- Dein Warenkorb ist leer.
Standort:
Kanzlei für Familienrecht > Infothek zum Familienrecht > Unterhalt > Einkommen > geldwerte Vorteile > Wohnvorteil > Wohnwert ermitteln
Professionelle Unterhaltsberechnung: Unterhaltsansprüche mit Berücksichtigung von Wohnvorteil ermitteln, ist ein komplexes Thema. Wir empfehlen Ihnen dringend, einen Fachanwalt für Familienrecht zu konsultieren, um Fehler zu vermeiden. Wir helfen Ihnen gerne weiter und beraten Sie fachkompetent.
| Nehmen Sie noch heute Kontakt mit uns auf.
Die Ermittlung des Wohnwerts ist ein wichtiger Bestandteil bei Trennung und Scheidung. Denn er dient als Grundlage für die Höhe des zu zahlenden Unterhalts. In diesem Leitfaden erklären wir Ihnen, was Sie über die Prüfungsschritte zur Ermittlung des Wohnwerts wissen müssen. Erschließen Sie den wahren Wert des Wohnens ohne Miete mit unseren Rechenschritten.
| Wegweiser zur Wohnwertermittlung
Praxisformulare zur Wohnwertermittlung
Unsere Formulare ermöglichen Ihnen eine präzise Unterhaltsberechnung mit dem Wohnvorteil. Von Fachanwälten in der Praxis geprüft und empfohlen.
Wohnvorteil ist also eine Art „Chamäleon“ des Unterhaltsrechts, wenn es um seine Bewertung geht: Je nachdem, auf welchen Aspekt monetär abgestellt wird, bedeutet der Wohnvorteil
Spareffekte bzw. Synergieeffekte sind kein (fiktives) Einkommen im unterhaltsrechtlichen Sinn. Doch verändern Synergieeffekte die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners und des Unterhaltsberechtigten:
Spar-Effekt
und Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners
Hier kommt es bei der Prüfung der Leistungsfähigkeit zur Korrektur der Selbstbehaltssätze, und zwar aus folgenden Gründen: Die Selbstbehaltssätze gehen davon aus, dass der Unterhaltsschuldner Miete zu bezahlen hat. In jedem Selbstbehaltssatz ist standardisiert ein Fixkostenanteil für Miete und ein freier Geldbetrag zum Bestreiten der übrigen Lebenshaltungskosten vorgesehen. Wer also keine Fix-Ausgaben für Miete hat, ist dementsprechend wirtschaftlich leistungsfähiger. Der Selbstbehaltssatz des Unterhaltsschuldners ist also grundsätzlich, um die ersparten Mietkosten herabzusetzen (vgl. auch OLG Nürnberg, Beschluss vom 23.05.2012 – 7 UF 159/12). Die Korrektur erfolgt in Höhe des angemessenen Wohnwerts sofern nicht vorrangig der Einkommenseffekt zum Tragen kommt.
Spar-Effekt
für Unterhaltsberechtigten
Für den mietfrei lebenden Unterhaltsgläubiger gilt, dass er um den Mietkostenanteil geringer unterhaltsbedürftig ist. Die Anrechnung auf die Bedürftigkeit erfolgt in Höhe des angemessenen Wohnwerts sofern nicht vorrangig der Einkommenseffekt zum Tragen kommt.
Erscheint eine Fremdvermietung der Immobilie zumutbar, wird der Ertragswert der Wohnung als objektiver Mietwert erfasst und dem Einkommen zugerechnet. Die Obliegenheit zur Fremdvermietung führt zum objektiven Wohnwert. Ist der Einkommenseffekt maßgebend, dann beeinflußt der Wohnvorteil die Unterhaltsberechnung bereits auf der Ebene der Bedarfsermittlung.
Formulare zum Einkommen und zur Auskunft:
Von Fachanwälten in der Praxis geprüft und empfohlen.
Erster Schritt
Angemessener Wohnwert oder objektiver Wohnwert?
Zweiter Schritt
fiktiven Wohnwert zurechnen?
