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Die rückwirkende Sicherung des Unterhalts ist ein komplexes Thema. Ergreifen Sie keine Unterhaltssicherungsmaßnahmen ohne professionelle Unterstützung. Das kann Ihnen viel Geld und Nerven kosten. Schalten Sie bereits zu Beginn der Trennung einen Experten ein und lassen Sie sich fachkompetent beraten. Nehmen Sie jetzt Kontakt mit uns auf. Erfahren Sie mehr über die Funktionen der Mahnung und Stufenmahnung im Unterhaltsrecht:
| Wegweiser zum Verzug mit Unterhaltsleistungen
BGH v. 30.11.1983 – IVb ZR 31/82
Voraussetzungen für eine Mahnung im unterhaltsrechtlichen Sinn
Leitsätze:
Anmerkung: Wird der Unterhaltsschuldner in mit einer Mahnung Verzug gesetzt, kann dies einen Anspruch auf Ersatz eines Verzugsschadens inkl. Verzugszinsen auslösen. In Ausnahmefällen kann dafür eine Mahnung entbehrlich sein.
Auskunftsverlangen ist keine Mahnung:
BGH, Beschluss vom 28.05.2008 – XII 34/05
Verzug durch Auskunftsverlangen?
(Zitat, Rn 24) „Denn die bloße Aufforderung zur Auskunft im Sinne von § 1613 Abs. 1 Satz 1 BGB eröffnet dem Unterhaltsgläubiger zwar die rechtliche Möglichkeit, Unterhalt auch für die Vergangenheit zu fordern; der Unterhaltsschuldner wird dadurch aber nach allgemeiner Meinung nicht in einer den Schuldnerverzug nach § 286 Abs. 1 BGB begründenden und damit einen etwaigen Zinsanspruch nach § 288 Abs. 1 BGB auslösenden Weise zur Leistung aufgefordert (MünchKomm/Born BGB 4. Aufl. § 1613 Rdn. 18; Johannsen/ Henrich/Graba aaO § 1613 Rdn. 2; DIJuF-Rechtsgutachten vom 30. April 2002, JAmt 2002, 251)”
Formulierung der Mahnung:
Soll die Mahnung zusätzlich den Verlust rückständigen Unterhalts absichern, ist Vorsicht bei der Formulierung der Mahnung geboten: Stets ist für solche Ansprüche eine ordnungsgemäße Mahnung erforderlich (§ 286 Abs.1 S.1 BGB). Die denkbaren Ausnahmefälle des §§ 286 Abs.2 und Abs.3 BGB (Verzug ohne Mahnung) werden hier nicht zum Zug kommen. Eine ordentliche Mahnung setzt grundsätzlich voraus, dass ab einem konkreten Zeitpunkt ein konkret bezifferter Betrag an Unterhalt gefordert wird. Hierzu muss notfalls eine Anspruchshöhe behauptet werden oder man formuliert eine Stufenmahnung.
Wer ist zur Mahnung berechtigt?
Da die Mahnung lediglich rechtlich vorteilhaft ist, kann das beschränkt geschäftsfähige Kind (§ 107 BGB) selbst wirksam mahnen (OLG Köln FamRZ 98, 94) oder einen Elternteil bevollmächtigen (§ 174 BGB; KG FamRZ 89, 537). Wird das Kind vertreten, muss die Mahnung im Namen des Kindes ausgesprochen werden. Die Geltendmachung von Kindesunterhalt im eigenen Namen des (bevollmächtigten) Elternteils ist nicht möglich. Die gesetzliche Prozessstandschaft gemäß § 1629 Abs.3 BGB gilt nicht für die außergerichtliche Geltendmachung von Unterhaltsforderungen.
Die Klage kommt einer Mahnung gleich:
BGH, Beschluss vom 28.05.2008 – XII 34/05
Mahnung oder gleichstehende gerichtliche Geltendmachung
(Zitat, Rn 25) „Nach § 286 Abs. 1 Satz 2 BGB treten die Verzugsfolgen wie bei der Mahnung auch bei der Erhebung der Leistungsklage sowie bei der Zustellung des Mahnbescheides im Mahnverfahren ein. Die Vorschrift ist auch auf andere Formen gerichtlicher Geltendmachung einer Geldforderung entsprechend anzuwenden (vgl. Senatsurteil vom 26. Januar 1983 – IVb ZR 351/81 – NJW 1983, 2318, 2320: Zustellung eines Antrages auf einstweilige Anordnung; Senatsurteil vom 15. November 1989 – IVb ZR 3/89 – FamRZ 1990, 283, 285: Zugang eines Prozesskostenhilfegesuchs).“
Sie fordern zur rückwirkenden Sicherung des Unterhalts nach § 1613 Abs.1 BGB vom Unterhaltspflichtigen einen konkreten Unterhaltsbetrag (z.B. 500,– €) und setzen diesen mit einer ordentlichen Mahnung in Verzug und verlangen Zahlung des Betrages ab dem Monat X. Nun stellt sich später heraus, dass Ihnen ab dem Monat X nicht nur ein Unterhaltsbetrag in Höhe von 500,– €, sondern bei korrekter Berechnung vielmehr in Höhe von 800,– € zugestanden hätte.
