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Kanzlei für Familienrecht > Infothek zum Familienrecht > Auskunft > Auskunftspflicht > Pflichten des Unterhaltsberechtigten
Die Pflicht, wahrheitsgemäß Auskunft zu den eigenen wirtschaftlichen Verhältnissen zu erteilen, verschärft sich in dem Augenblick, in dem sich die Unterhaltsbeteiligten in einem gerichtlichen Verfahren befinden. Wer als Unterhaltsberechtigter zum Bedarf an Unterhalt und insbesondere zu seiner eigenen Bedürftigkeit keine vollständigen oder falsche Angaben im Unterhaltsverfahren macht, verstößt gegen die prozessuale Wahrheitspflicht. Dies hat Konsequenzen.
| Wegweiser zur Auskunftspflichtverletzung des Unterhaltsberechtigten
Formulare zur Auskunft und Einkommensermittlung:
Von Fachanwälten in der Praxis geprüft und empfohlen.
Je nachdem, in welchem Verfahrensabschnitt sich die Beteiligten im Streit um den Unterhalt befinden, gelten unterschiedliche Rechtsfolgen bei Verletzung der Auskunftspflicht.
Die Darlegungs- und Beweislast des Unterhaltsgläubigers wird im Unterhaltsverfahren von der prozessuale Wahrheitspflicht flankiert. Nach § 27 Abs.2 FamFG: “Die Beteiligten haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben.” Für Unterhaltsverfahren ergibt sich die prozessuale Wahrheitspflicht aus §§ 113 Abs.1 FamG i.V.m. > 138 Abs.1 ZPO.
Während in der Rechtsprechung nach Abschluss eines Verfahrens die Obliegenheit zur ungefragten Information eher restriktiv ausgelegt wird (vgl. BGH FamRZ 1986, 1082), besteht in der Rechtsprechung Einigkeit dahin, dass während eines laufenden Unterhaltsprozesses wechselseitig die Obliegenheit zur Anzeige aller den Unterhaltsanspruch beeinflussenden Änderungen der rechtserheblichen Umstände besteht (OLG Hamburg FamRZ 1987, 1044).
Wenn die fehlende Vollzeitbeschäftigung des Unterhaltsgläubigers Anlass bietet, einen Verstoß gegen die Erwerbsobliegenheit anzunehmen, dann sind für die Zurechnung fiktiver Einkünfte dem Grunde und der Höhe nach u.a. die berufliche Qualifikation und bisherige berufliche Erfahrungen relevant (> Fragen zur Erwerbsobliegenheit). Diese wird der Unterhaltsgläubiger zu seinen Ungunsten kaum freiwillig offen legen. Jedoch erlaubt erst die Kenntnis der Erwerbsbiographie eine qualifizierte Aussage zum Umfang und Ausmaß einer Erwerbsobliegenheit. Wie gelangt man nun an die Erwerbsbiographie? Eine aufschlussreiche Quelle sind die Rentenauskünfte, die im Zuge Versorgungsausgleichs bekannt werden.
Der Unterhaltsgläubiger muss den Tatrichter in die Lage versetzen, dass dieser bei der Bemessung des fiktiv zurechenbaren Einkommens zu einem angemessenen Ergebnis gelangen kann. Stellt der Unterhaltsgläubiger in einem gerichtlichen Verfahren seine eigene Bedürftigkeit unvollständig oder “verschleiert” dar, verstößt er damit gegen seine prozessuale Wahrheitspflicht. Werden Angaben bewusst falsch oder unvollständig gemacht, liegt ein versuchter Prozessbetrug vor. Ein starkes Indiz für einen Betrug kann sich aus unerklärlichen Divergenzen zwischen dem Sachvortrag und der aus den Rentenauskünften ablesbaren Erwerbsbiographie ergeben. Dazu genügt, wenn das Verhalten objektiv geeignet ist, eine unzutreffende Beurteilung der unterhaltsrechtlichen Lage und damit überhöhte Unterhaltsansprüche zu erwirken. Diese Situation kann der Unterhaltsgläubiger auch dadurch erzeugen, indem er seinen eigene Erwerbsbiographie nicht offen legt. Um dies zu vermeiden, sollte der Unterhaltsschuldner mit Nachdruck auf entsprechende Auskünfte bestehen, Behauptungen zur Qualifikation und beruflichen Werdegang des Unterhaltsgläubigers aufstellen, bis dieser sich genötigt sieht, seiner Darlegungslast nachzukommen.
