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Bestandsaufnahme des Vermögens bei Zugewinngemeinschaft – Mit welchem Wert werden Vermögensgegenstände in der Zugewinnbilanz erfasst?  


Das Wichtigste in Kürze

  1. Güterrecht: Wer mit Ehevertrag keinen anderen Güterstand gewählt hat (§ 1408 Abs.1 BGB) hat, lebt automatisch im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft (§ 1363 Abs.1 BGB).
  2. Ende der Zugewinngemeinschaft: Der Ehegatte, der in der Ehe mehr Vermögenszuwachs (Zugewinn) als der andere Ehegatte erzielt, ist gegenüber dem anderen in Höhe der Zugewinn-Differenz nach Beendigung der Zugewinngemeinschaft ausgleichspflichtig (§ 1378 Abs.1 BGB).
  3. Vermögensgegenstände erfassen und bewerten: Um eine Ausgleichspflicht feststellen zu können, müssen in Vermögensbilanzen alle Vermögensgegenstände mit ihrem jeweils maßgeblichen Wert erfasst werden.

Rechtlicher Leitfaden
zur Erfassung und Bewertung der Vermögensgegenstände

Wir verstehen, dass das Verfahren komplex sein kann und wir setzen uns dafür ein, Ihnen schnell und effizient zu helfen. Vertrauen Sie auf unsere Beratung. Nehmen Sie noch heute Kontakt mit uns auf, um weitere Informationen zu erhalten!

Zur Vorbereitung des Ausgleichsanspruchs (§ 1378 Abs.1 BGB) ist der Zugewinn jedes Ehegatten festzustellen. Verstehen Sie mit unseren Wegweisern, mit welchem Wert die Vermögensgegenstände der Ehegatten in den Bestandsverzeichnissen erfasst werden. 

Wegweiser zu den Vermögensgegenständen

Dr. Schröck – Kanzlei für Familienrecht - Zugewinn - Vermögensgegenstände bewerten und Wertzuwachs erfassen 1
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Totalitätsprinzip 
Jeder Vermögensgegenstand wird erfasst

Grundsatz
Totalitätsprinzip


Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH sind in das Anfangs- bzw. Endvermögen zu den maßgeblichen Stichtagen wird das gesamte Vermögen der Ehegatten, gleich welcher Art (ob positives oder negatives Vermögen) in die Vermögensbilanzenaufgenommen, d.h. alle dem Ehegatten am Stichtag zustehenden rechtlich geschützten Positionen mit objektiv bewertbaren Wert. Dazu zählen alle Vermögensgegenstände in Form von Sachen, Forderungen, Verbindlichkeiten etc.

Ausnahme
Modifizierte Zugewinngemeinschaft


Man kann per Ehevertrag (§ 1408 Abs.1 BGB) bestimmte Vermögensgegenstände vom Zugewinnausgleich ausschließen. In der Praxis geschieht dies häufig, wenn Unternehmen vom Zugewinnausgleich herausgenommen werden sollen. Man spricht dann von einer modifizierten Zugewinngemeinschaft.

Ungewisse Anwartschaften 
sind keine Vermögensgegenstände


(Zitat, Rn 14) „Nach der Rechtsprechung des Senats sind in die Zugewinnausgleichsbilanz alle rechtlich geschützten Positionen von wirtschaftlichem Wert einzubeziehen (NJW 2002, 436). Voraussetzung ist, dass diese Positionen zum Stichtag bereits entstanden sind; bloße Erwerbsaussichten sowie in der Entwicklung begriffene Rechte, die noch nicht zur Anwartschaft erstarkt sind, bleiben [in der Vermögensbilanz zum Endvermögen] unberücksichtigt.“

Anmerkung: Bei Scheidungen von Handelsvertretern und Versicherungsmaklern taucht immer wider die Frage auf, ob ein künftiger Ausgleichsanspruch nach  § 89 b HGB einen zugewinnausgleichspflichtigen Vermögensgegenstand darstellt. Bereits das OLG Hamm,Urteil vom 9. März 2011 – II-8 UF 207/10 hat entschieden, dass dies nicht der Fall ist und insbesondere nicht zum Unternehmenswert einer Handelsagentur zählt. Ein bestehender Ausgleichsanspruch nach § 89 b HGB ist kein Vermögensgegenstand, obwohl es sich hierbei um einen Anspruch auf Vergütung für Vorteile, die der Unternehmer durch die Tätigkeit des Handelsvertreters erlangt hat, handelt. Jedoch hat dieser Anspruch am maßgeblichen Stichtag noch keinen Vermögenswert ; zur prüfen ist, ob der Agenturinhaber diesem am Stichtag geltend machen könnte. Ob der Anspruch in späterer Zeit einmal zum Tragen kommen wird, ist ungewiss; insoweit besteht deshalb auch nur eine Chance, die nicht als Vermögenswert für die Berechnung des Zugewinns angesetzt werden kann. Ebenso der BGH:


LeitsatzBei einer von einem Ehegatten als selbständigem Handelsvertreter am Bewertungsstichtag noch betriebenen Versicherungsagentur sind grundsätzlich weder ein über den Substanzwert hinausgehender Goodwill der Agentur noch ein künftiger Ausgleichsanspruch nach § 89 b HGB in den Zugewinnausgleich einzubeziehen (Fortführung von BGHZ 68, 163 = FamRZ 1977, 386).

Forderungen und Verbindlichkeiten 
sind Vermögensgegenstand

Folgende Grundsätze gelten für Vermögensgegenstände „Forderungen & Verbindlichkeiten” in der Zugewinnbilanz:

  1. Forderungen und Verbindlichkeiten müssen zum Stichtag nicht zwingend fällig sein. Entscheidend ist, ob sie zu diesem Zeitpunkt bereits entstanden sind. Auch Verbindlichkeiten und Forderungen, die entstanden, aber noch nicht fällig sind, müssen in die Vermögensaufstellung einbezogen werden. Dieses Thema ist in der Praxis häufig relevant, insbesondere in Bezug auf die Berücksichtigung von noch ausstehenden Steuererstattungen und -nachzahlungen.
  2. Geschützte Anwartschaften mit ihrem gegenwärtigen Vermögenswert sowie die ihnen vergleichbaren Rechtsstellungen, die einen Anspruch auf künftige Leistung gewähren, sofern diese nicht mehr von einer Gegenleistung abhängig und nach wirtschaftlichen Maßstäben – notfalls durch Schätzung – bewertbar ist (Senatsurteil, BGHZ 146, 64, 68 f. = FamRZ 2001, 278, 280). Bloße Erwerbsaussichten sowie in der Entwicklung begriffene Rechte, die noch nicht zur Anwartschaft erstarkt sind, bleiben demgegenüber unberücksichtigt (BGH, vom 28.2.2007 – XII ZR 156/04 – FamRZ 2007, 877 Rz. 14: bloß ungewisse Erwerbsaussicht).
  3. Bonus-Ansprüche sind güterrechtlich zu bilanzieren, wenn sie bei fiktiv gedachter Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum Stichtag zur Auszahlung kommen würden (vgl. Schulz/Hauß, Vermögensauseinandersetzung bei Trennung und Scheidung, 6. Auflage 2015, 1. Kap. Rn 469, 652).
  4. Für bedingte und unsichere Verbindlichkeiten gelten dieselben Grundsätze wie für bedingte und unsichere Ansprüche. Bei unsicheren Forderungen und Verbindlichkeiten (Rechten) ist auf die Wahrscheinlichkeit der Realisierung abzustellen (BGH FamRZ 1993, 1183, 1185).
  5. Unsichere, ungewisse, befristete und abschiebend oder auflösend bedingte Ansprüche oder Verpflichtungen sind mit einem Schätzwert in die Vermögensbilanz einzusetzen. Dabei ist eine Prognose zu treffen, wie hoch die Wahrscheinlichkeit der Realisierung des Anspruches ist. Wenn Sie hier erklären, dass eine Realisierung der Forderung unwahrscheinlich ist, so kann diese Forderung in Ihre Endvermögensbilanz nur mit einem entsprechend geringen Wert berücksichtigt werden. Steht fest, dass eine Realisierung ausgeschlossen ist, so ist der Wert „0“.
  6. Betriebliche Schulden eines Freiberuflers dürfen nur dann gesondert in die Vermögensbilanz aufgenommen werden, wenn sie nicht bereits in die Praxisbewertung eingeflossen sind.

Vermögensgegenstände 
in der Zugewinnbilanz

Überblick 
ABC der Vermögensgegenstände



Anspruch auf Vermögensbewertung
Wertermittlung von Vermögensgegenständen

Wert 
des Anfangsvermögens und des Endvermögens


Zwei gesetzliche Ansprüche auf Wertermittlung für die Zugewinnausgleichsberechnung werden dem Ausgleichsberechtigten gewährt:

Zum Anfangsvermögen
kann jeder Ehegatte auf seine Kosten den Wert der Vermögensgenstände durch Sachverständigengutachten ermitteln lassen. 

