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‘Der richtige Unternehmenswert im Scheidungsfall – Dr. jur. Jörg Schröck im Gespräch mit Sven Philipp von Männlichkeit stärken
Gilt für die Unternehmerehe der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft, wird im Scheidungsfall der in der Ehezeit entstandene Wertzuwachs des Unternehmens dem Zugewinnausgleich zugeführt.
| Wegweiser zum Ausgleichsanspruch
In den Vermögensbilanzen zur Ermittlung des Zugewinns (§ 1373 BGB) wird jeder Vermögensgegenstand erfasst und bewertet. Das > Unternehmen oder eine Unternehmensbeteiligung wird als eigener Vermögensgegenstand betrachtet. Doch welcher Unternehmenswert ist für die Zugewinnbilanz maßgebend? Lernen Sie die Rechtsprechung kennen und erfahren Sie, welche Methode zur Ermittlung des Unternehmenswertes am besten geeignet ist.
| Wegweiser zum Unternehmenswert im Zugewinn
Bei Auskunft zum Vermögen haben Unternehmer ihr Unternehmen in der Zugewinnbilanz als Vermögensgegenstand zu benennen. Es werden also nicht die einzelnen betrieblichen Gegenstände, das Geschäftskonto, der Geschäftswagen, betriebliche Kredite oder sonstiges Anlagevermögen gesondert aufgeführt. Vermögensgegenstand ist das Unternehmen als Einheit. Wertangaben muss das der Auskunftserteilung dienende Verzeichnis nicht enthalten (so Gernhuber, MünchKomm, § 1379 Rdnr. 16 m. w. Nachw.; Schwab, Hdb. des ScheidungsR, Rdnr. 827 unter Hinweis auf OLG Celle, FamRZ 1975, 415 ; Palandt-Diederichsen, BGB, 41. Aufl., § 1379 Anm. 2a; Soergel-Lange, BGB, 11. Aufl., § 1379 Rdnr. 9). Für ein Unternehmen bedeutet dies, dass nur das Unternehmen als solches im Bestandsverzeichnis aufgeführt werden muss, aber dazu kein Unternehmenswert angegeben werden muss.
Jedem Vermögensgegenstand muss ein Wert vergeben werden. Wenn ein Vermögensgegenstand einen belegbaren Marktwert hat (z.B. Wert einer Aktie zum maßgeblichen Stichtag), ist das meist kein großes Problem. Doch können erhebliche Wertermittlungsprobleme auftreten, wenn für ein Unternehmen oder eine Unternehmensbeteiligung ein Wert “gefunden und festgelegt” werden muss. Handelt es sich beim Unternehmen um eine freiberufliche Praxis, einen Einzelhandel oder eine Gesellschaftsbeteiligung an einer GbR oder GmbH, gibt es keinen eindeutigen Verkehrswert, weil es für solche Unternehmen keinen Marktpreis (z.B. börsennotierter Aktienkurs) gibt.
Der Ansatz von Gegenständen im Anfangs- und Endvermögen setzt deren Bewertung voraus. Entscheidend ist der volle, wirkliche Wert bzw. der objektive Verkehrswert. Für die Wertbemessung liefert das BGB indes kaum Vorgaben (vgl. § 1376 BGB). Die Auswahl der richtigen Bewertungsmethode obliegt daher dem Tatrichter, der oft auf ein Sachverständigengutachten angewiesen sein wird. Die Bewertung von Unternehmen ist dabei besonders herausfordernd. Das erste Problem betrifft die Auswahl der richtigen Bewertungsmethode. Die Anknüpfung an den sog. Liquidationswert kommt nur in Betracht, wenn das Unternehmen tatsächlich – mangels anderer Optionen – aufgelöst bzw. zerschlagen werden soll. Die Substanzwertmethode wiederum, die im Grunde auf den Wiederbeschaffungswert abstellt, hat heute betriebswirtschaftlich kaum noch Bedeutung, zumal sie auch offenlässt, wie man den good will eines Unternehmensbewerten soll. In der Praxis vorherrschend ist bei gewerblichen Unternehmen vielmehr die Ertragswertmethode , die auf die Summe aller zukünftigen Erträge des fortgeführten Unternehmens abstellt. Das reine Ertragswertverfahren ist laut BGH jedoch ungeeignet, soweit es um die Bewertung von freiberuflichen Praxen und inhabergeführten Unternehmen geht, da der Ertragswert hier regelmäßig stark von der konkreten Person des Inhabers abhängig sei, von dessen persönlichen Einsatz, seinen Fähigkeiten, seiner Berufserfahrung etc. Daher muss in diesen Fällen aus dem ermittelten Ertragswert noch dieser „subjektive Mehrwert“ herausgerechnet werden (sog. „modifizierte Ertragswertmethode“). Der Prognose zu den künftigen Erträgen wird dabei nur ein „begrenzter Ergebnishorizont“ zugrunde gelegt, etwa ein Zeitraum von ca. fünf Jahren. Schließlich wirkt der Einfluss des bisherigen Inhabers auf die Ertragslage nur zeitlich begrenzt nach. Zudem wird ein nach den individuellen Verhältnissen konkret gerechtfertigter Unternehmerlohn in Abzug gebracht, der sog. kalkulatorische Unternehmerlohn. Im Übrigen hält es der BGH grundsätzlich für sachgerecht, bei der Unternehmensbewertung auf die Empfehlungen der zuständigen Standesorganisation zurückzugreifen, z.B. der Ärztekammer oder der Steuerberaterkammer. Andererseits hat der BGH aber auch deutlich gemacht, dass er bei Freiberuflerpraxen und inhabergeführten Unternehmen seine modifizierte Ertragswertmethode grundsätzlich für vorzugswürdig erachtet. Demgemäß hat das Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW) das modifizierte Ertragswertverfahren in seinen Standard zu den Besonderheiten bei der Unternehmensbewertung für die Bestimmung von Ansprüchen im Familien- und Erbrecht (IDW S 13) aufgenommen.
