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Informieren Sie sich ausführlich über die Regeln und die Rechtsprechung. Erfahren Sie, welche Kriterien Schulden erfüllen müssen, damit sie absetzbar sind:
| Wegweiser zu den Kriterien für den Schuldenabzug
Formulare zur Auskunft und Einkommen:
Von Fachanwälten in der Praxis geprüft und empfohlen.
Um eine ausufernde Diskussion um mögliche Abzugspositionen vom Einkommen zu verhindern, haben die Oberlandesgerichte für ihren jeweiligen OLG-Bezirk Leitlinien zur Einkommensbereinigung veröffentlicht. Dies gilt auch für die Abzugsfähigkeit von Kreditbelastungen (Schulden).
Berücksichtigungswürdig:
Sämtliche Leitlinien der OLG`s sprechen unter Abschnitt Ziff. 10.4 von „berücksichtigungswürdigen Schulden“ ohne näher zu definieren, welche das sind bzw. welche Kriterien dafür erfüllt sein müssen. Es wird nur pauschal erklärt, dass es sich um berücksichtigungswürdige Schulden handeln muss. Es sei eine Zumutbarkeitsabwägung durchzuführen.
Süddeutsche Leitlinien, Ziff. 10.4 – Text:
Berücksichtigungswürdige Schulden (Zins, ggf. auch Tilgung) sind abzuziehen; die Abzahlung soll im Rahmen eines vernünftigen Tilgungsplanes in angemessenen Raten erfolgen. Bei der Zumutbarkeitsabwägung sind Interessen des Unterhaltsschuldners, des Drittgläubigers und des Unterhaltsgläubigers, vor allem minderjähriger Kinder, mitzuberücksichtigen. Bei Kindesunterhalt kann die Obliegenheit zur Einleitung eines Verbraucherinsolvenzverfahrens bestehen.
BGH, Urteil vom 9. Januar 2002 – XII ZR 34/00
Berücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten
(Zitat) „Abzugsfähig sind indessen nicht sämtliche Schulden, die der Unterhaltspflichtige zu tragen hat, sondern nur die unterhaltsrechtlich berücksichtigungsfähigenVerbindlichkeiten. (…) Ob und inwieweit die darüber hinausgehenden Verbindlichkeiten die Leistungsfähigkeit mindern, ist nach ständiger Rechtsprechung des Senats unter umfassender Interessenabwägung zu beurteilen, wobei es insbesondere auf den Zweckder Verbindlichkeiten, den Zeitpunkt und die Art ihrer Entstehung, die Kenntnis des Unterhaltspflichtigen von Grund und Höhe der Unterhaltsschuld und auf andere Umstände ankommt. In die Abwägung miteinzubeziehen sind auch die Möglichkeiten des Unterhaltsschuldners, seine Leistungsfähigkeit in zumutbarer Weise ganz oder teilweise wiederherzustellen. Auf Schulden, die leichtfertig, für luxuriöse Zwecke oder ohne verständigen Grund eingegangen sind, kann sich der Unterhaltspflichtige grundsätzlich nicht berufen (Senatsurteil vom 25. Oktober 1995 aaO S. 161 f. m.w.N.).
