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Kanzlei für Familienrecht > Verfahren in Familiensachen > Unterhaltsverfahren

Unterhaltsverfahren
Der Weg zum Unterhaltstitel


Unterhalt
durchsetzen

Recht haben und Recht bekommen sind zwei paar Stiefel!” Das gilt auch in Unterhaltsverfahren. Diese können durchaus sich über mehrere Jahre hinziehen und zu unangenehm überraschenden Ergebnissen führen. Keine schöne Perspektive. Daher lohnt es sich über mögliche Alternativen nachzudenken.

| Alternative Verfahrenswege

Kleines “1×1”
des Unterhaltsverfahrens

Wir können hier nicht das gesamte Verfahrensrecht darstellen. Hier bekommen Sie eine kleine Auswahl der wichtigsten Grundsätze, die es in einem Unterhaltsverfahren zu beachten gilt.

| 1×1 des Unterhaltsverfahrens

Das “kleine 1×1”
des Unterhaltsverfahrens

Vorbereitung
des Verfahrens


Familienstreitsachen (§ 112 Ziff. 1 FamFG) unterliegen dem Anwaltszwang (§ 114 Abs.1 FamFG). Beteiligte, die durch das Jugendamt als Beistand, Vormund oder Ergänzungspfleger vertreten sind, benötigen nach § 114 Abs.4 Nr.2 FamFG keinen Anwalt.

Es gibt keine gerichtliche Entscheidung, ohne dass dazu ein Antrag gestellt wurde. Wer als Unterhaltsgläubiger ein Verfahren auf Unterhaltszahlungen erfolgreich führen will, muss die Antragsschrift sorgfältig vorbereiten. Der Antrag muss schlüssig begründet sein. Wann das der Fall ist, richtet sich im Wesentlichen nach der Darlegungs- und Beweislast des Unterhaltsgläubigers. Entscheidend für den Ausgang eines Unterhaltsverfahrens ist nicht, was Sie an Unterhalt ausrechnen (> Unterhaltsrechner). Entscheidend ist, was die

Danach sind folgende Fragen im Vorfeld zu klären:

  • Liegen ausreichende Auskünfte zum unterhaltsrelevanten Einkommen und Vermögen von Unterhaltsschuldner und Unterhaltsgläubiger vor?
  • Welche Verfahrensvariante (Leistungsantrag oder Stufenantrag?) ist bei unzureichenden Auskünften angezeigt?
  • Kann für den Unterhaltsgläubiger vollständig und wahrheitsgemäß zum eigenem Einkommen vorgetragen werden? Wenn nicht, hat dies u.U. negative Konsequenzen für den Unterhaltsberechtigten.
    | MEHR


Unterhaltspflichtiger
ohne bekannte Wohnadresse


Es kommt immer wieder vor, dass ein Unterhaltsantrag nicht an die Wohnadresse des Unterhaltspflichtigen zugestellt werden kann, weil diese unbekannt ist. Ist jedoch bekannt, bei welchem Arbeitgeber der Unterhaltspflichtige arbeitet, so ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass eine Zustellung des Antrags über die Anschrift des Arbeitgebers erfolgen kann. Als ladungsfähige Anschrift des Beklagten in der Klageschrift kann auch die Angabe seiner Arbeitsstelle genügen, wenn diese sowie der Zustellungsempfänger und dessen dortige Funktion so konkret und genau bezeichnet werden, dass von einer ernsthaften Möglichkeit ausgegangen werden kann, die Zustellung durch Übergabe werde gelingen (BGH, Urteil vom 31. 10. 2000 – VI ZR 198/99).

