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Bedürftigkeit: Wenn der Bedarf an Unterhalt nicht selbst gedeckt werden kann.


​Die Bedürftigkeit ist eine zentrale Voraussetzung für einen Unterhaltsanspruch im deutschen Familienrecht. Sie liegt vor, wenn der Unterhaltsberechtigte nicht in der Lage ist, seinen Lebensunterhalt aus eigenen Mitteln zu bestreiten.

Wer den systematischen Rahmen nicht kennt, wird es schwer haben, die Rechtsprechung im komplexen Unterhaltsrecht nachzuvollziehen und den Unterhalt korrekt zu berechnen. Dieses Rechtsgebiet folgt bestimmten Grundprinzipien, die ein einheitliches Schema erkennen lassen. Um das Unterhaltsrecht besser zu verstehen, ist die Orientierung an Prüfungsschemata daher unerlässlich.

Dr. Schröck – Kanzlei für Familienrecht - Unterhalt berechnen – Das ultimative Prüfungsschema 5

Grundschema der Unterhaltsermittlung

Jede Prüfung eines Unterhaltsanspruchs folgt dem gleichen Grundschema. Auf der dritten Prüfungsebene wird die Bedürftigkeit des Unterhaltsberechtigten bestimmt.


Dr. Schröck – Kanzlei für Familienrecht - Unterhalt berechnen – Das ultimative Prüfungsschema 5

Bedürftigkeit – Die Prüfungsebene III

Soweit der Unterhaltsberechtigte den Unterhaltsbedarf selbst decken kann, fehlt dem Unterhaltsberechtigten die Bedürftigkeit. Insoweit muss der Unterhaltsschuldner keinen Unterhalt leisten. Die Ermittlung der Bedürftigkeit ist Gegenstand der dritten Prüfungsebene des Grundschemas zur Unterhaltsermittlung.

Gesetzliche Vorschriften zur Bedürftigkeit

Wie beim Bedarf finden sich zur Prüfungsebene für die Bedürftigkeit getrennte Vorschriften zum Verwandtenunterhalt einerseits und zum Ehegattenunterhalt (Trennungsunterhalt & nachehelicher Unterhalt) anderseits:

Verwandtenunterhalt: § 1602 BGB – Gesetzestext


(1) Unterhaltsberechtigt ist nur, wer außerstande ist, sich selbst zu unterhalten.

(2) Ein minderjähriges unverheiratetes Kind kann von seinen Eltern, auch wenn es Vermögen hat, die Gewährung des Unterhalts insoweit verlangen, als die Einkünfte seines Vermögens und der Ertrag seiner Arbeit zum Unterhalt nicht ausreichen.

Trennungsunterhalt: § 1361 Abs.2 BGB – Gesetzestext


(2) Der nicht erwerbstätige Ehegatte kann nur dann darauf verwiesen werden, seinen Unterhalt durch eine Erwerbstätigkeit selbst zu verdienen, wenn dies von ihm nach seinen persönlichen Verhältnissen, insbesondere wegen einer früheren Erwerbstätigkeit unter Berücksichtigung der Dauer der Ehe, und nach den wirtschaftlichen Verhältnissen beider Ehegatten erwartet werden kann.

Nachehelicher Unterhalt: § 1577 BGB – Gesetzestext


(1) Der geschiedene Ehegatte kann den Unterhalt nach den §§ 1570 bis 1573, 1575 und 1576 nicht verlangen, solange und soweit er sich aus seinen Einkünften und seinem  Vermögen selbst unterhalten kann.

(2) Einkünfte sind nicht anzurechnen, soweit der Verpflichtete nicht den vollen Unterhalt (§§ 1578 und 1578b) leistet. Einkünfte, die den vollen Unterhalt übersteigen, sind insoweit anzurechnen, als dies unter Berücksichtigung der beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse der Billigkeit entspricht.

(3) Den Stamm des Vermögens braucht der Berechtigte nicht zu verwerten, soweit die Verwertung unwirtschaftlich oder unter Berücksichtigung der beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse unbillig wäre.

