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Scheidung > KanzleiInfothek > Verfahren >  Unterhaltsverfahren > Verfahren für minderjährige Kinder > Vereinfachtes Verfahren

Zweck des vereinfachten Verfahrens

Im Bereich des Kindesunterhalts bietet der Gesetzgeber vereinfachte Wege an, um an einen vollstreckungsfähigen Unterhaltstitel zu gelangen. Zum einen kann ohne Einschaltung des Familiengerichts über Vermittlung des Jugendamts eine kostenlose Jugendamtsurkunde erreicht werden. Zum anderen kann auf gerichtlichem Weg ein Unterhaltsbeschluss im sog. vereinfachte Verfahren erreicht werden. Das vereinfachte Verfahren wird in der Praxis häufig von den Jugendämtern eingeleitet, wenn der barunterhaltspflichtige Elternteil nicht bereit ist, die Angelegenheit (= Titulierungsinteresse ) über eine Jugendamtsurkunde zu bereinigen.

Es handelt sich um ein ausgesprochen formstrenges Verfahren, in dem  Einwendungen gegen den Kindesunterhalt nur akzeptiert und gehört werden, wenn sie in der richtigen Form (amtlichen Formblättern ) vorgetragen werden. Anträge und Erklärungen im vereinfachten Verfahren unterliegen nicht dem Anwaltszwang (§ 114 FamFG).

Das mag zwar für unterhaltspflichtige Eltern beruhigend klingen, weil sie sich ohne anwaltliche Hilfe gegen den geforderten Unterhalt verteidigen können. Damit rechnen auch die Jugendämter, die ein solches Verfahren einleiten: Denn ohne qualifizierte Kenntnisse vom vereinfachten Verfahren werden Fehler bei der Erhebung von Einwendungen gemacht und damit dem Jugendamt der Weg zu deren “Erfolg” geebnet. Der Wegweiser zum “ vereinfachten Verfahren ” weist auf die wesentlichen Probleme des Verfahrens für betroffene Eltern hin.

Änderungen – 2016

Art. 3 des Gesetzes zur Änderung des Unterhaltsrechts und des Unterhaltsverfahrensrechts sowie zur Änderung der Zivilprozessordnung und kostenrechtlicher Vorschriften (UntKostRÄndG k.a.Abk.), Gesetz v. 20.11.2015 BGBl. I S. 2018; Geltung ab 26.11.2015. Wird ab 2016 das vereinfachte Unterhaltsverfahrenanwenderfreundlicher geregelt und deutlicher als bisher auf die typischen Fälle seiner Anwendung ausgerichtet. Dazu werden die Verfahrensrechte der Beteiligten neu bestimmt und das Verfahren effizienter gestaltet. Es wurden Regelungen im FamFG geändert, und zwar

  • zum Anwendungsbereich des vereinfachten Verfahrens,
  • zu den Einwendungen des Antragsgegners,
  • zum Übergang in das streitige Verfahren und
  • zum Formularzwang. Das amtliche Antragsformular wurde geändert (= Änderung der Kindesunterhalt-Formularverordnung vom 19. Juni 1998 (BGBl. I S. 1364),

Antrag im vereinfachten Verfahren

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ANTRAGSFORMULAR & MERKBLATT 


Das vereinfachte Verfahren muss mit Verwendung amtlicher Antragsformulare geführt werden. Wenn das Antragsformular korrekt ausgefüllt wurde, wird es vom Gericht an den barunterhaltspflichtigen Elternteil weitergeleitet ( Praxisbeispiel bzw. MUSTER für ein gerichtliches Anschreiben). Das Verfahren gibt den minderjährigenKindern getrennt lebender Eltern – egal ob die Eltern verheiratet sind oder nicht – die Möglichkeit, rasch und kostengünstig gegen den barunterhaltspflichtigen Elternteil einen Vollstreckungstitel zu erwirken.