Verfahrensgrundsätze
erster Instanz

Verfahrensgestaltung
durch Gericht


  • Weiterführende Links:
    » Die Verfahrensvarianten > mehr

Nach Einreichung des Unterhaltsantrags entscheidet das Familiengericht, welche Verfahrensweise es zum Einstieg in den Rechtsstreit wählen will. Zur Verfügung steht ein sog. früher erster Termin oder das sog. schriftliche Vorverfahren. Ein wesentliches Ziel ist es, den Rechtsstreit nach einem umfassend vorbereiteten Termin zur mündlichen Verhandlung (Haupttermin) zu erledigen. Unterhaltsverfahren sind geprägt von der > Einkommensermittlung der Beteiligten und den dazugehörigen Belegen, Unterlagen etc. Meist werden Unterhaltsverfahren über das sog. schriftliche Vorverfahren vorbereitet. Der Antragsgegner erhält dazu neben dem Unterhaltsantrag eine gerichtliche Verfügung zugestellt, mit der das schriftliche Vorverfahren angeordnet wird. Gleichzeitig wird mit der Verfügung der Antragsgegner innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung der Antragsschrift seine Verteidigungsabsicht anzuzeigen , die ein Anwalt übernehmen muss (> Anwaltszwang). Im zweiten Schritt soll der Antragsgegner – wieder mit Anwalt – binnen einer vom Richter bestimmten weiteren Frist (meist weitere zwei Wochen) auf die Antragsschrift erwidern. Merkt man als Antragsgegner, dass man die Notfrist für die Verteidigungsabsichtsanzeige versäumt hat und will nicht die Gefahr eines Versäumnisbeschlusses laufen, dann gibt es eine Chance: So schnell wie möglich, einen Anwalt beauftragen. Geht nämlich die Verteidigungsabsichtsanzeige beim Familiengericht ein, bevor der Richter einen unterschriebenen Versäumnisbeschluss der Geschäftsstelle übermittelt, kann kein solcher Beschluss nicht mehr ohne mündliche Verhandlung ergehen.

Wahrheits –
und Auskunftspflichten


Gehen die Beteiligten in ein Unterhaltsverfahren, trifft sie dort die > prozessuale Wahrheitspflicht. Werden keine vollständigen oder falsche Angaben gemacht, drohen u.a.

» strafrechtliche Sanktionen und
» unterhaltsrechtliche Sanktionen

Zeitfenster
für Angriffs- und Verteidigungsmittel


Angriffs- und Verteidigungsmittel, die nicht rechtzeitig vorgebracht werden, können vom Gericht als unbeachtlich zurückgewiesen werden, wenn ihre Zulassung nach freier Überzeugung des Gerichts die Erledigung des Verfahrens verzögern würde und die Verspätung auf grober Nachlässigkeit beruht (§ > 115 FamFG). Der Maßstab “grober Nachlässigkeit” des Beteiligten oder seines Bevollmächtigten (§ 85 Abs.2 ZPO) kann durch eine Abgrenzung vom absichtlichen Handeln auf der einen Seite zum nur sorglosen, leicht fahrlässigen Verhalten auf der anderen Seite festgelegt werden. Sie ist gegeben, wenn eine offensichtliche, jedermann einleuchtende Maßnahme, die der Förderung des Verfahrens dient, unterlassen wird (Haußleiter, Präklusion in Familiensachen, in: NJW-Spezial 2011, 452). Nach Feststellung der Voraussetzungen des § 115 FamFG steht die Zurückweisung von Tatsachenstoff wegen Verspätung immer noch im Ermessen des Gerichts. Ein verspäteter, und damit unbeachtlicher Sachvortrag kommt in der familienrechtlichen Verfahrenspraxis selten vor. Hinzu kommt, dass sogar > in der Beschwerdeinstanz neuer Sachvortrag erfolgen kann. Die Beschwerdeinstanz ist in Familiensachen eine zweite Tatsacheninstanz.


Teil-Unterhalt
mit Teilantrag geltend machen?


Loewe

OLG Frankfurt a.M.Köln, Beschluss vom 18.08.2022 – 6 UF 124/22
Teilbeschluss unzulässig


Orientierungssatz:

Bei einem Verfahren betreffend den Trennungs- und Kindesunterhalt ist ein Teilbeschluss (hier über den laufenden Kindesunterhalt) wegen der Gefahr einander widersprechender Entscheidungen unzulässig, wenn unterhaltsrechtlich relevanten Fragen (hier Höhe der Einkünfte des Unterhaltsverpflichteten und der Abzüge vom Einkommen) sowohl für den mit der Teilentscheidung vorab beschiedenen wie auch für den nachfolgenden Teilzeitraum auch nur teilweise nach denselben Maßstäben zu bemessen sind.