Finden die Ehegatten zu keiner Einigung über den Unternehmenswert, muss mithilfe von Sachverständigengutachten die Streitfrage geklärt werden. War das Unternehmen bereits am Beginn der Ehe vorhanden, muss der Unternehmenswert für das Anfangsvermögen (Tag der Eheschließung) und für das Endvermögen (Tag der Zustellung des Scheidungsantrags) bewertet werden. Ob am Ende der Sachverständige die Bewertung korrekt nach familienrechtlichen Kriterien vornimmt, ist ein weiteres von vielen in der Praxis auftretenden Detailproblemen, z.B.: Wer bezahlt das Gutachten? Wer muss den Unternehmenswert für den Zugewinnausgleich im Zweifel beweisen? Der Ehegatte, dem das Unternehmen gehört, wird kaum ein Interesse daran haben, den wahren Wert seines Unternehmens offenzulegen: Er wird den Wert “herunterspielen” oder Auskünfte zum Unternehmenswert verweigern. Wenn im Rahmen einer Scheidung der Streit um den Zugewinn wegen offenen Fragen zur Unternehmensbewertung ausbricht, kann sich in aller Regel auf ein mehrere Jahre dauerndes Scheidungsverfahren einstellen. Es ist nicht die Aufgabe von Fachanwälten für Familienrecht, die Unternehmensbewertung durchzuführen: dazu berufen sind Sachverständige, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer. Da die Bewertungsmethoden aus der wissenschaftlichen Disziplin der Betriebswirtschaftslehre stammen, ist eine Bewertung ohne Sachverständigenhilfe praktisch unmöglich. Doch wer überprüft den Sachverständigen, ob dieser bei seinem Gutachten nach den richtigen Bewertungsrichtlinien vorgegangen ist und die richtige Bewertungsmethode angewendet hat? Dazu muss evtl. ein privates Gegengutachten eingeholt werden.
Der Anwalt hat im Sachvortrag eines Zugewinnausgleichsverfahrens das Familiengericht auf die geeignete Bewertungsmethode hinzuweisen bzw. zur Auswahl der Bewertungsmethode durch das Gericht fundiert Stellung zu nehmen. Letztlich hängt Art und Umfang der Auskunftspflicht zum Unternehmenswert davon, welche Informationen zur Anwendung einer Bewertungsmethode erforderlich sind.
BGH, Urteil vom 8.11.2017 – XII ZR 108/16
Darlegungslast bei Unternehmensbewertung
Aus den Entscheidungsgründen:
(Zitat, Rn 30) “Für die Bewertung von Gegenständen des Endvermögens ist grundsätzlich der Ausgleichsgläubiger darlegungs- und beweisbelastet (Senatsurteile BGHZ 107, 236 = FamRZ 1989, 954, 956 und vom 1. Oktober 1986 IVb ZR 69/85 FamRZ 1986, 1196, 1197).
Situation:
Der ausgleichsberechtigte Ehegatte ist sich nicht sicher, wie der Wert des Unternehmens des anderen Ehegatten anzusetzen ist. Eine Möglichkeit besteht darin, Unternehmenswert zu schätzen, diesen als Mindestwert einzuklagen und die Höhe durch Sachverständigengutachten unter Beweis zu stellen. Der Antrag sollte dann unbedingt als Teilantrag deklariert werden. Denn evtl. wurde ein zu geringer Schätzwert angegeben. Ohne eine Vorstellung von den Wertermittlungsfaktoren kann hier leicht daneben gegriffen werden. Aus diesem Grund werden häufig Privatgutachten eingeholt. Sie können eine brauchbare Grundlage für eine Minimalschätzung sein. Vielfach wird darauf mit Gegengutachten reagiert. Bei solch einem Vorgehen müssen ausreichend finanzielle Ressourcen vorhanden sein. Unternehmensbewertungen verursachen nicht selten Gutachterkosten, die im fünfstelligen Bereich liegen.
Das erste Problem beim Unternehmern in der Zugewinnbilanz ist die Beschaffung von Unterlegen zu den Wertermittlungsgrundlagen, die sich im Zugriffsbereich des Unternehmers befinden. Ob am Ende der Sachverständige im Streitfall die Unternehmensbewertung korrekt nach familienrechtlichen Kriterien vornimmt, hängt maßgeblich davon ab, dass der gerichtlich bestellte Gutachter ein umfassendes Bild zu allen Wertermittlungsfaktoren erhält. Nur wenn dem Gutachter alle notwendigen Informationen (Anknüpfungstatsachen) vorliegen oder aus der Akte entnommen werden können, kann die Wertermittlung korrekt verlaufen. Im Zugewinnausgleichsverfahrens zeigt sich deshalb meist ein schwierigster und zeitintensiver Verfahrensabschnitt: die gerichtliche Auseinandersetzung um die Auskunft zu den betrieblichen Unterlagen zur Unternehmenswertermittlung. Also muss der Ausgleichsgläubiger dafür sorgen, dass die notwendigen Informationen zur Gerichtsakte gelangen. Das führt zu der Frage, welche Auskunftsansprüche dafür zur Verfügung stehen und wie diese eingesetzt werden.
Dafür sieht das Gesetz mehrere – selbständig geltend zu machende – Ansprüche vor.
Anspruch auf Bestandsverzeichnis – Gewinnermittlungsunterlagen
§ 1379 Abs.1 S.1 Ziff. 2 BGB i.V.m. § 1379 Abs.1 S.3 BGB
Die Auskunft besteht in der Übergabe eines Vermögensverzeichnisses ( § 260 Abs.1BGB), in dem die Aktiva und Passiva übersichtlich zusammengestellt, insbesondere die am Stichtag zum Endvermögen gehörenden Gegenstände nach Anzahl, Art und wertbildenden Merkmalen einzeln aufgeführt sind. Es müssen beim Unternehmen Umsatz und Gewinn als wertbildende Merkmale mitgeteilt werden, aber kein Firmenwert(OLG Brandenburg NZFam 2014, 86).
Die Frage nach der Methodenwahl zur Wertermittlung entscheidet darüber, welche Unterlagen für die Unternehmensbewertung benötigt werden. Bei Analyse der BGH-Rechtsprechung zur Unternehmensbewertung kristallisiert sich zwischenzeitlich heraus, dass grundsätzlich der (modifizierten) Ertragswertmethode der Vorzug gegeben wird. Für den Auskunftsanspruch (Beleg-Anspruchs gemäß § 1379 S.2 BGB) im Zugewinnausgleichsverfahren bedeutet dies, dass i.d.R. die Gewinnermittlungsunterlagen (Bilanzen nach § 4 Abs.1 EStG bzw. § 242 HGB, Einnahmen-Überschuss-Rechnungen nach § 4 Abs.3 EStG) der letzten fünf Jahreangefordert werden müssen. In der Praxis steht man oft vor dem Problem, dass für eine stichtagsgerechte Unternehmensbewertung die (steuerlichen und handelsrechtlichen) Gewinnermittlungsunterlagen für das letzte bzw. aktuelle Wirtschaftsjahr (noch) nicht zur Verfügung stehen. Liegt im Stichtagsjahr eine beachtliche Weiterentwicklung der Ertragslage vor, so hielt der BGH zur Wahrung des Stichtagsprinzips grundsätzlich die Erstellung einer Zwischenbilanz zum Stichtag für erforderlich. Inzwischen hat der BGH mit Beschluss vom 22. November 2017 – XII ZB 230/17 dem zwingenden Erfordernis einer Zwischenbilanz zum Stichtag eine Absage erteilt (vgl. dazu Andreas Kohlenberg,Die Rechtsprechung zum Zugewinnausgleich seit 2016, in: NZFam 2018, 543).
