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Höchstens bis zum 25. Geburtstag haben volljährige Kinder Anspruch auf Kindergeld. Es besteht vor allem dann ein Anspruch auf Kindergeld, wenn sich volljährige Kinder noch in Berufsausbildung befinden oder einen anerkannten Freiwilligendienst ableisten. Befinden sich volljährige Kinder für eine Übergangszeit von höchstens vier Monaten zwischen zwei Ausbildungsabschnitten, wird Kindergeld bezahlt. Wenn Kinder trotz ernsthafter Bemühungen noch keinen Ausbildungsplatz gefunden haben und deshalb ihre Ausbildung nicht beginnen oder fortsetzen können, erhalten sie ebenfalls Kindergeld.
Anmerkung: Muss ein Kind seine Ausbildung wegen einer dauerhaften Erkrankung unterbrechen, ist aber weiterhin ausbildungswillig, besteht der Kindergeldanspruch weiter fort. Wenn nur eine Unterbrechung der Ausbildung vorliegt, ist das kein Grund für die Versagung des weiteren Anspruchs auf Kindergeld. Dabei spielt es keine Rolle, wie lange die krankheitsbedingte Ausbildungsunterbrechung dauert.
Erwerbstätige Kinder, die für einen Beruf ausgebildet werden, sich in einer Übergangszeit befinden oder noch ohne Ausbildungsplatz sind und die bereits eine erste Berufsausbildung oder ein Erststudium abgeschlossen haben, werden allerdings nur noch dann berücksichtigt, wenn sie höchstens 20 Stunden pro Woche jobben, ihr Geld in einem Ausbildungsdienstverhältnis verdienen oder einer geringfügigen Beschäftigung nachgehen (vgl. BFH , Urteil vom 04.02.2016 – III R 14/15, Rn 10).
Leben die Eltern des Kindes in unterschiedlichen Mitgliedstaaten der EU, tauchen immer wieder Fallkonstellationen auf, in denen ein Elternteil nach deutschem und der andere Elternteil nach ausländischem Recht kindergeldbezugsberechtigt ist. Für das Kindergeldbezugsrecht in Deutschland knüpft § 62 EStG allein an einen Wohnsitz oder den gewöhnlichen Aufenthalt eines Elternteils in Deutschland an, wobei der andere Elternteil – mit gewöhnlichem Aufenthalt im EU-Ausland – nach den Vorschriften dieses Mitgliedstaates ebenfalls kindergeldberechtigt sein kann. Damit es nicht zum doppelten Bezug von Kindergeld kommt, zahlt ein EU-Mitgliedstaat nur den Differnzbetrag zwischen den unterschiedlich hohen Kindergeldleistungen der Mitgliedstaaten. Näheres regeln die Europäischen Rechtsvorschriften zur Koordinierung der sozialen Sicherungssysteme.
Kindergeld anspruchsberechtigt sind in der Regel die Eltern eines minderjährigen oder volljährigen Kindes in Ausbildung. Diese müssen die weiteren Voraussetzungen der §§ 62 ff. EStG erfüllen.
Seit 2012 kann der Anspruch auf Kindergeld nicht mehr daran scheitern, dass das Kind ein zu hohes Einkommen hat. Höchstens bis zum 25. Geburtstag haben volljährige Kinder Anspruch auf Kindergeld. Es besteht vor allem dann ein Anspruch auf Kindergeld, wenn sich volljährige Kinder noch in Berufsausbildung befinden oder einen anerkannten Freiwilligendienst ableisten. Befinden sich volljährige Kinder für eine Übergangszeit von höchstens vier Monaten zwischen zwei Ausbildungsabschnitten, wird Kindergeld bezahlt. Erwerbstätige Kinder, die für einen Beruf ausgebildet werden, sich in einer Übergangszeit befinden oder noch ohne Ausbildungsplatz sind und die bereits eine erste Berufsausbildung oder ein Erststudium abgeschlossen haben, werden allerdings nur noch dann berücksichtigt, wenn sie höchstens 20 Stunden pro Woche jobben, ihr Geld in einem Ausbildungsdienstverhältnis verdienen oder einer geringfügigen Beschäftigung nachgehen (vgl. BFH, Urteil vom 04.02.2016 – III R 14/15, Rn 10). Wenn Kinder trotz ernsthafter Bemühungen noch keinen Ausbildungsplatz gefunden haben und deshalb ihre Ausbildung nicht beginnen oder fortsetzen können, erhalten sie ebenfalls Kindergeld.
