – gerade bei einer beengten Wohnsituation – eine unbillige Härte darstellen, wenn der/die neue Freund/in wiederholt in der Ehewohnung auftaucht oder sogar über Nacht bleibt. Die Ehewohnung kann in diesem Fall dem (belästigten) Ehegatten alleine zugewiesen werden, selbst dann, wenn die Ehewohnung dem anderen Ehegatten gehört. Dies entschied das OLG Hamm, Beschluss vom 28.12.2015 – II-2 UF 186/15). Die Tatsache, dass statt einer Ehewohnungszuweisung auch mit Erfolg ein Hausverbot gegen die/den “Neue/n”, wird in der Entscheidung des OLG Hamm nicht erwähnt.
  • Jeder Ehegatte einem Dritten Hausverbot erteilen (bei Miteigentum: Anspruch aus § 1004 BGB) und zwar auch gegen den Willen des anderen Ehegatten (§ 1011 BGB). Jeder Ehegatte kann von dem Dritten und von dem anderen Ehegatten verlangen, es zu unterlassen, einen neuen Lebenspartner vorübergehend oder dauerhaft in die gemeinsame Ehewohnung mitzubringen. Dieses Recht, entsprechende Hausverbote zu erteilen, folgt aus dem Anspruch auf Schutz des sog. räumlichen Ehebereichs (= Ehewohnung) analog §§ 823, 1004 BGB.


Räumung
Die zurückgelassenen Gegenstände der/des Ex


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KG, Beschluss vom 07.03.2017 – 18 UF 118/16
Gegenstände einlagern – Kein Anspruch auf Kostenerstattung


Anmerkung: Im Fall des Kammergerichts Berlin hatte die Ehefrau die Ehewohnung verlassen und persönliche Gegenstände zurückgelassen. Trotz Aufforderung mit Fristsetzung des Ehemannes holte die Frau ihre Sachen nicht aus der Wohnung. Der Ehemann lagerte die Gegenstände daraufhin ein und forderte Erstattung der Einlagerungskosten. Das Gericht sah diesen Anspruch als unbegründet an. Der Ehemann hätte hier anders vorgehen müssen: mit dem unerwünschte Zurücklassung ihrer persönlichen Gegenstände, begeht die Ehefrau einen Verstoß gegen das Wohlverhaltensgebot nach § 1361b Abs.3 S.1 BGB. Dieser Verstoß ist vom Ehemann abzuwehren, indem er ein Verfahren gem. §§ 200 ff. FamFG anstrebt, damit das Familiengericht gem. § 209 FamFG per Beschluss anordnet, dass die Ehefrau ihre Gegenstände aus der Wohnung zu entfernen hat. Eine andere Vorgehensweise stellt sich für das Kammergericht offenbar als verbotene Eigenmacht dar. Wenn der ausgezogene Ehegatte Nutzungsentschädigung nach § 1361b Abs.3 BGB fordert, sollte er die Ehewohnung räumen. Denn ohne Räumung erscheint eine Nutzungsentschädigung u.U. als “unbillig”
Nutzungsvergütung nach Trennung

Verteilung
der Wohnungskosten nach Auszug

Eigenheim
nach trennungsbedingtem Auszug


Ist die Ehewohnung im Alleineigentum eines oder im Miteigentum beider Ehegatten, stellt sich nach der Trennung die Frage, wie sich das mietfreie Wohnen des im Eigenheim verbleibenden Ehegatten auswirkt.