Zum Endvermögen

sieht § 1379 Abs. 1 S. 3 BGB keinen Anspruch auf Wertermittlung durch Sachverständigen vor. Hier gibt das Gesetz nur einen (einfachen) Anspruch auf Wertermittlung. Dazu muss der Verpflichtete auf eigene Kosten Auskünfte einholen und Hilfskräfte hinzuziehen, nicht aber einen Sachverständigen (BGH, Beschl. v. 28.1.2009 – XII ZB 121/08). Denn der Auskunftspflichtige ist nur insoweit zur Ermittlung und Angabe der Vermögenswerte verpflichtet, als er dazu selbst imstande ist. Obgleich Wertermittlung durch Sachverständige in § 1379 BGB nicht vorgesehen ist, erkennen Rspr. und Lit. einen Anspruch des auskunftsberechtigten Ehegatten auf eine solche an, wenn wegen der Kompliziertheit der Umstände eine Wertfeststellung ohne sachverständige Hilfe nicht möglich ist. Gegeben ist der Wertermittlungsanspruch von daher in aller Regel, wenn Auskunft über ein Unternehmen oder eine Gesellschaftsbeteiligung zu erteilen ist. Der Anspruch beschränkt sich allerdings – ebenso wie beim Anfangsvermögen – auf Duldung der Tätigkeit des Sachverständigen durch den Auskunftspflichtigen (BGH-Rechtsprechung). Dieser hat dessen Tätigkeit nur hinzunehmen und die notwendigen Daten zur Verfügung zu stellen. Die Wertermittlung zu veranlassen und den Auftrag an den Sachverständigen zu erteilen, ist Sache des Auskunftsberechtigten (OLG Brandenburg FamRZ 2007, 410; OLG Zweibrücken FamRZ 1996, 749). 


Rechtsprechung
Anspruch auf Wertermittlung


Dr. Schröck – Kanzlei für Familienrecht - Zugewinn - Vermögensgegenstände bewerten und Wertzuwachs erfassen 2

BGHBeschluss vom 28.1.2009 – XII ZB 121/08 
Grundsätzlich kein Anspruch auf Wertermittlung des Endvermögens durch einen Gutachter


(Zitat) “Soweit der nach § 1379 Abs. 1 Satz 1 BGB über den Bestand seines Endvermögens auskunftspflichtige Ehegatte gesondert zur Ermittlung des Wertes von Vermögensgegenständen verurteilt ist (§ 1379 Abs. 1 Satz 2 BGB), kommt zwar auch diesem Umstand für die Wertbemessung Bedeutung zu. Es ist aber zu beachten, dass der Auskunftspflichtige nur insoweit zur Ermittlung und Angabe der Vermögenswerte verpflichtet ist, als er dazu selbst imstande ist ; ihm ist bei einer – wie hier – auf § 1379 Abs. 1 Satz 2 BGB beruhenden Verurteilung dagegen nicht die Pflicht auferlegt, die Vermögensgegenstände, insbesondere das Grundeigentum, begutachten zu lassen (BGHZ 64, 63, 65 f.; BGHZ 84, 31, 32 = FamRZ 1982, 682; Senatsbeschlüsse v. 4.10.1990 – XII ZB 37/90 -, FamRZ 1991, 316, und v. 14.2.2007 – XII ZB 150/05 -, FamRZ 2007, 711, 712, m. Anm. Schröder). Das schließt es allerdings nicht aus, dass der Verpflichtete zu Einzelfragen Auskünfte einholen und Hilfskräfte einschalten muss, um den Wert der Vermögensgegenstände zuverlässig zu ermitteln. Dadurch anfallende Auslagen gehören zu den Kosten der Wertermittlung, die der Verpflichtete zu tragen hat.”

Anmerkung: Die Entscheidung besagt, dass es grundsätzlich keinen Anspruch auf gutachterliche Wertermittlung auf Kosten des Auskunftspflichtigen gibt. Die Rechtsprechung erkennt aber ein grundsätzliches Bedürfnis nach gutachterlicher Wertermittlung an und bejaht ein gutachterliches Wertermittlungsrecht des Auskunftsberechtigten zu Vermögensgegenständen des Endvermögens analog zu § 1377 Abs.2 S.3 BGB (Brudermüller, in: Palandt, BGB, 74. Aufl., 2015, § 1379, Rn 16 m.w.N.). Voraussetzung ist, dass die Bewertung des Vermögensgegenstandes durch den Ehegatten selbst und anhand seiner Angaben dem auskunftsberechtigten Ehegatten nicht möglich ist. Das ist bei schwierigen Wertermittlungen (z.B.  Unternehmensbewertungen oder Immobilienbewertungen) regelmäßig der Fall. Das bedeutet: Vom Auskunftspflichtigen kann eine gutachterliche Wertermittlung auf dessen Kosten nicht verlangt werden. Aber der Auskunftsgläubiger kann auf seine Kosten die gutachterliche Wertermittlung veranlassen, die der Auskunftspflichtige zu dulden hat (§ 1377 Abs.2 BGB analog bei Begutachtung von Vermögensgegenständen des Endvermögens). Damit ist der Wertermittlungsanspruch auf Duldung der Ermittlungen durch den Sachverständigen gerichtet ist (vgl. Senatsurteil vom 8. November 2017 – XII ZR 108/17 – FamRZ 2018, 93 Rn 30 und BGHZ 84, 31 = FamRZ 1982, 682, 683).

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OLG Karlsruhe, Beschluss vom 22.09.2009 – 20 UF 105/09 
Kostentragungslast für gutachterliche Wertermittlung von Gegenständen des Endvermögens


(Zitat) “Gemäß § 1379 Abs. 1 Satz 1 BGB n.F. ist jeder Ehegatte verpflichtet, dem anderen Ehegatten Auskunft (auch) über den Bestand seines Endvermögens zu erteilen. Darüber hinaus hat jeder Ehegatte das Recht, die Ermittlung der Werte der Vermögensgegenstände und der Verbindlichkeiten zu verlangen, § 1379 Abs. 1 Satz 3 BGB n.F. Soweit der auskunftsberechtigte Ehegatte Wertermittlung durch einen Sachverständigen verlangen kann, hat er nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die diesbezüglichen Kosten selbst zu tragen (BGH FamRZ 1982, 682; FamRZ 1991, 316; NJW-RR 1992, 188; FamRZ 2009, 595). Die Frage, welcher Ehegatte die Kosten zu tragen hat, die durch die Beauftragung eines Sachverständigen bei Ermittlung des Wertes des Endvermögens entstehen, ist und war in § 1379 BGB nicht geregelt. Der Wortlaut des § 1379 Abs. 1 Satz 2 BGB a.F. ist identisch mit dem des § 1379 Abs. 1 Satz 3 BGB n.F. Mangels vergleichbarer Ausgangslage können auch keine anderen gesetzlichen Normen zur Beantwortung der Frage herangezogen werden. Die Vorschrift des § 1377 Abs. 2 Satz 3 BGB hat ihren Grund in dem besonderen Interesse, das jeder Ehegatte an der Aufzeichnung seines Anfangsvermögens hat und kann daher bei der Feststellung des Wertes des Endvermögens durch einen Sachverständigen nicht entsprechend herangezogen werden (BGH FamRZ 1982, 682). (…) Mangels ausdrücklicher gesetzlicher Regelung sind die Kosten eines zur Wertermittlung des Endvermögens erforderlichen Gutachtens vom Auskunftsgläubiger zu tragen, da diese Lösung der Interessenlage beider Parteien entspricht (BGH FamRZ 1982, 682; 2007, 711). Können sich – wie im vorliegenden Fall – beide Parteien nicht auf einen gemeinsam ausgewählten Sachverständigen einigen und dessen Bezahlung regeln, wird der Auskunftsgläubiger i.d.R. einem vom Auskunftsschuldner beauftragten Sachverständigen weniger vertrauen als einem selbst ausgewählten. Daher wird dem Interesse des auskunftsberechtigten Ehegatten nicht ausreichend gedient, wenn er vom anderen verlangen kann, dass dieser einen Sachverständigen bestellt, bezahlt und dann dessen Gutachten übermittelt (BGH a.a.O.). Fallen die Kosten dem Auskunftsberechtigten zur Last, dient dies im Übrigen auch zur Vermeidung unnötiger Kosten, da der Auskunftsberechtigte bei dieser Sachlage einen Sachverständigen nur hinzuziehen wird, falls dies erforderlich ist (zur Erstattung der Kosten im Rahmen des § 91 ZPO vgl. Fachanwaltskommentar Familienrecht/Weinreich, 3. Aufl., § 1379 Rn 38 m.w.N.).”