Anmerkung:

Das anwaltliche Vorgehen mit Teilanträgen in Unterhaltssachen genau zu prüfen. Es besteht angesichts der strengen Rechtsprechung der Obergerichte und des Bundesgerichtshofs, auf die das Oberlandesgericht im entschiedenen Fall abgestellt hat, ein hohes Risiko, den mit dem Vorgehen bezweckten Vorteil, etwa schnelle Vollstreckungsmöglichkeit aus dem erstrebten Teilbeschluss oder Abschichtung eines nicht so bedeutsamen Unterhaltszeitraums, letztlich einzubüßen, wenn die Unterhaltssache aufgehoben und zur erneuten Verhandlung und Entscheidung über den gesamten Unterhaltskomplex zurückverwiesen wird. Das gilt nicht nur für die > vertikale Teilentscheidung, sondern erst recht für die horizontale. Mit ihr wird über einen Teil des Unterhalts, etwa den Mindestunterhalt für einen bestimmten Zeitraum entschieden, ohne auch über den weitergehenden Unterhaltsantrag für diesen Unterhaltszeitraum zu befinden. Ein solcher horizontaler Teilbeschluss ist regelmäßig unzulässig (OLG Koblenz NZFam 2014, 803; Viefhues FamRZ 2014, 2021).


Darlegungs-
und Beweislastverteilung


Was Unterhaltsberechtigter und Unterhaltspflichtiger in einem Unterhaltsverfahren mit Schriftsatz vorzutragen haben und wie die Beweislast verteilt ist, erfahren Sie
> mehr


Endbeschluss
mit sofortiger Wirksamkeit


Endet das Verfahren mit gerichtlicher Entscheidung, so erlässt das Gericht einen Endbeschluss (§ 116 Abs.1 FamFG). Gerichte sollen bei Unterhaltsbeschlüssen deren sofortige Wirksamkeit anordnen (§ 116 Abs.3 S.3 FamFG). Dies bedeutet, Unterhaltsbeschlüsse sind bereits vor Eintritt ihrer Rechtskraft vollstreckbar ; es besteht sofortige Zahlungspflicht. Mit der Beschwerde (Rechtsmittel) gegen den Unterhaltsbeschluss kann die Vollstreckung nicht gestoppt oder verhindert werden.

Verfahrensgrundsätze
zweiter Instanz

Beschwerdeschrift
innerhalb eines Monats


Ein Beschwerdeverfahren wird nur eröffnet, wenn eine Beschwerdeschrift (§ 64 Abs.2 FamFG) fristgerecht (§ 63 FamFG) bei dem Gericht, dessen Entscheidung angefochten wird (§ 64 Abs.1 S.1 FamFG) eingelegt wird. Dies hat in der Regel innerhalb eines Monats nach schriftlicher Bekanntgabe (§ > 63 Abs.3 S.1 FamFG) des erstinstanzlichen Beschlusses zu erfolgen. Bekanntgabe bedeutet i.d.R. förmliche > Zustellung (§ > 166 ff ZPO), denn Unterhaltstitel sind > Vollstreckungstitel , die nach § 113 Abs.1 S.2 i.V.m. § > 329 Abs.3 ZPO zugestellt werden müssen.


Beschwerdebegründung
innerhalb von zwei Monaten


Beschwerdebegründung innerhalb von zwei Monaten nach Bekanntgabe des Beschlusses erster Instanz die Beschwerde begründet und Sachantrag gestellt wurde (§ § 117 Abs.1 S.3 FamFG). Die sonstige (nur fakultative) Begründung der Beschwerde nach § 65 Abs.2 FamFG gilt hier nicht. Die Beschwerdebegründung muss vom Rechtsanwalt eigenhändig unterschrieben werden (BGH, Urteil vom 27.02.2018 – XI ZR 452/16 ). Wird in Ehe- und Familienstreitsachen die Beschwerde nicht rechtzeitig begründet, so wird sie nach § 117 Abs.1 S.4 i.V.m. § 522 S.1 und S.2 ZPO als unzulässig verworfen.