  • Der Vorteil des mietfreien Wohnens im Eigenheim wird im Unterhaltsrecht als Wohnvorteil berücksichtigt.
    Unterhaltsberechnung mit Wohnvorteil
  • Kann dieser Wohnvorteil nicht unterhaltsrechtlich erfasst werden, so kann es zu einem isolierten Anspruch des ausgezogenen Ehegatten auf Nutzungsentschädigung nach § 1361b Abs.3 BGB kommen.
    | Nutzungsvergütung nach Trennung
  • Zur Verteilung der Hauslasten und Hausnebenkosten
    Hauslastenverteilung

Mietwohnung
nach trennungsbedingtem Auszug


Derjenige Ehegatte, der aus der ehelichen Mietwohnung auszieht, hat kein Interesse daran, für die eheliche Ehewohnung weiter die Miete zu bezahlen. Muss der ausgezogene Ehegatte nach Trennung sich weiter an den Mietkosten zu beteiligen?
Die ehemalige Mietwohnung

Endgültige Überlassung
der Ehewohnung anlässlich der Scheidung

§ 1568a BGB
Gesetzestext


(1) Ein Ehegatte kann verlangen, dass ihm der andere Ehegatte anlässlich der Scheidung die Ehewohnung überlässt , wenn er auf deren Nutzung unter Berücksichtigung des Wohls der im Haushalt lebenden Kinder und der Lebensverhältnisse der Ehegatten in stärkerem Maße angewiesen ist als der andere Ehegatte oder die Überlassung aus anderen Gründen der Billigkeit entspricht.

(2) Ist einer der Ehegatten allein oder gemeinsam mit einem Dritten Eigentümer des Grundstücks, auf dem sich die Ehewohnung befindet, oder steht einem Ehegatten allein oder gemeinsam mit einem Dritten ein Nießbrauch, das Erbbaurecht oder ein dingliches Wohnrecht an dem Grundstück zu, so kann der andere Ehegatte die Überlassung nur verlangen, wenn dies notwendig ist, um eine unbillige Härte zu vermeiden. Entsprechendes gilt für das Wohnungseigentum und das Dauerwohnrecht.

(3) Der Ehegatte, dem die Wohnung überlassen wird, tritt

1. zum Zeitpunkt des Zugangs der Mitteilung der Ehegatten über die Überlassung an den Vermieter oder

2. mit Rechtskraft der Endentscheidung im Wohnungszuweisungsverfahren an Stelle des zur Überlassung verpflichteten Ehegatten in ein von diesem eingegangenes Mietverhältnis ein oder setzt ein von beiden eingegangenes Mietverhältnis allein fort. § 563 Absatz 4 gilt entsprechend.

(4) Ein Ehegatte kann die Begründung eines Mietverhältnisses über eine Wohnung, die die Ehegatten auf Grund eines Dienst- oder Arbeitsverhältnisses innehaben, das zwischen einem von ihnen und einem Dritten besteht, nur verlangen, wenn der Dritte einverstanden oder dies notwendig ist, um eine schwere Härte zu vermeiden.

(5) Besteht kein Mietverhältnis über die Ehewohnung, so kann sowohl der Ehegatte, der Anspruch auf deren Überlassung hat, als auch die zur Vermietung berechtigte Person die Begründung eines Mietverhältnisses zu ortsüblichen Bedingungen verlangen. Unter den Voraussetzungen des § 575 Absatz 1 oder wenn die Begründung eines unbefristeten Mietverhältnisses unter Würdigung der berechtigten Interessen des Vermieters unbillig ist, kann der Vermieter eine angemessene Befristung des Mietverhältnisses verlangen. Kommt eine Einigung über die Höhe der Miete nicht zustande, kann der Vermieter eine angemessene Miete, im Zweifel die ortsübliche Vergleichsmiete, verlangen.

(6) In den Fällen der Absätze 3 und 5 erlischt der Anspruch auf Eintritt in ein Mietverhältnis oder auf seine Begründung ein Jahr nach Rechtskraft der Endentscheidung in der Scheidungssache, wenn er nicht vorher rechtshängig gemacht worden ist.