Anspruch auf Wertermittlung durch den Ehegatten
§ 1379 Abs.1 S.3 Hs.2 BGB
gibt jedem Ehegatten das Recht, dass der Wert der Vermögensgegenstände und der Verbindlichkeiten ermittelt wird. Dieses Recht auf Wertermittlung ist ein zusätzlicher, neben der Forderung auf Auskunft bestehender besonderer Anspruch. Der auf Wertermittlung in Anspruch genommene Ehegatte muss, soweit er dazu imstande ist, den Wert der Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten zuverlässig ermitteln und angeben. Außerdem muss er die erforderlichen Unterlagen vorlegen, damit der Auskunftsberechtigte die Vermögensgegenstände und die Verbindlichkeiten selbst bewerten kann. Denn Zweck der Regelung des § 1379 Abs.1 S.3 Hs.2 BGB ist es, dem Ehegatten die richtige Berechnung des Zugewinns und der Ausgleichsforderung zu ermöglichen und zu erleichtern.
Schuldner der Wertermittlung:
Schuldner ist der Ehegatten, der das Verzeichnis selbst erstellen oder den Wert selbst ermitteln und angeben, also diese Leistung erbringen muss. Daraus folgt, dass § 1379 Abs.1 S.3 Hs.2 BGB nicht zum Anspruch auf Wertermittlung durch einen fachkompetenten Dritten (Sachverständigen) führt. § 1379 Abs.1 S.3 Hs.2 BGB sieht eine Feststellung des Werts der Gegenstände des Endvermögens durch Sachverständige nicht vor.
Nachteil: Für die Unternehmensbewertung bedeutet dies, dass der Ehegatte als Unternehmensinhaber und Schuldner seine eigene Wertermittlungsmethode wählen kann und damit den Anspruch erfüllt. Weiter wird der Ehegatte leicht an seine Grenzen stoßen, weil Unternehmensbewertungen eine hoch komplizierte Angelegenheit sind, die nur Fachleute zuverlässig erfüllen können.
Vorteil: Die Kosten, die mit der Erfüllung der Leistungsansprüche auf Erteilung des Verzeichnisses (§ 1379 Abs.1 S.1 Ziff. 2 BGB) oder auf Ermittlung und Angabe des Wertes (§ 1379 Abs.1 S.3 Hs.2 BGB) entstehen, hat der Schuldner (Unternehmerehegatte) zu tragen, weil er die Leistung schuldet, ohne Rücksicht darauf, ob die Erfüllung Kosten verursacht.
Anspruch auf (weitere) Wertermittlung durch einen Sachverständigen?
Anspruchsgrundlage?
Nach § 1377 Abs.2 S.3 BGB besteht ein Wertermittlungsanspruch durch Sachverständigen für Gegenstände des Anfangsvermögens. Doch zur Feststellung des Endvermögens ist ein solcher Anspruch gesetzlich nicht geregelt. Die Rechtsprechung hat dafür ein Bedürfnis in der Praxis erkannt und bejaht einen Wertermittlungsanspruch auch bei Vermögensgegenständen des Endvermögens analog zu § 1377 Abs.2 S.3 BGB. Voraussetzung ist, dass die Bewertung des Vermögensgegenstandes durch den Ehegatten selbst und anhand seiner Angaben dem auskunftsberechtigten Ehegatten nicht möglich ist. Das ist bei Unternehmen, Handwerksbetrieben und freiberuflichen Praxen regelmäßig der Fall.
Inhalt des Anspruchs:
Der Anspruch analog § 1377 Abs.2 S.3 BGB geht auf Duldung der Wertermittlung durch einen vom auskunftsberechtigten Ehegatten beauftragten Sachverständigen. Dazu BGH 06.05.1982 – IX ZR 36/81, in: NJW 1982, 1643:
Nachteil: Verlangt der auskunftsberechtigte Ehegatte eine Wertermittlung durch Sachverständigen , kann und muss er dies auf seine eigenen Kosten organisieren. Dies kann manchen davor abschrecken, diesen Weg zu gehen. Doch muss weiter überlegt werden, ob ein Erstattungsanspruch existiert, gegebenenfalls in Form
Vorteil: Ihrem Interesse wird es am besten gerecht, wenn die Wertermittlung durch einen Gutachter ihres Vertrauens durchgeführt wird. Ohne Wertermittlungsanspruchs analog § 1377 Abs.2 S.3 BGB lässt sich das Ziel nicht erreichen.
BGH, Urteil vom 8.11.2017 – XII ZR 108/16
Darlegungslast des Ausgleichsschuldners bei Unternehmensbewertung
(Zitat, Rn 30, 31) “Der ihm [Ausgleichsgläubiger] deshalb zustehende Auskunftsanspruch aus § 1379 BGB erstreckt sich allerdings nicht auf Gegenstand und Umfang der in den Jahresabschlüssen des Unternehmens nicht abgebildeten Unternehmertätigkeit. Insoweit hat der Ausgleichsgläubiger allenfalls einen Anspruch auf Wertfeststellung durch einen Sachverständigen entsprechend § 1377 Abs. 2 Satz 3 BGB, der auf Duldung der Ermittlungen durch den Sachverständigen gerichtet ist (BGHZ 84, 31 = FamRZ 1982, 682, 683).
Macht der Ausgleichsschuldner nach erfolgter sachverständiger Wertermittlung geltend, diese sei unzutreffend, weil sie Gegebenheiten unberücksichtigt lasse, so trifft ihn jedenfalls dann nach allgemeinen Grundsätzen eine sekundäre Darlegungslast für die nach seiner Auffassung in die Wertermittlung noch einzubeziehenden Umstände, wenn der Ausgleichsgläubiger außerhalb des insoweit maßgeblichen Geschehensablaufs steht und den rechtserheblichen Sachverhalt nicht von sich aus ermitteln kann (vgl. etwa BGH, Urteil vom 10. Februar 2015 VI ZR 343/13 NJW-RR 2015, 1279 Rn. 11 mwN).
Brandenburgisches OLG, Beschluss vom 12.12.2013 – 9 UF 112/13
Zum Auskunftsanspruch bei Unternehmensbewertung
Anmerkung: Das OLG stellt Umfang und Form der Auskunft für eine mögliche Unternehmensbewertung ausführlich dar.