Das Kindergeld wird von den Familienkassen festgesetzt und ausgezahlt (§ 70 Abs.1 S.1 EStG). Aus § 64 EStG ergibt sich, an welchen bei mehreren Berechtigten das Kindergeld ausbezahlt wird. Gegenüber der Familienkasse sind nicht beide Eltern, sondern immer nur ein Elternteil zahlungsempfangsberechtigt. Grundvoraussetzung für die Auszahlungsberechtigung ist, dass das Kind im Haushalt des Berechtigten aufgenommen ist (§ 64 Abs.2 EStG). Lebt das Kind im gemeinsamen Haushalt der Eltern, so bestimmen die Eltern, welcher Elternteil kindergeldberechtigt ist (§ 64 Abs.2 S.3 EStG). Gezahlt wird entweder an die Mutter oder den Vater, niemals an beide oder gesplittet (§ 64 Abs.1 EStG). Wenn die Eltern sich über das Bezugsrecht nicht einigen können und gegenüber der Familienkasse keine Berechtigtenbestimmung treffen, muss eine Klärung letztendlich über das Familiengericht erfolgen (§ 64 Abs.3 S.2 EStG). Insbesondere bei Kinderbetreuung im Wechselmodell wird um das Kindergeldbezugsrecht gerne gestritten. Das Gesetz macht in § 64 EStG keine Vorgaben, nach welchen Maßstäben das Familiengericht die Bezugsberechtigung zu bestimmen hat. In der Rechtsprechung (KG NZFam 2019, 828; OLG Celle FamRZ 2019, 31; OLG Dresden FamRZ 2014, 1055) ist anerkannt, dass sich die Bezugsberechtigung – wenn die Eltern keine Bestimmung getroffen haben – nach dem Kindeswohl richtet. Bieten bei gemeinsamer elterlicher Sorge und Betreuung der Kinder beide Elternteile gleichermaßen die Gewähr, das Kindergeld zum Wohle des Kindes zu verwenden, besteht kein Anlass für eine Änderung der bestehenden Bezugsberechtigung (sogenannte Kontinuität des Kindergeldbezuges: OLG München, Beschluss vom 20.1.2021 – 16 WF 1378/20, FamRZ 2021, 1200).
Leisten die Eltern keinen oder nur sehr wenig Unterhalt, kann das Kind die Auszahlungdes Kindergelds an sich selbst beantragen (sog. Abzweigung).
OLG Stuttgart, Beschluss vom 20.01.2017 – 17 UF 193/16
Auszahlung des Kindergeldes an volljähriges Kind
Anmerkung: Das volljährige unterhaltsberechtigte Kind kann den Anspruch auf Auszahlung des Kindergeldes gegen einen Elternteil, gegen den ein Titel über Barunterhalt besteht, eigenständig geltend machen, ohne dafür ein Abänderungsverfahren betreiben zu müssen. Die Anrechnung des Kindergeldes auf den Unterhaltsbedarf geht einher mit einem Anspruch des Kindes auf Auskehr des Kindergeldes (BGH, FamRZ 2007, 542, Rn 29; FamRZ 2006, 99, Rn 26). Der Anspruch auf Auskehr des Kindergeldes ergibt sich aus § 1601 BGB (analog). Einwendungen gegen das Fortbestehen des Unterhaltsanspruchs bzw. die Höhe des Unterhaltsanspruchs sind beim Auskehr-Anspruch nicht zu prüfen. Der Anspruch hängt nur davon ab, dass ein Elternteil dieses bezieht. Selbst die Eltern im Übrigen keinen Barunterhalt mehr schulden sollten, kann sie gegenüber dem Kind nicht beanspruchen, dass das Kindergeld bei ihnen verbleibt.