Dritter Schritt
Wohnwertbereinigung – Welche Betriebskosten werden vom Wohnvorteil abgezogen?
Vierter Schritt
Wohnwertbereinigung – Welche Immobilienkreditbelastungen werden vom Wohnwert abgezogen?
Fünfter Schritt
Kann es einen negativen Wohnwert geben?
Sechster Schritt
Ist der objektive Wohnwert steuerlich zu bereinigen?
Wer mietfrei wohnt, hat nach der Vorstellung des Unterhaltsrecht einen geldwerten Vorteil, der dem Einkommen hinzugerechnet wird. Hierbei stellt sich die Frage mit welchem Wert? Zur Höhe des Wertansatzes eines Wohnvorteils stehen generell zwei Bezugsgrößen zur Auswahl: Man bemisst den Wohnwert entweder nach dem
BGH, Beschluss vom 19. März 2014 – XII ZB 367/12
Zumutbarkeit einer Fremdvermietung
(Zitat, Rn 17 ) “Ob der Wohnvorteil nach dem objektiven Mietwert oder in einer geringeren Höhe zu bemessen ist, hängt maßgeblich davon ab, ob der die Immobilie Nutzende gehalten ist, diese anderweitig zu verwerten.”
Grundsätze:
Unzumutbare Fremdvermietung: Wird der Wohnvorteil nicht nach dem vollen Mietwert (= objektiver Wohnwert) bemessen, weil eine Fremdvermietung nicht zumutbar erscheint, wird auf die real angemessenen Wohnbedarfsverhältnisse abgestellt (= angemessener Wohnwert). Der angemessene Wohnwert wird anhand der Frage ermittelt, welche Mietkosten der Betroffene sich bei Berücksichtigung seiner persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse im konkreten Fall erspart.
Höhe des angemessenen Wohnwerts: Maßgeblich sind die persönlichen Verhältnisse der Person, die die Wohnung derzeit bewohnt = Kosten der Wohnung, die nach Größe und Ausstattung seinen persönlichen und finanziellen Verhältnissen angemessen ist. Schätzung nach § 287 ZPO (Mietwertspiegel, statistisches Bundesamtes DESTATIS). Bei der Frage nach dem angemessenen Wohnwert können die Zahl der Bewohner der mietfrei genutzten Immobilie indizielle Bedeutung für die Angemessenheitsprüfung gewinnen (“nicht alle vorhandenen Räumlichkeiten werden zur Deckung des angemessenen Wohnbedarfs des Unterhaltsschuldners gebraucht und genutzt“). Kommt der objektive Wohnwert zum Ansatz, geht das nicht (vgl. AG Hamburg, Beschluss vom 14.10.2016 – 273 F 161/16).
Mehrere Bewohner im Haushalt: Bewohnen neben dem Unterhaltspflichtigen weitere Familienangehörige oder weitere sonstige Personen das Eigenheim (z.B. bei > Wiederverheiratung mit neuem Ehegatten), kann für den angemessenen Wohnwert der objektive vorhandene Wohnwert nur anteilig berücksichtigt werden. Das OLG München hatte mit Beschluss v. 20.7.1998 – 12 WF 885/98 dazu entschieden: Bei mehreren Erwachsenen in der Wohnung ist der (angemessene) Wohnwert nach Köpfen zu verteilen. Bei Kindern in der Wohnung kann man sich als Richtschnur an die Quote von 20 % vom Elementarbedarf der Kinder orientieren. Letztendlich sind dies nur Richtlinien für eine gerichtliche Schätzung des angemessenen Wohnwerts. Abweichungen davon sind in der Praxis denkbar und unterliegen dem richterlichen Ermessen (§ 278 ZPO).