(4) War zum Zeitpunkt der Ehescheidung zu erwarten, dass der Unterhalt des Berechtigten aus seinem Vermögen nachhaltig gesichert sein würde, fällt das Vermögen aber später weg, so besteht kein Anspruch auf Unterhalt. Dies gilt nicht, wenn im Zeitpunkt des Vermögenswegfalls von dem Ehegatten wegen der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann.

Grundsätze

Rangfolge und Aufgabe der Bedarfsdeckung


Bei der Bedürftigkeit wird danach gefragt, wer den Unterhaltsbedarf deckt. Entweder der Unterhaltsgläubiger selbst, der Unterhaltsschuldner oder gar Sozialeinrichtungen. Letztendlich geht es um den Vorrang bzw. Nachrang zwischen verschiedenen möglichen Personen oder Institutionen, die aufgerufen sein können, die Bedarfslücke zu schließen.

Vorrang der Eigenverantwortung
des Unterhaltsberechtigten


Der Wortlaut der §§ 1602 Abs.1 BGB und 1577 Abs.1 BGB macht deutlich, dass vorrangig der Unterhaltsgläubiger selbst für die Deckung seiner Bedarfslücke zu sorgen hat. Erst wenn feststeht, dass er „außerstande “ ist, ihm nicht zugemutet oder von ihm nicht „erwartet werden kann “ (§ 1361 Abs.2 BGB), die Bedarfslücke selbst zu schließen, kommt nachrangig ein Unterhaltsanspruch in Betracht: Erst dann gilt der Unterhaltsgläubiger als unterhaltsbedürftig.

Obliegenheit
zur Einkommensoptimierung


Jeder Unterhaltspflichtige hat dafür zu sorgen hat, dass jeder Unterhaltsberechtigte möglichst ausreichend Unterhalt erhält. Umgekehrt hat jeder Unterhaltsberechtigte dafür zu sorgen, in möglichst geringem Umfang auf Unterhaltszahlungen angewiesen zu sein. Daraus folgt die Obliegenheit – im zumutbaren Rahmen möglichst viel Eigeneinkommen zu erzielen, um so wenig wie möglich die Anderen wirtschaftlich zu belasten. Wird dagegen verstoßen, muss sich der Unterhaltsberechtigte fiktives Einkommen zurechnen lassen und erscheint damit weniger bedürftig.

Obliegenheit zur Vermögensverwertung


Hat der Unterhaltsberechtigte eigenes Vermögen, kann eine Verwertungsobliegenheit bestehen, bevor er Unterhalt beanspruchen kann.
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Beweislast bei Bedürftigkeit


Im Unterhaltsverfahren hat der Unterhaltsgläubiger stets seinen Unterhaltsbedarf und seine Bedürftigkeit darzulegen und zu beweisen. Dies wird relevant, wenn der Unterhaltsschuldner im Unterhaltsprozess den Bestand einer Bedarfslücke bestreitet, etwa mit der Behauptung, der Unterhaltsgläubiger würde seiner Erwerbsobliegenheit nicht nachkommen und habe sich daher fiktives unterhaltsrelevantes Einkommen zurechnen zu lassen. Bei der Bedürftigkeit wird stets auf die eigene Einkommens- und Vermögenssituation des Unterhaltsgläubigers abgestellt. Verändert sich dessen unterhaltsrelevantes Einkommen oder Vermögenslage, hat die aktuelle Bedürftigkeit unmittelbar Auswirkung auf den aktuell geschuldeten Unterhalt und somit zur Abänderung eines bestehenden Unterhaltstitels führen. Der Unterhaltsschuldner hat also ein erhebliches Interesse daran, dass der Unterhaltsgläubiger korrekt und vollständig Auskunft über alle seine aktuellen unterhaltsrelevanten Umstände erteilt.