Das Kindergeld wird zwar nur an einen Elternteil ausgezahlt. Jedoch soll jeder Elternteil, der für das Kind Unterhaltsleistungen erbringt, durch das Kindergeld angemessen finanziell entlastet werden. Auf der dritten Prüfungsebene zum Kindesunterhaltsanspruch, wird ermittelt, ob das Kind unterhaltsbedürftig ist. Hier ist nun § 1612b Abs.1 BGB zu beachten. § 1612b Abs.1 BGB spricht nicht ausdrücklich davon, dass das Kindergeld auf den Bedarf des Kindes anzurechnen ist und somit die Bedürftigkeit mindert. Die Vorschrift spricht von “verwenden” zur Deckung des Barbedarfs (Barunterhaltspflicht).
Hälftige Verwendung für den Barunterhalt (§ 1612b Abs.1 Ziff.1 BGB):
Hat das Kind noch einen Betreuungsbedarf, was bei minderjährigen Kindern regelmäßig der Fall ist, wird die Hälfte des Kindergeldbetrags zur Bedarfsdeckung verwendet. Für die Praxis bedeutet dies, dass das Kindergeld zur Hälfte auf die Barunterhaltspflicht eines Elternteils angerechnet wird (Formel zur Bedürftigkeit). Diese Anrechnung berücksichtigt die Düsseldorfer Tabelle, indem sie im Anhang die Zahlbeträge zur Barunterhaltspflicht jweils verkürzt um den Verwendungsbetrag des Kindergeldes ausweist.
Verwendung des Kindergeldes beim Wechselmodell:
Bei der Kinderbetreuung im Wechselmodell stößt § 1612b Abs.1 BGB an seine Grenzen. In solchen Grenzfällen hat die Rechtsprechung zur Kindergeldverwendung im Innenverhältnis der Eltern ergänzend zu § 1612b BGB einen familienrechtlichen Ausgleichsanspruch anerkannt. In sonstigen Fallkonstellationen, in denen der Ausgleich über Anrechnung auf den Bedarf nicht funktioniert, ist der Weg über den familienrechtlichen Ausgleichsanspruch ebenfalls höchstrichterlich anerkannt.
(Zitat, Rn 38, 39) “Auf diesen Bedarf ist das staatliche Kindergeld in vollem Umfang anzurechnen. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts hat die Anrechnung nicht erst auf den jeweiligen Anteil zu erfolgen, der sich aus der Aufteilung nach § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB ergibt. Da die Eltern ihren volljährigen Kindern in der Regel unterschiedliche Anteile am Barunterhalt schulden, kommt eine Aufteilung des Kindergeldes nur im Verhältnis des anteilig geschuldeten Barunterhalts in Betracht. Um den unterschiedlichen Beiträgen der Eltern zum Barunterhaltsbedarf des volljährigen Kindes gerecht zu werden, ist das Kindergeld deswegen vorab bedarfsdeckend auf den gesamten (Bar-)Unterhaltsbedarf anzurechnen. Das führt dazu, dass beide Elternteile entsprechend der jeweils geschuldeten Quote vom Barunterhalt entlastet werden (Senatsurteil vom 26. Oktober 2005 – XII ZR 34/03 – FamRZ 2006, 99, 101 ff. m.w.N. = BGHZ 164, 375, 383). Der Bedarf der Klägerin hätte deshalb mit dem um das volle Kindergeld von 154 €; reduzierten Betrag in die Anteilsberechnung eingestellt werden müssen.”