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Wenn sich nach Abschluss des gerichtlichen Unterhaltsverfahrens die wirtschaftlichen Verhältnisse des Unterhaltsberechtigten wesentlich ändern (Abänderungsgrund), stellt sich die Frage, ob der Unterhaltsberechtigte diese Veränderungen dem Unterhaltsschuldner ungefragt mitteilen muss, um ein entsprechendes Abänderungsverfahren zu ermöglichen. Eine Auskunftspflichtverletzung kann zum Anspruch auf Schadensersatz und damit zur Rückforderung zu viel bezahlten Unterhalts führen. Bei dieser Frage differenziert der BGH nach der Art des Unterhaltstitels. Je nachdem, ob der Unterhalt durch einen Vergleich, ein Urteil oder gerichtlichen Beschluss des Familiengerichts geregelt wurde, wird die ungefragte Auskunftspflicht zu Abänderungsgründen unterschiedlich beurteilt. Beim Ende eines Unterhaltsverfahrens durch Gerichtsbeschluss wird die Einsatzschwelle für eine Offenbarungspflicht des Unterhaltsberechtigten höher angesiedelt als bei einem gerichtlichen Vergleich oder einer notariellen Unterhaltsvereinbarung.
Der Unterhaltsberechtigte, der seine Unterhaltsansprüche aus einem tituliertem Unterhaltsvergleich herleitet, hat wegen der vertraglichen Treuepflicht ohne Aufforderung, also ungefragt alle Umstände zu offenbaren, die Einfluss auf die Grundlagen der Vereinbarung haben und damit eine Abänderung des Vergleichs nach § 313 BGB zur Folge haben können. Hierbei spielt es keine Rolle, ob der Unterhaltstitel vor einem Gericht oder im Wege einer notariellen Regelung geschaffen wurde.
BGH, Urteil v. 16.4.2008 – XII ZR 107/06
Verschweigen einer erheblichen Einkommenssteigerung nach gerichtlichem Vergleich im Trennungsunterhaltsverfahren – Verwirkung nach 1579 Nr.5 BGB
Sachverhalt: Mit gerichtlichem Vergleich vom 29. September 2003 verpflichtete sich der Antragsgegner, an die Antragstellerin ab Oktober 2003 Trennungsunterhalt in Höhe von monatlich 557 € zu zahlen. Dabei gingen die Parteien von einem Nettoeinkommen der Antragstellerin aus Teilzeittätigkeit in einem Seniorenheim in Höhe von 800 € sowie monatlichen Nebeneinkünften in Höhe von 155 € aus. Schon ab Dezember 2003 erzielte die Antragstellerin aus ihrer halbschichtigen Erwerbstätigkeit in dem erlernten Beruf als Krankenschwester durchschnittliche Nettoeinkünfte in Höhe von monatlich 1.184 € sowie weiterhin Nebeneinkünfte in der zuvor berücksichtigten Höhe. Dieses höhere Einkommen teilte die Antragstellerin dem Antragsgegner erst im Rahmen der Verhandlungen über den nachehelichen Unterhalt auf ausdrückliche Anfrage mit Schriftsatz vom 9. Dezember 2004 mit.