Immobilien 


Bei einer Scheidung mit einer Immobilie und einem Immobilienkredit können komplexere Fragen auftreten. Wenn nur einer der Ehepartner im Grundbuch steht, ist dieser alleiniger Eigentümer der Immobilie. Die Wertsteigerung der Immobilie unterliegt dem Zugewinnausgleich. Wenn beide Ehepartner im Grundbuch stehen, wird die Wertsteigerung der Immobilie während der Ehe zu gleichen Teilen aufgeteilt. Die gemeinsame Immobilie ist „zugewinnneutral“, was bedeutet, dass Wertsteigerungen nicht zu einem Zugewinnausgleich führen. Die Auseinandersetzung der gemeinsamen Immobilie erfolgt nach anderen Ausgleichsmechanismen. Wenn ein Ehegatte in der Immobilie wohnen bleiben möchte, muss der andere Partner ausbezahlt werden. Wenn keine Einigung erzielt werden kann, kann das Haus auch teilungsversteigert werden.

Bei Immobilienbesitz eines Ehegatten und Zugewinnausgleich ist in der Praxis das Hauptproblem, dass die Beteiligten meist nicht wissen, welchen Wert die Immobilie hat oder es wird – wegen unterschiedlicher Vorstellungen dazu – heftig gestritten. Unstrittig ist, dass der Wert der Immobilie mit ihrem realen Verkehrswert zum maßgeblichen Stichtag zu bewerten ist. 

Streit 
um den Verkehrswert


Dr. Schröck – Kanzlei für Familienrecht - Zugewinn - Vermögensgegenstände bewerten und Wertzuwachs erfassen 2

OLG Brandenburg, Beschluss vom 1.2.2022 – 13 UF 100/18 
Bewertung eines mit einem Einfamilienhaus bebauten Grundstücks


Anmerkung zur Entscheidung von Richter am Amtsgericht Dr. Torsten Obermann, in NZFam 2022, 704 (Zitat) : Die Entscheidung führt anerkannte Grundsätze der Immobilienwertermittlung übersichtlich auf (vgl. zB der BGH in NJW-RR 1992, 899 zum Sachwertverfahren, in NJW 2004, 2671 zum Ertragswert und in DStR 2011, Seite 581 zur Orientierung am Veräußerungserlös). Hervorzuheben sind die Ausführungen zur Modellkonformität. Die Gutachterausschüsse setzen die von ihnen gesammelten Kaufpreisdaten ins Verhältnis zu einem Kanon von Baukostenrichtsätzen, zB der NHK 2010 (vgl. § 36 Absatz III ImmoWertV). Insoweit ergeben sich (regionale) Zu- oder Abschläge in Bezug auf diese Grundlage. Der Grundsatz der Modellkonformität besagt, dass die so ermittelten Sachwertfaktoren immer auf die Richtsätze anzuwenden sind, auf deren Grundlage sie ermittelt wurden. Dies führt dazu, dass es unerheblich ist, welche NHK genutzt wird, da bei modellkonformer Anwendung der auf die tatsächlich genutzte NHK bezogenen Anpassungsfaktoren immer der richtige marktangepasste Sachwert ermittelt wird (Bischoff DS 2022, 59 (66)).

Allgemeine Anmerkungen : Die Wertermittlung und das Herankommen an die dazu erforderlichen Informationen (wertbildende Faktoren) von der Gegenseite ist oftmals schwierig. Weder die Ehegatten noch ihre Anwälte sind Immobiliengutachter und können nicht abschließend beurteilen, mit welchem (realen) Wert eine Immobilie in der Zugewinnbilanz anzusetzen ist. Es gibt drei Schritte aus diesem Dilemma:

  • 1. Schritt : Sie finden im Rahmen einer Besprechung mit der Gegenseite konkrete (Schätz-)Werte, auf die sich alle Beteiligten einigen. Dann wird es meist zu einer schnellen, komplikationslosen Scheidung kommen. Das ist selten der Fall.
  • 2. Schritt : Sie einigen sich mit der Gegenseite auf die Einholung eines Privatgutachtens zur Immobilienbewertung und einigen sich weiter darauf, dass die Ergebnisse des Gutachtens für beide Seiten rechtsverbindlich anerkannt werden. Damit kommen Scheidungsverfahren mit Vermögensauseinandersetzung mit einem überschaubaren Zeitrahmen zum Abschluss. In der Praxis bietet sich die Einigung auf ein Verkehrswertgutachten der staatlichen Gutachterausschüsse an. Die Gutachterausschüsse für Grundstückswerte sind neutrale und unabhängige behördliche Gremien, die gem. §§ 193, 200 BauGB Gutachten erstellen über
    • den Verkehrswert von
      • bebauten Grundstücken, einschließlich der Gebäude,
      • unbebauten Grundstücken,
      • unbebauten oder bebauten Grundstücksteilen,
      • grundstücksgleichen Rechten (z.B. Erbbaurechten),
      • Eigentumswohnungen,
    • den ortsüblichen Pachtzins im Obst- und Gemüseanbau als Maßstab für die Kleingartenpacht nach dem Bundeskleingartengesetz,
    • Nutzungsentgelte für Freizeitgrundstücke entsprechend der Nutzungsentgeltverordnung in der jeweils geltenden Fassung,
    • die ortsübliche Vergleichsmiete für Wohn- und Gewerberäume, soweit dies durch Landesrecht vorgesehen ist,
    • den Zustand von Grundstücken.

Die Zuständigkeitsbereiche der Gutachterausschüsse werden von den Landesregierungen festgelegt. Diese entsprechen im Regelfall den Landkreisen und den kreisfreien Städten. 

  • 3.Schritt : Sie finden über eine Besprechung mit der Gegenseite keine Einigung und auch keinen Modus zur Klärung der offenen Bewertungsfragen. Dann wird die Angelegenheit nach gesetzlichen Vorgaben vollzogen. D.h. das Endvermögen wird zum Stichtag der Zustellung des Scheidungsantrags festgestellt. Sämtliche Auskünfte zum Vermögen müssen für diesen Stichtag eingeholt werden. Die offenen Bewertungsfragen werden über gerichtlich bestellte Gutachten geklärt; aber nur dann wenn für eine Begutachtung genügend Anknüpfungstatsachen bekannt sind bzw. über den Auskunftsanspruch realisiert wurden. Das Scheidungsverfahren wird mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht vor zwei Jahren zum Abschluss kommen. Scheidungsverfahren mit Gutachterbeteiligung sind echte “Zeitfresser“.

Streit 
um das Wertgutachten


Wenn ein Gutachten, das im Rahmen der ersten Instanz an einem wesentlichen Mangelleidet, führt dies in der Beschwerdeinstanz zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Familiengericht (§ 69 Abs.1 S.2 FamFG; für Familienstreitsachen (§ 112 FamFG) gilt §§ 117 Abs.2 FamFG i.V.m 538 Abs.2 ZPO). Einem Sachverständigengutachten, das bei Fehlen bewertungsrechtlicher Sonderregelungen den Vorgaben der Wertermittlungsverordnung (WertV) entspricht und plausibel ist, wird regelmäßig zu folgen sein. Auch das angewandte Wertermittlungsverfahren muss für das zu bewertende Grundstück geeignet sein. Nach § 7 Abs.1 WertV sind zur Ermittlung des Verkehrswerts das Vergleichswertverfahren, das Ertragswertverfahren, das Sachwertverfahren oder mehrere dieser Verfahren heranzuziehen. Das dabei gewonnene Ergebnis ist gemäß S. 2 der Vorschrift unter Berücksichtigung der Lage auf dem Grundstücksmarkt zu überprüfen und gegebenenfalls an diese anzupassen. So wurde in der Rechtsprechung für das Ertragswertverfahren wiederholt darauf hingewiesen, dass die Renditeerwartungen potenzieller Kaufinteressenten nicht das allein Bestimmende für den Wert eines Grundstücks sind. Kriterien, die ein Verkehrswertgutachten erfüllen muss:

  • der ausgewiesene Verkehrswert muss am Markt erzielbar sein,
  • der Verkehrswert muss durch einen Sachverständigen nachgewiesen werden,
  • die Immobilienbewertung muss begründet sein, und sie muss verständlich und überzeugend formuliert sein,
  • die anerkannten Regeln der Verkehrswertermittlung müssen berücksichtigt werden (ImmoWertV),
  • die Immobilienbewertung muss professionell, unabhängig, unparteilich und in Hinblick auf das Ergebnis weisungsfrei erstellt worden sein.