Fristverlängerung
beantragen



Anmerkung: Nach der Rspr. des BGH zu § 519 Abs. 2 S. 3 ZPO, worauf § 117 Abs.2 S.4 FamFG verweist, darf ein Verfahrensbevollmächtigter mit großer Wahrscheinlichkeit dann mit der Bewilligung einer erstmals beantragten Fristverlängerung rechnen, wenn erhebliche Gründe dargelegt sind, wozu auch die allgemein geltend gemachte Arbeitsüberlastung gehört (vgl. BVerfG, 2. Kammer des 1. Senats, Beschluss v. 16.1.2002 – 1 BvR 1859/01; BGH, NJW 1991, 2080, 2081; VersR 1993, 771, 772; NJW-RR 2000, 799, 800; ebenso BAGE 78, 68, 70 f.). Allerdings gibt es einen solchen Vertrauensschutz nicht, wenn im Verlängerungsantrag keine Verlängerungsgründe angegeben werden (vgl. BGH, Beschluss v. 16.11.2021 – VIII ZB 70/20 ). Jedem Rechtsanwalt sollte bewusst sein, dass er ohne Darlegung eines erheblichen Grundes nicht auf eine Fristverlängerung vertrauen kann. Wird dem Antrag nicht stattgegeben und in der Folge das Rechtsmittel nicht rechtzeitig begründet, scheidet eine > Wiedereinsetzung aus.


Notwendiger Vortrag
zur Beschwerdebegründung


An die Art und Weise der Begründung werden keine hohen Anforderungen gestellt. Das folgt aus § 117 Abs.1 S.4 FamFG, der keinen Verweis auf die strengen Begründungsvoraussetzungen des § 520 Abs.3 S.2 ZPO enthält (zur Beschwerdebegründung in Familienstreitsachen: BGH, Beschluss vom 29.11.2017 – XII ZB 414/17 ). Doch reicht es nicht aus, die tatsächliche oder rechtliche Würdigung des Erstgerichts pauschal oder mit formelhaften Wendungen als unrichtig zu rügen (vgl. Zöller/Heßler, ZPO-Korn., 27. Aufl., Rz. 33 + 35 zu § 520 ZPO; Zöller/Philippi, a.a.O., Rz. 49 zu § 621e ZPO). Der Vortrag zur Begründung der Beschwerde Die Begründung auf den konkreten Streitfall zugeschnitten sein und erkennen lassen, in welchen Punkten tatsächlicher oder rechtlicher Art und aus welchen Gründen der Beschwerdeführer die angefochtene Entscheidung für unrichtig halte. In Familienstreitsachen wird eine nicht substantiiert begründete Beschwerde als nicht unzulässig verworfen, sondern als unbegründet zurückgewiesen.


Anmerkung:

Es geht um die inhaltlichen Anforderungen an eine Beschwerdebegründung in Ehesachen und Familienstreitsachen (§ 112 Ziff.1 FamFG). In einem Verfahren um  Ausbildungsunterhalt wurde die Frage gestellt, ob die Beschwerdebegründung innerhalb der gesetzlichen Frist ordnungsgemäß begründet worden war.

Aus den Entscheidungsgründen:

(Zitat, Rn 12, 13) a) Nach § 117 Abs. 1 Satz 1 FamFG hat der Beschwerdeführer in Ehesachen und Familienstreitsachen zur Begründung seiner Beschwerde einen bestimmten Sachantrag zu stellen und diesen zu begründen. Da § 117 FamFG keine speziellen Regelungen zum Inhalt der Beschwerdebegründung beinhaltet, beurteilt es sich nach den allgemeinen Grundsätzen, ob ein Beschwerdeantrag hinreichend bestimmt und ausreichend begründet ist. Deshalb können für den notwendigen Inhalt der Beschwerdebegründung im Wesentlichen die Anforderungen herangezogen werden, die für eine Berufungsbegründung nach § 520 Abs. 3 Satz 2 ZPO gelten.