Anmerkung: Der Grund, warum das Unterhaltsrecht nicht generell jede Privatschuld als abzugsfähig anerkennt, liegt darin, dass der Schuldenabbau indirekt von der anderen Partei (Unterhaltsschuldner oder Unterhaltsberechtigter) mitfinanziert werden müsste. Es führt zu einem Spannungsfeld von widerstreitenden Interessen. Die Entscheidung, ob Schulden abzugsfähig sind, erfolgt im Rahmen einer umfassenden Interessenabwägung nach vernünftigem Ermessen. Dabei werden Abwägungskriterien wie der Zweck der Schulden, der Zeitpunkt und die Art ihrer Entstehung sowie das Wissen des Unterhaltspflichtigen über den Grund und die Höhe der Unterhaltsschuld berücksichtigt. :
Beispiel: Dieses Spannungsfeld mag folgendes Beispiel verdeutlichen: Die Eheleute haben ein Kind. Die Ehefrau kümmert sich um die Kindererziehung und hat kein Einkommen. Der Ehemann geht seinem Beruf nach und bezieht ein monatliches Netto-Einkommen von 3.000,– €. Nun trennen sich die Eheleute. Das Kind bleibt bei der Mutter. Die Unterhaltsansprüche der Ehefrau und des Kindes bemessen sich nach dem unterhaltsrelevanten Einkommen des Ehemannes. Nach der Trennung schafft sich der Ehemann einen kreditfinanzierten Porsche an. Die monatlichen Kreditraten belasten sein Einkommen mit monatlich 2.000,– €. Sollen hier die Kreditraten von 2.000,– € vom Netto-Einkommen des Ehemannes in Abzug kommen? Damit wird schnell klar, dass nicht jede Art von Privatschulden abzugsfähig und unterhaltsrelevant sein kann. Mit von der Rechtsprechung anerkannten Kriterien ist eine Zumutbarkeitsabwägung durchzuführen.
Beginnen wir mit der Unterscheidung von betrieblichen und privaten Schulden. Im Einkommensteuerrecht werden betriebliche Einkünfte entweder als Gewinneinkünfte (§ 2 Abs.2 S.1 EStG) oder als Überschusseinkünfte (§ 2 Abs.2 Nr.2 EStG) ermittelt. In beiden Fällen werden die betrieblich veranlassten Schulden (automatisch) über die Einkommensermittlungstechnik („Einnahmen minus Ausgaben“) erfasst: Zahlungen auf Schulden (Zinsverbindlichkeiten) zählen zu den Ausgaben und mindern so den Gewinn/Überschuss. Für Tilgungen gilt das nicht ohne weiteres. Sie können zum schuldenreduzierenden Vermögensaufbau führen.
Weil das Unterhaltsrecht an die steuerliche Ermittlungstechnik anknüpft, sind Ausgaben wegen betrieblicher Darlehen (Zins- und Tilgung) grundsätzlich „berücksichtigungswürdige Schulden“;
Das Problem („Was ist berücksichtigungswürdig?“) stellt sich somit hauptsächlich im Zusammenhang mit privat veranlassten Schulden. Vor allem diese sind kritisch in der Zumutbarkeitsabwägung unter die Lupe zu nehmen.
In der Rechtsprechung haben sich zur Berücksichtigungswürdigkeit von Schulden sechs allgemeine Kriterien herausgebildet.
1. Kriterium: Vermögensbildender Schuldenabbau oder Konsumkredit?
2. Kriterium: Private Altersvorsorge
3. Kriterium: Berufsbedingter Aufwand
4. Kriterium: Wirtschaftliche Verhältnisse
5. Kriterium: Unvermeidbare Kreditaufnahme
6. Kriterium: Einverständnis mit Kreditaufnahme des Unterhaltsberechtigten
Das Problem („Was ist berücksichtigungswürdig?“) stellt sich somit hauptsächlich im Zusammenhang mit privat veranlassten Schulden. Vor allem diese sind kritisch in der Zumutbarkeitsabwägung unter die Lupe zu nehmen.
Wird die Anschaffung einer Vermögensanlage (z.B. Immobilie) mit Kreditaufnahme finanziert, hat dies andere wirtschaftliche Auswirkungen als ein sog. Konsumkredit. Bei der kreditfinanzierten Anschaffung von langlebigen Vermögensgegenständen führt die Tilgung des Kredits zum Vermögensaufbau (der Schuldenstand wird weniger; der Wert des Vermögens bleibt). Wird die Anschaffung kurzlebiger Konsumgüter mit Kredit finanziert, mag zu Beginn den Schulden noch ein neuwertiger Konsumgegenstand als adäquater Gegenwert gegenüber stehen. Jedoch wird mit der Zeit der Wert des Konsumgutes schneller sinken, als der Schuldenabbau vorankommt (der Schuldenstand ist noch vorhanden, wenn der Wert des Konsumguts bereits verbraucht ist).