Volle (bedarfsdeckende) Verwendung des Kindergeldes für den Barunterhalt: Hat das Kind keinen Betreuungsbedarf, was bei volljährigen Kindern regelmäßig der Fall ist, wird der volle Kindergeldbetrag vom ermittleten Barbedarf des Kindes in Abzug gebracht (§ 1612b Abs.1 Ziff2 BGB). Mit Erreichen der Volljährigkeit gilt der Haftungsverteilungsmaßstab des § 1606 Abs.3 S.2 BGB nicht mehr. Jetzt ist die Grundlegel zur anteiligen Barunterhaltshaftung der Eltern maßgebend (§ 1606 Abs.3 S.1 BGB). Jetzt ist das Kindergeld für das volljährige Kind in voller Höhe bedarfsdeckend in Ansatz zu bringen: BGH, Versäumnisurteil vom 30. Juli 2008 – XII ZR 126/06 , Rn 36 – (Zitat) “Nach ständiger Rechtsprechung des Senats schuldet der Kläger seinen volljährigen Kindern nur Unterhalt in einer Höhe, wie er sich nach Abzug des vollen Kindergeldes ergibt (Senatsurteile BGHZ 164, 375, 382 f. = FamRZ 2006, 99, 101 f. und vom 5. März 2008 – XII ZR 22/06 – FamRZ 2008, 963).
BGH, Beschluss vom 20.04.2016 – XII ZB 45/15
Zum isolierten Kindergeldausgleich beim Wechselmodell
Anmerkung: Der BGH nennt drei in der Literatur und Rechtsprechung vertretene Lösungen zur Verteilung des Kindergelds auf die Eltern des minderjährigen Kindes beim Wechselmodell:
Der BGH folgt der zuletzt genannten 3. Auffassung und erachtet den Ausgleichsanspruch bei Kinderbetreuung im Wechselmodell in Höhe eines Viertels des Kindergelds für begründet. Wird der Ausgleich nicht über § 1612b BGB erreicht, erfolgt ein Ausgleich über den sog. familienrechtlichen Ausgleichsanspruchs (BGH, Beschluss vom 11.01.2017 – XII ZB 565/15; BGH, Beschluss vom 20. April 2016 – XII ZB 45/15, Rn 12 mwN; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 20.06.2013 – II – 7 UF 45/13).
(Zitat, Rn 27): “… Der familienrechtliche Ausgleichsanspruch ist in der Rechtsprechung des Senats grundsätzlich für solche Fälle anerkannt, in denen ein Elternteil für den Unterhalt eines gemeinsamen Kindes aufgekommen ist und dadurch dessen Unterhaltsanspruch erfüllt hat, obwohl (auch) der andere Elternteil ganz oder teilweise unterhaltspflichtig war. Der Anspruch beruht auf der Unterhaltspflicht beider Eltern gegenüber ihrem Kind und ergibt sich aus der Notwendigkeit, die Unterhaltslast im Verhältnis zwischen ihnen nach § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB entsprechend ihrem Leistungsvermögen gerecht zu verteilen (Senatsbeschlüsse vom 8. Februar 2017 – XII ZB 116/16 – FamRZ 2017, 611 Rn. 11 und vom 20. April 2016 – XII ZB 45/15 – FamRZ 2016, 1053 Rn. 11 mwN). Ein Unterfall des familienrechtlichen Ausgleichsanspruchs ist der – wegen der gesetzlichen Anrechnungsregelung in § 1612 b Abs. 1 BGB freilich nur in seltenen Fällen in Betracht kommende – Anspruch eines Elternteils auf Ausgleich des dem anderen Elternteil gezahlten Kindergelds, obwohl in diesem Fall nicht geleisteter Unterhalt, sondern eine vorweggenommene Steuervergütung bzw. eine staatliche Sozialleistung im Rahmen des Familienlastenausgleichs ausgeglichen werden soll. Über den familienrechtlichen Ausgleichsanspruch können auch solche staatlichen Leistungen ausgeglichen werden, die beiden Eltern zur Erleichterung des Kindesunterhalts zugutekommen sollen, aber nur einem Elternteil tatsächlich zugeflossen sind (vgl. Senatsbeschluss vom 20. April 2016 – XII ZB 45/15 – FamRZ 2016, 1053 Rn. 12 und Senatsurteil BGHZ 150, 12, 29 = FamRZ 2002, 536, 541).”