Anmerkung


  • Anlässlich der Trennung kann das Familiengericht nach § 1361b BGB nur vorläufig die Nutzung der Ehewohnung regeln.
  • Anlässlich der Scheidung ändert sich das. Hier kann als Folgesache zur Scheidung eine endgültige Nutzungsregelung beantragt werden. Im Familienrecht folgt das Nutzungsrecht an der Ehewohnung nicht unbedingt dem Eigentumsrecht. Dies ist nur ein Umstand, der für die Zuweisung der Ehewohnung spricht (§ 1568a Abs.2 BGB). Somit wird klar, dass § 1568a BGB eine familienrechtlich spezifische Sonderregelung gegenüber dem allgemeinen Schuldrecht und den dort vorgesehenen Rechten zum Besitz und Nutzung einer Wohnung ist. Somit hat auch der (Ex-)Ehegatte als Eigentümer der Ehewohnung, in der er weiterhin wohnen bleiben möchte, ein rechtliches Interesse an einer gerichtlichen Entscheidung nach § 1568a Abs.1 BGB.

Rechtsprechung


Dr. Schröck – Kanzlei für Familienrecht - Ehewohnung - Wer bleibt? - Wer muss gehen? 5

AG Miesbach, Beschluss vom 18.04.2013 – (K) 1 F 212/12 
(intern vorhanden, unser Az.: 2/15)
Ehewohnungszuweisung an den Eigentümer der Ehewohnung


Aus dem Inhalt:

Der Entscheidung des Familiengerichts lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der Antragsteller ist Alleineigentümer des streitgegenständlichen Anwesens. In der Trennungsphase lebten die Eheleute unter einem Dach. Die Ehefrau (Antragsgegnerin) bewohnte ein in dem Anwesen befindliches Appartement mit eigenem Badezimmer. Da der gemeinsame Sohn befindet sich in Ausbildung und wohnt ebenfalls im Anwesen. Da das Appartement von der Antragsgegnerin bewohnt wurde, musste dieser im Keller schlafen. Der Antragsteller (80 Jahre alt) beansprucht die Zuweisung der ihm gehörenden DHH als Ehewohnung. Er trägt vor, dass er schwer herzkrank ist, sodass seine psychi­sche Situation angeschlagen ist und sich Streitereien und Auseinandersetzungen mit der Antragsgegnerin auf seine psychische und physische Situation negativ auswirken. Zudem leide der im Haushalt lebende, knapp 28-jährige Sohn, unter der häuslichen Si­tuation. Der Antragssteller beantragt deshalb, ihm die Ehewohnung zur alleinigen Benutzung zuzuweisen und der Antragsgegnerin aufzugeben, die Ehewohnung ihm zur alleinigen Benutzung zu überlas­sen.

Die Antragsgegnerin beantragt Zurückweisung, hilfsweise Räumungsfrist. Sie bestreitet, dass der Antragsteller unter der häuslichen Situation leidet und eine hochgradige Herzerkrankung beim Antragsteller vorliegt, ebenso dass der gemeinsame Sohn gesundheitlich angegriffen ist. Sie trägt vor, die Wohnung seit der Heirat für die Antragsgegnerin Lebensmittel­punkt und Heimat ist und sie sich aufgrund ihrer niedrigen Rente auf dem örtlichen Wohnungs­markt keine Ersatzwohnung beschaffen kann. Außerdem habe sie als Nichteigentümerin erheb­liche Mittel für den Bau der bei Heirat in Rohbau befindlichen Ehewohnung erbracht.

Der Antrag lautet:

1. Die in [ORT], [ORTSTEIL], [ANSCHRIFT], gelegene Ehewohnung in Form einer Doppelhaushälfte, eingetragen im Grundbuch des [NAME des AMTSGERICHTS], Blatt [NR.] Flurstück [NR.] wird dem Antragsteller zur alleinigen Nutzung überlassen.

2. Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, die im Antrag Ziffer 1 bezeichneten Ehewohnung nach Rechtskraft der Scheidung sofort und dem Antragsteller zur alleinigen Nutzung zu überlassen.