Bewirkt die Kredittilgung einen vermögensbildenden Schuldenabbau, wobei die Vermögensbildung sich als Beiträge zum Aufbau einer privaten Altersvorsorge darstellen, ist dies ein starkes Argument zur Berücksichtigung der Kreditleistungen im Rahmen der Einkommensbereinigung.
Das mietfreie Wohnen im Alter im abbezahlten Eigenheim ist eine anerkannte Form der privaten Altersvorsorge. Nicht nur Beiträge zur Riester- oder Rürup-Rente können zum Abzug kommen. Die Form der privaten Altersvorsorge ist grundsätzlich frei wählbar.
Sie benötigen zur Berufsausübung z.B. einen privaten PC oder sind auf Benutzung eines PKW angewiesen und mussten zur Finanzierung der PKW-Anschaffung einen Kredit aufnehmen. Sind die Raten für den Finanzierungskauf oder das Leasing vom Einkommen abziehbar?
OLG Hamm, Beschluss vom 09.06.2011 – 6 UF 47/11
Pkw-Pendlerkosten: Kilometerpauschale – Leasing – Finanzierungskauf
(Zitat) „Die monatliche Darlehnsrate in Höhe von 200 €, die der Antragsgegner auf ein zur Anschaffung eines neuen Pkw aufgenommenes Darlehen zu zahlen hat, ist hingegen nicht zu berücksichtigen. Neben der Geltendmachung von Fahrtkosten für den Weg zur Arbeit können Kreditkosten für die Finanzierung eines Pkw nicht zusätzlich anerkannt werden (Hammer Leitlinien Ziffer 10.2.2.).“
Anmerkung: In fast allen OLG-Leitlinien zum unterhaltsrelevanten Einkommen wird unter Abschnitt Ziff. 10.2 ein pauschaler Abzug für berufsbedingte Aufwendungen anerkannt. Tatsächlich können die tatsächlichen Aufwendungen für beruflich veranlasste Ausgaben in Ansatz gebracht werden, wenn diese konkret dargelegt und belegt werden können. Kredite, die im direkten Zusammenhang mit berufsbedingten Arbeitsmitteln stehen, sind damit berücksichtigungswürdig und das Einkommen ist entsprechend zu bereinigen.
Leasing oder Finanzierungskauf des Pkw: Die berufsbedingten Aufwendungen für einen PKW werden über die Berechnung nach Kilometerpauschalen berücksichtigt. Nach den unterhaltsrechtlichen Leitlinien sind die Pkw-Anschaffungskosten im Regelfall im abzugsfähigen Kilometergeld mit enthalten. In der Praxis herrscht oft Streit über die Abzugsfähigkeit von Anschaffungskosten eines privaten Pkw und die Frage, ob diese Anschaffung notwendig (unvermeidbar) und damit evtl. berücksichtigungswürdig ist.
Kredite muss man sich leisten können. Sie müssen zum Einkommensniveau und zum objektiv angemessenen Lebensstandard passen. Entscheidend ist, ob die Kreditbelastung vom Standpunkt eines vernünftigen Betrachters aus angemessen erscheint. Außer Betracht bleiben – gemessen am verfügbaren Einkommen – sowohl eine zu dürftige Lebensführung als auch ein übermäßiger Aufwand (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 27.11.2014 – II-7 UF 224/14, intern vorhanden). Das schlägt sich auf die Frage durch, ob das Kreditvolumen insgesamt für die Einkommensbereinigung berücksichtigungswürdig erscheint: zum Maßstab des objektiven Lebensstandards.
Dieses Kriterium gewinnt beim Kindesunterhalt und beim Ehegattenunterhalt an Bedeutung, wenn die Kreditaufnahme nach der Trennung erfolgte. Ein beachtliches Argument gegen die Abzugsfähigkeit der Schuldbelastungen ist hier regelmäßig, dass die Kreditaufnahme in Kenntnis von bestehenden oder zu erwartenden Unterhaltsverpflichtungen erfolgt.
