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Prüfungsschema zum Ehegattenunterhalt – Systematische Übersicht der Anspruchsprüfung 


Der Ehegattenunterhalt ist ein komplexes Rechtsgebiet, das sich durch eine Vielzahl von Anspruchsgrundlagen und eine dreistufige Einteilung nach den Phasen der Ehe auszeichnet: intakte Ehe, Trennung und geschiedene Ehe.

Das Prüfungsschema ist eine strukturierte Methode zur Überprüfung von Unterhaltsansprüchen zwischen Ehegatten. Es berücksichtigt verschiedene Anspruchsgrundlagen und folgt einem fünfstufigen Aufbau, um eine rechtssichere Bewertung vorzunehmen.

Dr. Schröck – Kanzlei für Familienrecht - Unterhalt für Ehegatten - Prüfungsschema 1

In diesem Beitrag erfahren Sie, wie das Prüfungsschema zum Ehegattenunterhalt aufgebaut ist und welche fünf Schritte erforderlich sind, um einen Unterhaltsanspruch rechtlich fundiert zu bewerten.

| Fünf Prüfungsschritte zum Ehegattenunterhalt


Dr. Schröck – Kanzlei für Familienrecht - Unterhalt für Ehegatten - Prüfungsschema 1

Wie prüft man einen Unterhaltsanspruch richtig? Unser strukturiertes Prüfungsschema hilft, Anspruchsgrundlagen zu erkennen, Berechnungen durchzuführen und rechtliche Fallstricke zu vermeiden.

Alle Unterhaltsansprüche sind nach einem generellen Grundschema zu prüfen.

| GrundschemaWie prüft man generell einen Unterhaltsanspruch?

Anspruchsgrundlagen

Dr. Schröck – Kanzlei für Familienrecht - Unterhalt für Ehegatten - Prüfungsschema 4

Sobald die Ehe einen neuen Abschnitt erreicht – sei es die Trennungsphase oder die Zeit nach der Scheidung – ändern sich die rechtlichen Grundlagen für den Unterhaltsanspruch.

Ehegattenunterhalt nach Zeitabschnitten

Anspruch ab Eheschließung


| Familienunterhalt nach §§ 1360, 1360a BGB.

Anspruch ab Trennung


| Trennungsunterhalt § 1361 Abs.1 BGB

Anspruch ab Scheidung


§ 1569 BGB | Gesetzestext 


Nach der Scheidung obliegt es jedem Ehegatten, selbst für seinen Unterhalt zu sorgen. Ist er dazu außerstande, hat er gegen den anderen Ehegatten einen Anspruch auf Unterhalt nur nach den folgenden Vorschriften.

Anmerkung:

Es muss ein Unterhaltsgrund (Erwerbshindernis) nach § 1570 bis § 1576 BGB einschlägig sein. Entsprechend den Gründen, die eine eigenverantwortliche Bedarfsdeckung unmöglich oder unzumutbar erscheinen lassen, werden die Anspruchsgrundlagen für einen nachehelichen Unterhalt aufgefächert.

  • Unterhalt wegen Kinderbetreuung nach § 1570 BGB
  • Unterhalt wegen Alter nach § 1571 BGB
  • Unterhalt wegen Krankheit oder Gebrechen nach § 1572 BGB
  • Unterhalt wegen Erwerbslosigkeit nach § 1573 Abs.1 BGB
  • Aufstockungsunterhalt nach 1573 Abs.2 BGB
  • Ausbildungsunterhalt des Ehegatten nach § 1574 BGB
    (AG München v. 26.10.2015 – 523 F 229/15, intern vorhanden, unser Az.: 85/15)
  • Unterhalt aus Billigkeitsgründen nach § 1576 BGB

Bedarf

Bedarf beim Trennungsunterhalt | § 1361 Abs.1 S.1 1.Hs. BGB – Gesetzestext


Ein Ehegatte kann von dem anderen den nach den Lebensverhältnissen und den Erwerbs- und Vermögensverhältnissen der Ehegatten angemessenen Unterhalt verlangen.

| Wieviel Unterhalt bekommt ein Ehegatte nach der Trennung?