Wohnwert und erstes Trennungsjahr: Der klassische Fall für den Ansatz eines sog. “angemessenen” Wohnwerts ist das mietfreie Wohnen im Familienheim nach der Trennung im ersten Trennungsjahr.
| MEHR
Statt ein Sachverständigengutachten zum Wohnwert einzuholen, kann das Familiengericht eine eigene Schätzung nach Maßgabe des § 287 ZPO vornehmen. Das gilt insbesondere dann, wenn der Tatrichter den angemessenen Wohnwert zu bestimmen hat. Im Fall der tatrichterlichen Schätzung werden erhebliche Gutachterkosten und Zeit gespart. Wir kennen Unterhaltsverfahren, die länger als ein Jahr dauern, nur weil die Beteiligten um die Höhe des Wohnwerts streiten und der Streit gutachterlich geklärt werden muss.
Gerade im Unterhaltsrecht jederzeit auch gerichtliche Schätzungen in Betracht kommen und in diesem Rahmen auch eine gewisse Pauschalierung fehlerfrei ist (zur Pauschalierung vgl. BGH v. 16.4.1997 – XII ZR 233/95, FamRZ 1997, 806, 807). § 287 Abs. 2 ZPO ist über § 113 Abs. 1 FamFG in vollem Umfang anwendbar und gibt dem Gericht die Möglichkeit, das gesamte Einkommen (Heiß/Born, Unterhaltsrecht, 3. Kap. Rz. 482A m.w.N. u.a. auf OLG Hamm v. 5.4.2005 – 2 WF 121/05, FamRZ 2006, 44), den Bedarf (Dose in Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 10. Aufl., § 6 Rz. 752 m.w.N.; u.a. auf BGH v. 5.7.2006 – XII ZR 11/04, FamRZ 2006, 1362 = FamRB 2006, 294 [Menne]) oder auch einzelne Positionen des Einkommens (Dose in Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 10. Aufl., § 6 Rz. 751 m.w.N.) und der Ausgaben (Dose in Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 10. Aufl., § 6 Rz. 752 m.w.N.) zu schätzen.
Ob das Gericht letztendlich schätzt oder ein Sachverständigengutachten zum Wohnwert einholt, wird je nach Gepflogenheit des Familiengerichts und Vortrag zu den wertbildenden Faktoren der Immobilie unterschiedlich gehandhabt. Zur Schätzung benötigt der Tatrichter eine ausreichende Schätzungsgrundlage. Wer keine bösen Überraschungen bei gerichtlicher Schätzung des Wohnwerts erleben möchte, sollte im Unterhaltsverfahren zu den wertbildenden Faktoren der Wohnung/Immobilie immer so konkret wie möglich vortragen (OLG München, Beschluss v. 17.4.2007 – 2 UF 1607/06, FamRZ 2007, 1655) oder gleich ein privates Mietwertgutachten erstellen lassen. Versuche, den Wohnvorteil möglichst gering in Ansatz bringen zu lassen, in dem plakativ auf geringwertige Ausstattung oder Renovierungsstau hingewiesen wird, sind untauglich. Liegen bereits Verkehrswertgutachten zu dem betroffenen Objekt vor, kann hierauf für Schätzungen des Wohnwerts Bezug genommen werden, soweit keine Anhaltspunkte gegeben sind, die Zweifel an der nötigen Sorgfalt des Gutachten aufkommen lassen (vgl. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 27.11.2014 – 16 UF 41/14, S. 19f.; nicht veröffentlicht; intern vorhanden, unser Az.: 478/können13).
OLG Brandenburg, Beschluss vom 29.09.2015 – 10 UF 210/14
Zur Schätzung des Mietwerts
(Zitat, Rn 43) “Das Amtsgericht hat den der Antragsgegnerin für das Wohnen im eigenen Haus zuzurechnenden – mit Rücksicht auf die Zustellung des Scheidungsantrags im Dezember 2013 durchgängig vollen – Wohnwert auf der Grundlage einer insoweit zulässigen Schätzung gemäß § 287 ZPO (vgl. BGH FamRZ 2008, 1325 Rn. 17) mit 1.000 € angesetzt. Die Antragsgegnerin hält diesen Betrag zwar für überhöht, kann mit ihren Bedenken aber nicht durchdringen. Das Amtsgericht hat die Grundlagen seiner Schätzung im angefochtenen Beschluss nachvollziehbar dargelegt. Mit der Ladungsverfügung vom 1.6.2015 hat der Senat darauf hingewiesen, dass die Antragsgegnerin, soweit sie einen niedrigeren Ansatz für gerechtfertigt hielte, im Rahmen der sekundären Darlegungslast näher zu Größe, Lage, Aufteilung und Ausstattung des ihr gehörenden Hauses vortragen müsste (Bl. 379). Ergänzender Vortrag insoweit ist aber nicht erfolgt. Der pauschale Vortrag, die Ausstattung des Gebäudes sei bescheiden, es gebe einen großen Instandhaltungsrückstau, reicht insoweit nicht aus.”