Zitat aus den Entscheidungsgründen: “Diese objektive Voraussetzung der Verwirkung hat das OLG zu Recht als erfüllt angesehen, weil die ASt. die erhebliche Steigerung ihres unterhaltsrelevanten Einkommens seit dem Abschluss des Vergleichs dem AGg. nicht mitgeteilt hat. Damit hat sie gegen ihre Obliegenheit zur ungefragten Information über spätere Einkommensänderungen verstoßen. Nach der Rechtsprechung des Senats sind jedenfalls die Parteien eines Unterhaltsvergleichs verpflichtet, sich gegenseitig ungefragt zu informieren, wenn ihr Verdienst das für die Bemessung des Unterhalts berücksichtigte Einkommen deutlich übersteigt (Senatsurteile v. 29.1.1997 – XII ZR 257/95 -, FamRZ 1997, 483, 484, und v. 19.2.1986 – IVb ZR 71/84 -, FamRZ 1986, 450, 453). Weil sich die Parteien hier im Rahmen eines gerichtlichen Vergleichs über den Trennungsunterhalt geeinigt hatten, kommt es nicht darauf an, ob sich diese Verpflichtung zur ungefragten Information nur aus der vertraglichen Treuepflicht nach Abschluss eines gerichtlichen Vergleichs oder unabhängig von der Art des Unterhaltstitels schon aus dem unterhaltsrechtlichen Treueverhältnis ergibt (so Büttner, FF 2008, 15; vgl. auch Hoppenz, FamRZ 1989, 337, 338 f., und Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 6. Aufl., § 1 Rz. 696 ff.). Subjektiv erfordert der Härtegrund des § 1579 Nr. 5 BGB ein mutwilliges Handeln, das zumindest leichtfertiges Verhalten des Unterhaltsberechtigten voraussetzt (Senatsurteile, BGHZ 146, 391, 399 f. = FamRZ 2001, 541, 544, und v. 13.7.1988 – IVb ZR 39/87 -, FamRZ 1988, 1031, 1033; Gerhardt/von Heintschel-Heinegg/Klein, Handbuch des Fachanwalts Familienrecht, 6. Aufl., Kap. 6 Rz. 458). Auch dies hat das OLG in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise angenommen.”
BGH, Urteil v. 29.01.1997 – XII ZR 257/95
Ungefragte Offenbarungspflicht von Einkommen über vereinbarte Zuverdientsgrenze
Leitsätze:
1. Haben geschiedene Ehegatten in einem Unterhaltsvergleich vereinbart, daß ein bestimmter monatlicher Nettoverdienst des Berechtigten anrechnungsfrei bleiben soll, ist der Verpflichtete ungefragt zu informieren, wenn der Verdienst diese Grenze deutlich übersteigt.
2. Zur Anwendung der Härteklausel des § 1579 Nr. 2 BGB bei betrügerischem Verhalten des Unterhaltsberechtigten.
Nach § 1579 BGB kann der Unterhaltsanspruch des Ehegatten beschränkt oder gar vollständig versagt werden. Dazu muss eine doppelte Prüfung durchgeführt werden: Zum einen muss ein Härtegrund nach dem Katalog des § 1579 Ziff. 1. bis 8 BGB gegeben sein und zum anderen muss sich die weitere Unterhaltsverpflichtung als “grob unbillig” darstellen. Hier kann und wird u.a. berücksichtigt, ob sich der Unterhaltsschuldner seinerseits korrekt verhalten hat oder selbst seine Auskunftspflichten verletzt hat. Auch der Umstand, ob durch den Pflichtenverstoß des Unterhaltsberechtigten dem “Unterhaltsschuldner” tatsächlich ein irreversibler Schaden entstanden ist, oder ob der Verfahrensbetrug im Versuchsstadium stecken geblieben ist, spielt für die Billigkeitsprüfung ein Rolle. Der Familienrichter hat im Rahmen einer Ermessensentscheidung für den Einzelfall ein angemessenes Ergebnis per Billigkeitsprüfung zu finden. Für den Kindesunterhalt gilt nach § 1611 BGB entsprechendes (> mehr). Beim Betreuungsunterhalt nicht miteinander verheirateter Eltern wird ebenfalls nach Maßgabe des § 1611 BGB verfahren (> mehr).