Anmerkung: Der Entscheidung lag ein Sachverhalt von zwei verbeamteten Eltern mit Beihilfeberechtigung zu Grunde. Die Mutter, bei der die Kinder leben und privat krankenversichert sind, hat vom Dienstherrn einen erhöhten Beihilfemessenungssatz bewilligt erhalten. Aufgrund dieses Umstandes wollte der Vater eine Beteiligung der Mutter an den Beiträgen zur privaten Krankenversicherung der Kinder über einen familienrechtlichen Ausgleichsanspruch anteilig ersattet haben. Der BGH hat diesem Begehren eine Absage erteilt. Zum einen sei eine Vergleichbarkeit mit dem Ausgleich von Vorteilen aus Kindergeldbezug nicht gegeben. Zum anderen gilt für die Beitragsleistung von Beiträgen zur privaten KV der Kinder keine anteilige Elternhaftung.
(Zitat) “Der Unterhaltsanspruch reduziert sich grundsätzlich um die Hälfte des Kindergelds, § 1612b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGB. Die über die Höhe des deutschen Kindergeldanspruchs hinausgehenden luxemburgischen Kindergeldleistungen (inkl. Schulzulage) wurden dabei allerdings zutreffend zugunsten der Antragsgegnerin in vollem Umfang auf den Bedarf des Antragstellers [Kind] angerechnet (vgl. OLG Koblenz Urteil vom 21.04.2010 – 9 UF 4/10 – n.v., Seite 8 m.w.Nw.).“
Anmerkung: Im Fall des OLG Koblenz war der kinderbetreuende Elternteil Grenzgänger zwischen Deutschland und Luxemburg. Er bezog für das mit gewöhnlichem Aufenthalt in Deutschland lebende Kind luxemburgische Kindergeldleistungen, weil er Einkünfte in Luxemburg erzielte. Hierbei geht das OLG detailliert auf das europäische Kindergeldbezugsrecht nach VO 883/2004/EG ein. Der der kinderbetreuende Kindesvater fällt als EU-Bürger gemäß Art. 2 Abs. 1 VO 883/2004/EG in den persönlichen Anwendungsbereich dieser Verordnung.
Schuldet ein in Deutschland lebender Unterhaltspflichtiger für sein in Österreich lebendes Kind Unterhalt, so wird die Unterhaltspflicht nach österreichischem Recht vor den österreichischen Bezirksgerichten beurteilt und festgesetzt. Das Kind hat nach österreichischem Recht Anspruch auf Familienbeihilfe. Für den Fall, dass der Unterhaltspflichtige in Österreich steuerpflichtiges Einkommen bezieht, wird die Familienbeihilfe auf den Kindesunterhalt angerechnet. Doch gilt dies nach österreichischem unterhaltsrecht nicht für Unterhaltsplichtige, die Einkommen in Deutschland beziehen. Diese Judikatur widerspricht dem nach deutscher Rechtsprechung geltend Grundsatz der paritätischen Entlastung der Eltern bei Kindergeldleistungen. Vor österreichischen Gerichten ist diese jedoch nicht zu erreichen.
Ob die paritätische Entlastung mit einem Verfahren vor einem deutschen Gericht zu erreichen ist, erscheint fraglich. Eine entsprechende Judikatur ist uns bisher nicht bekannt. Zunächst muss ein Weg gefunden werden, wie ein isolierter Ausgleichsanspruch vor einem deutschen Gericht geltend gemacht werden könnte. Dazu müsste für den unterhaltsrechtlichen Ausgleichsanspruch ein deutsches Familiengericht international zuständig sein. Ausgleichsberechtigt wäre der in Deutschland lebende Elternteil. Die internationale Zuständigkeit deutscher Familiengerichte könnte sich für den Ausgleichsanspruch aus Art.3 b) EuUntVO ergeben. Soweit wir die Judikatur überblichen, wurde diese Rechtsfrage bisher nicht obergerichtlich oder höchstrichterlich geklärt.