BGH, Urteil vom 2. Februar 2011 – XII ZR 185/08
Ermittlung des Unternehmenswerts
Aus den Entscheidungsgründen:
(Zitat) “Für die Bewertung des Endvermögens § 1376 Abs. 2 BGB ist der objektive (Verkehrs-)Wert der Vermögensgegenstände maßgebend. Ziel der Wertermittlung ist es deshalb, die Praxis der Beklagten mit ihrem “vollen, wirklichen” Wert anzusetzen. Grundsätze darüber, nach welcher Methode das zu geschehen hat, enthält das Gesetz nicht. Die sachverhaltsspezifische Auswahl aus der Vielzahl der zur Verfügung stehenden Methoden (vgl. die Zusammenstellungen von Schröder Bewertungen im Zugewinnausgleich 4. Aufl. Rn. 67 ff. und Haußleiter/Schulz Vermögensauseinandersetzung bei Trennung und Scheidung 5. Aufl. Rn. 116 ff.) und deren Anwendung ist Aufgabe des sachverständig beratenen – Tatrichters (vgl. etwa Senatsurteil BGHZ 175, 207 = FamRZ 2008, 761 Rn. 18 mwN). Seine Entscheidung kann vom Revisionsgericht nur daraufhin überprüft werden, ob sie gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstößt oder sonst auf rechtsfehlerhaften Erwägungen beruht (st. Rechtsprechung, vgl. etwa Senatsurteile vom 9. Februar 2011 – XII ZR 40/09 – FamRZ 2011, 622 Rn. 16 und vom 8. September 2004 – XII ZR 194/01 – FamRZ 2005, 99, 100).”
Anmerkung:
Das Gesetz enthält keine ausdrückliche Regelung, wie Vermögensgegenstände im Zugewinnausgleich zu bewerten sind. In § 1376 Abs.2 BGB findet sich ausschließlich der unbestimmte Rechtsbegriff „Wert“. Mithin hat das Gericht die Verpflichtung zur Ausfüllung des unbestimmten Rechtsbegriffs. Die Rechtsprechung (BGH, NZFam 2014, 213 mit Anm. Obermann = NJW 2014, 625; NJW 2011, 999; NJW 2011, 2572) versteht darunter den vollen und wahren Wert/Verkehrswert des Unternehmens. Dies gilt selbstverständlich auch für einen Anteilswert, der indirekt aus dem Gesamtwert des Unternehmens abgeleitet wird (Klein/Kuckenburg, Handbuch Familienvermögensrecht, 2. Aufl. 2015, Kap. 2 Rn. 1610 ff.). Stets soll die Wertermittlungsmethode zur Anwendung kommen, die den kompletten und wahrenUnternehmenswert im Endvermögen zum Ansatz bringt. In der Regel ist der Verkehrswert zu ermitteln. Der Verkehrswert entspricht dem Preis, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr zu einem gewissen Zeitpunkt an einem gewissen Ort zu erzielen wäre. Dabei sind alle Umstände, die den Wert beeinflussen, zu berücksichtigen. Ungewöhnliche und persönliche Verhältnisse bleiben außer acht. Rein steuerrechtliche Bewertungsmethoden bleiben außer Betracht. Auch eine Bewertung des reinen Substanzwertes (Wiederbeschaffungswert) oder des Liquidationswertes (Veräußerungswert) hilft nicht weiter. Der BGH spricht sich in vielen Fällen für eine modifizierte Ertragswertmethode aus. Grundlage der Bewertung sind IDW S1 und der IDW S13 für Bewertungen im Familien- und Erbrecht. IDW S13 enthält Regelungen zu einem zeitlich begrenzten Ergebniszeitraum, sowie zu Fragen der latenten Steuerlast. Welche Bewertungsmethode dafür vom gerichtlich bestellten Gutachter anzuwenden ist, muss der Familienrichter entscheiden.
Die Entscheidung über die Auswahl der richtigen Wertermittlungsmethode zur Bewertung von Vermögensgegenständen im Zugewinn ist vorrangig eine familienrechtliche Aufgabe. Diese Grundaussage wird vom BGH, Urteil vom 6. Februar 2008 – XII ZR 45/06 bestätigt. Doch was ist nun die richtige Bewertungsmethode? Welche Bewertungsmethode bildet den wahren realen Wert eines Unternehmens ab? Steuerliche Einheitswerte, Pauschalwerte oder Liebhaberwerte sind offensichtlich nicht relevant. Im Prinzip stehen zur realen Wertermittlung drei unterschiedliche Bewertungsmethoden zur Auswahl, die von besonderen Bewertungskriterien überlagert werden:
Keine dieser Bewertungsmethoden hat sich im Güterrecht in Reinform als allgemein bevorzugungswürdige Methode durchgesetzt. Anlässlich familienrechtlicher Besonderheiten erfolgen Modifikationen. Zu den Besonderheiten der Unternehmensbewertung im Zugewinn hat der IDW Bewertungsrichtlinien veröffentlicht Grundsätzlich ist es Sinn und Zweck eines Unternehmens, Gewinne zu erzielen. Also wird sich der Wert eines Unternehmens primär danach richten, welchen fiktiven Erlös der Verkauf des Unternehmens erzielt. Mit anderen Worten: welchen Preis würde ein potenzieller Erwerber – vernünftiger Weise – bezahlen, um das Unternehmen fortzuführen. Um den fiktiven Verkaufswert eines Unternehmens zu bestimmen, erscheint die modifizierte Ertragswertmethode am besten geeignet. Die Ertragswertmethode berücksichtigt aber den Substanzwert eines Unternehmens nicht im Geringsten. Sie stellt für die Wertermittlung ausschließlich auf potenzielle Gewinnprognosen ab, die mit übertragbaren Wertfaktoren von einem Unternehmensnachfolger erzielt werden können. Sieht ein potenzieller Erwerber jedoch vernünftigerweise den wahren Wert des Unternehmens nicht in der Ertragskraft und den künftigen potenziellen Gewinnen, sondern vielmehr in der Substanz des reichhaltigen und wertvollen Anlagevermögens, wird die Ertragswertmethode kaum den wahren Unternehmenswert widerspiegeln, sondern vielmehr eine Wertermittlung nach Maßgabe des Liquidationswerts oder nach der Substanz- bzw. Sachwertmethode. Die Entscheidung für die Ertragswertmethode erscheint immer dann kritisch und muss hinterfragt werden, wenn keine positive Gewinnprognose erstellt werden kann oder das Unternehmen im Wesentlichen aus Wertfaktoren besteht, die nicht auf einen Unternehmensnachfolger übertragbar sind. Das sind solche Unternehmen, deren Erfolg mit der Persönlichkeit des gegenwärtigen Unternehmensinhabers ” stehen und fallen “. Dies gilt in der Regel für freiberufliche Praxen. Weiter ist zu prüfen, welche branchenspezifischen Unternehmeswertmethoden der jeweilige Berufsverband empfiehlt.