Gutachten sind oftmals mit erheblichen Mängeln behaftet. Teilweise werden:

  • Bewertungsstandards nicht berücksichtigt,
  • Bewertungsparameter unzutreffend ermittelt,
  • Marktverhältnisse nicht erfasst und beurteilt,
  • Ermessensspielräume nicht eingehalten,
  • Rechtsvorschriften missachtet
  • Rechenfehler nicht erkannt

In der Praxis wird ein Anwalt nicht ausreichend in der Lage sein, sämtliche Fehler und Mängel eines Gutachtens zu erkennen und in einer beschwerdefähigen Form vorzutragen. Anwälte sind schließlich keine Gutachter, ebenso wenig Richter, die dann oftmals den Aussagen eines Gutachters blindlings folgen. Die beste Vorgehensweise wird sein, einen auf dem jeweils betroffenem Fachgebiet erfahrenen Gutachter mit der Prüfung auf Fehler des Gutachtens erster Instanz überprüfen zu lassen. Anschließend kann der Anwalt qualifiziert mit Hinweis auf die Fehlerfeststellungen des Gutachters die Beschwerdebegründung formulieren.

Immobilienwertermittlungs-VO 
ImmowertV


Gem. § 53 Abs. 1 ImmoWertV ist die neue VO unabhängig von dem Wertermittlungsstichtag auf alle Verkehrswertgutachten anzuwenden, die ab dem 1.1.22 erstellt werden.

  • Weiterführende Literatur:
    » Frank Walter, Zugewinnausgleich: Auswirkungen der neuen Immobilienwertermittlungs-VO, in: FK 2022, 51

Wertbereinigung 
um latente Steuerlast


Wie der BGH bereits entscheiden hat, sind Vermögensgegenstände in der Zugewinnbilanz um die mit einer Veräußerung verbundenen steuerlichen Belastungen zu bereinigen. Dies gilt für alle Bewertungen von Vermögensgegenständen, bei denen die Bewertungsmethode auf den am Markt erzielbaren Preis abstellt (fiktiv gedachter Veräußerungsfall; Senatsurteil BGHZ 188, 249 = FamRZ 2011, 1367 Rn. 50 = NJW 2011, 2572). Zur latenten Steuerlast bei Immobilien und anderen steuerbehafteten Gegenständen. Ein gewerblicher Grundstückshandel führt steuerrechtlich zu Einkünften aus Gewerbebetrieb. Ein Verkauf einer Immobilie im Betreibsvermögen ist als Veräußerungsgewinn zu erfassen. Dies gilt unabhängig vom Zeitraum von 10 Jahren. Diese Regeln des Steuerrechts kommen bei einem fiktiv gedachten Veräußerungsvorgang zum Bewertungsstichtag (> Stichtagsprinzip) zur Anwendung. Veräußerungsgewinn bezüglich aller (mehr als drei) veräußert geltenden Immobilien (Alleineigentum oder Miteigentum) und Beteiligungen gem. §§ 15, 17 oder 17 EStG müssen versteuert werden. Andernfalls erfolgt die Versteuerung nach den Regeln für private Veräußerungsgeschäfte (§§ 22, 23 EStG)
mehr.

Wertbereinigung 
um Vorfälligkeitsentschädigung?


Dr. Schröck – Kanzlei für Familienrecht - Zugewinn - Vermögensgegenstände bewerten und Wertzuwachs erfassen 2

BGH, Beschluss vom 08.12.2021 – XII ZB 402/20 
Keine Wertbereinigung um künftige Vorfälligkeitsentschädigung


(Zitat, Rn 17) “Im Rahmen einer gebotenen Ausweitung der Rechtsprechung zur latenten Ertragssteuer sei auch an die Vorfälligkeitsentschädigung zu denken. Wolle man die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs konsequent auf diese Positionen übertragen, könne es nicht darauf ankommen, ob der Zugewinn durch eine Belastung der Immobilie oder durch Zahlungen aus einem Bargeldvermögen beglichen werden könne. Entsprechend der Berücksichtigung bei einem Unternehmen sei auch dann die Wahrscheinlichkeit einer Veräußerung nicht entscheidend (vgl. auch Perleberg-Kölbel FuR 2021, 294).” 

(Zitat, Rn 24) “Auf eine Vorfälligkeitsentschädigung lässt sich dieser Gedanke aber nicht übertragen, weil es sich dabei um ein Surrogat der erst nach dem Stichtag anfallenden Zinsbelastungen handelt. Zum Stichtag ist der Grundstückswert der Immobilie im Zugewinn als Aktivposten und die noch offene Darlehensvaluta als Passivposten auszuweisen (Senatsbeschluss BGHZ 223, 374 = FamRZ 2020, 231 Rn. 17 mwN = NZFam 2020, 75 mAnm Kohlenberg). Dabei wird lediglich die Restschuld, nicht aber der nach dem Stichtag noch zu zahlende Zins bilanziert. Denn weil die Vorfälligkeitsentschädigung die Funktion hat, den der finanzierenden Bank durch die vorfällige Tilgung entstehenden Nachteil auszugleichen, ist sie als Surrogat für die nicht erfolgende Zinszahlung anzusehen (vgl. OLG München FamRZ 2005, 459 = FPR 2004, 505 ; Bergschneider FamRZ 2021, 509 (510); Clausius AnwZert FamR 9/2021 Anm. 2 B II.). Weil die Vorfälligkeitsentschädigung im Ergebnis also nichts Anderes ist, als eine Kompensation, wäre es ein Widerspruch im System, sie zu berücksichtigen.”

Anmerkung: Im Fall des BGH wurde die Immobilie nach Scheidungsantrag verkauft. Damit wurde die Vorfälligkeitsentschädigung wegen vorzeitiger Ablöse des Immobilienkredits nach dem Endvermögensstichtag fällig. Nicht nur, weil die Vorfälligkeitsentschädigung als Verbindlichkeit zum maßgeblichen Stichtag noch nicht entstanden war, sondern auch, weil der BGH die Übertragung der Grundsätze der Rechtsprechung zur latenten Steuerlast mit überzeugender Begründung abgelehnt hat. Zum Stichtag ist der Grundstückswert der Immobilie im Zugewinn als Aktivposten – bereinigt um eine mögliche latente Steuerlast – und die noch offene Darlehensvaluta als Passivposten auszuweisen (BGHZ 223, 374 = FamRZ 2020, 231 Rn. 17 mwN = NZFam 2020, 75 mAnm Kohlenberg).

Leibrente 


Als Leibrente bezeichnet man eine in der Regel lebenslange (meist) monatlich und zukünftig zu bezahlende Leistungsverpflichtung (§ 759 ff BGB). Seit der Entscheidung des BGH, Urteil v. 07.09.2005 – XII ZR 209/02 werden in Abkehr der bisherigen Rechtsprechung Leibrenten güterrechtlich bewertet und sind in die Vermögensbilanzen einzustellen (mehr dazu Schulz/Hauß, Vermögensauseinandersetzung, 6. Aufl., 2015, > Rn 310 ff ). Für die Bewertung der Leibrente ist es ohne Bedeutung, ob die vereinbarten Beträge später tatsächlich bezahlt wurden oder ob die Leibrente (z.B. als Gegenwert für eine Immobilienübertragung) durch Eintrag im Grundbuch dinglich gesichert ist (vgl. BGH, Urteil v. 07.09.2005 – XII ZR 209/02). Wenn allerdings der Leibrenten-Gläubiger tatsächlich auf die Rentenzahlungen verzichtet wird, ist dies eine Schenkung, die womöglich als Zuwendung im Sinne des § 1374 Abs.2 BGB mit dem Wert zum Zeitpunkt der Verzichtserklärung wieder im Anfangsvermögen berücksichtigt wird (vgl. BGH, Urteil vom 22.11.2006 – XII ZR 8/05, Rn 25). Somit ist bei Leibrenten und deren güterrechtliche Auswirkung stets auch darauf abzustellen, ob Leibrentenzahlungen tatsächlich stattfinden. Bei Übertragung von Immobilienbesitz von Eltern auf einen Ehegatten gegen Vereinbarung einer Leibrente kommt dies in der Praxis häufig vor. Die Berücksichtigung von Leibrenten und > Nießbrauch im Zugewinnausgleich erfolgen nach den gleichen Rechtsprechungsgrundsätzen. Es handelt sich um künftige Leistungen, die an bestimmten Stichtagen zu bewerten, d.h. zu kapitalisieren sind. Die Bewertung ist von komplizierter Wahrscheinlichkeitsrechnung geprägt.


(Zitat) „Bei der Bemessung des Rechnungszinses für die Bewertung künftiger Leistungen ist, wie der Senat in anderem Zusammenhang dargelegt hat, nicht von einer punktuellen und auf die aktuellen Verhältnisse bezogenen Betrachtung auszugehen; vielmehr erscheint es sachgerecht, den Zeitwert künftiger Leistungen mittels eines Zinssatzes zu bestimmen, der aus einer langfristigen Beobachtung der maßgebenden volkswirtschaftlichen Orientierungsgrößen gewonnen ist ( Senat , NJW Jahr 2003, 3556)”.