3. Bei der Räumung ist § 885 Abs.2 bis 4 ZPO nicht anzuwenden

Aus den Entscheidungsgründen

(Zitat): “Der Anspruch des Antragstellers ist begründet. Gem. § 1568a Abs.1 BGB kann ein Ehegatte ver­langen, dass ihm der andere Ehegatte anlässlich der Scheidung die Ehewohnung überlässt, wenn er auf die Nutzung unter Berücksichtigung des Wohls der im Haushalt lebenden Kinder und der Lebensverhältnisse der Ehegatten in stärkerem Masse angewiesen ist als der andere Ehegatte oder die Überlassung aus anderen Gründen der Billigkeit entspricht. Für die Zuweisungsentscheidung ist es ohne Bedeutung, auf welchem Rechtsverhältnis das Nutzungsrecht an der Wohnung beruht, insbesondere ob einer oder beide Ehegatten Eigentü­mer sind. Entscheidend ist vielmehr, wer stärker auf die Ehewohnung angewiesen ist, wobei dem nicht die Wohnung begehrenden Ehegatten diese auch nicht zugesprochen werden kann, wenn er keinen Antrag stellt. Im vorliegenden Fall vermag der im Haushalt lebende Sohn kein Kriterium zu sein. Zwar unter­scheidet § 1568a BGB nicht nach minderjährigen und volljährigen Kindern, aber für den angegrif­fenen gesundheitlichen Zustand des noch in Ausbildung befindlichen Sohnes, der bestritten ist, liegt kein aktuelles Beweisangebot vor. Ein ärztliches Zeugnis aus 2011 ist unbehelflich. Der schlechte gesundheitliche Zustand des Antragstellers dagegen ist durch ärztliche Atteste, insbes. vom 23.1.2013 nachgewiesen. Die Herzerkrankung an sich hat die Antragsgegnerin auch nicht bestritten, sondern lediglich, dass diese hochgradig ist. Auch das Alter kann ein Zuweisungskriterium sein. Zwar sind beide Eheleute schon Rentner, aber der Antragsteller steht bereits im 80. Lebensjahr. Die Verbundenheit zur Ehewohnung der Eheleute vermag kein Argument zu liefern, da beide Eheleute während der Ehezeit in der Ehewohnung gelebt haben. Die Vermögens- und Einkommensverhältnisse sprechen eher für die Antragsgegnerin, da der An­tragsteller sich als Eigentümer der DHH und mit einem höheren Rentenbezug als die Antragsgeg­nerin besser steht. Die Eigentumslage spricht im Rahmen der Billigkeitsprüfung nach Abs.1 S.2 ebenfalls für den An­tragsteller, wobei zu sehen ist, dass das Eigentum allein kein Abwägungskriterium ist, da der andere Ehegatte nur solange ein Recht zu Besitz hat, als die Scheidung nicht rechtskräftig ist. Nach der Scheidung hat der Alleineigentümer Ansprüche aus § 985 BGB. Die Frage der unbilligen Härte nach Abs.2 ist nicht zu prüfen, da nicht die Antragsgegnerin einen Zuweisungsanspruch geltend macht. Es liegen also Gründe vor, die für eine Zuweisung der Ehewohnung zur alleinigen Benutzung an den Antragsteller sprechen. Um für die finanziell schwache Antragsgegnerin die Folgen der Zuweisung zu mildern, war gem. § 209 FamFG eine großzügige Räumungsfrist festzusetzen. Weiterhin war anzuordnen, dass der § 885 Abs.2 bis 4 ZPO nicht anzuwenden ist.”

Dr. Schröck – Kanzlei für Familienrecht - Ehewohnung - Wer bleibt? - Wer muss gehen? 5

OLG Hamm, Beschluss vom 21.1.2016 – 12 UF 170/15
Antrag auf Ehewohnungsüberlassung während der Trennungszeit?


Der Anspruch auf Mitwirkung an der Mitteilung nach § > 1568a Abs.3 BGB kann schon während der Trennungszeit geltend gemacht werden (entgegen OLG Hamm, FamRZ 2015, 667).