Anmerkung:
Beteiligungen an tierärztlichen Gemeinschaftspraxen nach branchenüblichen Richtlinien der Substanzwertmethode folgen. Im Praxenhandel unter Steuerberatern – anders, als etwa in den Heilberufen, wo die Ertragswertmethode vorherrscht – ganz überwiegend das Umsatzwertverfahrengebräuchlich.
Wählt der Tatrichter nach Auffassung einer der Beteiligten für die Unternehmensbewertung eine falsche Methode , stellt sich die Frage, ob dagegen in nächster Instanz vorgegangen werden kann. Dafür spricht, dass die Methodenwahl eine famienrechtliche Aufgabe darstellt. Wenn der Richter sich allerdings von den Empfehlungen und Einschätzungen des von ihm hinzugezogenen Sachverständigen und Wertgutachter leiten ließ, wird es schwer dagegen mit Erfolg vorzugehen. Denn grundsätzlich darf sich ein Richter auf die fachkompetente Unterstützung des hinzugezogenen Wertgutachters verlassen. Nur wenn der Tatrichter gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstößt oder die Methodenwahl auf rechtsfehlerhaften Erwägungen beruht, wird eine Beschwerde Erfolg haben (vgl. etwa Senatsurteil vom 24. Oktober 1990 – XII ZR 101/89 – FamRZ 1991, 43, 44). jedenfalls sollte die Methodenwahl berufsständischen Richtlinien entsprechen, sofern solche vorhanden sind.
Aus den Entscheidungsgründen:
(Zitat) “Der Senat hat es in Anbetracht der Meinungsvielfalt in diesen Fragen für sachgerecht erachtet, wenn eine Bewertungsmethode herangezogen wird, die in Form einer Richtlinie von einem Gremium der zuständigen Standesorganisation empfohlen und verbreitet angewendet wird.”
Mit anderen Worten:
Geben Berufsverbände Empfehlungen für eine Bewertungsmethode für Unternehmen von Mitgliedern des jeweiligen Berufsverbandes, nach deren Maßgabe ein Sachverständiger sein Wertgutachten erstellt, so hält sich der BGH mit einer Kritik dagegen vornehm zurück, nach dem Motto: die werden sich schon was Vernünftiges dabei gedacht haben.
Das Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e.V. (IDW) haben für öffentlich bestellte Sachverständige bei der Unternehmensbewertung große Bedeutung. Am 6.4.2016 verabschiedete der IDW-Fachausschuss für Unternehmensbewertung und Betriebswirtschaft (FAUB) den IDW-Standard S 13 „Besonderheiten bei der Unternehmensbewertung zur Bestimmung von Ansprüchen im Familien- und Erbrecht“. Der > IDW S 13 enthält zahlreiche konkrete Hinweise zur ordnungsgemäßen handwerklichen Ausführung von Unternehmensbewertungen im Zugewinnausgleichverfahren und hat damit praktische Bedeutung für den Familienrechtler. Sie helfen bei der Kritik einer Unternehmensbewertung von der Methodenwahl bis zu den Bemessungskriterien (mehr dazu unter > Literaturhinweis).
Bereits die Methodenwahl des Sachverständigen kann zu berechtigter Kritik am Ergebnis des Gutachtens führen. Die Methodenwahl bedingt zum Teil stark unterschiedliche Bewertungsergebnisse. Die Rechtsprechung räumt zwar keiner Methode den allein maßgebenden Vorzug ein. Denn dafür ist die Meinungsvielfalt zu groß. Aber die höchstrichterliche Rechtsprechung orientiert sich bei Überprüfung der Methodenwahl an bestehenden branchenspezifische Richtlinien. Es lohnt sich daher zu prüfen, ob der Gutachter diesen gefolgt ist. Es sollte also stets danach gefragt werden, ob und warum der Gutachter von existierenden branchenspezifischen Bewertungsrichtlinien abgewichen ist. Auf die Unvorhersehbarkeit und eingeschränkte Anfechtbarkeit eines gutachterlichen Ergebnisses sollte in der Beratung hingewiesen werden.
MUSTERFORMULIERUNG
ANWENDUNG DER MODIFIZIERTEN ERTRAGSWERTMETHODE
In Sachen …
nehmen wir Bezug auf den Beweisbeschluss des Gerichts vom … und weisen darauf hin, dass das Gericht zur Bewertung des Unternehmens dem Sachverständigen aufgegeben hat, die Ertragswertmethode anzuwenden. In seinen Entscheidungen vom 2.2.11 (Az. XII ZR 185/08) und 9.2.11 (Az. XII ZR 40/09) hat der BGH das modifizierte Ertragswertverfahren mit einem begrenzten Ergebnishorizont als generell vorzugswürdig gesehen. Die Begrenzung trägt insbesondere bei Freiberuflern, in erster Linie der Inhaberbezogenheit ihrer Tätigkeit Rechnung. Sie führt dazu, dass einerseits der Einfluss des bisherigen Inhabers nur eine begrenzte Zeit nachwirken kann und andererseits ein Erwerber mit vergleichbarer Qualifikation nach einer entsprechenden Aufbauphase eine vergleichbare Praxis aufbauen kann. Abzuziehen ist ein Unternehmerlohn, der sich an den individuellen Verhältnissen des Inhabers orientiert. Nur so kann der auf den derzeitigen Inhaber bezogene Wert ermittelt werden, der auf dessen persönlichen Einsatz und Qualifikation beruht und nicht übertragbar ist. Abzuziehen ist weiter eine latente Steuerlast.
Es wird daher beantragt,
den Beweisbeschluss abzuändern und den Gutachter anzuweisen, die modifizierte Ertragswertmethode anzuwenden.
Der BGH hat in seinen Entscheidungen vom 2.2.11- XII ZR 185/08 und vom 9.2.11 – XII ZR 40/09 bei inhabergeprägten Unternehmen das modifizierte Ertragswertverfahren mit einem begrenzten Ergebnishorizont gegenüber der einfachen Ertragswertmethode als generell vorzugswürdig gesehen. Die Begrenzung trägt insbesondere bei Freiberuflern , in erster Linie der Inhaberbezogenheit ihrer Tätigkeit Rechnung. Sie führt dazu, dass einerseits der Einfluss des bisherigen Inhabers nur eine begrenzte Zeit nachwirken kann und andererseits ein Erwerber mit vergleichbarer Qualifikation nach einer entsprechenden Aufbauphase eine vergleichbare Praxis aufbauen kann. Abzuziehen ist ein Unternehmerlohn, der sich an den individuellen Verhältnissen des Inhabers orientiert. Nur so kann der auf den derzeitigen Inhaber bezogene Wert ermittelt werden, der auf dessen persönlichen Einsatz und Qualifikation beruht und nicht übertragbar ist. Abzuziehen ist weiter eine latente Steuerlast.