  • Weiterführende Links  
    » Die Kapitalisierung einer Leibrente, in Schulz/Hauß, 6.Aufl. 2015, > Rn 317 ff

Wohnrecht 
Nießbrauchsbelastung


Die Bewertung von Immobilien mit Wohnrechte- bzw. Nießbrauch-Belastungen (Nutzungsrechte für Dritte) in der Zugewinnbilanz war seit der BGH-Rechtsprechung aus dem Jahr 2007 (FamRZ 2007, 978) zu einem hoch komplizierten Thema geworden (mehr dazu > hier). Dies hat sich mit der Entscheidung des BGH vom 05.06.2015 wieder erheblich entschärft; Die vollkommen praxisuntaugliche Vorgabe, beim Wohnrecht/Nießbrauch einen wachsenden Wertzuwachs rechnerisch zu ermitteln, hat der BGH im Jahr 2015 aufgegeben:

Dr. Schröck – Kanzlei für Familienrecht - Zugewinn - Vermögensgegenstände bewerten und Wertzuwachs erfassen 2

BGH, Beschluss vom 06.05.2015 – XII ZB 306/14 
Nießbrauch beim Immobilienvermögen in der Zugewinnbilanz


Leitsätze:

  1. Ist Vermögen, das ein Ehegatte mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht erwirbt, zugunsten des Übergebers mit einem Nießbrauch belastet, unterliegt der fortlaufende Wertzuwachs der Zuwendung aufgrund des abnehmenden Werts des Nießbrauchs für den dazwischen liegenden Zeitraum bzw. die Zeit zwischen dem Erwerb des Grundstücks und dem Erlöschen des Nießbrauchs nicht dem Zugewinnausgleich (im Anschluss an Senatsurteile BGHZ 170, 324 = FamRZ 2007, 978 und BGHZ 111, 8 = FamRZ 1990, 603).
  2. Um diesen Wertzuwachs im Zugewinnausgleich rechnerisch zu erfassen, ist eine auf einzelne Zeitabschnitte aufgeteilte Bewertung des gleitenden Erwerbsvorgangs nicht erforderlich. Das gleiche Ergebnis kann vielmehr schon dadurch erreicht werden, dass bei der Berechnung des Zugewinns des Zuwendungsempfängers auf ein Einstellen des Wertes des Nießbrauchs zum Ausgangs- und Endzeitpunkt in die Vermögensbilanz insgesamt verzichtet wird (Aufgabe von Senatsurteil BGHZ 170, 324 = FamRZ 2007, 978).
  3. Ist hingegen der Wert des Nießbrauchs gestiegen, weil das belastete Grundstück im maßgeblichen Zeitraum einen Wertzuwachs (hier: infolge gestiegener Grundstückspreise) erfahren hat, muss der Wert des Nießbrauchs im Anfangs- und Endvermögen eingestellt werden, ohne dass es weiterer Korrekturen des Anfangsvermögens bedarf.

Anmerkung: In der Praxis wird der zweite Leitsatz nur selten greifen, denn in der Praxis steigen die Immobilienpreise. Also ist in der Praxis meist die Rechenvorgabe lt. dem dritten Leitsatz zu beachten. Zu derzeit gültigen Rechtslage mit Berechnungsbeispielen > Werner Schulz, Nießbrauch und Wohnrecht als Grundstücksbelastung, in: FF 2018, 99 

Die Ausführungen betreffen das Wohnrecht als Grundstücksbelastung der Immobilie eines Ehegatten. Weitere Frage ist, wie ein Wohnrecht eines Ehegatten an einer (Fremd-)Immobilie in der Zugewinnbilanz berücksichtigt wird. Das Wohnrecht ist ein Aktivwert, der sowohl im Anfangs- und im Endvermögen zu bewerten ist (vgl. Schulz/Hauß, Vermögensauseinandersetzung, 6. Auflage, 2015, S. 77). Der Wert einer mit Wohnrecht belasteten Immobilie kann mit kaufmännischer Methode ermittelt werden, in dem der aktuelle Barwert des aktuellen Werts der Immobilie für die Dauer bis zum Wegfall der Wohnrechtsbelastung (Dauer in Jahren nach Sterbetafel) ermittelt wird (Barwert-Rechner > hier). Diesem Wert wird der Barwert des Mietertrags der Immobilie aus möglicher Fremdvermietung des vermietbaren Anteils der Immobilie hinzugerechnet (Schulz/Hauß, Vermögensauseinandersetzung, 6. Aufl., Rn 373).

Steuer verbindlichkeiten
und Steuererstattungen


Dr. Schröck – Kanzlei für Familienrecht - Zugewinn - Vermögensgegenstände bewerten und Wertzuwachs erfassen 2

BGH, Beschluss vom 08.12.2021 – XII ZB 402/20 
Steuererstattungsanspruch – Stichtagsprinzip


LeitsatzIst ein Steuererstattungsanspruch beim Eintritt des Güterstandes noch nicht > entstanden , ist er auch nicht im > Anfangsvermögen zu berücksichtigen.

(Zitat, Rn 19) “Sowohl die Verpflichtung zur Einkommensteuernachzahlung als auch ein Anspruch aus Steuererstattung entstehen erst nach Ablauf des Veranlagungszeitraums. Gleichwohl kann die > Rechtsprechung für die latente Steuerlast nicht hierauf übertragen werden.”

Anmerkung: Der BGH erteilt einer in der Literatur verbreiteten Ansicht, nach dem Stichtag anfallende Einkommenssteuer könne zum Stichtag (quasi als fiktive – künftige – Steuerlast) berücksichtigt werden (Piltz, NJW 2012, 1111), eine Absage. Entscheidend und zwingend ist, dass die Steuerschuld bzw. der Steuererstattungsanspruch an den Stichtagen für den Zugewinn bereits > entstanden ist. Häufig ergeben sich die Schulden und Ansprüche erst aus Steuerbescheiden, die nach dem Stichtag ergehen. In diesen Fällen muss geprüft werden, ob und wie diese Posten in die Vermögensbilanzen aufzunehmen sind. Maßgeblich für Steuerschulden ist beim Zugewinnausgleich – wie bei allen Verbindlichkeiten – nicht die Fälligkeit, sondern der > Zeitpunkt der Entstehung . Die Einkommenssteuer entsteht zeitlich nicht schon dann, sobald die Einkünfte erzielt sind, sondern „auf einen Schlag“ mit Ablauf des Veranlagungszeitraums (= 1. Januar um 0:00 Uhr des Folgejahres) , für welche die Steuer zu bezahlen oder zu erstatten ist: also erst an Silvester um Mitternacht des jeweiligen Wirtschaftsjahres (§§ 25 Abs.1, 36 Abs.1 EStG). Kogel, Zugewinnausgleich, 6. Auflage 2019, Rn 1128 (Zitat) „Findige“ Zugewinnausgleichsschuldner zahlen, obwohl sie dies überhaupt nicht müssen, die Einkommenssteuer für die Zukunft in dem betreffenden Jahr in Form von Vorauszahlungen. Dies gilt insbesondere bei Selbständigen. Sie spekulieren darauf, dass der andere Ehepartner nicht merkt, dass ein Steuerrückerstattungsanspruch besteht. Solche Erstattungsansprüche des Steuerpflichtigen werden dann in der Zugewinnausgleichsbilanz „vergessen“.

Private Lebensversicherung
mit Rentenbezugsrecht oder Kapitalwahlrecht



Im Versorgungsausgleich oder Zugewinn?



Leitsatz
„Dem Versorgungsausgleich unterliegen regelmäßig nur solche (privaten) Rentenversorgungen, die speziell für das Alter oder die Zeit einer verminderten Erwerbsfähigkeit bestimmt sind und als Ersatz für das bisherige Erwerbseinkommen dienen sollen. 

Dagegen unterfällt eine auch als Vermögensanlage bestimmte Lebensversicherung, aus der Rentenleistungen zu einem erheblichen Teil auch schon während des aktiven Erwerbslebens gezahlt werden, i.d.R. dem güterrechtlichen Ausgleich.“


Leitsatz: „Private Rentenversicherungen mit Kapitalwahlrecht unterfallen nach Ausübung des Kapitalwahlrechts nicht mehr dem Versorgungsausgleich, selbst wenn das Kapitalwahlrecht nach Ende der Ehezeit vor der letzten tatrichterlichen Entscheidung ausgeübt wurde. Es kommt lediglich ein güterrechtlicher Ausgleich in Betracht.“

Anmerkung: Die private Lebensversicherung wird nicht beim Versorgungsausgleich berücksichtigt, es sei denn, es handelt sich um eine Lebensversicherung, bei der nach Ablauf der Ansparphase eine monatliche Rente als Versicherungsleistung bezogen wird und keine Kapitalabfindung geleistet wird.

