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Kommt es um die Ausbildungsfinanzierung zum Streit zwischen Kind und seinen Eltern und verweigern die Eltern die Auskunft hinsichtlich ihrer Einkommensverhältnisse und ist deshalb die Ausbildung gefährdet, kann das Kind einen Antrag auf Vorausleistung beim BAföG-Amt stellen. Voraussetzung für den Bezug von Vorausleistungen ist, dass das Kind grundsätzlich BAföG-berechtigt ist. Welche Voraussetzungen beim Antrag auf Vorausleistungen von Ausbildungsförderung zu beachten sind, beschäftigte das OVG Lüneburg, Beschluss vom 15.03.2018 – 4 LA 231/16; Anmerkungen dazu von Wolfgang Conradis, in: NZFam 2018, 467.
In der Zeit, in der kein Geld von den Eltern kommt und auch noch nicht abschließend geprüft ist, ob und in welcher Höhe BAföG geleistet wird, soll die Ausbildung nicht wegen Geldmangels scheitern. Der Streit um den richtigen Weg zur Ausbildungsfinanzierung des Kindes soll so weit wie möglich nicht auf dem Rücken der Kinder ausgetragen werden. Daher gibt es das Vorausleistungsverfahrens (§ 36, 37 BAföG), wenn der Auszubildende glaubhaft macht, dass seine Eltern keinen oder nicht ausreichend Ausbildungsunterhalt leisten, und dadurch die Ausbildung – auch unter Berücksichtigung des Einkommens des Ehegatten oder Lebenspartners im Bewilligungszeitraum – gefährden. Die Vorausleistung ist eine Form der staatlichen vorübergehenden Zwischenfinanzierung des Lebensunterhalts des Kindes. Diese spezielle Form einer Sozialleistung will der Staat von den Eltern wieder haben, sofern diese unterhaltspflichtig sind. Daher geht der Unterhaltsanspruch des Kindes in Höhe der geleisteten Vorausleistungen auf den Staat über (§ 37 BAföG). Vorausleistung gem. § 36 BAföG stellt keine BAföG-Leistungen dar, die sich der Auszubildende auf seinen Unterhaltsanspruch gegen seine Eltern anrechnen lassen muss.
Das Vorausleistungsverfahren entlastet Studenten, ein langwieriges und kostenträchtiges Unterhaltsverfahren mit Auskunftsstufe gegen die Eltern führen zu müssen. Wenn das BAföG-Amt Auskünfte zum Einkommen der Eltern fordert, macht es wenig Sinn, sich dagegen zu wehren. (siehe dazu OVG Lüneburg, Beschluss vom 27.03.2018 – 4 ME 41/18 ). Das Vorausleistungsverfahren hat nämlich auch den Zweck, den Druck auf die Eltern zur Einkommensauskunft zu erhöhen. Das tatsächliche Bestehen und die Höhe eines zivilrechtlichen Unterhaltsanspruchs werden im Rahmen des Vorausleistungsverfahrensnicht abschließend überprüft. Das Amt wird keine Auskünfte über die Ermittlung des zivilrechtlichen Unterhaltsanspruches erteilen.
Wenn Eltern sich gegen den Regressanspruch nach § 37 BAföG wehren wollen, ist dies in einem gesonderten Verfahren möglich. Die Überprüfung möglicher zivilrechtlicher Unterhaltsansprüche des Auszubildenden gegen seine Eltern findet in einem gesonderten Verfahren mit dem Landsamt für Finanzen statt. Wenn der auf das Land übergegangene Unterhaltsanspruch des Auszubildenden nicht oder nicht in voller Höhe durch Zahlung (seitens der Eltern) erfüllt wird, wird das Amt für Ausbildungsförderung die Angelegenheit nach Ablauf des Bewilligungszeitraumes an die Prozessführungsbehörde des zuständigen Bundeslandes, das Landesamt für Finanzen abgeben. Das Landesamt für Finanzen wird dann in einem gesonderten Verfahren das Bestehen und die Höhe eines zivilrechtlichen Unterhaltsanspruches prüfen und sich deswegen an den potenziellen Unterhaltsschuldner wenden. Etwaige Einwendungen gegen eine Unterhaltsverpflichtung dem Grunde oder der Höhe nach, können erst in diesem gesonderten zivilrechtlichen Verfahren geprüft werden. Nur wenn eine zivilrechtliche Unterhaltspflicht festgestellt wird, sind potenzielle Unterhaltsschuldner zum Ersatz der voraus geleisteten Beträge verpflichtet. Kommt es hier zu keiner Einigung, wird der Streit um den möglichen Erstattungsanspruch gegen den Unterhaltspflichtigen vor den Familiengerichten ausgetragen. Der Anspruch ist in diesen Fällen nach § 37 Abs. 6 BAföG von der Fälligkeit an, frühestens jedoch von Beginn des auf die Zustellung einer Übergangsanzeige folgenden Monats an mit 6 % p. a. zu verzinsen.
Mit dem Rechner können Sie komfortabel ermitteln, welche BAföG-Leistungen das studierende Kind erwarten kann. BAföG -Leistungen sind Einkommen des Kindes. Sie mindern die Bedürftigkeit der Kinder. BAföG muss das volljährige Kind vorrangig in Anspruch nehmen; auch wenn es nur als BAföG-Darlehen gewährt wird.
BGH, Urteil vom 19.06.1985 – IVb ZR 30/84, in: NJW 1985, 2331
Darlehensweise gewährte BAföG-Leistungen mindern die Bedürftigkeit
(Zitat) “Im Unterhaltsrecht obliegt es unter Umständen dem Verpflichteten, zur Erhaltung seiner Leistungsfähigkeit einen Kredit aufzunehmen (Senatsurt. NJW 1982, 1050). Für den Unterhaltsberechtigten gilt Entsprechendes. Er hat die Möglichkeit zur Kreditaufnahme auszunutzen, um nicht unterhaltsbedürftig zu werden. Diese Obliegenheit zur Selbsthilfe besteht freilich nur im Rahmen des Zumutbaren (Senatsurt., NJW 1982, 1641 ; BGH, FamRZ 1966, 28; OLG Hamburg, FamRZ 1980, 912; Mutschler, in: RGRK, 12. Aufl., § 1602 Rdnr. 23; Palandt-Diederichsen, BGB, 44. Aufl., § 1602 Anm. 2 b; Soergel-Lange, BGB, 11. Aufl., § 1602 Rdnr. 3). Eine weitere Einschränkung gilt bei minderjährigen unverheirateten Kindern, die nach § 1602 Absatz II BGB schon den Stamm ihres Vermögens und erst recht möglichen Kredit nicht in Anspruch zu nehmen brauchen (vgl. Göppinger-Wenz, UnterhaltsR, 4. Aufl., Rdnr. 1214). Die Kl. sind jedoch volljährig. (…) Sie (die Eltern) selbst gelten nach dem System der Einkommens- und Vermögensanrechnung in § 21 ff. und § 26 ff. BAföG in Höhe der als Ausbildungsförderung in Betracht kommenden Darlehensbeträge als nicht leistungsverpflichtet (…).
Leitsatz: Unterlässt das studierende Kind die zumutbare Inanspruchnahme eines BAföG-Darlehens, führt dies zur Zurechnung von fiktiven Einkünften in Höhe des möglichen Darlehensanspruchs und mindert so die unterhaltsrechtliche Bedürftigkeit des Kindes.
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