Frage: können Sie den Differenzbetrag von 300,– € (= 800,– € abzgl. 500,– €) rückwirkend ab dem Monat X zusätzlich fordern?
Antwort: Nein, wenn man sich im Mahnschreiben die Forderung eines möglichen höheren Unterhalts ab dem Monat X nicht ausdrücklich vorbehalten hat (sog. Stufenmahnung). Der Unterhaltsberechtigte kann nämlich rückwirkend keinen höheren Unterhalt verlangen, wenn er den Anspruch bereits beziffert hat (BGH FamRZ 2013, 109, Rn 41 f.).
Praxistipp: Wird ein zu gering bezifferter Unterhalt angemahnt (= Zuwenig-Mahnung), können Unterhaltsrückstände verloren gehen. Dies kann durch eine Stufenmahnung verhindert werden.
BGH, Beschluss vom 7. November 2012 – XII ZB 229/11,
Zu niedrig bezifferter Unterhaltsanspruch
Leitsatz: Hat der Unterhaltsberechtigte seinen Unterhaltsanspruch bereits beziffert, nachdem er zunächst von dem Unterhaltspflichtigen Auskunft gemäß § 1613 Abs. 1 BGB begehrt hat, so kann er nicht rückwirkend einen höheren Unterhalt verlangen, wenn der Unterhaltspflichtige bei der erstmals erfolgten Bezifferung nicht mit einer Erhöhung zu rechnen brauchte.
(Zitat, Rn 46) „Aus der Sicht des Unterhaltsberechtigten ist nämlich der gesamte Unterhalt geltend gemacht worden, während die Annahme eines Vorbehalts voraussetzt, dass sich der Unterhaltsberechtigte des Bestehens einer weiteren Forderung bewusst war (vgl. zur Teilklage Senatsurteil vom 3. April 1985 – IVb ZR 19/84 – FamRZ 1985, 690).“
Anmerkung: Mit dieser Rechtsprechung ist ein Schutz des Unterhaltspflichtigen vor überraschenden Nachforderungen von Unterhalt verbunden. Der Unterhaltsschuldner, der zur Zahlung eines konkret bezifferten Unterhalts aufgefordert wurde, muss nicht mit einer nachträglich erhöhten Forderung rechnen.
(Zitat, Winfried Born in: FPR 2013, 513) “Sofern der im Mahnschreiben geforderte Unterhalt überhöht ist, bleibt das unschädlich, weil Verzug in der geschuldeten Höhe eintritt, selbst im Falle einer beträchtlichen Überhöhung. Dies hängt damit zusammen, dass der (sonst im Schuldrecht geltende) Grundsatz, wonach im Falle einer unverhältnismäßig hohen Mehrforderung die Mahnung nach § 242 BGB als nicht rechtswirksam angesehen wird, im Unterhaltsrecht auf Grund der dortigen Schwierigkeiten der Berechnung nicht zur Anwendung kommt. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Gläubiger im Zweifel auch zur Annahme von Minderleistungen bereit ist.“
OLG Zweibrücken, Beschluss vom 07.06.2022 – 2 WF 97/22,
Ausnahme: Berufung auf 1613 Abs.1 wegen unvollständiger Auskunf ist rechtsmißbräuchlich
Orientierungssätze:
Sind zum Zeitpunkt der Mahnung die Daten zum unterhaltsrelevanten Einkommen des Unterhaltsschuldners noch nicht bekannt, sollte eine sog. Stufenmahnung erfolgen. Diese wirkt auch ohne Bezifferung Verzug begründend (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 20.12.2022 – II-1 UF 78/22).
Textbausteine
zur Stufenmahnung und Auskunftsverlangen
Wird die Auskunft nach Stufenmahnung erteilt und sodann Unterhalt in bestimmter Höhe verlangt, befindet sich der Unterhaltsschuldner ab der Bezifferung nur in Höhe des geforderten Betrags in Verzug.
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 20.12.2022 – II- 1 UF 78/22
Verzugsfolgen bei späterer Bezifferung der Unterhaltsforderung
Orientierungssatz: Die Verzugsfolgen, die durch eine Stufenmahnung ausgelöst werden, gelten nur bis zur Höhe des rückständigen Unterhaltsbetrags, der in einem späteren bezifferten Antrag festgelegt wurde.
Ohne Mahnung kann Unterhalt als Verzugsschaden gegen den Unterhaltspflichtigen geltend gemacht werden, wenn die Voraussetzungen für einen Schadensersatzanspruch vorliegen. Schadensersatz kann rückwirkend bis zum Zeitpunkt gefordert werden, ab dem der Unterhaltspflichtige gegen seine Verpflichtung zur ungefragten Auskunft verstoßen hat (Hoppenz, FamRZ 1989, 337 ff. zur Pflicht zur ungefragten Information).