Lebensversicherung
im Versorgungsausgleich 


Es ist inzwischen höchstrichterlich anerkannt, dass auch die zur Sicherheit abgetretenen privaten Rentenversicherung bis zur tatsächlichen Ausübung des Kapitalwahlrechts, was bis zur letzten tatrichterlichen Tätigkeit des erkennenden Gerichts möglich ist, in den Versorgungsausgleich fällt (vgl. BGH FamRZ 2013, 1715 und FamRZ 2014, 279; BGH, Beschluss vom 06.04.2011 – XII ZB 89/08). Die Entscheidung des OLG Saarbrücken, Beschluss vom 11.01.2016 – 9 UF 83/15 hält sich dabei strikt an die Vorgaben des BGH (siehe dazu Anm. Burschel, in: NZFam 2016, 664 ). 

In der Praxis wird darauf zu achten sein, dass in diesen Fällen einer abgetretenen Rentenversicherung der Tenor zum Versorgungsausgleich den Ausspruch auf die Rückgewähr des Bezugsrechts nach Freigabe der Sicherheit an beide Eheleute als Gesamtgläubiger enthält. Vorsorglich sollte ein entsprechender Antrag gestellt werden; 


Muster: „Zugleich wird der Anspruch des Ast. gegen die Bank S auf Rückgewähr des dieser zur Sicherung der Ansprüche aus dem Darlehensvertrag Nr. … eingeräumten Bezugsrechts an der bei der weiteren Bet. (Rentenversicherungsträger) abgeschlossenen Rentenversicherung Nr. … auf beide Ehegatten als Mitgläubiger übertragen.“

Was mit dem Versorgungsausgleich geschieht, wenn die LV nach Scheidung gekündigtwird, war Gegenstand der Entscheidung des > OLG Bremen, Beschluss vom 29.10.2015 –4 UF 102/15: Anmerkung dazu von Margarethe Bergmann, in NZFam 2016, 79; BGH, Beschluss vom 01.04.2015 – XII ZB 701/13.

Lebensversicherung
Der Wert im Zugewinn


Wird das mit der Lebensversicherung gebildete Kapital später zu dem vertraglich vereinbarten Termin ausgezahlt, so handelt es sich grundsätzlich um Vermögen, das beim Zugewinnausgleich berücksichtigt wird. 

  • Rückkaufwert: Der Wert der Kapitallebensversicherung wird entweder mit dem Rückkaufwert oder dem Fortführungswert in der Vermögensbilanz angesetzt. Die Rechtsprechung hat früher nur auf den Rückkaufwert abgestellt (BGH FamRZ 1992, 411, 413). Der Rückkaufwert ist wegen der Stornoabzüge niedriger als der wahre, wirkliche Wert.
  • Fortführungswert: Nach neuerer Rechtsprechung (BGH, 1995, 1270) ist entscheidend, ob mit der Fortführung des Versicherungsverhältnisses zu rechnen ist oder mit deren Auflösung (z.B. weil mit dem Guthaben der Zugewinnausgleichanspruch erfüllt wird). Ist eine Auflösung der Kapitallebensversicherung nicht zu erwarten, entspricht der einzustellende Wert grundsätzlich dem sogenannten Fortführungswert, also dem Rückkaufswert zuzüglich dem bis zum Stichtag angesammelten Überschussguthaben. Die h.M. berücksichtigt für den Fortführungswert das rechnungsmäßige Deckungskapital
    = gutgeschriebene Versicherungsleistungen ohne Stornoabschläge
    = zzgl. gutgeschriebene Gewinnanteile
    = zzgl. Anwartschaftsbarwert auf Schlussgewinnanteile
  • Auskunft: Der Rückkaufwert und der Fortführungswert wird meistens über eine Auskunft der Versicherungsgesellschaft ermittelt werden können.

Lebensversicherung 
mit latenter Steuerlast bewerten


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Betriebliche Altersvorsorge – Direktzusagen



Im Versorgungsausgleich oder Zugewinn?


Dem Versorgungsausgleich, und nicht dem Zugewinnausgleich, unterliegen Anrechte der betrieblichen Altersversorgung, die aus Anlass eines Arbeitsverhältnisses gewährt werden. Gleichgültig ist der Weg, den der Arbeitgeber zur Erfüllung seiner Verpflichtung wählt. Er kann die Versorgung unmittelbar zusagen, indem er die Versorgungsleistungen selbst – in der Regel mit Hilfe von Pensionsrückstellungen – erbringt. Möglich sind aber auch mittelbare Versorgungszusagen, in denen er sich einer zwischengeschalteten Versorgungseinrichtung, nämlich einer privaten Versicherung, einer Pensions- oder Unterstützungskasse bedient (§§ 1 Abs.2 bis Abs.4 BetrAVG). Auch bei einer solchen mittelbaren Versorgungszusage liegt eine vom Arbeitgeber erteilte betriebliche Altersversorgungszusage vor (Höfer-Reiners-Wüst, BetrAVG, 3. Aufl., Bd. 1, Allg. Rechtlicher Teil, Rdnr. 93 f., 94, 96 f.; Heubeck-Höhne-Paulsdorff-Rau-Weinert – BetrAVG, 2. Aufl., Bd. 1, § 1 Rdnrn. 1, 67).

Direktversicherung mit Kapitalwahlrecht


Ist in dem Versicherungsvertrag ein Kapitalwahlrecht vorgesehen, unterliegt die Direktversicherung dann dem Versorgungsausgleich, wenn das Kapitalwahlrecht nicht bis zum maßgebenden Stichtag der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags ausgeübt wurde und die Versicherung dadurch in eine Kapitallebensversicherung umgewandelt worden ist. Andernfalls kann es dem Zugewinnausgleich unterliegen. Wird die betriebliche Altersversorgungszusage in Form einer sog. Direktversicherung erteilt, bei der der Arbeitgeber zugunsten des Arbeitnehmers eine Versicherung bei einem Versicherungsunternehmen abschließt, so bereitet die Frage, ob diese Versorgung in den Versorgungsausgleich einzubeziehen ist, in der Regel keine Schwierigkeiten, weil sich die vom Arbeitgeber zugesagte Versorgung und die zur Erfüllung dieser Zusage abgeschlossene Versicherung ihrer Art nach im allgemeinen decken, also entweder auf Renten- oder auf Kapitalzahlung gerichtet sind.Bei Direktversicherungen – im Unterscheid zu privaten Rentenversicherungen mit Kapitalwahlrecht – liegt das Kapitalwahlrecht beim Arbeitgeber (Versicherungsnehmer) und nicht beim versicherten Arbeitnehmer. An der Ausgestaltung von Direktversicherungen des Arbeitsgebers zu Gunsten des Arbeitnehmers zeigt sich, dass zwischen dem arbeits- bzw. versorgungsrechtlichen Valutaverhältnis und dem versicherungsrechtlichen Deckungsverhältnis zu trennen ist.

  • Arbeitnehmer ist nur Versicherter ohne vertraglicher Beziehung zum Versicherungsunternehmen

Im Versicherungsvertrag haben der Arbeitnehmer und seine Hinterbliebenen lediglich die Stellung von Versicherten, die ein Recht auf die Versicherungsleistung bei Eintritt des Versicherungsfalles haben. Bis zu diesem Zeitpunkt haben sie eine Anwartschaft in Form eines entweder widerruflich oder unwiderruflich ausgestalteten Bezugsrechts (Blomeyer-Otto, Einl. Rdnr. 443; Heubeck, u. a., § 1 Rdnr. 311; Blomeyer, BetrAV 1979, 111). Dieses ist ihnen aufgrund des arbeitsvertraglichen Versorgungsverhältnisses zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber zugesagt. Allein dieses Valutaverhältnis bildet den Rechtsgrund für das Versorgungsversprechen des Arbeitgebers und entscheidet darüber, ob der Arbeitnehmer die Leistung behalten darf (vgl. Palandt-Heinrichs, Einf. § 328 Rdnr. 4).

  • Vertragspartner der Versicherungsgesellschaft ist der Arbeitgeber

Im versicherungsrechtlichen Deckungsverhältnis ist der Arbeitgeber gegenüber dem Versicherer Inhaber aller Rechte und Pflichten aus dem Vertrag, insbesondere aller Verfügungs- und Gestaltungsrechte. Er kann – im Falle eines widerruflichen Bezugsrechts – die vereinbarte Begünstigung des Arbeitnehmers vor Eintritt des Versicherungsfalles versicherungsrechtlich widerrufen, abändern oder auf einen anderen Arbeitnehmer übertragen und die Wahlrechte aus dem Versicherungsverhältnis ausüben (§ 166 I VVG). Hier kann also die versicherte Person nicht wie bei einer persönlich finanzierten privaten Lebensversicherung das Kapitalwahlrecht ausüben und über die Ausübung des Kapitalwahlrechts steuern, ob das Deckungskapital dem Versorgungsausgleich unterfällt oder nicht.