Bedarf beim nachehelichen Unterhalt | § 1578 Abs.1 BGB – Gesetzestext


(1) Das Maß des Unterhalts bestimmt sich nach den ehelichen Lebensverhältnissen. Der Unterhalt umfasst den gesamten Lebensbedarf. 

(2) Zum Lebensbedarf gehören auch die Kosten einer angemessenen Versicherung für den Fall der Krankheit und der Pflegebedürftigkeit sowie die Kosten einer Schul- oder Berufsausbildung, einer Fortbildung oder einer Umschulung nach den §§ 1574, 1575.

Anmerkungen


Die Bedarfsermittlung beim Ehegattenunterhalt ist mit das Anspruchsvollste, was das Unterhaltsrecht zu bieten hat. Es gibt eine schier unüberschaubare Menge an höchstrichterlicher Rechtsprechung zu diesem Thema. Auf dieser fußt alles, was man zum Unterhaltsbedarf eines Ehegatten wissen muss. Denn Berechnungsformeln können Sie im Gesetz lange suchen: Die gibt es nicht.

Das Gesetz gibt nur den Begriff der “ehelichen Lebensverhältnisse” als Maß für die Bedarfsermittlung vor. An diesem Begriff ranken und reiben sich dann rechtstheoretische Gedankenmodelle. Teilweise wurden die Grenzen des Begriffs derart überdehnt, dass im Jahr 2011 das Bundesverfassungsgericht (BVerfG mit Beschluss v. 25.01.2011 (FamRZ 2011, 437) den BGH in die Schranken weisen musste und die Theorie der “wandelbaren Lebensverhältnisse” im Zusammenhang mit Einkommensveränderungen der Ex-Ehegatten nach der Scheidung jenseits des Verfassungsrechts stellte.

Dr. Schröck – Kanzlei für Familienrecht - Unterhalt für Ehegatten - Prüfungsschema 4

Die Bedarfsermittlungsdebatte ist derart umfangreich, dass wir ihr eine eigene Seite gewidmet haben.

Bedarfsermittlung beim Ehegattenunterhalt


Bedürftigkeit

§ 1577 BGB | Gesetzestext


(1) Der geschiedene Ehegatte kann den Unterhalt nach den §§ 1570 bis 1573, 1575 und 1576 nicht verlangen, solange und soweit er sich aus seinen Einkünften und seinem Vermögen selbst unterhalten kann.

(2) Einkünfte sind nicht anzurechnen, soweit der Verpflichtete nicht den vollen Unterhalt (§§ 1578 und 1578b) leistet. Einkünfte, die den vollen Unterhalt übersteigen, sind insoweit anzurechnen, als dies unter Berücksichtigung der beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse der Billigkeit entspricht.

(3) Den Stamm des Vermögens braucht der Berechtigte nicht zu verwerten, soweit die Verwertung unwirtschaftlich oder unter Berücksichtigung der beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse unbillig wäre.

(4) War zum Zeitpunkt der Ehescheidung zu erwarten, dass der Unterhalt des Berechtigten aus seinem Vermögen nachhaltig gesichert sein würde, fällt das Vermögen aber später weg, so besteht kein Anspruch auf Unterhalt. Dies gilt nicht, wenn im Zeitpunkt des Vermögenswegfalls von dem Ehegatten wegen der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann.

Anmerkungen


Nachehelichen Unterhalt gibt es entsprechend dem Grundsatz “Eigenverantwortung vor Unterhalt” nur dann, wenn der bedürftige Ehegatte darlegen und beweisen kann, dass er trotz Erfüllung seiner  Erwerbsobliegenheiten nicht in der Lage ist, selbst für seinen Unterhalt zu sorgen (§ 1569 BGB). Die Gründe für die fehlende Kraft zur selbständigen Bedarfsdeckung sind vielschichtig.

Die Gründe sind aber dafür maßgebend, nach welcher Anspruchsgrundlage sich ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt ergeben könnte. Solange und soweit der Unterhalt fordernde Ehegatte aus seinen Einnahmen und seinem Vermögen seinen Bedarf decken kann, ist er nicht bedürftig (§ 1577 Abs.1 BGB). Hier geht es um die Frage, inwieweit Einkommen und Vermögen des Unterhaltsberechtigten auf der Prüfungsebene Bedürftigkeit einzusetzen ist. Auf dieser dritten Prüfungsebene kommt nun die volle Breite um den Streit der Erwerbsobliegenheiten des unterhaltbedürftigen Ehegatten zum Tragen.