In der Praxis kommt es häufig vor, dass wegen Auszug aus der ehemaligen Ehewohnung neuer Hausrat angeschafft werden muss oder die Umzugs- oder sogar Anwaltskosten kreditfinanziert werden müssen (Stichwort: trennungsbedingter Anschaffungsbedarf).
Auch Kredite zur Begleichung von Steuerschulden, Schadensersatzverpflichtungen oder zum Ausgleich eines überzogenen Girokontos zur Zinseinsparung (= Umschuldung) gehören hier her. Die Notwendigkeit einer Kreditaufnahme ist begreifbar, wenn die Anschaffungen nicht aus dem laufenden Einkommen finanziert werden können (was meist der Fall sein wird) und keine Ersparnisse (= Vermögen) vorhanden ist.
Ein breites Argumentationsfeld öffnet sich dann, wenn zwar Vermögen vorhanden ist, aber gegen die Vermögensverwertung eingewendet wird, dass die Ersparnisse für den Aufbau der privaten Altersvorsorge gedacht sind. Bekanntermaßen stellt Vermögen für die private Altersvorsorge Schonvermögen dar, welches nicht für Unterhaltsleistungen zur Verfügung steht und Beiträge zum angemessenen Vermögensaufbau vom Einkommen in Abzug gebracht werden können. Hier wird in der Praxis eine überzeugende Argumentation zum Erfolg verhelfen können.
Die Eheleute trennen sich. Der gemeinsame Hausstand wird aufgelöst und verteilt. Es entstehen zwei getrennte Single-Haushalte. Mindestens einer der Eheleute muss nun Umzugskosten, Kosten für eigene Wohnung, Waschmaschine, neue Möbel, Geschirr etc. aufwenden. Es entstehen also Mehrkosten, die ohne Trennung mit getrennten Wohnung nicht entstanden wären. In der Literatur spricht man von sog. trennungsbedingten Mehrkosten (Hampel, FamRZ 1981, 1984).
Gerhardt, in: Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrechtlichen Praxis, 9. Aufl. 2015, § 1, Rn 1083 ff – Zitat) „Sind trennungsbedingte Kredite zur Finanzierung des Umzugs, notwendigen Mobiliars, der Kaution für eine Mietwohnung usw., ferner nach der Scheidung neue nicht vorwerfbar entstandene Schulden, z. B. für den notwendigen Kauf eines gebrauchten Pkw bei einem mit öffentlichen Verkehrsmitteln nicht erreichbaren Arbeitsplatz. Darlehen, die der Pflichtige nach der Scheidung aufnimmt, um eine neue Eheschließung zu finanzieren oder um mit einem neuen Lebensgefährten einen gemeinsamen Hausstand zu gründen, sind dagegen beim Bedarf nicht berücksichtigungswürdig, weil sie ohne Scheidung nicht entstanden wären.“
Wer versucht – möglichst legal – seine Unterhaltsverpflichtungen zu senken, sollte daran denken (im vernünftigen Rahmen) Kreditverbindlichkeiten aufzubauen bzw.unterhaltsrechtlich anhand der Kriterien zur Abzugsfähigkeit zu optimieren. Klassisches Beispiel ist die Umschuldung des Soll-Saldos auf dem Girokonto in einen längerfristigen Kredit. Überziehungszinsen gelten nicht als abzugsfähig, wenn eine wirtschaftlich sinnvolle Umschuldung in Betracht kommt (Obliegenheit zur Einkommensoptimierung). Eine mögliche Umschuldung des Soll-Saldos auf dem Girokonto in einen Kredit spart nicht nur Zinsen, sondern hat zusätzlich den Nebeneffekt, dass die monatlichen Kreditbelastungen jetzt zur Bereinigung des Einkommens führen.