Zweck des § 117 Abs. 1 Satz 1 FamFG ist es, den Beschwerdeführer im Interesse der Beschleunigung des Beschwerdeverfahrens dazu anzuhalten, sich eindeutig über Umfang und Ziel seines Rechtsmittels zu erklären und das Beschwerdegericht und den Verfahrensgegner über Umfang und Inhalt seiner Angriffe möglichst schnell und zuverlässig ins Bild zu setzen. Es genügt, wenn die innerhalb der Begründungsfrist eingereichten Schriftsätze des Beschwerdeführers ihrem gesamten Inhalt nach eindeutig erkennen lassen, in welchem Umfang und mit welchem Ziel die erstinstanzliche Entscheidung angefochten werden soll. Wird die mit der Beschwerde erstrebte Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung ausschließlich mit neuen Angriffs- oder Verteidigungsmitteln begründet, bedarf es insbesondere keiner Auseinandersetzung mit den Gründen der angefochtenen Entscheidung. In einem solchen Fall gehören – anders als im Berufungsverfahren nach der Zivilprozessordnung – Darlegungen nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 ZPO nicht zum notwendigen Inhalt der Beschwerdebegründung (vgl. Haußleiter/Eickelmann FamFG 2. Aufl. § 117 Rn. 13), weil § 117 Abs. 2 FamFG nicht auf die strenge und ermessensunabhängige Präklusionsvorschrift des § 531 Abs. 2 ZPO verweist.”


(Zitat, Rn 8) “Gemäß § 117 Abs.1 Satz1 FamFG hat der Beschwerdeführer i n Ehesachen und Familienstreitsachen zur Begründung der Beschwerde einen bestimmten Sachantrag zu stellen und diesen zu begründen. Er muss demnach in der Beschwerdebegründung darlegen, in welchem Umfang er die erstinstanzliche Entscheidung angreifen will und wie er den Angriff begründet. Da § 117 FamFG keine speziellen Regelungen zum Inhalt der Beschwerdebegründung enthält, beurteilt sich nach den allgemeinen Grundsätzen, ob ein Beschwerdeantrag hinreichend bestimmt und ausreichend begründet ist. Deshalb können für den notwendigen Inhalt der Beschwerdebegründung im Wesentlichen die Anforderungen herangezogen werden, die für eine Berufungsbegründung nach § 520 Abs. 3 Satz 2 ZPO gelten, auch wenn § 117 Abs.1 Satz 4 FamFG nicht auf § 520 Abs.3 ZPO verweist (Senatsbeschluss vom 10. Juni 2015 – XII ZB 611/14 – FamRZ 2015, 1375 Rn.9 mwN)“.

Anmerkung: Bei mehreren Streitgegenständen oder einem teilbaren Streitgegenstand muss sich die Rechtsmittelbegründung grundsätzlich auf alle Teile der angefochtenen Entscheidung erstrecken, hinsichtlich derer eine Abänderung beantragt ist; andernfalls ist das Rechtsmittel für den nicht begründeten Teil unzulässig. Sich auf das erstinstanzliche Vorbringen zu beziehen, ist als Rechtsmittelbegründung unzureichend ( BGH, Beschluss v. 29.11.2017 – XII ZB 414/17) .