AG Rosenheim, Beschluss vom 09.07.2021 – 3 F 735/19 (intern vorhanden, unser Az.: 75/21)
Schätzung des Mietwerts wegen Verweigerung der Begutachtung des Mietwerts
Anmerkung: Im Fall des AG Rosenheim wurde vom Bewohner der zu begutachtenden Immobilie die Begutachtung vereitelt. Dem Gutachter wurde der Zutritt zur Immobilie verweigert. Nach der Rechtsprechung hat dies eine Beweiserleichterung bis hin zur Umkehr der Beweislast zur Folge. Das Gericht kann sich nun mit einer Schätzung des Wohnwerts nach § 287 Abs.1, 2 ZPO, 113 FamFG begnügen. Hier wird der Ausschnitt des Beschlusses vorgestellt, der die Vorgehensweise des Gerichts bei einer Wohnwert-Schätzung gut erklärt.
Zur Unterhaltsermittlung werden Mietwert des Hauses benötigt. Hier sollten Sie eine Einschätzung von einen Makler oder Anbietern von professionellen Wohnwert- und Verkehrswertermittlern zur Verfügung stellen. Ohne Angaben zum Mietwert kann keine abschließende Einkommens- und Unterhaltsberechnung durchgeführt werden. Hilfreich für die Schätzung von erzielbaren Mieten können Internet-Veröffentlichungen sein:
Aus dem unterhaltsrechtlichen Grundsatz der Einkommensoptimierung folgen zahlreiche unterhaltsrechtliche Obliegenheiten. Eine davon ist, (> Immobilien -)Vermögen so ertragreich wie möglich zu nutzen und den möglichen Gewinn (> Zins) aus dem Vermögensstamm zu optimieren. Wird eine Obliegenheitsverletzung festgestellt, führt dies zur Zurechnung fiktiven Einkommens. Wer sein Immobilienvermögen versilbert, danach Zinseinnahmen statt Mieteinnahmen generiert, kann dem Vorwurf einer Obliegenheitsverletzung wegen unwirtschaftlicher Vermögensdispositionenausgesetzt sein. Das Gleiche kann eintreten, wenn ein unterhaltspflichtiger Immobilienbesitzer aus “unterhaltstrategischen Gründen” eine ehemals selbstgenutzte Immobilie verkauft und anschließend in Miete beim neuen Lebenspartner wohnt. Im Fall des OLG Nürrnberg ist diese Taktik zur Vermeidung der Zurechung eines Wohnvorteilsnicht aufgegangen. Darin wurde eine Obliegenheitsverletzung erkannt und dem Unterhaltspflichtigen ein fiktiver Wohnvorteil zugerechnet.
