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Sie suchen Rat und Hilfe bei Unterhaltsverfahren in Österreich? Holen Sie sich kompetente Hilfe von den Profis der Kanzlei für Familienrecht. Unser Team ist erfahren und kennt sich mit allen Aspekten des österreichischen Kindesunterhaltsrechts aus, kontaktieren Sie uns jetzt.
Wenn für das deutsche Kind gegen den in Deutschland lebenden Elternteil in Österreich Unterhalt geltend gemacht, bieten sich zwei Verfahrenswege an:
| Verfahrenswege zum Kindesunterhalt in Österreich
Der öffentliche Jugendwohlfahrtsträger (angesiedelt bei den Bezirkshauptmannschaften) hat neben der Säuglings- und Jugendfürsorge gem. § 1 JWG auch die allgemeinen zivilrechtlichen Angelegenheiten nach § 212 ABGB zu übernehmen. Die Aufgaben und Funktionen sind mit dem deutschen Jugendamt vergleichbar. Der Jugendwohlfahrtsträger ist als staatliche Einrichtung in Österreich dafür zuständig, bei der Durchsetzung von Kindesunterhalt nach österreichischem Recht behilflich zu sein. Er begleitet das unterhaltsbedürftige Kind bei dem Verfahren zur Erlangung eines außergerichtlichen Kindesunterhaltstitels und ist zuständig für Vaterschaftsanerkennungen deutscher Väter mit Kindern in Österreich.
So wie es nach deutschem Recht die freiwillige Titulierung des Kindesunterhalts vor den Jugendämtern per Jugendamtsurkunde gibt, kann in Österreich der Unterhaltsschuldner einen Exekutionstitel freiwillig bei der zuständigen Bezirkshauptmannschaft (= öffentlicher Jugendwohlfahrtsträger) erstellen lassen. Die vor dem Jugendwohlfahrtsträger geschlossenen Unterhaltsurkunden haben nach § 214 Abs. 2 ABGB dieselbe Wirkung wie ein gerichtlicher Vergleich gem. § 30 AußStrG und sind somit Exekutionstitel i. S. v. § 1 Zif. 15 EO. Da in diesen Verfahren kein Anwaltszwang besteht, ist hier die anwaltliche Vertretung des deutschen Unterhaltsschuldners durch einen deutschen Anwalt unproblematisch möglich (deutscher Anwalt in Österreich).
Lässt der Unterhaltsschuldner für das Kind in Österreich nicht freiwillig eine Unterhaltsurkunde errichten, kann der Jugendwohlfahrtsträger ein gerichtliches Außerstreitverfahren vor einem österreichischen Bezirksgericht einleiten. Informationen zu weiteren Verfahrensmöglichkeiten erhalten Sie auch beim Thema europäisches Unterhaltsrecht.
Merkblatt
Vaterschaftsanerkennung
Soweit die Vaterschaft für das Kind in Österreich noch nicht feststeht, kann kein Kindesunterhalt gegen den (möglichen) Vater geltend gemacht werden (biologischer Vater – Scheinvater – Kuckuckskind in Deutschland). Zur erforderlichen Vaterschaftsanerkennung werden die Bezirkshauptmannschaften im Auftrag der Kindsmutter den Vater auffordern ein freiwilliges Anerkennungsverfahren vor einem deutschen Jugendamt durchführen zu lassen. Regelmäßig wird dafür als Kontaktadresse das deutsche Jugendamt am Wohnort des deutschen (Vater) angegeben. Vor diesem benannten Jugendamt wird im Wege der Amtshilfe die Urkunde über die Anerkennung der Vaterschaft unterzeichnet. Für den Fall, dass dem nicht Folge geleistet wird, wird die Einleitung eines Feststellungsverfahrens vor einem österreichischen Bezirksgericht angedroht.Die freiwillige Vaterschaftsanerkennung wird somit vor den deutschen Jugendämtern oder Standesämtern vollzogen.