Wird für das Kind Kindergeld gezahlt, gibt es nicht zusätzlich den Kinderfreibetrag. Dieses Ergebnis wird erreicht, indem das Finanzamt eine Verrechnung durchführt.
Leben die Eltern des Kindes in unterschiedlichen Mitgliedstaaten der EU, tauchen immer wieder Fallkonstellationen auf, in denen ein Elternteil nach deutschem und der andere Elternteil nach ausländischem Recht kindergeldbezugsberechtigt ist.
Zunächst ist zu prüfen, ob bei einer solchen Konstellation ein Anspruch auf Bezug von Kindergeld in dem Mitgliedstaat besteht, in dem ein Elternteil mit dem Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Besteht z.B. ein Anspruch auf Kindergeld in Österreich, wenn die Mutter mit dem Kind nach Österreich übersiedelt und der Vater in Deutschland lebt und dort Einkommen bezieht?
In Österreich nennt man das Kindergeld „Familienbeihilfe“. Der Antrag auf Familienbeihilfe ist in Österreich beim Wohnsitzamt einzubringen. Anspruch auf österreichische Familienbeihilfe haben im Wesentlichen:
In Fällen von Familienleistungen an Eltern, die mit Kindern in unterschiedlichen EU-Mitgliedstaaten leben, greift die Verordnung 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (Verordnung Nr. 883/2004). Mit EuGH-Urteil im Fall „Bogatu“ (07.02.2019 – C-322/17) wird Folgendes klargestellt:
„Art. 67 bestimmt, dass eine Person auch für Familienangehörige, die in einem anderen Mitgliedstaat wohnen, Anspruch auf Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften des zuständigen Mitgliedstaats hat, als ob die Familienangehörigen in diesem Mitgliedstaat wohnen würden.“
Ergebnis: Wenn das Kind mit einem Elternteil nach Österreich übersiedelt, besteht ein Anspruch auf österreichisches Familienbeihilfe. Doch ebenso besteht ein Anspruch auf das deutsche Kindergeld, weil der Vater des Kindes in Deutschland arbeitet und dort Einkommen bezieht. Für das Kindergeldbezugsrecht in Deutschland knüpft § 62 EStG allein an einen Wohnsitz oder den gewöhnlichen Aufenthalt eines Elternteils in Deutschland an, wobei der andere Elternteil – mit gewöhnlichem Aufenthalt im EU-Ausland – nach den Vorschriften dieses Mitgliedstaates ebenfalls kindergeldberechtigt sein kann. Daraus lässt sich lt. Interpretation des EuGH zur Verordnung Nr. 883/2004zusammenfassend sagen, dass ein Anspruch auf deutsches Kindergeld für Kinder im EU-Ausland besteht, wenn:
Damit es nicht zum doppelten Bezug von Kindergeld kommt, zahlt ein EU-Mitgliedstaat nur den Differenzbetrag zwischen den unterschiedlich hohen Kindergeldleistungen der Mitgliedstaaten. Näheres regeln die Europäischen Rechtsvorschriften zur Koordinierung der sozialen Sicherungssysteme. Die Familienkasse in Deutschland erteilt dazu folgende Auskunft:
Nach Corona-Steuerhilfegesetz wird als „Sonderkindergeld“ für jedes Kind in 2020 eine einmalige Leistung in Höhe von 300,00 € gezahlt. Im Jahr 2021 wird im Mai 2021 eine Einmalzahlung von 150,00 € je Kind automatisch an den bezugsberechtigten Elternteil ausbezahlt. Die Auszahlung erfolgt nicht zusammen mit dem Kindergeld, sondern als eigene Zahlung.
Verwendung für den Barbedarf des Kindes: Er kommt beiden Elternteilen anteilig zugute. Der Bonus wird wie das Kindergeld auf den Barbedarf des minderjährigen Kindes hälftig angerechnet (OLG Koblenz, 13. Senat, FamRZ 2021, 1034).