Besteht schon ein Unterhaltstitel oder ist bereits ein gerichtliches Verfahren anhängig, kann das vereinfachte Verfahren nicht genutzt werden. Das vereinfachte Verfahren dient dem Zweck, möglichst rasch wenigstens den Mindestunterhalt für Kinder im Sinne des § 1612a BGB titulieren zu lassen. Im vereinfachten Verfahren kann nur begrenzt auf das 1,2-fache (120 % des Mindestunterhalts der Kindesunterhalt gerichtlich festgesetzt werden. Eine weitere Begründung zur Höhe des Unterhalts ist nicht erforderlich.

Einwendungen im vereinfachten Verfahren

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AMTLICHES FORMULAR 
für Einwendungen der Eltern


Will nun der auf Kindesunterhalt in Anspruch genommene Elternteil sich gegen die Festsetzung des Unterhalts im vereinfachten Verfahren mit Einwendungen zur Wehr setzen, muss er dazu das entsprechende Formular verwenden. Im gerichtlichen Anschreiben werden Hinweise erteilt, wie das Formular auszufüllen ist. Werden vom Antragsgegner keine Einwendungen mit Verwendung des Formulars erhoben, wird der Unterhalt in der beantragten Höhe vom Gericht festgesetzt.

Die Erhebung von Einwendungen birgt viele Fallstricke. Einwendungen gegen die Leistungsfähigkeit der Eltern unterliegen einem 

Formularzwang: § 252 Abs.2 S.3 FamFG.

Fristenzwang: Sie können nur innerhalb eines Monats in vorgeschriebener Form erhoben werden: § 251 Abs.1 S.2 Ziff.3 FamFG.

Dies sind nur Beispiele für evtl. Stolpersteine, die es dem Unterhaltspflichtigen erschweren überhaupt Gehör zu finden. Dazu erteilt das Familiengericht üblicher Weise folgende 

Gerichtliche Hinweise


Das Gericht hat nicht geprüft, ob angegebenes Kindeseinkommen schon berücksichtigt ist oder bedarfsmindernd zu berücksichtigen ist. Wenn Sie innerhalb eines Monats seit der Zustellung dieser Mitteilung Einwendungen in der vorgeschriebenen Form nicht erheben, kann über den Unterhalt in der angegebenen Höhe ein Festsetzungsbeschluss ergehen, aus dem die Zwangsvollstreckung betrieben werden kann. Einwendungen können Sie erheben

  • gegen die Zulässigkeit des vereinfachten Verfahrens,
  • gegen den Zeitpunkt des Beginns der Unterhaltszahlung,
  • gegen die vorstehend angekündigte Festsetzung des Unterhalts, soweit die in ihr mitgeteilten Zeiträume oder Beträge nicht dem Antrag entsprechend berechnet sind oder die Nichtanrechnung oder unrichtige Berechnung kindbezogener Leistungen gerügt wird,
  • gegen die Auferlegung der Kosten, wenn Sie zur Einleitung des Verfahrens keinen Anlass gegeben haben und dem Gericht mitteilen, dass Sie sich zur Zahlung des Unterhalts in der beantragten Höhe verpflichten.

Andere Einwendungen sind nur zulässig, wenn Sie dem Gericht mitteilen, inwieweit Sie zur Unterhaltsleistung bereit sind und dass Sie sich insoweit zur Erfüllung des Unterhaltsanspruchs verpflichten. Den Einwand eingeschränkter oder fehlender Leistungsfähigkeit kann das Gericht nur zulassen, wenn Sie außerdem die nach dem beigefügten Formular verlangten Auskünfte über Ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse erteilen und Belege über Ihre Einkünfte vorlegen.

Die Einwendungen müssen dem Gericht auf einem Formular der beigefügten Art zweifach mit einer Abschrift für den/die Antragsteller/in mitgeteilt werden. Das Formular ist bei jedem Amtsgericht erhältlich. Hilfe beim Ausfüllen des Formulars leisten Angehörige der rechtsberatenden Berufe, jedes Amtsgericht und gegebenenfalls das Jugendamt. Beim Jugendamt oder Amtsgericht wird das Formular nach Ihren Angaben kostenlos für Sie ausgefüllt. Bringen Sie dazu bitte unbedingt die notwendigen Unterlagen und Belege mit.