Das Verfahren über Unterhaltsansprüche von minderjährigen oder volljährigen Kindern wird im Außerstreitverfahren nach Maßgabe des Außerstreitgesetzes (AußStrG) geführt. Hier wird erklärt, dass dieses Verfahren auch für deutsche unterhaltspflichtige Eltern gilt, deren Kinder in Österreich leben.
Ab dem 18.06.2011 kommt die Europäische Unterhaltsverordnung (EuUntVO) zur Anwendung (Verordnung des Rates der Europäischen Union vom 18.12.2008 Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und Zusammenarbeit in Angelegenheiten betreffend Unterhaltsverpflichtungen). Es handelt sich dabei um gemeinschaftliche Kooperationsmechanismen der Europäischen Union. Die Europäische Verordnung findet auf Österreich und Deutschland uneingeschränkt Anwendung. Art. 3 EuUntVO regelt als Grundtatbestand die internationale und örtliche Zuständigkeit in Unterhaltsstreitigkeiten, die u.a. auf Verwandtschaft oder einem Familienverhältnis beruht und verdrängt das diesbezügliche nationale Recht. Voraussetzung für die Anwendung des Artikels 3 EuUntVO ist ein grenzüberschreitender Bezug. Gemäß Art. 3 EuUntVO kann das antragstellende Kind nach seiner Wahl den Unterhaltsanspruch vor dem zuständigen Gericht des Ortes, an dem der Antragsgegner seinen gewöhnlichen Aufenthalt oder an dem der Unterhaltsberechtigte seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, geltend machen.
Sachlich zuständig sind in der Regel die Bezirksgerichte. Örtlich zuständig ist das Bezirksgericht, in dessen Sprengel das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt (bzw. das volljährige Kind seinen Wohnsitz) hat.
Lässt der Unterhaltsschuldner für das Kind in Österreich nicht freiwillig eine Unterhaltsurkunde errichten, kann das Verfahren durch Antrag des Kindes oder eines Elternteils oder von Amts wegen durch den Jugendwohlfahrtsträger eingeleitet werden. Es kann auch von Amts wegen durch das Gericht eröffnet werden.
Nachfolgendes Beispiel zeigt, wie im Fall für Kinder in Österreich mit Vater in Deutschland der Kindesunterhalt geltend gemacht werden kann, wenn das Einkommen des Vaters nicht bekannt ist. Die Mutter lässt einen Stufenantrag (vgl. Stufenantrag nach deutschem Recht) beim Bezirksgericht von dem dort zuständigen Rechtspfleger protokollieren: vgl. Mandanteninformation zum Stufenantrag.
Im Außerstreitverfahren wird die Höhe des Unterhaltsbedarfs und die Unterhaltspflicht ermittelt. Das Gericht ermittelt den Sachverhalt und die Bemessungsgrundlagen von Amts wegen. Das Gericht hat von Amts wegen dafür zu sorgen, dass alle für seine Entscheidung maßgebenden Tatsachen aufgeklärt werden, und sämtliche Hinweise auf solche Tatsachen entsprechend zu berücksichtigen. Das Gericht hat von Amts wegen für den Fortgang des Verfahrens zu sorgen und dieses so zu gestalten hat, dass eine erschöpfende Erörterung und gründliche Beurteilung des Verfahrensgegenstandes möglich ist (§ 13 Abs. 1 AußStrG). Es gilt der Grundsatz der freien Beweiswürdigung (§ 32 AußStrG). Wenn feststeht, dass einer Partei eine Geldleistung zusteht, die Erhebung der Höhe des Betrages jedoch nicht möglich ist oder mit unverhältnismäßigen Schwierigkeiten verbunden wäre, so kann das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen auch unter Abstandnahme von der Aufnahme angebotener Beweise die Höhe des Betrages nach freier Überzeugung festsetzen (§ 34 AußStrG).