BGH, Urteil vom 8.11.2017 – XII ZR 108/16
Anwendung der (reinen) Ertragswertmethode bei Unternehmensbewertung im Zugewinnausgleich
Aus den Entscheidungsgründen:
(Zitat, Rn 17) ” Das […] Ertragswertverfahren ist nach der ständigen Rechtsprechung des Senats im Regelfall geeignet, um zur Bemessungsgrundlage für den Wert einer Unternehmensbeteiligung zu gelangen (vgl. Senatsbeschluss vom 6. November 2013 XII ZB 434/12 – FamRZ 2014, 98 Rn. 35 mwN). Im Rahmen der Ertragswertmethode wird die Summe aller zukünftigen Erträge des fortgeführten Unternehmens ermittelt (Zukunftserfolgswert), und zwar durch eine Rückschau auf die Erträge des Unternehmens in den letzten Jahren. Auf dieser Grundlage wird eine Prognose zur Ertragslage der nächsten Jahre erstellt. Damit wird das Unternehmen in seiner Gesamtheit bewertet. Der Wert der einzelnen Gegenstände ist insoweit ohne Bedeutung. Der Ertragswert eines Unternehmens ist nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen allein aus seiner Eigenschaft abzuleiten, nachhaltig ausschüttbare Überschüsse zu produzieren. Diese werden kapitalisiert und auf den Bewertungsstichtag bezogen (Senatsbeschluss vom 13. April 2016 XII ZB 578/14 FamRZ 2016, 1044 Rn. 34). Verbindliche Regelungen darüber, welcher Zeitraum bei der Unternehmensbewertung zugrunde zu legen ist, gibt es nicht. Der Durchschnittsertrag wird in der Regel auf Basis der letzten drei bis fünf Jahre ermittelt, wobei die jüngeren Erträge stärker gewichtet werden können als die älteren (Senatsbeschluss vom 13. April 2016 XII ZB 578/14 – FamRZ 2016, 1044 Rn. 42 mwN). Bei freiberuflichen Praxen und inhabergeführten Unternehmen kann die Bewertung allerdings grundsätzlich nicht nach dem reinen Ertragswertverfahren erfolgen, […]”
| Freiberufliche Praxis
OLG Hamm, Urteil v. 13.06.1997 – 12 UF 223/95
Bewertung eines Aktenvernichtungsunternehmens in Form einer OHG
Aus den Entscheidungsgründen:
(Zitat) “Bei der Ertragswertmethode wird der Wert ermittelt, den ein potentieller Erwerber bereit ist auszugeben, um sein Kapital in der Zukunft mit einer von ihm gewünschten Rendite verzinst zu erhalten. Diese Methode bietet sich also dann an, wenn der potentielle Erwerber das Unternehmen nicht (allein oder im wesentlichen) im Hinblick auf den Wert der Substanz, sondern in Ansehung von Ertragsaussichten kaufen und danach den von ihm zu leistenden Preis bemessen würde (s. Piltz, Die Unternehmensbewertung in der Rechtsprechung, 3. Aufl. 1994, S. 203 f.; in gleichem Sinne Piltz/Wissmann, NJW 1985, 2673 f.). Der Ertragswert ist für die Wertschätzung immer dann zutreffend, wenn das Unternehmen nicht mit dem derzeitigen Inhaber “steht und fällt “, sondern es unabhängig davon, wer es leitet, Aussichten auf Ertrag in der Zukunft hat.”
Anmerkung:
Der Ertragswert eines Unternehmens kann definiert werden als Barwert der künftigen Überschüsse der Einnahmen über die Ausgaben. Für die Wertermittlung wird also darauf abgestellt, welche künftigen wirtschaftlichen Erfolge mit dem Unternehmen im Laufe seiner Existenz noch erwirtschaftet werden können (zu erwartender Gewinn). Die Anwendung der Methode hängt davon ab, ob ein fiktiv gedachter Erwerber den Wert des Unternehmens im Ertragswert sieht. Wenn die Person des Unternehmer maßgeblich entscheiden für die Erwirtschaftung des Ertrags ist, muss weiter darüber nachgedacht werden, welchen (fiktiven) Wert das Unternehmen im Fall des Ausscheidens des Unternehmers für einen Erwerber hat.
Aus den Entscheidungsgründen:
(Zitat, Rn 22) “Aufbauend auf der Vergangenheitsanalyse sind die künftigen finanziellen Überschüsse zu prognostizieren. Hierzu ist eine Analyse der erwarteten leistungs- und finanzwirtschaftlichen Entwicklungen des Unternehmens unter Berücksichtigung der erwarteten Markt- und Umweltentwicklungen erforderlich.”
BGH, Beschluss vom 05.12.2018 – XII ZB 116/17
Ertragswertmethode
Aus den Entscheidungsgründen:
(Zitat, Rn 29) “Im Rahmen der Ertragswertmethode wird die Summe aller zukünftigen Erträge des fortgeführten Unternehmens ermittelt (Zukunftserfolgswert), und zwar durch eine Rückschau auf die Erträge des Unternehmens in den letzten Jahren. Auf dieser Grundlage wird eine Prognose zur Ertragslage der nächsten Jahre erstellt. Damit wird das Unternehmen in seiner Gesamtheit bewertet. Der Ertragswert eines Unternehmens ist nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen allein aus seiner Eigenschaft abzuleiten, nachhaltig ausschüttbare Überschüsse zu produzieren ; diese werden kapitalisiert und auf den Bewertungsstichtag bezogen (vgl. Senatsurteil vom 8. November 2017 – XII ZR 108/16 – FamRZ 2018, 93 Rn. 17 und Senatsbeschluss vom 13. April 2016 – XII ZB 578/14 – FamRZ 2016, 1044 Rn. 34).”
OLG Hamm, Urteil vom 11.07.2012 – I-8 U 192/08
Zur Auseinandersetzungsbilanz und Unternehmenswert einer Ehegatteninnengesellschaft
Anmerkung:
Bei kleineren Familienunternehmen kommt es häufig zur unternehmerischen Mitarbeit der Familienmitglieder (Ehefrau). Dieses Phänomen wird rechtlich als sog. > Ehegatteninnengesellschaft erfasst. Sie führt zu Gunsten der im Unternehmen mitarbeiteten Ehefrau zu gesellschafftsrechtlichen Vermögensausgleichsanspruchen, egal zu welchem Anteil die Ehefrau gesellschaftsrechtlich formal beteiligt ist. Grundlage des Ausgleichsanspruch ist der Unternehmenswert. Die Entscheidung des OLG Hamm bietet eine ausführliche Darstellung der Unternehmswertermittlung nach der Ertragswertmethode im Fall einer Ehegatteninnengesellschaft.