Dr. Schröck – Kanzlei für Familienrecht - Unterhalt für minderjährige Kinder – Vereinfachtes Verfahren 1

OLG Dresden, Beschluss vom 21.01.2021 – 20 WF 1061/20 – juris 
Nachweis der fehlenden Leistungsfähigkeit im vereinfachten Verfahren 

Frist zur vollständigen Auskunft über Einkommen und Vermögen wurde unverschuldet versäumt

Wenn Sie im vereinfachten Verfahren über den Unterhalt Minderjähriger (§§ 249 ff. FamFG) unverschuldet daran gehindert waren, die erforderlichen Einkommensangaben und Belege fristgerecht vorzulegen, besteht die Möglichkeit, einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 17 FamFG zu stellen. Diese Maßnahme ermöglicht es, eine versäumte Frist nachträglich zu wahren, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind.​

Voraussetzungen für die Wiedereinsetzung:

  1. Unverschuldete Fristversäumnis: Sie müssen darlegen und glaubhaft machen, dass Sie ohne eigenes Verschulden verhindert waren, die Frist einzuhalten. Unverschuldet bedeutet, dass die Fristversäumnis trotz Anwendung der gebotenen Sorgfalt eingetreten ist.​
  2. Antragstellung innerhalb der Antragsfrist: Der Antrag auf Wiedereinsetzung muss innerhalb von zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses gestellt werden.​
  3. Nachholung der versäumten Handlung: Gleichzeitig mit dem Antrag müssen die versäumten Einkommensangaben und Belege vollständig nachgereicht werden.​

Antragstellung:

Der Antrag auf Wiedereinsetzung ist schriftlich beim zuständigen Familiengericht einzureichen. Darin sollten die Gründe für die unverschuldete Fristversäumnis detailliert dargestellt und durch geeignete Beweismittel, wie ärztliche Atteste oder eidesstattliche Versicherungen, glaubhaft gemacht werden.​

Rechtsfolgen:

Wird dem Antrag stattgegeben, wird das Verfahren so behandelt, als ob die Frist ordnungsgemäß eingehalten worden wäre. Andernfalls bleiben die verspätet vorgebrachten Einwendungen unberücksichtigt, und der Festsetzungsbeschluss kann ohne Berücksichtigung dieser Einwendungen ergehen.​

Es ist daher entscheidend, bei unverschuldeter Fristversäumnis unverzüglich zu handeln und die genannten Schritte einzuleiten, um Ihre Rechte im Verfahren zu wahren.

Wenn das vereinfachte Verfahren scheitert

Anwendungsbereich (§ 255 FamFG)

§ 255 FamFG betrifft das vereinfachte Verfahren über den Unterhalt Minderjähriger nach §§ 249 ff. FamFG.
Wenn dieses Verfahren scheitert, etwa weil Einwendungen erhoben werden oder andere Voraussetzungen fehlen, kann das Verfahren in das streitige Verfahren übergehen, sofern die Voraussetzungen nach § 255 FamFG erfüllt sind.

Voraussetzungen im Einzelnen


Formelle Voraussetzungen

  • Vorangegangenes Verfahren nach §§ 249 ff. FamFG:
    Es muss ein vereinfachtes Verfahren über den Unterhalt Minderjähriger eingeleitet worden sein.
  • Zulässiger Antrag auf Durchführung des streitigen Verfahrens:
    Der Antrag ist von der antragstellenden Partei zu stellen.
  • Zuständiges Gericht:
    Das Gericht, das im vereinfachten Verfahren tätig war, bleibt in der Regel auch im streitigen Verfahren zuständig.
  • Rechtzeitigkeit:
    Der Antrag muss innerhalb von einem Monat nach Zustellung des Beschlusses über die Ablehnung oder Einstellung des vereinfachten Verfahrens gestellt werden (§ 255 Abs. 1 S. 2 FamFG).

