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Leitsätze:
Zitat aus den Entscheidungsgründen: “Allerdings sind bei der Behandlung einer Abfindung die Besonderheiten zu beachten, die sich daraus ergeben, dass es sich um Einkommen im Zusammenhang mit der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses handelt. Die Abfindung kann je nach ihrem arbeitsrechtlichen Hintergrund unterschiedlichenZwecken dienen, so der zukunftsbezogenen Entschädigung für Lohneinbußen (etwa bei Sozialplanabfindungen), als Gegenleistung für den Verzicht auf eine Kündigungsschutzklage oder als Entschädigung für den Verlust des Arbeitsplatzes und des mit diesem verbundenen sog. sozialen Besitzstandes (vgl. Kaiser Festschrift D. Schwab 2005 S. 495, 500 ff. mwN). Aus der arbeitsrechtlichen Qualifikation der Abfindung lässt sich indessen noch keine zwingende Vorgabe für deren unterhaltsrechtliche Behandlung entnehmen. Die Heranziehung der Abfindung ist vielmehr vorwiegend nach unterhaltsrechtlichen Regeln zu beurteilen.”
Anmerkung: Eine Abfindung wegen Verlust des Arbeitsplatzes ist ein > realer Geldzufluss und hat damit grundsätzlich Bedeutung für die Ermittlung des > unterhaltsrelevanten Einkommens. Denn jeder Bestandteil des Einkommens wird in der Regel über das maßgebende > Bruttogesamteinkommen erfasst. Wenn die Abfindungals reale Einkunft dem Einkommen hinzuzurechnen ist, dann ist sie bereits bei der > Bedarfsermittlung zu beachten (BGH, Urteil v. 18.04.2012 – XII ZR 65/10, Rn 40). Ob eine Aufstockung bis zum bisherigen Einkommen geboten ist und der bisherige Lebensstandard vollständig aufrechterhalten werden muss, beurteilt sich nach den Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen, insbesondere auch nach der vom Unterhaltspflichtigen zu erwartenden weiteren Einkommensentwicklung. Mit Entscheidung vom gleichen Tag erklärte der BGH, dass die Rechtsgrundsätze zur Abfindung, gleichermaßen beim > Kindesunterhalt sowie beim > Ehegattenunterhalt zu beachten sind (BGH, Urteil vom 18.04.2012 – XII ZR 66/10).
OLG Karlsruhe, Beschluss vom 24.10.2013 – 2 UF 213/12
Abfindung: Einkommen oder Vermögensbestandteil?
Leitsatz: Soweit eine aus der Auflösung eines Arbeitsverhältnisses erhaltene Abfindungnicht zum Ausgleich des weggefallenen Arbeitsentgeltes benötigt wird, ist sie als Vermögensbestandteil anzusehen und als Zugewinn auszugleichen.
Anmerkung: Einer Heranziehung der Abfindung bedarf es demnach nicht, wenn der Unterhaltspflichtige im Anschluss an das beendete Arbeitsverhältnis sogleich eine neue Arbeitsstelle erlangt, die ihm ein der früheren Tätigkeit vergleichbares Einkommen einbringt (BGH, Urteil v. 18.04.2012 – XII ZR 65/10, Rn 38). Wie mit einer möglichen Doppel-Natur bei Abfindungszahlungen umzugehen ist, hat das OLG Karlsruhe mit Beschluss vom 24.10.2013 entschieden. Einmal kann die Abfindung den Zweck haben, wie eine > Sozialleistung als Lohnersatz zu wirken oder anderen Motiven dienen. Hat die Abfindung Lohnersatzfunktion, dann hat sie Einkommensqualität und ist vorrangig im > Unterhaltsrecht zu berücksichtigen und nicht beim > Zugewinnausgleich. Dabei ist der Grundsatz zu beachten, dass ein Vermögenswert nicht gleichzeitig bei der Unterhaltsberechnung und beim Zugewinnausgleich bewertet werden darf (> Verbot der Doppelbewertung). Es ändert sich nichts an der Lohnersatzfunktion, nur weil evtl. kein Unterhalt gezahlt oder geschuldet wird. Deshalb bleibt der Teil der Abfindung, der als Einkommen und nicht als Vermögen zu qualifizieren ist, bei der Zugewinnberechnung auch dann außen vor, wenn kein Unterhalt geschuldet wird.