  • Weiterführende Literatur:
    Alexander Erbarth, Der Anspruch auf Überlassung einer Genossenschaftswohnung gem. § 1568a Abs.1 BGB, in: NZFam 2020, 66 (ausführliche Besprechung des § 1568a Abs.1 BGB)

Mietvertrag
zum Schutz des in der Ehewohnung verbleibenden Ehegatten (§ 1568a Abs.5 BGB)


Wem als (Ex-)Ehegatten und Miteigentümer einer (ehemaligen) ehelichen Immobilie die Teilungsversteigerung droht, kann den Erfolg der Teilungsversteigerung erheblich torpedieren, wenn er (prophylaktisch) die endgültige Zuweisung der Ehewohnung anstrebt.
mehr

  • Weiterführende Literatur:
    Wever, Mietvertrag zwischen Ehegatten als Schutzinstrument, in: FF 2019, 387 ff.

Links & Literatur



Links



Literatur & Rechtsprechung


  • Isabell Götz, Ehewohnung oder nicht Ehewohnung? – Das ist jetzt die Frage, in: NZFam 2017, 433
  • BGH, z ur Ehewohnung während der Trennungszeit, Beschluss vom 28.09.2016 – XII ZB 487/15,
  • KG, Beschluss vom 25.02.2015 – 3 UF 55/14, Voraussetzungen einer Wohnungszuweisung, in NZFam 2015, 378
  • OLG Nürnberg : Antrag des geschiedenen Ehegatten auf Teilnutzung des gemeinsamen Hauses, in NJW-RR 2013, 838 .
  • OLG Frankfurt , Vollstreckung Räumung und Herausgabe der Ehewohnung, Beschluss vom 22.02.2013 – 4 WF 48/13
  • OLG München, Zulässigkeit eines während der Trennungszeit geltend gemachten Antrages des Eigentümer-Ehegatten gegen den anderen Ehegatten auf Herausgabe des vor der Trennung als Ehewohnung genutzten Hauses, Beschluss v. 16.09.2015 – 12 UF 475/15
  • OLG Bamberg, Wohnungszuweisung unter Begründung eines Mietverhältnisses, Beschluss vom 03.11.2016 – 2 UF 154/16
  • Michael Drasdo, Zuweisung von Genossenschaftswohnungen bei familienrechtlichen Auseinandersetzungen, in: FF 2017, 55
  • Walter Kogel, § 1568a BGB – ein neuer, ungeahnter Stolperstein bei der Teilungsversteigerung, FamRB 2010, 191
  • Birgit Goldschmidt-Neumann, Ehewohnungssachen: So wirkt sich der neu geregelte § 1568a BGB mietrechtlich aus, in: MK Mietrecht kompakt 2010, 115
  • Ulrike Bastian-Holler, Überlassung der Ehewohnung nach Rechtskraft der Scheidung, in FamFR 2010, 381 .


In eigener Sache


  • AG Ebersberg – 3 F 284/20, einstweilige Anordnung, Beschluss zur Ehewohnungszuweisung an Vater mit drei Kindern, unser Az.: 1101/19 (D3/261-20)
  • Zum Hausverbot, unser Az.: 1101/19 (D3/33-20)
  • AG Dachau, Antrag auf Zuweisung der Ehewohnung zur Sicherung des Kindeswohls, unser Az.: 37/19 (D3/403-19)
  • AG Amberg – 2 F 887/18, Antrag auf Zuweisung der Ehewohnung an den Ehegatten und Vater von vier Kindern, unser Az.: 601/18 (D3/997-18)
  • Bestellung eines dinglichen Wohnrechts (Nießbrauch) für Ex-Ehegatten an Immobilie des anderen Ehegatten, unser Az.: 28/18
  • Endgültige Zuweisung der Ehewohnung & Teilungsversteigerung, unser Az.: 167/15 (D3 755-15)
  • AG Neumarkt i.d.OPf – 2 F 596/13, Antrag auf Zuweisung der Ehewohnung an die Ehefrau (keine Kinder) im Wege einstweiliger Anordnung, unser Az.: 264/13 (D3/469-13)
  • AG Kaufbeuren, Anträge auf Zuweisung der Ehewohnung wegen Gewaltschutz, unser Az.: 407/04 (D1/D28413 und D1/D28413)
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