Loewe

KG Berlin, Beschluss v. 28.09.2018 – 17 UF 27/18
(intern vorhanden, unser Az.: 404/18)
Anforderungen an die Rechtsmittelbegründung


(Zitat) “Gemäß § 117 Abs. 1 Satz 1 FamFG hat der Beschwerdeführer in Ehesachen und Familienstreitsachen zur Begründung der Beschwerde einen bestimmten Sachantrag zu stellen und diesen zu begründen. Er muss demnach in der Beschwerdebegründung darlegen, in welchem Umfang er die erstinstanzliche Entscheidung angreifen will und wie er den Angriff begründet. Da § 117 FamFG keine speziellen Regelungen zum Inhalt der Beschwerdebegründung enthält, können für den not­ wendigen Inhalt der Beschwerdebegründung im Wesentlichen die Anforderungen herangezogen werden, die für eine Berufungsbegründung nach § 520 Abs. 3 Satz 2 ZPO gelten, auch wenn § 117 Abs. 1 Satz 4 FamFG nicht auf § 520 Abs. 3 ZPO verweist (BGH, Beschluss vom 10.Juni 2015- XII ZB 611/14, Rn. 9, juris). Nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 bis 4 ZPO muss die Rechtsmittelbegründung die bestimmte Bezeichnung der im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe) enthalten. Besondere formale Anforderungen werden insoweit allerdings nicht gestellt. Die Rechtsmittelbegründung erfordert insbesondere weder die ausdrückliche Benennung einer bestimmten Norm noch die Schlüssigkeit oder jedenfalls Vertretbarkeit der erhobenen Rügen (BGH, Beschluss vom 29. November 2017 – XII ZB 414/17 -, Rn. 9, juris).


Fristversäumung
und Heilung


Die Verlängerung der Frist zur Begründung eines Rechtsmittels wird nicht gewährt, wenn im Zeitpunkt des Eingangs des Verlängerungsantrags die Frist zur Rechtsmittelbegründung bereits abgelaufen war ( BGH, Beschluss vom 29.03.2017 – XII ZB 576/16). Werden Fristen schuldlos versäumt, kann eine > Wiedereinsetzung in den vorigen Stand die Fristversäumung heilen ( OLG München, Beschluss vom 14.02.2017 – 16 UF 1384/16OLG Nürnberg, Beschluss vom 26.02.2018 – 7 UF 1595/17). Beispiel für eine vom Rechtsanwalt verschuldete Fristversäumung: BGH, Beschluss vom 19.12.2018 – XII ZB 53/18).
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Neuer Sachvortrag
in der Beschwerdeinstanz



Besonderheit
in Familienstreitsachen


Eine Besonderheit bei Familienstreitsachen (§ > 112 Ziff. 1 FamFG) ist die Zulässigkeit eines neuen Tatsachenvortrags und die das Vorbringen neuer bzw. weiterer Beweismittel in der Beschwerdeinstanz (§ > 65 Abs.3 FamFG). Dies gilt insbesondere auch für Familienstreitsachen (§ > 112 Ziff. 1 FamFG). Auch bei Setzung einer Beschwerdebegründungsfrist (§ > 65 Abs.2 FamFG) können neue Tatsachen bis zum Ende der Beschwerdeinstanz vorgebracht werden. Die Beschwerdeanträge können auch bis zur Ausschöpfung der vollen Beschwer in der Beschwerdeinstanz erweitert werden. Insofern ist es unschädlich, wenn die Beschwerde nicht rechtzeitig begründet wird, sofern nicht § 115 FamFG eingreift. Die allgemeinen Vorschriften der ZPO zu den Verspätungen in Rechtsmittelverfahren sind nicht anwendbar. (§ > 115 S.2 FamFG). Eine Verweisung auf allgemeine Verspätungsvorschriften fehlt im FamFG. Als Verspätungsvorschrift ist ausschließlich § > 115 FamFG zu beachten (zur Präklusion nach § 115 FamFG siehe > OLG Köln, Beschluss vom 04.07.2001 – 4 UF 200.html10). Somit können Gründe zur > Abänderung einer Entscheidung erster Instanz bis zum Abschluss der zweiten Instanz vorgetragen werden (> mehr). Der Grund dafür? Vor allem im Unterhaltsrecht werden gerichtliche Entscheidung (> Unterhaltstitel ) mit Dauerwirkung getroffen; das Interesse an einer materiell richtigen Entscheidung auf der Basis realitätskonformer Sachverhalte steht hier mehr im Vordergrund als ein prozessökonomisch stringenter Verfahrensabschluss.