Im Ergebnis ist eine Abfindung in seine Funktionsbestandteile aufzusplitten, vorrangig beim Unterhalt, soweit sie eine Lohnersatzfunktion erfüllt, zu berücksichtigen und der übrige Anteil in die Vermögensbilanz beim Zugewinn einzustellen.
BGH, Urteil v. 18.04.2012 – XII ZR 65/10, Rn 37ff
Abfindung und Einkommen aus neuem Arbeitsverhältnis
(Zitat aus den Entscheidungsgründen): “Die Heranziehung der Abfindung ist vielmehr vorwiegend nach unterhaltsrechtlichen Regeln zu beurteilen. Einer Heranziehung der Abfindung bedarf es demnach nicht, wenn der Unterhaltspflichtige im Anschluss an das beendete Arbeitsverhältnis sogleich eine neue Arbeitsstelle erlangt, die ihm ein der früheren Tätigkeit vergleichbares Einkommen einbringt. Für diesen Fall hat der Senat entschieden, dass eine nach Ehescheidung zusätzlich zu dem in unveränderter Höhe bezogenen Einkommen erhaltene Abfindung bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs unberücksichtigt bleibt (Senatsurteil vom 2. Juni 2010 – XII ZR 138/08 – FamRZ 2010, 1311 Rn. 28 f.).”
Anmerkung: Wenn nach Zahlung der Abfindung sofort wieder ein Arbeitsplatz mit gleichem Einkommen wie zuvor zur Verfügung steht, bleibt die Abfindung bei der Bemessung des > Unterhaltsbedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissenunberücksichtigt. Ebenso führen nacheheliche Abfindungszahlungen grundsätzlich nichtzu einer unterhaltsrelevanten > Einkommenserhöhung mit der Folge einer Erhöhung des > nachehelichen Unterhaltsanspruchs.
Leitsatz: Hat der Unterhaltspflichtige nach dem – unterhaltsrechtlich nicht > vorwerfbaren – Verlust seines Arbeitsplatzes eine Abfindung erhalten und hat er im Anschluss daran eine neue Arbeitsstelle mit dauerhaft geringerem Einkommen gefunden, so ist die Abfindung bis zur Höchstgrenze des Bedarfs aufgrund des früheren Einkommensgrundsätzlich für den Unterhalt zu verwenden (im Anschluss an Senatsurteile BGHZ 172, 22 = FamRZ 2007, 983 und vom 2. Juni 2010 – XII ZR 138/08 – FamRZ 2010, 1311; teilweise Aufgabe von Senatsurteil BGHZ 153, 358 = FamRZ 2003, 590).
(Zitat aus den Entscheidungsgründen) : “Für den Fall, dass der Unterhaltspflichtige zwar ein neues Arbeitsverhältnis erlangt hat, das daraus bezogene Einkommen aber hinter dem früheren zurückbleibt, hat der Senat hingegen entschieden, dass eine Abfindung und die Erträge daraus nicht für den Unterhalt zu verwenden seien (Senatsurteil BGHZ 153, 358 = FamRZ 2003, 590 m. Anm. Graba, FamRZ 2003, 746). Der Senat hat dies damit begründet, dass der Unterhaltsbedarf ausschließlich nach dem aktuellen Arbeitseinkommen zu bemessen und die Abfindung hierfür nicht zu berücksichtigen sei.Daran hält der Senat nicht fest. Vielmehr ist eine andere Betrachtung geboten, weil die Quelle der Abfindung in dem beendeten Arbeitsverhältnis liegt und dadurch der notwendige Bezug zu den ehelichen Lebensverhältnissen hergestellt ist. Daraus folgt zwar – wie ausgeführt – nicht, dass aus der Abfindung bei ansonsten gleich gebliebenem Einkommen eine Erhöhung des Bedarfs hergeleitet werden kann. Für eine Aufstockung auf das bisherige Einkommensniveau mangelt es indessen nicht an einem Bezug zu den – früher gelebten – ehelichen Lebensverhältnissen. Aus diesem Grund ist die Abfindung bereits bei der > Bedarfsermittlung zu berücksichtigen (vgl. Senatsurteil vom 14. Januar 1987 – IVb ZR 89/85 – FamRZ 1987, 359, 360).