Der Kinderzuschlag (umgangssprachlich: Kindergeldzuschlag) ist eine finanzielle Unterstützung, die Familien mit niedrigem Einkommen zugutekommt. Gemäß § 6a des Bundeskindergeldgesetzes (BKGG) kann er zusätzlich zum Kindergeld beantragt werden, wenn das Einkommen der Eltern oder Erziehungsberechtigten nicht ausreicht, um den Bedarf der Familie zu decken.
Ab dem 1. Januar 2023 beträgt der Kinderzuschlag monatlich bis zu 250 Euro pro Kind. Die genaue Höhe ist abhängig von der finanziellen Situation der Familie und wird individuell berechnet.
Anspruch auf Kinderzuschlag haben Eltern oder Erziehungsberechtigte, die in ihrem Haushalt alleinstehende Kinder unter 25 Jahren haben und Anspruch auf Kindergeld oder eine ähnliche Leistung haben. Das Bruttoeinkommen der Eltern muss mindestens 900 Euro betragen, bei Alleinerziehenden mindestens 600 Euro.
Der Kinderzuschlag wird gemeinsam mit dem Kindergeld ausgezahlt und muss bei der Familienkasse der Bundesagentur für Arbeit beantragt werden.
Zusätzlich zum Kinderzuschlag können Familien weitere Leistungen wie Bildung und Teilhabe in Anspruch nehmen, zum Beispiel ein kostenloses Mittagessen in Schule und Kindertagesstätte oder ein Schulbedarfspaket im Wert von 174 Euro. Bezieher des Kinderzuschlags können außerdem von den Kita-Gebühren befreit werden.
Vollständige Verwendung für den Barbedarf des Kindes:
BGH, Beschluss vom 28.10.2020 – XII ZB 512/19
Kinderzuschlag ist Einkommen des Kindes – Anrechnung auf den Bedarf
(Zitat, Rn 32, 33) „Für die teilweise geforderte Aufteilung des Kinderzuschlags in einen Barunterhalts- und einen Betreuungsunterhaltsteil besteht keine rechtliche Grundlage. Beim Kindergeld beruht die nur hälftige Anrechnung auf den Barbedarf des minderjährigen Kindes, wenn ein Elternteil seine Unterhaltspflicht durch Betreuung des Kindes erfüllt (§ 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB), auf der ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung in § 1612 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGB, mit der keine Regelung für den Kinderzuschlag getroffen wird. Aber auch die Voraussetzungen für eine entsprechende Anwendung (vgl. dazu etwa Senatsbeschlüsse BGHZ 220,58 = FamRZ 2018, 1919 Rn. 16 mwN und vom 22. April 2020 – XII ZB 383/19 – FamRZ 2020, 1009 Rn. 36 mwN, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt) dieser Norm auf den Kinderzuschlag liegen nicht vor.“
(Zitat, Rn 37) „Eine lediglich hälftige Berücksichtigung des Kinderzuschlags als Einkommen des Kindes ist unterhaltsrechtlich auch nicht geboten. Allerdings beeinflussen sich Kinderzuschlag und Kindesunterhalt wechselseitig. Soweit ein Kinderzuschlag gezahlt wird, ist der Unterhaltsbedarf des Kindes gedeckt und sein Unterhaltsanspruch daher reduziert (vgl. zu Einzelheiten Wendl/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 10. Aufl. § 1 Rn. 687).
Die volle Berücksichtigung des Kinderzuschlags als bedarfsdeckendes Einkommen des Kindes kann aber nicht dazu führen, dass der Mindestunterhalt für das Kind nicht erreicht wird (so aber Borth FamRZ 2019, 853, 856 Fn. 22).“
Anmerkung: Die Entscheidung des BGH gibt einen bemerkenswerten Hinweis: Die hälftige Verwendung von Kindbezogenen Leistungen auf den Barbedarf minderjähriger Kinder sein nur für das Kindergeld gesetzlich in § 1612b Abs.1 Ziff. 1 BGB angeordnet und nicht auch für andere kindbezogene Leistungen oder eigene Einkünfte des minderjährigen Kindes.