BGH, Urteil vom 26.01.1983 – IV b ZR 351/81,
Verzug ohne Mahnung bei eindeutiger Leistungsverweigerung
(Zitat) „Schließlich kann eine Mahnung entbehrlich sein, wenn der Schuldner Unterhaltsleistungen eindeutig und endgültig verweigert, was auch schon in der unvermittelten Einstellung bisher regelmäßig erbrachter Zahlungen gesehen werden kann (vgl. Köhler, Hdb. des UnterhaltsR, 5. Aufl., Rdnr. 141; Soergel-Lange, BGB, 11. Aufl., § 1613 Rdnr. 4).”
BGH, Urteil vom 26.01.1983 – IV b ZR 351/81
Verzug ohne Mahnung wegen Kalenderfälligkeit nach § 286 Abs.2 S.1 BGB
(Zitat) “Ein Verzug ohne Mahnung aufgrund der Vorschrift des § 284 Absatz 2 BGB (Kalenderfälligkeit) setzt bei familienrechtlichen Unterhaltspflichten voraus, daß dem Verpflichteten seine Schuld sowohl nach ihrer Existenz als auch nach ihrem Umfang, also nach der Höhe des geschuldeten Betrages, bekannt ist, wie es insbesondere bei vertraglich vereinbarten Unterhaltsleistungen oder auch nach gerichtlicher Verurteilung der Fall ist (Senatsurt., FamRZ 1981, 866 und NJW 1982, 1983).”
Anmerkung: Wurde ein Zahlungsanspruch auf künftig fällig werden Unterhalt tituliert, kann es bei Überziehung des kalendermäßig bestimmbaren Fälligkeitszeitpunkts zu einem Verzug ohne Mahnung kommen. Dagegen soll allein die gesetzliche Tatsache, dass Unterhalt nach § 1612 Abs.3 BGB „monatlich im Voraus“ zu zahlen ist, keine kalendermäßige Bestimmung nach § 286 Abs.2 S.1 BGB begründen. Die sogenannte Kalenderfälligkeit setzt bei familienrechtlichen Unterhaltspflichten voraus, dass dem Verpflichteten seine Schuld sowohl nach ihrer Existenz als auch nach ihrem Umfang, also nach der Höhe des geschuldeten Betrages, bekannt ist. Um mögliche Streitigkeiten um die Frage, ob mit dem Begriff „monatlich im Voraus“ eine Kalenderfälligkeit angenommen werden kann, sollte in einem Unterhaltstitel darauf geachtet werden, dass zur Fälligkeit besser „zum 1. eines Monats“ formuliert wird.
BGH, Beschluss vom 28.05.2008 – XII 34/05
Verzinsung der Unterhaltsschulden bei Schuldnerverzug
(Zitat, Rn 22, 23) “Es entspricht ganz überwiegender Auffassung in Literatur und Rechtsprechung, dass die Vorschriften über die Verzinsung einer Geldschuld bei Schuldnerverzug (§§ 288, 286 BGB) auch für Unterhaltsforderungen gelten […] Soweit hiergegen eingewendet worden ist, dass die Verzinsungspflicht gemäß § 288 Abs. 1 BGB Unterhaltsforderungen nicht erfassen könne, weil Unterhalt zur Deckung des aktuellen Lebensbedarfs, nicht aber zur verzinslichen Anlage bestimmt sei (vgl. OLG Celle FamRZ 1983, 525 mit zust. Anm. Brüggemann, S. 525 ff.), ist dem bereits entgegenzuhalten, dass die Zuerkennung von Verzugszinsen nach ihrem Sinn und Zweck nicht nur einen gesetzlich fingierten Mindestschaden des Gläubigers ausgleichen, sondern daneben auch bewirken soll, dass dem Schuldner durch die Abschöpfung der möglichen Vorteile aus der Leistungsverzögerung der Anreiz zur Zahlungsverzögerung genommen wird. Gerade dieser präventive Gedanke, den Schuldner durch die Androhung eines Verzugszinses davon abzuhalten, bei Liquiditätsschwierigkeiten durch Unterlassen der fälligen Zahlung statt eines Bankkredits einen günstigen „Gläubigerkredit“ in Anspruch zu nehmen, ist zuletzt im Zusammenhang mit der Erhöhung des Verzugszinses durch das Gesetz zur Beschleunigung fälliger Zahlungen vom 30. März 2000 (BGBl. I, S. 330) in den Vordergrund getreten (vgl. BT-Drucks. 14/1246, S. 5)”
Anmerkung: Der Verzug führt nicht nur zur Absicherung gegen den Verlust von Unterhaltsrückständen, sondern zusätzlich zu einem Anspruch auf Schadensersatz (§ 288 Abs. 4 BGB) und Verzinsungsanspruch bereits fälliger Unterhaltsrückstände (§ 288 Abs.1 BGB). Der Schadensersatz- und Verzinsungsanspruch entsteht nicht bereits mit Auskunftsverlangen nach § 1605 BGB. Dafür müssen die in § 286 BGB formulierten Verzugsvoraussetzungen erfüllt sein. Das bloße Auskunftsverlangen ersetzt keine Mahnung im Sinne des § 286 Abs.1 S.1 BGB
LG Heidelberg, Urteil vom 15. Dezember 2009 – 2 S 33/09
Außergerichtliche Anwaltskosten als Verzugsschaden
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