OLG Nürnberg, Beschluss vom 16.7.2020 – 10 UF 1286/19
Zum fiktiven Wohnvorteil
(Zitat) “Darüber hinaus ist dem Antragsteller weiterhin fiktiv der Wohnwert für die früher in seinem Eigentum stehende und von ihm bewohnte Immobilie zuzurechnen. Grundsätzlich ist die Verfügung des Antragstellers über sein Eigentum, wie der hier vorliegende Verkauf der Immobilien, zu respektieren. Die Anerkennung der Konsequenzen aus einer solchen Entscheidung ist beim Unterhalt aber eingeschränkt durch die unterhaltsrechtlichen Pflichten des Veräußerers. Dabei sind insbesondere Billigkeitserwägungen, wie sie in der negativen Härteklausel des § 1579 zum Ausdruck kommen, ggf. auch dem Unterhaltspflichtigen entgegenzuhalten (Brudermüller, aaO, § 1361 Rn. 43). Beim Wohnvorteil kommt daher auf beiden Seiten eine Zurechnung fiktiver Einkünfte dann in Betracht, wenn dem Unterhaltspflichtigem oder dem Unterhaltsberechtigtem ein verantwortungsloses oder zumindest leichtfertiges Herbeiführen seiner Leistungsunfähigkeit vorzuwerfen ist (vgl. Brudermüller in Palandt, BGB, 79. Aufl., § 1578 Rn. 6; OLG Zweibrücken FamRZ 2008, 1863 Tz. 19). Ein solches Verhalten kann z. B. im Umzug zu einem neuen Lebensgefährten liegen, der zum Verlust des bisherigen Arbeitseinkommens führt und nicht durch Gründe der persönlichen Lebensführung gerechtfertigt ist (OLG Zweibrücken, a.a.O, Tz. 18 ff.). Zudem ergibt sich aus § 1577 Abs. 1 BGB für den unterhaltsberechtigten geschiedenen Ehegatten die Obliegenheit, vorhandenes Vermögen so ertragreich wie möglich anzulegen. Vermögenserträge, die er in zumutbarer Weise erzielen könnte, tatsächlich aber nicht erzielt, mindern als fiktives Einkommen seine Bedürftigkeit (OLG Hamm FamRZ 1999, 233 Tz. 76; BGH FamRZ 1988, 87 Tz. 19). […] Dabei muss dem Vermögensinhaber ein gewisser Entscheidungsspielraum belassen werden. Die tatsächliche Anlage des Vermögens muss sich als eindeutig unwirtschaftlich darstellen, ehe der Unterhaltsberechtigte auf eine andere Anlageform und daraus erzielbare Beträge verwiesen werden kann (BGH NJW 2001, 2259 Tz. 27; nach BGH FamRZ 2013, 109 Tz. 31 handelt es sich um einen Fall von § 1579 Nr. 3 BGB). Diese Obliegenheit trifft spiegelbildlich auch den Unterhaltsverpflichteten (Brudermüller, a.a.O, § 1361 Rn. 43).Dem Antragsteller verblieben vorliegend im Jahr 2019 nach Abzug des Unterhalts etwas über 700 Euro von seinen Renteneinkünften, von denen er auch die laufenden Kosten der Immobilien bestreiten musste. Nach dem Tod seiner Mutter im Jahr 2018 fiel eine etwaige finanzielle Unterstützung durch diese weg. Beide Anwesen waren seit längerer Zeit nicht renoviert worden, so dass unstreitig ein Renovierungsstau von mehr als 100.000 Euro eingetreten war. Auf Grund dieser Ausgangslage kann dem Antragsteller nicht grundsätzlich vorgeworfen werden, dass er sich nicht zuletzt aus wirtschaftlichen Erwägungen heraus für eine Veräußerung seines Eigentums und den Umzug zu seiner Partnerin entschied, auch wenn er andererseits die laufenden Kosten für die Häuser über mehrere Jahre hinweg trotz Unterhaltszahlung hatte tragen können und nun nach eigenen – bestrittenen – Angaben 400 Euro Mietbeteiligung an seine Partnerin zahlt. Dennoch ist der Verkauf beider Häuser nicht als vom unterhaltsrechtlich berücksichtigungsfähigen Ermessensspielraum des Antragstellers gedeckt und im Rahmen des zur Erhaltung der Leistungsfähigkeit wirtschaftlich