OLG Oldenburg, Hinweisverfügung vom 30.07.2017 – 3 UF 92/17
Verlust des Unterhaltsanspruchs bei falschen Angaben im Unterhaltsverfahren
Brandenburgisches OLG , Urteil vom 27. Juli 2011 – 13 U 133/09
Verwirkung von Ehegattenunterhalt wegen Verschweigen eigener Einkünfte
(Zitat, Rn 36) “Eben so wenig hat die Beklagte ihren Anspruch auf nachehelichen Unterhalt von vornherein dem Grunde nach verwirkt. Gemäß § 1579 Nr. 3 BGB, der als Grund für eine Verwirkung einzig in Betracht kommt, ist der Unterhaltsanspruch zu versagen, soweit die Inanspruchnahme des Verpflichteten – auch unter Wahrung der Belange eines gemeinschaftlichen Kindes – grob unbillig wäre, weil der Berechtigte sich eines schweren vorsätzlichen Vergehens gegen den Verpflichteten schuldig gemacht hat. Der der Beklagten vorgeworfene Verfahrensbetrug könnte zwar unter Umständen die Rechtsfolgen der Nummer 3 auslösen. Das ist der Fall, wenn sich das Verhalten des Berechtigten, der vom Pflichtigen nacheheliche Solidarität fordert, ohne ihr selbst zu genügen, als besonders unredlich darstellt, in dem es darauf abzielt, durch Täuschung eine nicht oder nicht in diesem Umfang zustehende Leistung vom Unterhaltsschuldner zu erlangen (OLG Hamm, NJW-RR 02, 510; OLG Ffm FF 06, 157). Hauptfall ist das Verschweigen eigener Einkünfte.”
Anmerkung: § 1579 Nr. 3 BGB kann zur Anwendung kommen, wenn der Verstoß gegen die Auskunftspflicht des Unterhaltsberechtigten ein Verfahrensbetrug ist, also wenn ein vorsätzlicher Verstoß gegen die verfahrensrechtliche Wahrheitspflicht festzustellen ist. Falsche Angaben im Unterhaltsverfahren können zum Verlust des Unterhaltsanspruchs führen. Das Gericht kann einem eigentlich Berechtigten Unterhalt versagen, wenn er im Prozess nicht die Wahrheit sagt und zum Beispiel eigenes Einkommen verschweigt. Den Ehegatten trotz falscher Angaben zum Einkommen in Anspruch zunehmen, wäre grob unbillig. Denn das unterhaltsrechtliche Verhältnis zwischen Eheleuten ist in besonderem Maße durch die Grundsätze von Treu und Glauben (Loyalitätsprinzip) beherrscht.
§ 1579 Nr.5 BGB setzt das Hinwegsetzen über schwerwiegende Vermögensinteressen des Unterhaltsschuldners voraus. Also ist hier die Kern-Frage: was sind schwerwiegende Vermögensinteressen? Dazu
BGH, Urteil v. 16.04.2008 – XII ZR 107/06
Verwirkung & ungefragte Auskunft über Einkommenssteigerungen
Zu diesem Urteil siehe auch Pressemitteilung des BGH Nr. 79/2008. (Zitat) Der objektive Tatbestand des für eine Verwirkung nach § 1579 Nr. 5 BGB sprechenden Härtegrundes kann auch dadurch erfüllt sein, dass der Unterhaltsberechtigte den Verpflichteten nicht ungefragt über einen erheblichen Anstieg des eigenen Einkommens informiert (Fortführung des Senatsurteils vom 29. Januar 1997 – XII ZR 257/95 – FamRZ 1997, 483).
Anmerkung: Neben dem Vorliegen des Härtegrundes nach § 1579 Nr.5 BGB ist dabei weiter erforderlich, dass der Unterhaltsberechtigte (subjektiv) sich mutwillig über die Vermögensinteressen des Unterhaltsschuldners hinweggesetzt hat.
BGH, Urteil vom 27. Juni 2012 – XII ZR 47/09
Verstoß gegen die Offenbarungspflicht zum Kuckuckskind
(Zitat, Rn 28) “Nach der zur Versagung des Unterhalts nach § 1579 BGB ergangenen Senatsrechtsprechung trifft eine unterhaltsberechtigte Ehefrau ein über den – als solchen nicht offenbarungspflichtigen – Ehebruch hinausgehender Vorwurf, wenn ein während der Ehe geborenes Kind möglicherweise bei dem Ehebruch gezeugt wurde und sie ihren Ehemann in dem Glauben gelassen hat, dass allein er als Vater des Kindes in Frage kommt. Ein solches Verhalten stellt einen gravierenden Eingriff in die persönliche Lebensgestaltung des Ehemannes dar, dessen Verhältnis und Einstellung zu dem Kind und regelmäßig auch zu der Ehe wesentlich von dem Bestehen seiner – leiblichen – Vaterschaft abhängen. Das Verschweigen der möglichen Vaterschaft eines anderen Mannes stellt demnach ein offensichtlich schwerwiegendes Fehlverhalten dar(Senatsurteil vom 15. Februar 2012 – XII ZR 137/09 – FamRZ 2012, 779 Rn. 23 mwN).”