Anmerkung: Der BGH hat mit Urteil vom 18.04.2012 eine Änderung der Rechtsprechungvollzogen. Hatte ein Arbeitnehmer wegen Verlust seines Arbeitsplatzes eine Abfindungerhalten, wurde diese unterhaltsrechtlich nicht berücksichtigt, wenn Einkünfte aus einem neuen Arbeitsverhältnis unterhaltsrelevant wurden. Dies galt nach alter Rechtsprechung auch in dem Fall, wenn das Einkommen aus dem ersten Arbeitsverhältnis höher war, als das aktuelle Einkommen. Die Abfindung dient als Ersatz des fortgefallenen Arbeitseinkommens dazu, dass die bisherigen wirtschaftlichen Verhältnisse vorübergehend aufrechterhalten werden können.
Je mehr die Abfindung als Kapitalleistung und nicht als Leistung mit > Lohnersatzfunktion erscheint, desto geringer ist die unterhaltsrechtliche Relevanz der Abfindung zur Kompensation eines Einkommensausfalls oder Einkommensrückgangs. Wer die unterhaltsrechtliche Auswirkungen einer Abfindungszahlung vermeiden will, sollte im Auflösungsvertrag die Abfindungsleistung als eine Sonderzahlung zum Aufbau einer > privaten Altersvorsorge vorsehen.
BFH, Urteil vom 13.03.2018 – IX R 16/1
Privilegierte Einkommensbesteuerung von Abfindungen nach § 34 EStG bei einvernehmlicher Auflösung des Arbeitsvertrages
Anmerkung: Entschädigungen werden ermäßigt besteuert, wenn es aufgrund der Entschädigung zu einer sog. Zusammenballung von Einkünften kommt und sich dadurch der Steuersatz erhöhen würde. Wegen des > progressiven Einkommensteuertarifs würde diese Abfindung regelmäßig einem höheren Steuersatz unterliegen als das bisherige Arbeitseinkommen. Um diese unerwünschte steuerliche Folge abzumildern, hat der Gesetzgeber die sogenannte > Fünftelregelung geschaffen, wonach zwar die volle Abfindung besteuert wird, jedoch mit einem niedrigeren Steuersatz (§ > 34 EStG). Die Fünftelregelung wird nur gewährt, wenn die Abfindung zusammengeballt zufließt, d.h. grundsätzlich als Einmalzahlung, und der Arbeitnehmer die Auflösung des Arbeitsvertrags nicht selbst herbeigeführt hat. Umstritten war bisher, ob die Voraussetzungen der Fünftelregelung auch bei einer einvernehmlichen Auflösung des Arbeitsvertrags erfüllt sind oder nur dann, wenn der Arbeitgeber einseitig kündigt. Der Bundesfinanzhof (BFH, Urteil vom 13.03.2018 – IX R 16/1; vgl. auch BFH, Urteil vom 13.10.2015, IX R 46/14) hat entschieden, dass es der Anwendung der Fünftelregelung nicht entgegensteht, wenn das Arbeitsverhältnis in gegenseitigem Einvernehmen beendet wird. Allein der Umstand, dass eine Abfindung gezahlt wird, zeige in aller Regel, dass der Arbeitnehmer unfreiwillig ausscheidet. Andernfalls würde der Arbeitgeber keine Abfindung anbieten. Dies kann bei der Frage relevant werden, ob die mit dem > Arbeitsplatzverlust verbundene Einkommensreduzierung unterhaltsrechtlich anerkannt wird, d.h. ob ein Unterhaltsanspruch an die veränderten realen Einkommensverhältnisse angepasst wird. Eine Anpassung an die veränderten wirtschaftlichen Verhältnisse findet nur statt, wenn der Arbeitsplatzverlust dem Betroffenen nicht vorzuwerfen ist.
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