Materielle Voraussetzungen

  • Scheitern des vereinfachten Verfahrens: Typischerweise durch:
    • wirksame Einwendungen des Antragsgegners (§ 252 FamFG)
    • fehlende Mitwirkung des Antragstellers
    • andere Gründe, die das Verfahren blockieren
  • Antragsberechtigung: Nur die antragstellende Partei im vereinfachten Verfahren kann den Antrag auf Übergang ins streitige Verfahren stellen.
  • Ziel: Fortsetzung des Verfahrens mit den im vereinfachten Verfahren gestellten Anträgen – diese gelten dann als im streitigen Verfahren gestellt (§ 255 Abs. 2 FamFG).

Rechtsfolge


  • Das Verfahren wird als streitiges Unterhaltsverfahren weitergeführt, also nach den allgemeinen Regeln über Familienstreitsachen (insb. §§ 113 FamFG i.V.m. ZPO).
  • Es entsteht ein neues Verfahrensstadium, ggf. mit mündlicher Verhandlung, Beweisaufnahme etc.

Besonderheiten / Tipps


  • Der Antrag sollte klar und eindeutig formuliert sein.
  • Es kann hilfreich sein, gleichzeitig ergänzende Anträge (z. B. zur Auskunftspflicht oder zu rückständigem Unterhalt) im streitigen Verfahren zu stellen.
  • Wenn die Monatsfrist versäumt wird, muss das Verfahren neu eingeleitet werden – daher ist schnelles Handeln wichtig.

Muster-Antrag gemäß § 255 FamFG


An das
Amtsgericht [Ort]
– Familiengericht –
[Adresse]

Aktenzeichen: [Aktenzeichen des vereinfachten Verfahrens einfügen]

In der Familiensache
[Name, Anschrift, Geburtsdatum],
– Antragsteller/in –

gegen

[Name, Anschrift, Geburtsdatum],
– Antragsgegner/in –

wird beantragt, das Verfahren gemäß § 255 FamFG in das streitige Verfahren zu überführen.

Begründung:

Die Antragstellerin/der Antragsteller hat mit Antrag vom [Datum] das vereinfachte Verfahren über den Unterhalt Minderjähriger gemäß §§ 249 ff. FamFG eingeleitet. Im Verlauf dieses Verfahrens hat der Antragsgegner/die Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom [Datum] form- und fristgerecht Einwendungen gegen den Unterhaltstitel erhoben.

Das vereinfachte Verfahren konnte daher gemäß § 252 Abs. 1 FamFG nicht mit einer Entscheidung abgeschlossen werden.

Der Antragsteller/die Antragstellerin beantragt daher, das Verfahren gemäß § 255 Abs. 1 FamFG in das streitige Verfahren zu überführen. Die mit dem Antrag im vereinfachten Verfahren geltend gemachten Ansprüche auf Kindesunterhalt gelten entsprechend § 255 Abs. 2 FamFG als im streitigen Verfahren gestellt.

Beweismittel:
– [z. B. Kopie des Einwendungsschreibens, Unterlagen zur Leistungsfähigkeit, Geburtsurkunde des Kindes etc.]

Ort, Datum

Unterschrift


Links & Literatur



Serviceportal – Kindesunterhalt – Festsetzung im vereinfachten Verfahren

Literatur & Rechtsprechung


OLG HamburgBeschluss vom 11.07.2019 – 12 WF 61/19 , Beiordnung eines Rechtsanwalts für den Antragsgegner im vereinfachten Verfahren

Norbert Schneider, Vereinfachtes Verfahren auf Festsetzung des Unterhalts Minderjähriger, in: NZFam 2015, 1000

Axel Burghart, Die Vereinfachung des vereinfachten Verfahrens, NZFam 2015, 946

Vereinfachtes Verfahren und Leistungsunfähigkeit, FK Familienrecht kompakt , Ausgabe 06/2001, S. 87

In eigener Sache


Vereinfachtes Verfahren, unser Az. 338/ 13 ; Az. 402/ 14

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