Um letztendlich zum maßgebenden Ertragswert zu gelangen, wird der Wert der gefundenen Gewinnprognose mit einem bestimmten Faktor kapitalisiert. Auf diese Weise soll bestimmt werden, welches vergleichbare Kapital, bei einer Investition in risikoarme Wertpapiere erforderlich wäre, um vergleichbare Erträge aus dem Kapitaleinsatz zu erzielen. Dafür wird der Basiszins als Vergleichsgröße herangezogen (§ 203 Abs.2 BewG). Die > Bas i szinsen werden regelmäßig durch die europäische Zentralbank (EZB) bzw. Deutsche Bank für den Euroraum > veröffentlicht. Anerkannt ist, dass zum Kapitalisierungszinssatz ein Risikozuschlag zu machen ist, weil die Kapitalanlage im Unternehmen in höherem Maße risikobehaftet ist als die Anlage von Geld in Staatspapieren. Die Rechtsprechung hat in der Vergangenheit Risikozuschläge von 2 % bis 5 % akzeptiert (siehe dazu OLG Hamm, Urteil vom 13.06.1997 – 12 UF 223/95). Nach § 203 Abs.1 BewG beträgt der Zuschlag 4,5 %.
Der Kapitalisierungsfaktor wird üblicher Weise wie folgt ermittelt:
(+) Basiszins
(+) Zinszuschlag für allgemeines Unternehmerrisiko (2 % bis 5 %)
(-) Inflationsabschlags (regelmäßig 3 %)
= Kapitalisierungsfaktor
Ertragswert
= Durchschnittsgewinn / Kapitalisierungsfaktor (%)
Ein Jahresgewinn von 50.000 € mit einem Kapitalisierungsfaktor von 8 % ergibt einen Ertragswert von 50.000 € : 8 % = 625.000 €. Wird ein Kapitalisierungsfaktor von 10 % angesetzt, so ermittelt sich ein Ertragswert von 50.000 € : 10 %= 500.000 €.
Je höher der Kapitalisierungsfaktor anzusetzen ist, umso geringer ist im Ergebnis der Ertragswert. Deshalb ist von entscheidender Bedeutung, mit welchem Kapitalisierungsfaktor der Ertragswert ermittelt wird.
Um die künftigen Einnahmen-Überschuss-Rechnungen des Unternehmens zu prognostizieren, wird das Unternehmen zunächst einer Vergangenheitsanalyse unterzogen. Hierbei werden die Einnahmen-Überschüsse der letzten drei bis fünf Veranlagungsjahre ermittelt, die dann als Grundlage für die Zukunftsprognose im Hinblick auf die Erträge des Unternehmens für die nächsten Jahre herangezogen werden. Hierbei erhalten Jahresabschlüsse aus den jüngeren Jahren eine stärkere Gewichtung als die Jahresabschlüsse aus den älteren Wirtschaftsjahren. So kann beispielsweise die Gewinnermittlung des letzten Jahres ein fünffaches Gewicht erhalten, die Gewinnermittlung aus dem vorletzten Jahr ein vierfaches Gewicht usw. Die Gewichtung kann nach der Formel erfolgen 1 : 2 : 3 : 4 : 5 (vgl. Kohlenberg, Die Rechtsprechung zum Zugewinnausgleich seit Januar 2016, in: NZFam 2018, 543, 544).
BGH, Beschluss vom 22. November 2017 – XII ZB 230/17
Methodenwahl zur Bewertung von freiberuflichen Praxen
Aus den Entscheidungsgründen:
(Zitat, Rn 9) “Für die Bewertung freiberuflicher Praxen im Rahmen des Zugewinnausgleichs ist nach der Rechtsprechung des Senats das modifizierte Ertragswertverfahren generell vorzugswürdig. Dabei wird zur Ermittlung des Vermögenswerts einer freiberuflichen Praxis über den Substanzwert am Stichtag hinaus auch der übertragbare Teil des ideellen Werts (Goodwill) am Stichtag berücksichtigt (vgl. Senatsurteile BGHZ 188, 249 = FamRZ 2011, 1367 und BGHZ 188, 282 = FamRZ 2011, 622). Der Senat hat es ausdrücklich gebilligt, dass der Bewertung in der Regel die letzten drei bis fünf Jahre zugrunde gelegt werden (vgl. Senatsurteil vom 8. November 2017 – XII ZR 108/16 – Rn. 17 mwN – zur Veröffentlichung bestimmt). Wie das Oberlandesgericht zutreffend ausgeführt hat, kann die Antragsgegnerin die hierfür erforderlichen Angaben ohne weiteres den ihr bereits vorliegenden Jahresabschlüssen für den Zeitraum von 2010 bis 2014 (und ggf. noch dem Jahresabschluss 2015) entnehmen.”
Anmerkung: Der (wahre) Unternehmenswert einer freiberufliche Praxis wird mit der Substanzwertmethode nicht vollständig erfasst. Ist ein übertragbarer Goodwill festzustellen, der unabhängig vom Unternehmensinhaber dem (potentiellen) Erwerber zu Gute kommt, dann wird dieser (Goodwill) mit Hilfe der Ertragswertmethode ermittlet und dem Substanzwert hinzugerechnet [ Formel : Substanzwert + übertragbarer Goodwill (ermittelt nach der Ertragswertmethode) = Unternehmenswert].
Der Entscheidung des BGH lag ein Beschluss des Familiengerichts Aachen zu Grunde, der wegen Auskunftsanspruch (geltend gemacht als Stufenantrag) zur Geltendmachung von Zugewinnausgleichsansprüchen ergangen ist. Die Beschwerdeführerin wurde danach verpflichtet, … vollständige Auskunft zu erteilen und zu belegen über… den Praxiswert der von der Antragsgegnerin geführten Praxis im Haus …“. Gegen diese Auskunftsverpflichtung legte die Antragsgegnerin Beschwerde ein. Das OLG Köln wies die Beschwerde als unzulässig zurück, weil der Beschwerdewert von 600,00 € nicht erreicht sei ( Hinweis: Ein häufig anzutreffendes Argument der Beschwerde-Gerichte bei Beschwerden gegen eine Auskunftsverpflichtung ). Vor diesem Hintergrund stellte der BGH fest, dass zur Ermittlung des Unternehmenswertes grundsätzlich keine Zwischenbilanz zum Stichtag erforderlich ist ; also kein Kostenaufwand für eine solche Zwischenbilanzierung durch einen Steuerberater den Beschwertewert beeinflussen können. Es genügt für die Ertragswertmethode, wenn der durchschnittliche Ertrag aus den Jahresbilanzen der letzten drei bis fünf Jahre der Bewertung zu grunde gelegt wird. Weil kein besonderer Kostenaufwand für die Auskunftserfüllung durch die Antragsgegnerin (= Vorlage der Jahresbilanzen) festzustellen ist, der die Schwelle von 600,00 € übersteigt, hat der BGH die Entscheidung des OLG Köln bestätigt. Revision und Beschwerde gegen den Auskunftsbeschluss des AG Aachen hatten keinen Erfolg.