Exkurs
Neuer Vortrag in allgemeinen Berufungsverfahren


Berufungsverfahren nach allgemeinen Zivilsachen der ZPO (§ 531 ZPO) können dagegen Versäumnisse, die in erster Instanz erfolgten, nur unter verschärften Bedingungen in zweiter Instanz (Berufungsverfahren) ausgebügelt werden: Hier gelten für neuen Sachvortrag folgende Grundregeln:

  • Im ersten Rechtszug angeblich übergangener Sachvortrag oder Beweisanträge sind einzeln und ausdrücklich mit Hinweis auf das entsprechende Vorbringen erster Instanz zu wiederholen (möglichst mit Datum des Schriftsatzes und Seite).
  • Soweit tatsächliches Vorbringen in der Berufungsinstanz nicht bereits im Tatbestand des angefochtenen Urteils enthalten ist und auch nicht den obigen Anforderungen entspricht, muss das Beschwerdegericht davon ausgehen, dass es sich um neue Angriffs- und Verteidigungsmittel i.S.v. § 520 Abs. 3 Nr. 4 ZPO handelt. Dann ist auch die Darlegung und ggf. Glaubhaftmachung der Tatsachen, aufgrund derer diese nach § 531 Abs. 2 ZPO ausnahmsweise zuzulassen sind, erforderlich. Gleiches gilt für neuen Sachvortrag, der unbestritten sein soll.
  • Werden weitere Berufungsgründe erst nach Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist und damit verspätet vorgebracht, so sind diese nach dem Willen des Gesetzgebers im weiteren Verfahren nur unter den nach § 530 ZPO entsprechend geltenden Voraussetzungen der § 296 Abs. 1 und 4 ZPO zuzulassen (BT-Drs. 14/4722 S. 95/96), die dann darzulegen und glaubhaft zu machen sind.


Entscheidung
Absehen von mündlicher Verhandlung


Wenn Sie vom OLG nach der Beschwerdebegründung den Hinweis erhalten, dass es von einer mündlichen Verhandlung nach § 68 Abs.3 S.2 FamFG absehen will, weil sich das OLG davon keine neuen Erkenntnisse erwartet, dann ist das ein eindeutiges Zeichen dafür, dass die Beschwerdebegründung (aus Sicht des OLG) wohl unsubstantiiert ist. Um die Beschwerde noch zu retten, muss jetzt der Vortrag ergänzt werden. Evtl. sind weitere (auch neue Tatsachen) vorzutragen.


Entscheidung des OLG
oder Zurückverweisung an das Familiengericht


Über § 117 Abs.2 FamFG ist die Frage nach § 538 Abs.2 ZPO zu klären. Wenn das Verfahren vor dem Familiengericht an einem wesentlichen Mangel leidet, führt dies in der Beschwerdeinstanz zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Familiengericht. Dies erfolgt in der Praxis häufig bei fehlerhaften Gutachten, wenn die Wertermittlungsvorschriften nicht ordnungsgemäß beachtet wurden oder allegemein bei Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Verfahrensvarianten

Verfahren
wegen Kindesunterhalt


Geht es um Kindesunterhalt, bestehen im Hinblick auf das Unterhaltsverfahren einige Besonderheiten und Erleichterungen zur Durchsetzung des Unterhalts.
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Unterhaltstitel
stimmt nicht mehr


Existiert bereits ein Unterhaltstitel und ist dieser nicht mehr richtig, weil sich die Bemessungsgrundlagen verändert haben (Abänderungsgrund), ist ein Abänderungsverfahren angezeigt.
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Unterhaltsverfahren