BG Bezau, Beschluss vom 24.03.2015 – 2 Pu 41/14y -10 (intern vorhanden, unser Az. 70/15)
Einkommensschätzung, wenn keine Auskunft erfolgt
Bezirkshauptmannschaft Graz, Antrag vom 03.08.2017 (intern vorhanden)
Einkommensschätzung wegen fehlender Auskunft – Österreichisches Durchschnittseinkommen
Der Untersuchungsgrundsatz hat nicht zur Folge, dass es für die Parteien keine Behauptungs- und (objektive) Beweislast gäbe. Die Beweislastregeln gelten dennoch (RIS-Justiz RS 0008752). Sie kommen zum Tragen, wenn das Gericht eine non-liquet-Situation entscheiden muss.Wird der Beweis für verfahrenserhebliche Tatsachen nicht erbracht, dann geht die Unmöglichkeit der Beweisführung zu Lasten des Beweispflichtigen. Der Unterhaltsgläubiger trägt die Darlegungs- und Beweislast für seinen Bedarf und die Bedürftigkeit nach Unterhalt. Der Unterhaltsschuldner trägt die Darlegungs- und Beweislast für eine fehlende Leistungsfähigkeit (vgl. Beweislastverteilung in Deutschland ebenso).
Ungebunden von Beweismittelanträgen der Beteiligten kann das Gericht frei bestimmen, welche Beweismittel es für geeignet hält und entsprechende Beweise erheben. Die Ermittlung des Einkommens, insbesondere bei selbständig erwerbstätigen Personen, kann durchaus mit Schwierigkeiten verbunden sein. In der Praxis wird bei selbständig Erwerbstätigen häufig ein Sachverständigengutachten eingeholt. Gem. Artikel 18 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 120612001 des Rates vom 28.5.2011 über die Zusammenarbeit zwischen den Gerichten der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der Beweisaufnahme in zivil- oder Handelssachen ist es unzulässig, für die Erledigung des Ersuchens nach Artikel 10 eine Erstattung von Gebühren oder Auslagen zu verlangen. Dies gilt nicht für Aufwendungen für Sachverständige und Dolmetscher sowie Auslagen, die durch die Anwendung des Artikels 10 Absätze 3 und 4 entstanden sind. Wird die Stellungnahme eines Sachverständigen verlangt, kann das ersuchte Gericht vor der Erledigung des Ersuchens das ersuchende Gericht um eine angemessene Kaution oder einen angemessenen Vorschuss für die Sachverständigenkosten bitten (Artikel 18 Abs. 3).
Eine mündliche Verhandlung muss der Rechtspfleger nicht durchführen (anders nach deutschem Recht: hier gilt der Grundsatz der mündlichen Verhandlung gem. §§ 231 Abs.1; 112 Ziff.1; 113 Abs.1 FamFG i.V.m. § 128 Abs.1 ZPO). Es gilt in Außerstreitverfahren zwar der Grundsatz des beiderseitigen rechtlichen Gehörs – die Verhandlungen sind im Regelfall nicht öffentlich -, aber eine mündliche Anhörung des Unterhaltsschuldners in einem Verhandlungstermin ist nicht zwingen vorgeschrieben. Hier steht es dem Gericht frei, eine Tagsatzung zur mündlichen Verhandlung über die ganze Sache oder einzelne Punkte mit den vom Verhandlungsgegenstand betroffenen Parteien anzuordnen, wenn es dies zur Beschleunigung des Verfahrens, Erhebung des Sachverhalts oder Erörterung von Rechtsfragen für zweckmäßig erachtet. Auch wenn eine Tagsatzung zur mündlichen Verhandlung abgehalten wurde, ist das Gericht nicht gehalten, im weiteren Verfahren mündlich zu verhandeln (§ 18 AußStrG).
OGH, Beschluss vom 24.07.2012 – 10Ob26/12i
Zum Verhandlungsgrundsatz & rechtliches Gehör
(Zitat) “Im außerstreitigen Verfahren ist die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht Voraussetzung für die Fällung einer Entscheidung. Gemäß § 18 AußStrG steht es dem Gericht frei, sofern keine mündliche Verhandlung zwingend vorgeschrieben ist, eine Tagsatzung zur mündlichen Verhandlung über die ganze Sache oder einzelne Punkte mit den von dem Verhandlungsgegenstand betroffenen Parteien anzuordnen, wenn es dies zur Beschleunigung des Verfahrens, Erhebung des Sachverhalts oder Erörterung von Rechtsfragen für zweckmäßig erachtet. Nur wenn eine mündliche Verhandlung erforderlich gewesen wäre, hätte in der Unterlassung deren Anberaumung eine Verletzung des rechtlichen Gehörs liegen oder eine erschöpfende Erörterung und gründliche Beurteilung der Sache verhindert werden können (Fucik/Kloiber, AußStrG § 18 Rz 5).”