Bei Kosten des VKH-Verfahrens sowie für VKH mit Rückzahlung an die Staatskasse in Raten (Justizdarlehen) stellt sich natürlich die Frage, ob die Kosten und die Rückzahlungsraten als unterhaltsrelevante (Kredit-)Belastung vom Einkommen abgezogen werden können. Damit hatte sich das OLG Karlsruhe zu beschäftigen und stellt fest, dass diese Belastungen nicht abzugsfähig sind:
OLGKarlsruhe, Beschluss vom 13.02.2008 – 2 WF 5/08
VKH-Raten sind nicht vom unterhaltsrelevanten Einkommen abzugsfähig
(Zitat) “Entgegen der Auffassung der Antragstellerin sind die von ihr zu erbringenden Raten auf die Prozesskosten für das laufende Verfahren nicht in Abzug zu bringen. Prozesskosten für Scheidungs- und Folgeverfahren sind im Zweifel von jeder Partei in der Höhe, in der sie auferlegt werden, aus den Lebenshaltungskosten selbst zu tragen. Für den Berechtigten sind Prozesskosten kein Teil des Bedarfs, weil der Verpflichtete grundsätzlich keine Schulden des Berechtigten tilgen muss. Würde man derartige Kosten vom Einkommen des Unterhaltsberechtigten absetzen, so würde dies dazu führen, dass sich der Bedarf des Berechtigten erhöht und der Unterhaltsverpflichtete sowohl für die eigenen Prozesskosten als auch indirekt für die auf den Berechtigten entfallenden Prozesskosten herangezogen wird (vgl. Wendl/Staudigl/Gerhardt; a. a. O., § 1 Rn. 636, 636 a).”
OLG Brandenburg, Beschluss vom 26.2.2020 – 9 UF 248/19
Abzug von Kreditraten wegen Verfahrenskosten beim Ehegattenunterhalt?
Leitsatz:
Soweit der Unterhaltspflichtige Kosten aus Verfahren infolge der Trennung sowie Scheidung in Form von laufenden Raten geltend macht (Gerichts- und Rechtsanwaltskosten), sind diese nicht anzuerkennen, weil diese nicht die ehelichen Lebensverhältnisse geprägt haben. Soweit der Verfahrensbeteiligte keine Verfahrenskostenhilfe erhält, sind diese von dem jeweiligen Beteiligten in auferlegter Höhe aus den laufenden Lebenshaltungskosten selbst zu tragen.
OLG Brandenburg, Beschluss 30.08.2021 – 9 UF 239/20
Kreditaufnahme während der Ehezeit
Orientierungssatz: Verbindlichkeiten, die während der bestehenden ehelichen Lebensgemeinschaft eingegangen wurden, können nach der Trennung in Höhe der Zins- und Tilgungsraten vom Einkommen abgezogen werden. Hierbei ist unerheblich, welchem Ehegatten die mit den aufgenommenen Krediten erworbenen Gegenstände zugeordnet wurden (im Anschluss an BGH, FamRZ 1996, 162; s. a. FamRZ 2019, 1415).
Anmerkung: Das Abwägungskriterium stillschweigende oder ausdrückliche„Zustimmung“ des Unterhaltsberechtigten zur Kreditaufnahme spielt hauptsächlich beim Ehegattenunterhalt eine wesentliche Rolle. Hier ist die ausdrückliche oder stillschweigende Zustimmung des Unterhaltsberechtigten zur Schuldenaufnahme ein wichtiges Abwägungskriterium.
Ob von einer Zustimmung bzw. Einverständnis ausgegangen werden kann, ist wiederum abhängig vom Zeitpunkt der Kreditaufnahme. Erfolgte diese vor der Trennung und mit Kenntnis des unterhaltsbedürftigen Ehegatten, kann zumindest von einer stillschweigen Zustimmung zur Kreditaufnahme ausgegangen werden. Dann handelt es sich um die ehelichen Lebensverhältnisse prägende Verbindlichkeiten. Die Kreditverbindlichkeiten sind in diesem Fall ohne Einschränkung abzugsfähig. Zwischen Zins- und Tilgung wird nicht differenziert.