ohne Auskunft zum Einkommen


Je nachdem, ob außergerichtlich Auskunft zu den unterhaltsrelevanten Umständen erteilt wurde, ob bereits ein Unterhaltstitel besteht oder ob es um Verfahren wegen Kindesunterhalt geht, bieten sich unterschiedliche Verfahrensarten an, die zur Durchsetzung des begehrten Unterhalts führen können. Wenn der Unterhaltsschuldner außergerichtlich keine Auskunft zu seinem unterhaltsrelevanten Einkommen und Vermögen erteilt, ist der übliche Weg zur Durchsetzung des Unterhaltsanspruchs die Einleitung eines Stufenantragsverfahrens. Dieses Verfahren ist ein äußerst zeitaufwendiges Unterfangen. Die Alternative dazu ist der Leistungsantrag ohne Auskünfte . Damit kann auf möglichst schnellen Weg wenigstens der  Mindestunterhalt beantragt werden. Will der Unterhaltsschuldner dagegen Einwendungen erheben, ist er gezwungen, seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse offenzulegen:
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Dr. Schröck – Kanzlei für Familienrecht - Unterhalt - durchsetzen 2

Stufenantragsverfahren
Gerichtliche Durchsetzung eines unbezifferten Unterhalts

Dr. Schröck – Kanzlei für Familienrecht - Unterhalt - durchsetzen 2

Leistungsantrag 
Gerichtliche Durchsetzung eines bezifferten Unterhalts


U
nterhaltsverfahren
mit internationalen Bezügen


Dr. Schröck – Kanzlei für Familienrecht - Unterhalt - durchsetzen 2

Europäisches
Unterhaltsverfahren


Sobald eine Unterhaltssache mit Bezug zum Ausland vorliegt, müssen die Gerichte ihre internationale Zuständigkeit prüfen und im zweiten Schritt feststellen, nach welchem nationalem Unterhaltsrecht die Sache zu entscheiden ist.
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Links


Literatur


  • Daniel Wache, Der Stufenantrag im Unterhaltsrecht: Verzögerungs- und Beschleunigungsstrategien, in: NZFam 2019, 372
  • Andreas Schiller, BGH-Rechtsprechung zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, in: Anwaltsblatt 2017, 480
  • C. Krumm, 15 Praxisprobleme der einstweiligen Anordnung in Unterhaltssachen, in: NZFam 2016, 301
  • VRiOLG Dieter Büte, Die wichtigsten Anträge zum Unterhalt auf einen Blick, in: Familienrecht kompakt, Ausgabe 12/2010, Seite 204.
  • Vogel, Rechtsfolgen bei übermäßiger Dauer des Verfahrens in Familiensachen, in: FF 2014, 434 ff.
  • Eva Bode, Richtige Anträge im Beschwerdeverfahren (mit Musterformulierungen), in: FK 2015, 103
  • BGH , Beschluss vom 15.3.2017 – XII ZB 109/16, Zum Erfordernis eines bestimmten Antrags der Beschwerdebegründung in einer Unterhaltsfolgesache
  • Oliver Elzer, Formalien der Beschwerde in Familiensachen, in: NZFam 2015, 1042

In eigener Sache


  • OLG München – 551 F 13831/15, Beschwerde gegen Beschluss zum Versorgungsausgleich, unser Az.: 84/22
  • Hinweise zur Darlegung und zum Beweis des Sachvortrags, unser Az.: 83/15 (D3/201-16)
  • OLG Karlsruhe – 16 UF 41/14; Beschwerdebegründung zum Verfahren wegen Ehegattenunterhalt, unser Az.: 478/ 13 (D3/D258-14)
  • OLG Düsseldorf – II-7 UF 224/14; Beschwerdeverfahren wegen konkret ermitteltem Ehegattenunterhalt, unser Az.: 311/14 (Beschwerdebegründung: D3/D741-14)
  • OLG München; Beschwerdebegründung zum Verfahren wegen Ehegatten- und Kindesunterhalt, unser Az.: 505/16 (D3/D1101-16)
  • AG Hamburg – 273 F 161/16: einstweiliges Anordnungsverfahren wegen Trennungsunterhalt, unser Az.: 509/16
  • OLG München, Beschluss vom 14.02.2017 – 16 UF 1384/16: Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand bei Versäumung der Beschwerdebegründungsfrist, unser Az.: 505/16 (D3/1238-16 und D3/62-17)

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