Weichenstellung


Für die Frage der Einbeziehung der Direktversicherung in den Versorgungsausgleich bedeutet das, dass es in erster Linie auf die Ausgestaltung des Versorgungsverhältnisses zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ankommt. Der Inhalt der arbeitsvertraglich ausgestalteten Zusage des Arbeitgebers entscheidet darüber, ob die betriebliche Altersvorsorgezusage dem Versorgungsausgleich oder dem Zugewinnausgleich unterfällt.

  • Sagt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine betriebliche Rente zu, so unterfällt die Direktversicherung dem Versorgungsausgleich
  • Sagt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine betriebliche einmalige Kapitalzahlung im Rentenfall oder im Todesfall für die Hinterbliebenen zu (= Zusage ähnelt einer arbeitgeberfinanzierten Kapitallebensversicherung), so unterfällt die Anwartschaft aus der betrieblichen Zusage nicht dem Versorgungsausgleich (vgl. BGH, Beschluss vom 10.02.1993 – XII ZB 80/88).

Praxistipp 


Lassen Sie sich von Ihrem Arbeitgeber, der die Direktversicherung für Sie abgeschlossen hat, schriftlich bestätigen, ob es sich um eine betriebliche Rentenzusage oder aber um eine betriebliche Kapitalzahlungszusage im Rentenalter handelt. Im Regelfall handelt es sich um betriebliche Rentenzusagen.

Latente Steuerlast

Fiktiv erzielbarer Netto-Wert 
zum Stichtag


Dr. Schröck – Kanzlei für Familienrecht - Zugewinn - Vermögensgegenstände bewerten und Wertzuwachs erfassen 2

BGH, Urteil vom 02.02.2011 – XII ZR 185/08 
Zur latenten Steuerlast auf Vermögensgegenständen im Zugewinn


(Zitat) „Aus Gründen der Gleichbehandlung dürfte es allerdings geboten sein, eine latente Steuerlast auch bei der Bewertung anderer Vermögensgegenstände (etwa bei Grundstücken, Wertpapieren oder Lebensversicherungen) dann zu berücksichtigen, wenn deren Veräußerung – bezogen auf die Verhältnisse am Stichtag und ungeachtet einer bestehenden Veräußerungsabsicht – eine Steuerpflicht auslösen würde. Denn eine Bewertung, die auf den am Markt erzielbaren Preis abstellt, hat die mit einer Veräußerung zwangsläufig verbundene steuerliche Belastung wertmindernd einzubeziehen.“

Anmerkung: Der BGH hat im Jahr 2011 anlässlich eines Sachverhalts zur Bewertung einer freiberuflichen Praxis im Zugewinnausgleich entschieden, dass eine latente Steuerlast nicht nur bei Unternehmensbewertungen, sondern auch bei der Bewertung anderer Vermögensgegenstände (z.B. bei Grundstücken, Wertpapieren oder Lebensversicherungen) zu berücksichtigen ist.

Maßgebend ist die bei unterstellter Veräußerung zum Stichtag entstehende Steuerlast, und zwar unabhängig davon, ob die Veräußerung und eine darauf lastende Ertragsteuer tatsächlich anfällt. Die Anknüpfung an den am Markt erzielbaren Preis bei der Wertermittlung hat nach Rspr. zur Folge, dass bei steuerbehafteten Gegenständen die bei Veräußerung zum Stichtag anfallenden Ertragsteuern – ungeachtet einer Veräußerungsabsicht – wertmindernd zu berücksichtigen sind. 

Also ist stets der Netto-Wert eines Vermögensgegenstandes in der Vermögensbilanz zum Stichtag in Ansatz zu bringen. Die Rechtsprechung wendet diese Nettowertmethode auf die Wertermittlung sämtlicher steuerpflichtiger Gegenstände an. Auch wenn eine Veräußerung nicht in Rede steht und das Entstehen der mit ihr verbundenen Steuerverbindlichkeit völlig ungewiss ist, soll diese den Verkehrswert des Gegenstandes mindern.

  • Weiterführende Links und Literatur:
    » Dieter Büte, Die Last mit der latenten Steuerlast, in FK 2012, 139

Praxistipp: 
Wegen der möglichen Anrechnung von latenten Steuern bei der Vermögensberwertung im Zugewinn müssen strategische Überlegungen stattfinden, ob und wann ggfs. der Scheidungsantrag einzureichen ist: Vor oder nach der Ablauf von steuerrechtlichen Fristen, in denen eine Vermögensveräußerung der Besteuerung unterliegt? (Beispiel: Spekulationsfrist für den Verkauf von selbst genutzten Immobilien von 10 Jahren: §§ 23 EStG i.V. mit § 22 EStG).

Steuer behaftete 
Gegenstände



Unternehmenswert 


Nach der Rspr. des BGH ist zur Ermittlung des Ausgleichsanspruchs in Fällen des Zugewinnausgleichs eine fiktive Veräußerung des Unternehmens an einen Dritten zum jeweiligen Stichtag zu unterstellen. Aus diesem Grund wird eine fiktive Einkommensteuer (latente Steuerlast) des Ausgleichsverpflichteten auf den ermittelten Unternehmenswert berechnet und anschließend vom Unternehmenswert abgezogen.
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Gesellschaftsbeteiligung


Dem Kammergericht Berlin (KG, Urteil, vom 23.09.2016 – 13 UF 135/14 lag der Fall der Bewertung von AG-Anteilen für den Zugewinnausgleich zugrunde. Zur Ermittlung der latenten Steuerlast im fiktiv gedachten Veräußerungsfall, orientiert sich das KG an den steuerrechtlichen Vorgaben. Nach § 3 Nr.40c EStG bleiben 40 % vom Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften (§ 17 Abs.2 EStG) steuerfrei. Der Veräußerungsgewinn (= Tatsächlicher Unternehmenswert – Buchwert des Unternehmens) spiegelt das Potenzial der stillen Reserven im Unternehmen wider (vgl. BGH FamRZ 2011, 1367). Bemessungsgrundlage ist der Veräußerungsgewinn nach Abzug der Veräußerungskosten (§ 17 Abs.2 S.1 EStG). Die verbleibenden 60 % des Veräußerungsgewinns nach § 17 Abs.2 S.1 EStG) sind dem sonstigen steuerbaren Einkommen lt. Steuerbescheid zuzurechnen. Daraus ermittelt sich die mit fiktivem Einkommensanteil (= fiktiver Veräußerungserlös) zu ermittelnde persönliche Gesamtsteuerlast des Anteilseigners. Davon wiederum die reale Steuerlast (ohne fiktiven Veräußerungserlös) abgezogen, ergibt die latente, sich im Veräußerungsfall des Unternehmensanteils ergebende, Steuerlast. 

Die Entscheidung des KG wurde vom BGH im Wege der Rechtsbeschwerde überprüft. Der BGH hat den Rechenweg des KG (Teileinkünfteverfahren) zur Ermittlung der latenten Steuerlast ausdrücklich als konform mit der BGH-Rechtsprechung bezeichnet (vgl. BGH, Urteil vom 8. November 2017 – XII ZR 108/16, Rn 40).

Lebensversicherungen


Unabhängig davon, ob die Lebensversicherung tatsächlich aufgelöst (Rückkaufwert) oder fortgeführt (Fortführungswert) wird, wird immer die latente Steuer in Abzug gebracht. Im Fall der erwarteten Fortführung des Versicherungsverhältnisses ist dies eine überraschende Ansicht des BGH (vgl. dazu Schulz FamRZ 2014, 1684 ff). Stets sind bei der Bewertung von Lebensversicherungen im Zugewinnausgleich die latenten Ertragsteuern wertmindernd zu berücksichtigen, wenn sie nach dem 31.12.2004 abgeschlossen wurden (§ 20 Abs1 Nr. 6 EStG). Zinsleistungen sind zur Hälfte zu versteuern, wenn die Laufzeit mindestens 12 Jahre beträgt und die Auszahlung nach dem 60. Lebensjahr erfolgt. Bei Lebensversicherungen, die vor 2005 abgeschlossen wurden, sind die daraus erzielten Erträge nach 12 Jahren steuerfrei. Ist die Frist von 12 Jahren am Stichtag (= Zustellung des Scheidungsantrags) noch nicht abgelaufen, ist eine fiktive Steuer in voller Höhe wertmindernd in der Vermögensbilanz anzusetzen. Zu Berechnung der latenten Ertragsteuer ist auf einen sich zum Stichtag ergebenden fiktiven Gewinn (Differenz zwischen den geleisteten Beiträgen und dem Auszahlungsbetrag) abzustellen. Die Höhe der Steuer entspricht der Abgeltungssteuer in Höhe von 25 % (zzgl. Solidaritätszuschlag und ggf. Kirchensteuer; vgl. Schulz FamRZ 2014, 1684 ff.; Dieter Büte, Die Last mit der latenten Steuerlast, in FK 2012, 139).