Formel zur Bedürftigkeit

Aus den gesetzlichen Vorschriften zur Bedürftigkeit des Unterhaltsgläubigers lässt sich eine Formel zur Prüfung der dritten Prüfungsebene zum Unterhaltsanspruch herleiten:

Formel
zur Bedürftigkeit


Wegen des Dualismus der Bedarfsermittlung finden Sie auf jeweils gesonderten Seiten dargestellt, wie die Bedürftigkeits-Formel zum einen beim Kindesunterhalt und zum anderen beim Ehegattenunterhalt eingesetzt wird.


» BEDÜRFTIGKEIT
unterhaltsberechtigter Kinder

» BEDÜRFTIGKEIT
des unterhaltsberechtigten Ehegatten

FAQ zur Bedürftigkeit

Was versteht man unter “Bedürftigkeit” im Unterhaltsrecht?

Bedürftigkeit bedeutet, dass eine Person außerstande ist, sich selbst zu unterhalten, da sie ihren Bedarf nicht durch eigenes Einkommen oder Vermögen decken kann.

Wann gilt ein Ehegatte als bedürftig?

Ein Ehegatte ist bedürftig, wenn er seinen angemessenen Unterhalt nicht aus eigenen Einkünften oder Vermögen sicherstellen kann. Dabei sind sowohl Einkommen als auch Vermögen des Unterhaltsberechtigten zu berücksichtigen.

Muss eigenes Vermögen für den Unterhalt eingesetzt werden?

Ja, grundsätzlich muss der Unterhaltsberechtigte sein eigenes Vermögen zur Deckung seines Bedarfs einsetzen, bevor er Unterhalt verlangen kann. Allerdings gibt es Ausnahmen, beispielsweise wenn die Verwertung des Vermögens unwirtschaftlich wäre oder eine unzumutbare Härte darstellt.

Wie wird die Bedürftigkeit beim Kindesunterhalt beurteilt?

Minderjährige Kinder gelten stets als bedürftig, da sie in der Regel nicht in der Lage sind, für ihren eigenen Unterhalt zu sorgen. Bei volljährigen Kindern wird die Bedürftigkeit individuell geprüft, insbesondere wenn sie sich in Ausbildung befinden oder aufgrund von Krankheit nicht erwerbstätig sein können.

Welche Rolle spielt die Erwerbsobliegenheit bei der Bedürftigkeit?

Der Unterhaltsberechtigte hat die Obliegenheit, alle zumutbaren Anstrengungen zu unternehmen, um seinen Lebensunterhalt selbst zu sichern. Unterlässt er dies, kann ihm ein fiktives Einkommen angerechnet werden, was seine Bedürftigkeit mindert oder ausschließt.

​Wie beeinflusst eigenes Einkommen die Bedürftigkeit?

Eigene Einkünfte des Unterhaltsberechtigten werden auf den Unterhaltsbedarf angerechnet. Übersteigen die Einkünfte den Bedarf, entfällt die Bedürftigkeit und somit der Unterhaltsanspruch.

​Was passiert, wenn der Unterhaltsberechtigte seine Bedürftigkeit selbst verschuldet hat?

Hat der Unterhaltsberechtigte seine Bedürftigkeit durch sittliches Verschulden selbst herbeigeführt, kann der Unterhaltsanspruch ganz oder teilweise versagt werden. Ein Beispiel hierfür ist die mutwillige Aufgabe einer zumutbaren Erwerbstätigkeit.

​Wie wird die Bedürftigkeit im Rahmen des Prüfungsschemas zum Unterhalt ermittelt?

Im Prüfungsschema zum Unterhaltsanspruch wird die Bedürftigkeit auf der dritten Ebene geprüft. Dabei wird festgestellt, ob der Unterhaltsberechtigte außerstande ist, sich selbst zu unterhalten, indem seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse analysiert werden.

Dr. Schröck – Kanzlei für Familienrecht - Bedürftigkeit des Unterhaltsberechtigten 2

Diese Fragen und Antworten bieten einen Überblick über die wesentlichen Aspekte der Bedürftigkeit im Unterhaltsrecht. Für eine detaillierte Prüfung und Beratung empfehlen wir eine persönliche Beratung.

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