Zumutbaren und Obliegenden anzusehen. Der Antragsteller hätte lediglich das elterliche Anwesen verkaufen und mit dem erzielten Erlös das von ihm bewohnte, ehemals eheliche Anwesen sanieren können. Nach seinen eigenen unbestrittenen Angaben bestand für dieses Haus ein Renovierungsstau in einer Höhe von 150.000 Euro. Der mit dem Verkauf des elterlichen Anwesens erzielte Erlös in Höhe von 215.000 Euro hätte mithin nicht nur die anfallenden Sanierungskosten abgedeckt, sondern auch ermöglicht, einen Sockelbetrag in Höhe von ca. 65.000 Euro für zukünftige laufenden Kosten bzw. den zu zahlenden nachehelichen Unterhalt zurückzubehalten. Er hätte das Gebäude dann selbst bewohnen oder zur Erzielung von Einnahmen vermieten können. Auf diese Weise wäre die Kostentragung durch den Antragsteller nachhaltig sichergestellt worden. Der Verkauf beider Immobilien, insbesondere des ehemaligen Familienheimes, verstößt mithin offenkundig gegen die Obliegenheit des Antragstellers als Unterhaltsverpflichteten, seine vorhandenen Vermögenswerte so ertragreich wie möglich anzulegen bzw. diese zur Sicherung umzuschichten und stellt sich als unterhaltsrechtlich unwirtschaftlich dar, so dass dem Antragsteller weiterhin – fiktiv – der Wohnwert für das zuvor tatsächlich bewohnte Haus anzurechnen ist. Gegen die fiktiv angesetzte Höhe des Wohnwerts von 6,80 Euro/qm, insgesamt 605,20 EUR werden keine Einwände erhoben.”
AG Heilbronn, Beschluss vom 20.02.2017 – 9 F 2639/16
Wer trägt nach Trennung und Miteigentum an der Ehewohnung die nicht umlagefähigen Betriebskosten?
Sind die Ehegatten gemeinsam Miteigentümer einer Eigentumswohnung, so hat sich der Ehegatte, der anlässlich einer Trennung aus der Wohnung zieht, grundsätzlich in Höhe seines Miteigentumanteils an den Betriebskosten zu beteiligen, die nicht umlagefähig sind. Dies gilt jedoch dann nicht, wenn die Betriebskosten vom Wohnvorteil im Rahmen der Berechnung des Trennungsunterhalts abgezogen wurden.
BGH, Urteil vom 27.05.2009 – XII ZR 78/08,
Zu den umlagefähigen und nicht umlagefähigen Betriebskosten
(Zitat, Rn 30ff.) “Nach § 556 Abs.1 Satz 1 BGB können die Parteien vereinbaren, dass der Mieter Betriebskosten trägt. Betriebskosten sind die Kosten, die dem Eigentümer durch das Eigentum am Grundstück oder durch den bestimmungsmäßigen Gebrauch des Gebäudes, der Nebengebäude, Anlagen, Einrichtungen und des Grundstücks laufend entstehen (§ 556 Abs. 1 Satz 2 BGB). Für die Aufstellung der Betriebskosten gilt (seit dem 1. Januar 2004) die Betriebskostenverordnung (> BetrKV) vom 25. November 2003 (§ 556 Abs. 1 Satz 3 BGB).
Die Feststellung, ob bestimmte umlagefähige Kosten üblicherweise auf den Mieter umgelegt werden, ist Aufgabe der Tatsacheninstanzen und hängt von den örtlichen Gepflogenheiten ab. Dabei begegnet es allerdings keinen Bedenken, wenn von dem Regelfall ausgegangen wird, dass die Vermieter die gesetzlichen Möglichkeiten ausschöpfen und die nach §§ 1, 2 BetrKV umlagefähigen Kosten in der Praxis auf die Mieter umgelegt werden. Zu prüfen ist dann nur noch, ob die fraglichen Kosten etwa schon in die ortsübliche Grundmiete eingerechnet sind (vgl. Finke FPR 2008, 94, 95). Das ist allerdings bei der sog. Netto-Kaltmiete (oder Nettomiete), die regelmäßig den örtlichen Mietspiegeln nach §§ 558 c, 558 Abs. 2 BGB zugrunde liegt, nicht der Fall (vgl. BGH, Urteil vom 10. Oktober 2007 – VIII ZR 331/06 – NJW 2008, 848)”.