Veräußerung privater Immobilien | Haltefrist von 10 Jahren


Bei Grundstücken die Haltefrist von 10 Jahren für die Auslösung einer Spekulationssteuer zu beachten (§ 23 Abs.1 Nr.1 EStG), wenn nach der Nettowertmethode für die Immobilie ein fiktives Veräußerungsgeschäft zum realen Marktpreis vorzustellen ist. In einem vor Gericht ausgetragen Zugewinnausgleichsverfahren spielt die Spekulationssteuer dann keine Rolle, wenn das Gericht auf Antrag des Gläubigers gemäß § 1383 BGB und bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen anordnet, dass einzelne Gegenstände unter Anrechnung auf die Zugewinnausgleichsforderung zu übertragen sind. Da die Übertragung auf einer richterlichen Anordnung beruht und ihr keine privatautonom von den Ehepartnern getroffene Absprache zugrunde liegt, handelt es sich nicht um ein privates Veräußerungsgeschäft iSd § 23 EStG, die sog. Spekulationssteuer fällt also nicht an (MüKoBGB/Koch § 1383 Rn 5).

Wurde die Immobilie zwischen der Anschaffung bzw. Fertigstellung und der Veräußerung als Privatwohnung genutzt, bleibt der Verkaufserlös steuerfrei. Gleiches gilt, wenn die Immobilie im Jahr der Veräußerung und in den vorangegangenen zwei Jahren privat genutzt wurde. Wird eine Wohnimmobilie im Jahr der Veräußerung kurzzeitig vermietet, ist dies unschädlich, da die Nutzung zu eigenen Wohnzwecken im Jahr der Veräußerung und im zweiten Jahr vor der Veräußerung nicht während des gesamten Kalenderjahrs vorgelegen haben muss (BFH, Urteil v. 3.9.2019 – IX R 10/19). Damit reicht eine zusammenhängende Nutzung von einem Jahr und zwei Tagen aus.

Sollte entsprechend politischen Überlegungen die Zehnjahresfrist (§ 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG) gestrichen werden, wird die „Scheidungsimmobilie“ zum „Dauerbrenner“. 

  • Weiterführende Links und Literatur:
    » Herbert Grziwotz, Scheidung, Immobilienveräußerung und Spekulationsgewinn, in FF 2023, 401

Private Immobilie mit gewerblichen Anteilen | Steuerpflichtige Entnahme


Unternehmer und Freiberufler, die in ihrer privaten Immobilie ein teilweise gewerbliches Büro haben (“Home-Office”) und dies in ihren Unterlagen als betriebliches Anlagevermögen aktivieren, können von steuerlichen Vorteilen profitieren (AfA). und wird regelmäßig im Rahmen der betrieblichen Steuerberatung auch berücksichtigt.

Werden bebaute oder unbebaute Grundstücke verkauft, die sich – auch nur teilweise – im Betriebsvermögen befinden, führt dies stets zu steuerpflichtigen Einkünften (§§ 4 ff. EStG). Die damit verbundene „Entnahme“ des betrieblichen Anteils der Immoblie ist einkommensteuerpflichtig. Bei der Bewertung der Immobilie für den Zugewinn muss der gewerbliche Anteil um diese latente Steuerlast bereinigt werden. 

Gewerblicher Grundstückshandel | Drei-Objekt-Grenze 


Werden innerhalb von fünf Jahren von Privatpersonen mehr als drei Objekte angeschafft und veräußert, liegt ein gewerblicher Grundstückshandel vor. Unter Objekten sind Ein- und Zweifamilienhäuser und Eigentumswohnungen, aber auch Mehrfamilienhäuser und Gewerbeimmobilien zu verstehen. Bei Ehepartnern gilt die Drei-Objekt-Grenze für jeden Ehepartner. Daher können beide Ehepartner nach diesem Grundsatz drei Objekte innerhalb der Fünfjahresfrist erwerben und ohne steuerliche Folgen (im Hinblick auf den Grundstückshandel) veräußern. Der gewerbliche Grundstückshandel führt zu Einkünften aus Gewerbebetrieb. Der Gewinn aus dem Verkauf von Grundstücken innerhalb eines Zeitraumes von zehn Jahren ist – von Ausnahmen abgesehen – als sonstige Einkunft (§ 22 EStG) zu erfassen (vgl. Kuckenburg, Unternehmensbewertung versus Immobilienbewertung, FuR 2017, 595).

Sonstige Vermögensgegenstände | Haltefrist von zwei Jahren 


  • Bei sonstigen Vermögensgegenständen (z.B. Edelmetalle, Schmuck, Kunstgegenstände, Antiquitäten, Oldtimer sowie Briefmarken- und Münzsammlungen) ist die zweijährige Haltefrist (§ 23 Abs.1 S.1 Nr. 2 EStG) zu beachten.
  • Währungsgewinne (Devisen, Bitcoins) müssen als Einkünfte aus Kapitalvermögen unabhängig von der konkreten Haltedauer der Kapitalforderung, die dem Währungsgewinn zugrunde liegt, somit stets versteuert werden.

Hinweispflicht des Anwalts
auf latente Steuerlast


Der Wertansatz eines jeden einzelnen Vermögensgegenstands ist darauf zu überprüfen, ob bei einer möglichen Veräußerung zum Stichtag für den erzielten Ertrag latente Ertragsteuern anfallen. Bei der Vielzahl von möglichen Anlagemodellen und der dazu unterschiedlichen ertragsteuerlichen Situation ist ein Familienrechtsanwalt regelmäßig überfordert. Deshalb sollte man jede Zugewinnbilanz steuerlich durch einen Steuerberater überprüfen lassen. Der Steuerberater des Mandanten sollte im Einzelnen klären, welche latente Steuern oder Rückzahlungen den jeweiligen Vermögenswert mindern. Darauf hat der Familienrechtsanwalt aus haftungsrechtlichen Gründen den Mandanten hinzuweisen (vgl. BGH, Urteil vom 09.01.2020 – IX ZR 61/19).

Links & Literatur



Links


Literatur & Rechtsprechung


  • Erkan Elden: Fragen der Behandlung der latenten Ertragsteuerlasten und Vorfälligkeitsentschädigungen im Anfangs- und Endvermögen und der konkreten Berechnung, in: NZFam 2021, 677 
  • OLG Brandenburg, Beschluss vom 13.02.2020 – 13 UF 127/17 : Anforderungen an die schlüssige Darstellung eines Zugewinnausgleichsanspruchs und richterliche Hinweispflicht
  • Werner Schulz, Nießbrauch und Wohnrecht als Grundstücksbelastung, in: FF 2018, 99 
  • Michael Giers, Die Auskunft zum Zugewinnausgleich, in: NZFam 2015, 843 
  • Christoph Meyer, Latente Steuern im Familienrecht – Ein Leitfaden, in: NZFam 2018, 926 
  • Dieter Büte, Die Last mit der latenten Steuerlast, in FK 2012, 139 
  • Kogel, Nießbrauch, Altenteil, Leibrente im Zugewinn, in FamRZ 2006, 451 ff 

In eigener Sache


  • AG München – 521 F 2886/17, Bewertung eines Einfamilienhauses in der Zugewinnbilanz, unser Az.: 60/16
  • AG Dachau – 2 F 10/15, Unternehmen, Lebensversicherungen, Schenkungen nach § 1374 Abs.2 BGB in der Zugewinnbilanz, unser Az.: 519/16 
  • AG Frankfurt a.M. – 451 F 63/14, Bonuszahlungen und Tantieme in der Zugewinnbilanz, unser Az.: 510/16 (D3254-18)
  • Die latente Steuerbelastung bei Immobilienvermögen nach § 23 EStG, unser Az.: 101/16 (D3/516-17)
  • Vereinbarung einer modifizierten Zugewinngemeinschaft, unser Az.: 45/15 ; 158/13 
  • Gesamtschuldnerausgleich im Zugewinn, unser Az.: 206/15 (D3/23-16)
  • Zur Lebensversicherung mit Kapitalwahlrecht, unser Az.: 47/15 (D3/202-15)
  • Zur Lebensversicherung mit Kapitalwahlrecht, unser Az.: 57/16 (D3/368-16)
  • Vertragliche Genussrechte in der Vermögensbilanz, unser Az.: 17/16 (D3/643-16)
  • Private Lebensversicherung im Zugewinn oder beim Versorgungsausgleich?, unser Az.: 75/16 (D3/675-16)
  • Die Leibrentenverpflichtung des Ehegatten im Zugewinn, unser Az.: 72/16 (D3/34-17) 
  • Die Strategie beim Streit um die Immobilie im Zugewinn, unser Az.: 11/17 (D3/100-17)
  • AG Aichach – 1 F 418/16, Auskunft zum Wert der Immobilie, unser Az.: 17/16 (D3/131-17)
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