Aus den gesetzlichen Vorschriften zur Bedürftigkeit des Ehegatten lässt sich eine allgemeine Berechnungsformel zur Feststellung der Bedürftigkeit herleiten:

Berechnungsformel zur Bedürftigkeit



Bedürftigkeit des Ehegatten

Leistungsfähigkeit

Angemessener Eigenbedarf


Mit der Frage (wie hoch ist dieser Eigenbedarf?), beschäftigt sich die Prüfungsebene Leistungsfähigkeit“. Wird der Ehegattenunterhalt nach Einkommensquote ermittelt. Bestimmt sich nicht nur der Bedarf beider Ehegatten nach dem Halbteilungsgrundsatz,sondern auch die Leistungsfähigkeit. Da die Bedarfsermittlung nach Halbteilungsgrundsatz stets auf dem individuellen Gesamteinkommen der Ehegatten basiert, gibt es im Anwendungsbereich der Quotenbedarfsermittlung keine fixen Eigenbedarfssätze. Die Selbstbehaltssätze der Düsseldorfer Tabelle spielen in der Praxis beim Ehegattenunterhalt eine weitaus geringere Rolle, als beim Kindesunterhalt. Sie bilden nur die unterste mögliche Belastungsgrenze und den Endpunkt der Leistungsfähigkeit des Ehegatten.

  • Weiterführende Links:
    » Leistungsfähigkeit nach Halbteilungsgrundsatz 
    » Leistungsfähigkeit nach Selbstbehaltsatz 
    » Leistungsfähigkeit nach Vermögen 
  • Mehrere Ehegattenunterhaltsverpflichtungen:
    Häufig stellt sich bei Wiederheirat die Frage, welchen Einfluss die damit hinzukommenden Unterhaltspflichten gegenüber dem neuen Ehegatten auf den Anspruch des Ex-Ehegatten auf nachehelichen Unterhalt haben. Ändert sich dann die Bedarfsermittlung des nachehelichen Unterhaltsanspruchs, weil vom Einkommen des Unterhaltspflichtigen die hinzukommende Unterhaltsbelastung in Abzug zu bringen ist oder wird die hinzukommende Unterhaltsbelastung nur bei der Leistungsfähigkeit berücksichtigt? Der BGH hat entschieden, dass die neue Ehe keine Wirkung auf der Bedarfsebene zeigt, sondern erst der Ebene der Leistungsfähigkeit.

    BGH, Urteil v. 07.12.2011 – XII ZR 159/09 
    Leitsatz:
    Zur Berücksichtigung der nach Wiederverheiratung des Unterhaltspflichtigen entstandenen Unterhaltspflicht gegenüber dem neuen Ehegatten als sonstige Verpflichtung im Rahmen der Leistungsfähigkeit (im Anschluss an Senatsurteil vom 7. Dezember 2011 – XII ZR 151/09). 

    Anmerkung:
    Sind Unterhaltsansprüche der jetzigen und der vorherigen Ehefrau gleichrangig zu berücksichtigen, wird zur Feststellung der Leistungsfähigkeit das Einkommen des Mannes und der beiden Frauen zusammengerechnet und dann durch drei geteilt (BGH, Beschluss vom 07.05.2014 – XII ZB 258/13; zum Rechenweg bei mehreren Ehegatten, Gutdeutsch, in: Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrechtlichen Praxis, 9. Aufl., 2015, § 5 Rn 124

Berechnungsformel zur Leistungsfähigkeit



= Leistungsfähigkeit des Ehegatten

Begrenzen – Herabsetzen – Befristen

Begrenzen


Auf der fünften Prüfungsebene zum Ehegattenunterhalt wird die Möglichkeit der Unterhaltsbegrenzung geprüft. Zur Begrenzung und Versagung von Trennungsunterhalt verweist § 1361 Abs.3 BGB auf die unmittelbar für den nachehelichen Unterhalt geltenden Vorschriften des § 1579 Nr. 2 bis 8 BGB. Damit ist klargestellt, dass § 1579 BGB für jede Art eines Ehegattenunterhaltsanspruchs ab Trennung gilt.