Nicht zu unterschätzen sind die Möglichkeiten in der Vergangenheit zu viel bezahlten Unterhalt als Schadenersatz zurück zu fordern. Ein solcher Schadensersatzanspruch kann sich aus der Verletzung von Auskunftspflichten des Unterhaltsgläubigers ergeben. Wer als Unterhaltsgläubiger seine Auskunftspflichten in Bezug auf seine Bedürftigkeit schuldhaft verletzt, muss damit rechnen, dass er rückwirkend bis zum Zeitpunkt, ab dem der Verstoß gegen die Auskunftsplicht bestanden hat, überzahlten Unterhalt zu erstatten hat.
BGH, Urteil v. 19.02.1986 – IVb ZR 71/84
Zur sittenwidrigen vorsätzlichen Ausnutzung eines unrichtig gewordenen (rechtskräftigen) Vollstreckungstitels
Leitsatz: Wenn der Gläubiger eine rechtskräftig zuerkannte Unterhaltsrente weiter entgegennimmt, ohne die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit zu offenbaren, so kann darin unter besonderen Umständen eine sittenwidrige vorsätzliche Schädigung liegen, die nach § 826 BGB zum Schadensersatz verpflichtet.
Einem Schadensersatzanspruch kann grundsätzlich nicht die Rechtskraft eines bestehenden (fehlerhaften) Unterhaltstitels entgegen gehalten werden (Ausnahmen bei evidenter Unredlichkeit: vgl. Schmitz, in: Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht, 9. Aufl., 2015, Rn 339 ).
Ein Schadensersatzanspruch wegen Auskunftspflichtverletzung besteht nicht nur dann, wenn zur Auskunft aufgefordert wurde und diese falsch erteilt wurde. Es gibt Fälle und Umstände, bei denen der Unterhaltsgläubiger verpflichtet ist, ungefragt Auskunft zu erteilen (vgl. Hoppenz, FamRZ 1989, 337ff).
a) Nachdem es sich bei diesem Anspruch um eine Rechtskraftdurchbrechung handelt, ist er auf Ausnahmefälle beschränkt, in denen die Annahme überhöhter Unterhaltszahlungen durch den Berechtigten im besonderen Maß unredlich und geradezu unerträglich ist. Eine generelle unaufgeforderte Auskunftsverpflichtung gibt es bei Urteilen/Beschlüssen im Unterhaltsrecht nicht. Eine Pflicht zur ungefragten Auskunft neben der Auskunft auf Verlangen kommt nach Treu und Glauben daher nur in Ausnahmefällen in Betracht, in denen der Unterhaltspflichtige auf Grund vorangegangenen Tuns des Unterhaltsgläubigers sowie nach der Lebenserfahrung keine Veranlassung hatte, sich durch ein Auskunftsbegehren über veränderte Einkommensverhältnisse des Unterhaltsgläubigers zu vergewissern.
b) Dies wird bei Unterhaltstiteln, die nicht in Rechtskraft erwachsen (Jugendamtsurkunden, Unterhaltsvergleiche) weniger streng gesehen. Bei Unterhaltsvereinbarungen (die ebenfalls nicht rechtskräftig werden) erhöht sich die Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Belange des anderen Teils. Es sind unaufgefordert alle Umstände zu offenbaren, die erkennbar zu einer Änderung der Vereinbarung führen, insbesondere bei erheblichen Einkommensveränderungen.
c) In subjektiver Hinsicht erfordert der Tatbestand des § 826 BGB nicht, dass dem Bedürftigen bewusst ist, sich sittenwidrig zu verhalten. Es genügt, dass er die Tatumstände kennt, die sein Verhalten objektiv als Verstoß gegen die guten Sitten erscheinen lassen. Nach dem Wortlaut des § 826 BGB ist dagegen bezüglich der Schadenszufügung Vorsatz erforderlich. Bei Schadensersatzansprüchen nach §§ 823 Abs.2, 826 BGB ist eine mögliche Entreicherung nach § 818 Abs.3 BGB nicht zu prüfen.