Abzugsfähigkeit von Instandhaltungsaufwendungen:
Für die Ermittlung des Wohnvorteils sind die nicht umlagefähigen Instandhaltungskosten von Bedeutung. Da vermögensbildende Maßnahmen grundsätzlich nicht abzugsfähig sind, können Kosten für Hausreparaturen beim Wohnvorteil nur dann berücksichtigt werden, wenn sie erforderlich sind, um die ordnungsgemäße Bewohnbarkeit des Hauses zu erhalten und dies konkret belegt werden kann. Allgemeine Reparaturen, die den aktuellen Wert des Hauses erhöhen, ohne durch die Erhaltung des Gebrauchswerts veranlasst zu sein, fallen nicht unter die Kategorie vom Wohnvorteil abzugsfähige Instandhaltungskosten (vgl. BGH, Urteil v. 20.10.1999 – XII ZR 297/97 in FamRZ 2000, 351).
Umlage des Instandhaltungsaufwands auf geschätzte Nutzungsdauer:
Weiter ist zu beachten, dass im Unterhaltsrecht grundsätzlich nur laufende (ratierliche) und belegte Zahlungen berücksichtigt werden, die das monatlich für den Lebensunterhalt zur Verfügung stehende Einkommen tatsächlich “belasten”. Deshalb werden unterhaltsrechtlich regelmäßig nur solche Instandhaltungskosten berücksichtigt, die über regelmäßige Instandhaltungsrücklagen finanziert und für konkrete Instandhaltungsmaßnahmen gebildet werden. Bei Eigentumswohnanlagen ist nach § 21 Abs.5 WEG die Bildung von Instandhaltungsrücklagen vorgesehen. Die Leistungen auf solche Rücklagenverpflichtungen sind unterhaltsrechtlich anzuerkennen und vom Wohnwert abziehbar. Ebenso können Zins- und Tilgungsaufwendungen für Kredite, die zur Finanzierung notwendiger Instandhaltungskosten aufgenommen werden, bei der Ermittlung des Wohnvorteils als Belastungen abziehbar sein. Instandhaltungskosten sind, auch wenn sie in einer Summe sofort bezahlt werden, je nach Höhe immer auf einen angemessenen Zeitraum (ähnlich wie Abschreibungen) auf monatliche Belastungsraten umzulegen (Wendl/Dose, Unterhaltsrecht, 9. Auflage 2015, Rn 504). Maßgebend ist immer eine Einzelfallbetrachtung.
Beispiel: Wohnvorteil bereinigen
von notwendigen Instandhaltungsaufwendungen
Kreditbelastungen aus der Anschaffungsfinanzierung sind zweifelsfrei nicht (auf Mieter) umlagefähig. Diese Hauslasten sind meist die größte Position, um den der Wohnvorteil zu bereinigen ist. Sie sind bei dem Ehegatten in Abzug zu bringen, der diese Schuldenlast auch tatsächlich trägt.
Eine Reduzierung des Wohnvorteils aufgrund von aufgebrachten Kreditraten zur Finanzierung wirkt sich sowohl auf den Zins- als auch auf den Tilgungsanteil aus. Dies hat keine einseitig negativen Auswirkungen auf die Personen, die Unterhalt erhalten, da es ohne Zinsen und Tilgung keinen Vorteil in Form von eingesparter Miete geben würde.
Die Berücksichtigung eines Wohnvorteils entfällt, wenn die Verbindlichkeiten (Zins- und Tilgung) den zugrunde gelegten Mietwert der Wohnung übersteigen (OLG Brandenburg, Beschluss vom 14.4.2022 – 9 UF 155/21). Darüber hinaus reduzieren Zinszahlungen für ein Darlehen, das für den Bau oder Kauf einer selbstgenutzten Immobilie aufgenommen wurde, den anzusetzenden Wohnvorteil (vgl. negativer Wohnwert und Ehegattenunterhalt).