Das Gericht entscheidet in der Regel durch einen schriftlichen Beschluss. Der Beschluss im Außerstreitverfahren ist ein Exekutionstitel und berechtigt zur Durchführung der Zwangsvollstreckung.
BGH hat Vollstreckbarkeit bestätigt. Grundlage der Entscheidung war ein Anspruch eines deutschen volljährigen Studenten in Österreich auf Ausbildungsunterhalt gegen seinen deutschen Vater.
Im außerstreitigen Verfahren wird die Ansicht vertreten, dass Kostenersatz nur bei einem deutlichen Obsiegen oder Unterliegen (von mehr als zwei Drittel) zusteht, während bei einem Verfahrensausgang dazwischen (zwischen rund einem Drittel und zwei Drittel) mit einer Kostenaufhebung vorzugehen ist (EFSlg 133.149).
Rechtsmittel gegen die Beschlussentscheidung der ersten Instanz ist der Rekurs. Er entspricht der Beschwerde nach deutschem Recht. Der Rekurs erfolgt durch nur eine Rechtsmittelschrift. Auch im außerstreitigen Verfahren darf dieselbe Partei innerhalb der noch offenen Rechtsmittelfrist nicht mehrere Rechtsmittelschriften gegen die gleiche Entscheidung einbringen (RIS-Justiz RS0007007). Der Rekurs muss schriftlich begründet und binnen 14 Tagen (§ 46 AußStrG) bei dem Gericht eingebracht werden, dessen Beschluss angefochten wird (§ 47AußStrG). Gemäß § 23 AußStrG finden im Verfahren außer Streitsachen die Vorschriften der ZPO über die Gerichtsferien keine Anwendung! D.h. durch die Gerichtsferien tritt in keinerlei Verlängerung der Rechtsmittelfristen ein. Wegen der geltenden Einschränkung der Neuerungserlaubnis nach § 49 Abs.2 AußStrG sind Tatsachen und Beweismittel, die zur Zeit des Beschlusses erster Instanz schon vorhanden waren, nicht zu berücksichtigen, wenn sie von der Partei schon vor der Erlassung des Beschlusses hätten vorgebracht werden können, es sei denn, die Partei kann dartun, dass es sich bei der Verspätung (Unterlassung) des Vorbringens um eine entschuldbare Fehlleistung handelt. Gericht zur Einbringung des Rekurs ist also das Gericht, von dem der Beschluss stammt. Rekursgericht ist das instanzenmäßig übergeordnete Gericht. Beim zweiseitigen Rekurs (angefochtener Beschluss ist nicht nur verfahrensleitend: § 521 aZPO) erfolgt die Zustellung des Rekurses an den Gegner, der binnen 14 Tage nach Zustellung des Rekurses eine Rekursbeantwortung einbringen kann (§ 48 AußStrG).
Als Folge des Art. 3 Abs.1 HUP (Haager Unterhaltsprotokoll) können bestehende deutsche Unterhaltstitel in Österreich abgeändert werden, wenn das Kind von Deutschland nach Österreich übersiedelt (OGH, Urteil vom 15.11.2006 – 9 Ob 121/06v). Dies kann rückwirkend bis zum Zeitpunkt der Übersiedelung nach Österreich und maximal bis zur Grenze der Verjährung von Unterhaltsrückständen (3 Jahre) geschehen. Damit können massive Unterhaltsnachforderungen auftreten, die nach österreichischem Recht auszugleichen sind.
Dem deutschen Recht ist diese Möglichkeit grundsätzlich fremd. Nach deutschem Recht ist der Unterhaltsschuldner vor massiven Unterhaltsnachforderungen geschützt (Thema: Nachforderung höheren Unterhalts), aber nicht in Österreich.
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