OLG Karlsruhe , Beschluss vom 22. 4. 2003 – 16 WF 190/02
Volljährigenunterhalt: Rückforderung wegen vorsätzlicher Verletzung der Auskunftspflicht
Leitsatz: Verletzt der Unterhaltsgläubiger eine Pflicht, den Unterhaltsschuldner unaufgefordert über eine Verbesserung seiner Verhältnisse zu unterrichten (>Auskunftspflichtverletzung des Unterhaltsgläubigers), erwächst dem Unterhaltsschuldner, soweit er […] daran gehindert ist, eine Abänderungsklage mit Wirkung in die Vergangenheit zu erheben, ein Schadensersatzanspruch in Höhe des Betrags des überzahlten Unterhalts.
OLG Oldenburg, Urteil vom 10.06.2010 – 14 UF 3/10
Ehegattenunterhalt : Rückforderung von Unterhaltsleistungen wegen Schadensersatzpflicht
(Zitat) “Unwahre Angaben nehmen dem Berechtigten die Möglichkeit, sich gegen den als fortbestehend geltend gemachten Unterhaltsanspruch angemessen zu verteidigen und verhindern eine sachgerechte Prüfung des Unterhaltsverhältnisses durch die Gerichte. Die nach ständiger Rechtsprechung bestehende Offenbarungspflicht des Berechtigten über alle Einkommen (BGH FamRZ 1986, 450; BGH FamRZ 1997, 483; BGH FamRZ 2007, 1532 [1537]; BGH FamRZ 2008, 1325; OLG Düsseldorf FamRZ 1988, 841; OLG Koblenz FamRZ 1997, 1338; Schnitzler FPR 2006, 376 [377f] m.w.N.) ist Folge des Gegenseitigkeitsprinzips, das auch eine Grundlage für den nachehelichen Unterhalt bildet (Palandt/Brudermüller BGB 69. Aufl. Einf. IIII vor § 1569 Rn. 5). Ein Unterhaltsgläubiger kann nicht einerseits über den Unterhalt „nacheheliche Solidarität“ einfordern, sich selbst aber gegenüber dem dadurch erheblich belasteten Unterhaltsschuldner treuwidrig verhalten, indem er seine tatsächlichen Verhältnisse bewusst verschleiert (Gerhardt in Wendl/Staudigl, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 7. Aufl. § 4 Rn. 675 m.w.N.). Wahrheitswidrige Angaben sind daher sowohl als eine schwerwiegende Verletzung von Vermögensinteressen des Berechtigten (§ 1579 Nr 5 BGB -n.F.-; BGH FamRZ 2007, 1532 [1537]; Palandt/Brudermüller BGB 69. Aufl. § 1579 Rn. 26) als auch bei vorsätzlichem Handeln als eine schwere Straftat iSv. § 1579 Nr. 3 BGB -n.F.- (BGH FamRZ 1990, 1095; OLG Hamm, FamRZ 1987, 1044; Maurer in MünchKomm. 5. Aufl. § 1579 Rn. 24; Hohloch in AnwKomm-BGB 2. Aufl. § 1579 Rn. 36 m.w.N.) zu beurteilen.“
BGH, Beschluss vom 15. Mai 2013 – XII ZB 107/08
Erstattungsfähigkeit von Detektivkosten im Rahmen eines Unterhaltsverfahrens
(Zitat) “Detektivkosten, die einer Partei zur Beschaffung von Beweismitteln (hier: zur Feststellung des Bestehens einer verfestigten Lebensgemeinschaft des Unterhaltsberechtigten ) entstehen, können zu den erstattungsfähigen Kosten im Sinne des § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO gehören. Das ist allerdings nur der Fall, wenn das Beweismittel im Rechtsstreit verwertet werden darf. Daran fehlt es, soweit die Kosten auf Erstellung eines umfassenden personenbezogenen Bewegungsprofils mittels eines Global Positioning System [GPS] – Geräts beruhen, eine punktuelle persönliche Beobachtung aber ausgereicht hätte.”
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