Ehegattenunterhalt begrenzen

Herabsetzen – Befristen


Ist nach Rechtskraft der Scheidung ein nachehelicher Unterhaltsanspruch gegeben, so hält dieser nicht ewig. Unabhängig von Loyalitätsverletzungen nach § 1579 BGB endet nachehelicher Unterhaltsanspruch, wenn das in der Ehe angelegte Band der Solidarität seine Strahlkraft verliert und die nach der Scheidung noch festgestellte Nachwirkung immer schwächer wird und aufgrund zeitlicher Distanz zur ehemaligen Ehe und Veränderung von Lebensumständen bis zur Unkenntlichkeit verwischt. Dieses Prinzip bringt § 1578b BGB mit den Möglichkeiten einer Herabsetzung und Befristung des nachehelichen Unterhalts zum Ausdruck.

Ehegattenunterhalt herabsetzen und befristen

FAQ: Prüfungsschema Ehegattenunterhalt

Wann entsteht ein Anspruch auf Ehegattenunterhalt?

Ein Unterhaltsanspruch kann während der Ehe, in der Trennungsphase oder nach der Scheidung bestehen. Die rechtliche Grundlage verändert sich je nach Phase der Ehe und den wirtschaftlichen Verhältnissen der Ehepartner.

Welche Unterhaltsarten gibt es?

Der Ehegattenunterhalt wird in drei Hauptphasen unterteilt: Unterhalt während der intakten Ehe, Trennungsunterhalt und nachehelicher Unterhalt. Jede Phase hat eigene Voraussetzungen und Berechnungsgrundlagen.

Welche Rolle spielen die wirtschaftlichen Verhältnisse der Ehegatten?

Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse beider Ehepartner sind entscheidend für die Berechnung des Unterhalts. Insbesondere der Bedarf, die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen und eventuelle Selbstbehalte werden berücksichtigt.

Wie wird der Ehegattenunterhalt berechnet?

Die Berechnung erfolgt anhand des bereinigten Nettoeinkommens beider Ehepartner. Dabei spielen u. a. Erwerbseinkommen, Unterhaltsverpflichtungen gegenüber Dritten und Freibeträge eine Rolle. Standardisierte Berechnungsmethoden wie die Düsseldorfer Tabelle helfen bei der Orientierung.

Wann endet der Anspruch auf Ehegattenunterhalt?

Der Unterhaltsanspruch kann enden, wenn sich die wirtschaftlichen Verhältnisse des Berechtigten erheblich verbessern, der Unterhaltspflichtige nicht mehr leistungsfähig ist oder bestimmte gesetzliche Befristungen und Begrenzungen greifen (z. B. durch § 1578b BGB).

Gibt es Ausnahmen oder Sonderregelungen?

Ja, es gibt verschiedene Sonderregelungen, z. B. bei langer Ehedauer, Kinderbetreuung, Krankheit oder ehebedingten Nachteilen. In einigen Fällen kann der Unterhaltsanspruch auch herabgesetzt oder ganz ausgeschlossen werden.

Dr. Schröck – Kanzlei für Familienrecht - Unterhalt für Ehegatten - Prüfungsschema 6

Diese FAQ´s bieten eine Grundlage für die wichtigsten Fragen und Antworten zum Thema Ehegattenunterhalt prüfen.

Für spezifische Fälle empfiehlt es sich, rechtliche Beratung einzuholen.

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Formulare für Auskunft zum Einkommen und Vermögen:
Von Fachanwälten in der Praxis geprüft und empfohlen.

Links & Literatur


Unterhaltsansprüche im Überblick

Unterhaltsrechner online

Professionelle Unterhaltsberechnung

Literatur


Winfried Born, 40 Jahre Ehegattenunterhalt – Erfolgsgeschichte oder Zickzackkurs, in: FF 2017, 236 ff

Hans-Ulrich Graba, Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Unterhaltsrecht im Jahr 2015, in: FF 2016, 139

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