Haben sich die Eheleute zum Zeitpunkt der Kreditaufnahme bereits getrennt (neue einseitige Verbindlichkeit des unterhaltspflichtigen Ehegatten), ist eine solche konkludente Zustimmung des unterhaltsberechtigten Ehegatten nicht anzunehmen. Hier muss weiter danach gefragt werden, ob die Kreditaufnahme nach der Trennung notwendig war oder nicht (trennungsbedingte Mehrkosten).
Beim Kindesunterhalt spielt die Zustimmung des Unterhaltsberechtigten für die Abzugsfähigkeit eines Konsumkredits keine Rolle. Denn wie sollen (minderjährige) Kinder in der Lage sein, eine bewusste Einschätzung und Zustimmung zur Kreditaufnahme eines Elternteils abgeben?! Ob beim Kindesunterhalt das Einkommen des barunterhaltspflichtigen Elternteils um Aufwendungen für einen Konsumkredit zu bereinigen ist, beurteilt sich ausschließlich danach, ob die Kriterien unter Ziff. 1 bis 5zum Tragen kommen.
OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 2. 4. 2004 – 1 UF 117/03
Kindesunterhalt & berücksichtigungsfähige Schuldentilgung
(Zitat) Auch gegenüber den Unterhaltsansprüchen minderjähriger Kinder sind nach allgemeinen Regeln Tilgungsraten für berücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten in voller Höhe vom Einkommen abzusetzen. Auch minderjährigen Kindern gegenüber kann der Unterhaltsschuldner Unterhalt nur aus dem Einkommen leisten, das er entweder tatsächlich hat oder zu erzielen in vorwerfbarer Weise unterlässt. Jede Zurechnung von Einkünften, die dem Unterhaltsschuldner tatsächlich nicht zur Verfügung stehen, setzt also voraus, dass ihm eine Obliegenheitsverletzung vorzuwerfen ist. Für Verbindlichkeiten, die nicht in vorwerfbarer Weise aufgenommen worden sind und auch nicht im Rahmen eines vernünftigen Tilgungsplanes gestreckt werden können, trifft dies nicht zu.
BGH, Urteil v. 29.1.2003 – XII ZR 289/01
Kindesunterhalt – Einkommen der Eltern bereinigt von Verbindlichkeiten
(Zitat) Minderjährige Kinder ohne Einkünfte besitzen keine eigene unterhaltsrechtlich relevante Lebensstellung im Sinne des § 1610 Abs. 2 BGB. Sie leiten ihre Lebensstellung vielmehr von derjenigen ihrer unterhaltspflichtigen Eltern ab. Wird das Kind von einem Elternteil versorgt und betreut und leistet der andere Teil Barunterhalt, so bestimmt sich die Lebensstellung des Kindes grundsätzlich nach den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des barunterhaltspflichtigen Elternteils. Da der für die Unterhaltsbemessung maßgebliche Lebensstandard im Wesentlichen durch tatsächlich vorhandene Mittel geprägt ist, richtet sich auch die abgeleitete Lebensstellung des Kindes nach diesen Verhältnissen. Deshalb sind unterhaltsrechtlich relevante Verbindlichkeiten zu berücksichtigen (Senatsurteile vom 25. Oktober 1995 – XII ZR 297/94 – FamRZ1996, 160, 161 und vom 6. Februar 2002 – XII ZR 20/00 – FamRZ 2002, 536, 537). Ob die Verbindlichkeiten unterhaltsrechtlich berücksichtigungsfähig sind, ist unter umfassender Interessenabwägung zu beurteilen, wobei es insbesondere auf den Zweck der Verbindlichkeiten, den Zeitpunkt und die Art ihrer Entstehung, die Kenntnis von der Unterhaltsschuld und auf andere Umstände ankommt (Senatsurteile vom 7. November 1990 – XII ZR 123/89 – FamRZ 1991, 182, 184 und vom 6. Februar 2002 aaO S. 537)
Anmerkung:
Beim Kindesunterhalt kommt es für die Zumutbarkeitsabwägung und Abzugsfähigkeit von Schulden nicht auf die Entstehung vor oder nach der Trennung an. Auch die Erfüllung von Kindesunterhalt hat keinen absoluten Vorrang vor der Abzahlung von Kreditverbindlichkeiten des Unterhaltspflichtigen.