Dies könnte dazu führen, dass die Bewertung eigener Einkünfte des minderjährigen Kindes neu überdacht werden sollte. In der Literatur wird zunehmend vertreten (vgl. Maaß in Eschenbruch/Schürmann/Menne, Unterhaltsprozess, Kap. 2 Rn. 274, 18, 26, 251; Erman/Hammermann, BGB, 16. Aufl. 2020, § 1602 Rn. 11; Klinkhammer in Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, § 2 Rn. 119; Staudinger/Klinkhammer, § 1610 Rn. 159; Schürmann in Koch, HdB Unterhaltsrecht, 13. Aufl. 2017, § 4 Rn. 16; Schürmann FamRZ 2019, 493 501), es sei nicht unbillig, wenn die Ausbildungsvergütung des Kindes allein den barunterhaltspflichtigen Elternteil und nicht auch den betreuenden Elternteil anteilig entlaste, weil der Betreuungsunterhalt eine unentgeltliche Leistung ist, die nicht zu monetarisieren sei (BGH FamRZ 2017, 711 Rn. 9).
Die bisherige gefestigte Rechtsprechung und herrschenden Meinung, eigener Einkünfte des minderjährigen Kindes nur hälftig auf den Barbedarf des Kindes anzurechnen, könnte nun ins Wanken kommen. Es könnte in Betracht gezogen werden, dass die Einkünfte eines minderjährigen Kindes genauso behandelt werden wie die eines volljährigen Kindes. Das bedeutet, dass diese Einkünfte in vollem Umfang auf den Barbedarf des Kindes angerechnet werden und somit der Barunterhaltsanspruch verringert wird. Dieser Ansatz wurde bereits vor etwa 40 Jahren in der Literatur vorgeschlagen (Hampel FamRZ 1981, 1209) und auch vom Bundesgerichtshof (BGH NJW 1981, 2462, 2463) und einigen Obergerichten unterstützt (KG FamRZ 1985 419; OLG Stuttgart FamRZ 1981, 993 = BeckRS 2010, 18643). Es bleibt abzuwarten, welche Diskussion und mögliche Änderung der Rechtsprechung zur Anrechnung von eigenem Einkommen des Kindes auf den Barbedarf die Entscheidung des BGH noch auslösen wird.
OLG Koblenz, Beschluss vom 08.03.2017 – 13 UF 401/16
Zur Anrechnung der gezahlten Kinderzulage für Beamte der Europäischen Gemeinschaft
Anmerkung: Hier wendet das OLG Koblenz die Vorschrift des § 1612b Abs.1 S.1 BGB auf die Kinderzulage entsprechend an und kommt im Ergebnis auf eine hälftige Anrechnung der Kinderzulage auf den Barbedarf des Kindes.
(Zitat) „Der Ausgleich des staatlichen Kindergeldes beruht entscheidend auf der Erwägung, daß es sich um eine öffentliche Sozialleistung handelt, auf die beide Elternteile bei Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen gleichermaßen Anspruch haben.
Auf die kindbezogenen Zuschläge zu Dienstbezügen treffen diese Voraussetzungen nicht zu; sie sind lediglich ein Element für die Berechnung der Dienst- oder Versorgungsbezüge innerhalb eines nur auf den Empfänger dieser Leistung bezogenen Rechtsverhältnisses.“
Anmerkung: Die kindbezogenen Bestandteile der Dienst- und Versorgungsbezüge (Familienzuschlag), die ein beamteter Elternteil bezieht, werden nicht zwischen den Elternteilen ausgeglichen. Sie sind dem Kindergeld nicht vergleichbar. Die Gewährung erfolgt zwar aufgrund der unterhaltsberechtigten Kinder, aber im Rahmen des Beamtenverhältnisses. Es handelt sich daher um eine Verpflichtung des Dienstherrn gegenüber dem im Beamtenverhältnis stehenden Elternteil und nicht um eine öffentliche Sozialleistung.
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