Dies gilt auch in Fällen, in denen eine erhöhte Unterhaltspflicht minderjährigen Kindern gegenüber besteht. Allerdings wäre es nicht sachgerecht, die den Wert des Wohnraums übersteigen Anteil der Darlehensraten (vgl. negativer Wohnwert und Kindesunterhalt), zusätzlich zu berücksichtigen (BGH, Beschluss v. 9.3.2022 – XII ZB 233/21, FamRZ 2022, 781, m. Anm. Norpoth).
Zinsen für ein zur Gestaltung einer selbstgenutzten Immobilie aufgenommenes Darlehen mindern ebenfalls den anzusetzenden Wohnvorteil (OLG Celle, Beschluss v. 21.12.2022 – 21 UF 129/22).
OLG München – 12 UF 1218/97
(Zitat) “Vom Wohnwert sind die Belastungen abzuziehen. Sind diese höher als der Wohnwert, ergibt sich ein sogenannter negativer Wohnwert. Dieser negativeWohnwert ist jedenfalls dann zu berücksichtigen, wenn die Immobilie im gemeinschaftlichen Eigentum der Parteien steht und die Abzahlung der Schulden daher im Interesse beider Parteien liegt.”
Anmerkung: Die Rechtsprechung zum negativen Wohnvorteil hat sich zwischenzeitlich gewandelt, seit dem anerkannt wurde, dass nicht nur der Zins-, sondern auch der Tilgungsanteil vom ermittelten Wohnvorteil in Abzug gebracht wird.
> mehr .
BGH, Beschluss vom 09. März 2022 – XII ZB 233/21
Kindesunterhalt und Bereinigung des Wohnvorteils um die Finanzierungslast einer selbstgenutzten Immobilie
Leitsätze: > hier
Anmerkung: Kritisch wird die Berücksichtigung eines negativen Wohnwerts beim Einkommen unterhaltspflichtiger Eltern gesehen. Es kann zu einer Bereinigung des Wohnwerts bis auf NULL kommen. Die Berücksichtigung eines negativen Wohnwerts wird nicht akzeptiert.
Unterhaltsbedarf des Kindes:
Fest steht, dass jedenfalls der Mindestunterhalt nach Düsseldorfer Tabelle gesichert sein muss. Hier hat die Existenzsicherung der Kinder (also im Fall einer Mangelfallberechnung) Vorrang vor dem Interesse der Eltern an ihrer Immobilienfinanzierung (vgl. BGH, Beschluss vom 09.03.2022 – XII ZB 233/21).
Leistungsfähigkeit der Eltern:
Bei der Prüfungsebene Leistungsfähigkeit ist weiter zu beachten, dass im Selbstbehalt Wohnkosten einkalkuliert sind. Steht also dem Interesse der Existenzsicherung des Kindes das Interesse an der eigenen Existenzsicherung gegenüber, hat die eigene Existenzsicherung erst Vorrang, wenn der Selbstbehalt ohne (einkalkulierter Wohnkosten) unterschritten wird. Der Selbstbehalt wird um die einkalkulierten Wohnkosten herabgesetzt und korrigiert (vgl. BGH, Urteil vom 9.1.2002 – XII ZR 34/00, S.13).
Wir kennen den Grundsatz, dass fiktives Einkommen lediglich netto und nicht brutto hinzuzurechnen ist. Also sind fiktive Einkünfte steuerlich zu bereinigen. Denn fiktiv erzielbares Einkommen erhöht für unterhaltsrechtliche Zwecke die Steuerbemessungsgrundlage (Brutto-Einkommen aus Erwerbstätigkeit und anderen Einkommensquellen zzgl. Brutto-Wert des Wohnvorteils). Dies löst wiederum eine fiktive Berechnung der Gesamtsteuerlast mit Hinzurechnung des objektiven Wohnvorteils aus. Die Differenz aus der Gesamtsteuerlast mit objektivem Wohnvorteil abzgl. Steuerlast ohne objektiven Wohnvorteil ist vom Brutto-Wohnvorteil in Abzug zu bringen. Dazu folgender Meinungsstand:
Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von Facebook. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.
Mehr InformationenSie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von Instagram. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.
Mehr InformationenSie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von X. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.
Mehr Informationen