Vielmehr gilt auch hier der Grundsatz der umfassenden Interessenabwägung nach dargestellten allgemeinen Abwägungskriterien, wobei ein angemessener Ausgleich zwischen gesteigerter Leistungsfähigkeit der Eltern für Kindesunterhalts und Kreditverbindlichkeiten der Eltern zu suchen ist.
Die Grundsätze zur Berücksichtigung von Zins- und Tilgungsleistungen beim Immobilienkredit gelten wohl auch beim Kindesunterhalt, wenn jedenfalls der Mindestunterhalt sichergestellt ist.
Die Tabellenbeträge der Düsseldorfer Tabelle nach der 1. Einkommensgruppe und der jeweils einschlägigen Altersstufe geben die Höhe des Mindestunterhalts für ein Kind an. Wenigstens der Mindestunterhalt für die Kinder soll gesichert sein. D.h. ein Mangelfallsollte nicht wegen Abzug der Schulden vom unterhaltsrelevanten Einkommen des Unterhaltspflichtigen auftreten. Nach § 1603 Abs.2 S.1 BGB trifft den Unterhaltspflichtigen gegenüber minderjährigen Kindern eine gesteigerte Pflicht, sich leistungsfähig zu halten. Deshalb sind hier neben den allgemeinen Kriterien zur Abzugsfähigkeit von Schulden weitere Kriterien zu beachten.
BGH, Beschluss vom 19. März 2014 – XII ZB 367/12
Zum begrenzten Abzug von Hausdarlehen beim Mindestunterhalt für Kinder
(Zitat, Rn 25) „Ob und gegebenenfalls in welcher Weise Schulden des Unterhaltspflichtigen beim Verwandtenunterhalt zu beachten sind, ist nach der allgemeinen Regel des § 1603 BGB zu entscheiden, der in Absatz 1 die Berücksichtigung der sonstigen Verpflichtungen des Unterhaltsschuldners vorsieht. Andererseits dürfen die anderen Verbindlichkeiten auch nicht ohne Rücksicht auf die Unterhaltsinteressen getilgt werden. Vielmehr bedarf es eines Ausgleichs der Belange von Unterhaltsgläubiger, Unterhaltsschuldner und Drittgläubiger. Insoweit sind in Fällen, in denen der Mindestbedarf Unterhaltsberechtigter beeinträchtigt würde, insbesondere der Zweck der daneben eingegangenen Verpflichtungen, der Zeitpunkt und die Art ihrer Entstehung, die Dringlichkeit der beiderseitigen Bedürfnisse, die Kenntnis des Unterhaltsschuldners von Grund und Höhe der Unterhaltsschuld und seine Möglichkeiten bedeutsam, die Leistungsfähigkeit in zumutbarer Weise wiederherzustellen.“
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 28. Februar 2012 – Az. II-1 UF 306/11
Darlehensverbindlichkeiten & Sicherung des Mindestunterhalts
(Zitat) „Im Hinblick auf seine gesteigerte Unterhaltspflicht gegenüber der minderjährigen Tochter ist dem Antragsteller abzuverlangen, für die Dauer des Einkommensrückgangs aus der selbständigen Tätigkeit durch Aufnahme einer Nebentätigkeit einen Ausgleich zu schaffen. Wie das Amtsgericht und der Antragsteller selbst hält der Senat daher die > Zurechnung fiktiver Nebeneinkünfte von monatlich 200,00 € für angemessen. (…).
Die Kreditverpflichtungen des Antragstellers können hingegen nicht einkommensmindernd berücksichtigt werden. Zwar ist nachvollziehbar, dass der Antragsteller seinen Lebensstandard einschließlich der Unterhaltsleistungen nicht übergangslos der veränderten Einkommenslage seit Beginn des Jahres 2010 anpassen konnte, gleichwohl können die Kreditraten nicht vom Einkommen abgezogen werden. Denn ansonsten würde der regelmäßige, aus dem Selbstbehalt zu bestreitende Lebensbedarf des Antragstellers und die Leistung des geschuldeten Unterhalts aus den Vorjahren zu Lasten des laufenden Unterhalts finanziert werden.”
Anmerkung: Dem OLG Düsseldorf lag ein Fall vor, in dem ein unterhaltspflichtiger Vater wegen erheblichem Einkommensrückgang zur Deckung seines Lebensbedarfs und der Unterhaltszahlungen für seine Kinder Darlehen in erheblichem Umfang aufnehmen musste. Dabei stellt sich die Frage, ob bei der Bemessung des Kindesunterhalts nach den tatsächlichen gegenwärtigen Einkommensverhältnissen die Raten aus den Darlehensverbindlichkeiten in Abzug kommen dürfen. Das OLG betont die eingeschränkte Bereinigung des Einkommens zur Sicherung des Existenzminimums der Kinder.
BGH, Beschluss vom 19. März 2014 – XII ZB 367/12
Obliegenheit zur Insolvenzanmeldung im Interesse des Mindestunterhaltsfür Kinder
Anmerkung: Mit dieser Entscheidung setzt sich der BGH unter Rn 11 damit auseinander, wann es im Interesse von Unterhaltsverpflichtungen gegenüber Kindern angezeigt ist, ein Verbraucherinsolvenzverfahren einzuleiten, um die Schuldenlast (Überschuldung) zu beseitigen.
Hat der kinderbetreuende Elternteil der Kreditaufnahme bereits vor der Trennung zugestimmt, sind die Schulden grundsätzlich in voller Höhe beim Ehegattenunterhaltabzugsfähig. Kritisch zu betrachten sind Kreditaufnahmen, die trotz Kenntnis von der Barunterhaltspflicht nach Trennung und beengter wirtschaftlicher Verhältnisse erfolgen. Beim Mindestunterhalt für Kinder ist die Zustimmung des anderen Ehegatten zur Kreditaufnahme kein entscheidendes Kriterium. Denn Kinder sind der Kreditaufnahme ausgeliefert, ohne gefragt zu werden.
Bei beengten Verhältnissen (Mangelfall) sind Schulden unter 100,– € monatlich bei Prüfung der Leistungsfähigkeit nicht zu berücksichtigen. Dieses Ergebnis wird erreicht, indem der Selbstbehalt für Erwerbstätige bis zum Selbstbehalt für Nicht-Erwerbstätige unterschritten werden darf. Ab dieser Schwelle greift dann der Vorrang des Existenzminimums des Unterhaltspflichtigen.
Der Grundsatz der Gleichwertigkeit von Natural- und Barunterhalt nach § 1606 Abs.3 S.2BGB wird durchbrochen, wenn auf der einen Seite der barunterhaltspflichtige Elternteil bei Erfüllung des Mindestunterhalts seinen angemessenen Selbstbehalt unterschreitet und auf der anderen Seite der betreuende Elternteil wesentlich höhere Einkünfte als der Barunterhaltspflichtige bezieht und damit unproblematisch den Mindestbedarf des Kindes decken kann (sog. Surrogatshaftung).
Bei der Prüfungsebene Leistungsfähigkeit ist weiter zu beachten, dass im Selbstbehalt Wohnkosten einkalkuliert sind. Steht dem Interesse der Existenzsicherung des Kindes das Interesse an der eigenen Existenzsicherung gegenüber, hat die eigene Existenzsicherung erst Vorrang, wenn der Selbstbehalt ohne einkalkulierter Wohnkosten unterschritten wird (vgl. BGH, Urteil vom 9.1.2002 – XII ZR 34/00, S.13; Gerhardt, Handbuch des Fachanwalts Familienrecht, 9. Auflage, 2013, Kap.6 Rn 96).
> hier
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