BGH, Urteil vom 2. Februar 2011 – XII ZR 185/08
Modifizierten Ertragswertmethode bei Bewertung einer freiberuflichen Praxis und GmbH-Anteil für den Zugewinn Hier: Steuerkanzlei mit Darstellung der modifizierten Ertragswertmethode
Aus den Entscheidungsgründen:
(Zitat) ” Der Senat hat es für die Bewertung der Praxis eines Freiberuflers für sachgerecht erachtet, wenn eine Bewertungsmethode herangezogen worden ist, die von einer zuständigen Standesorganisation empfohlen und verbreitet angewendet wird (Senatsurteil BGHZ 175, 207 = FamRZ 2008, 761 Rn. 19 mwN). Diese Voraussetzungen liegen in Bezug auf das Ertragswertverfahren vor. (…) Im Fall der Wertermittlung für Zwecke des Zugewinn-ausgleichs gehe es dagegen nicht um eine Verhandlungslösung, sondern um die Ermittlung eines objektivierten/ausgleichenden Praxiswerts. Diese Zielsetzung erfordere in der Regel eine Objektivierbarkeit des Unternehmenswertes. Das Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW) habe einen Standard für die Durchführung von Unternehmensbewertungen erarbeitet (IDW S1), dem das Ertragswertverfahren zugrunde liege und der für Wirtschaftsprüfer verbindlich sei, wenn ein objektiver Wert ermittelt werden solle (Nr. 1 a) und b) der Hinweise). Damit verweisen die Hinweise der Bundessteuerberaterkammer inzwischen für Fälle, in denen nicht die Schaffung einer Verhandlungsbasis angestrebt wird, auf den IDW Standard S1, nach dem der Unternehmenswert grundsätzlich als Zukunftserfolgswert ermittelt wird und als gängige Wertermittlungsmethode das Ertragswertverfahren genannt wird (IDW S1 Rn. 7). (…) Vielmehr ist das modifizierte Ertragswertverfahren für die Bewertung freiberuflicher Praxen im Zugewinnausgleich generell vorzugswürdig.
Anmerkung:
Was bedeutet “modifiziertes Ertragswertverfahren” ? Dahinter vebirgt sich folgende Berechnungsformel zur Wertermittlung freiberuflicher Praxen:
Beispiel aus der Praxis
AG Dachau, Hinweis-Verfügung vom 14.01.2016 (unser Az: 519/16)
Zur Wertermittlung einer freiberuflichen Praxis im Zugewinn
Grundlage für den Unternehmenswert soll hier der aktuelle Marktwert der Unternehmensgegenstände sein. Ziel ist es den Kapitalwert zu ermitteln, der benötigt würde, um das Unternehmen in seiner derzeitigen Form und Ausstattung neu zu errichten (Wiederbeschaffungswert). Die Aktiva des Unternehmens werden anhand des Wiederbeschaffungswertes bewertet. Buchwerte der Aktiva`s ausweislich der Bilanz sind nicht maßgebend. Somit sind die stillen Reserven des Unternehmens aufzudecken. Anschließend werden die ermittelten Wiederbeschaffungswerte um die Verbindlichkeiten vermindert. In einem Unternehmen stecken nicht nur greifbare Wirtschaftsgüter, sondern auch immaterielle Werte. Diese ideellen Werte werden mit dem Begriff Geschäftswertoder Goodwill erfasst und einer Bewertung unterworfen (kapitalisiert). Im Gegensatz zur Ertragswertmethode spielt dabei die Wirtschaftskraft des Unternehmens keine Rolle.
Vereinfacht ausgedrückt folgt die Substanzwert-Methode folgender Formel:
Substanzwert =
(+) Aktivvermögen zum Wiederbeschaffungswert
(+) Goodwill
(-) Verbindlichkeiten
Die Substanzwert-Methode ist zur Ermittlung des wahren Wertes des Unternehmens immer dann angezeigt, wenn ein hoher Anteil des Unternehmensvermögens aus Immobilien und sonstigem werthaltigem Anlagevermögen besteht, da hier regelmäßig hohe stille Reserven im Unternehmen aufzudecken sind. Daher sind vor allem Immobilien- und Beteiligungsgesellschaften klassische Anwendungsfälle dieser Wertermittlungsmethode.
BGH, Beschluss vom 05.12.2018 – XII ZB 116/17
Substanzwertmethode
Aus den Entscheidungsgründen:
(Zitat, Rn 32) “Der Substanzwert eines Unternehmens ist grundsätzlich mit dem Betrag zu bemessen, mit dem die Gesamtheit aller materiellen Wirtschaftsgüter im Falle eines Unternehmensverkaufs auf den gedachten Erwerber übergeht (vgl. Senatsurteile BGHZ 188, 282 = FamRZ 2011, 622 Rn. 21 und vom 7. Mai 1986 – IVb ZR 42/85 – FamRZ 1986, 776, 779). Der Substanzbewertung liegt die Vorstellung zugrunde, dass das Unternehmen durch Erwerb aller selbständig veräußerbaren und betriebsnotwendigenVermögensgegenstände “nachgebaut” wird; daher sind für den Substanzwert bzw. Reproduktionswert grundsätzlich Wiederbeschaffungspreise maßgeblich (vgl. Schulz/Hauß Vermögensauseinandersetzung bei Trennung und Scheidung 6. Aufl. Rn. 163; Fleischer/Schneider DStR 2013, 1736; Piltz/Wissmann NJW 1985, 2673, 2674). Kann der zu bewertende Vermögensgegenstand nicht ohne weiteres wiederbeschafft werden, weil es für ihn keinen relevanten Gebrauchtgütermarkt gibt, kann der Wert hilfsweise durch Abschreibung aus dem Neupreis entwickelt werden (vgl. Schulz/Hauß Vermögensauseinandersetzung bei Trennung und Scheidung 6. Aufl. Rn. 163; Boos/Siewert DS 2018, 265, 267).
BGH, Beschluss vom 04.12.2013 – XII ZB 534/12
Substanzwertmethode bei Handelsagenturen
Leitsatz:
Bei einer von einem Ehegatten als selbständigem Handelsvertreter am Bewertungsstichtag noch betriebenen Versicherungsagentur sind grundsätzlich weder ein über den Substanzwert hinausgehender Goodwill der Agentur noch ein künftiger Ausgleichsanspruch nach § 89 b HGB in den Zugewinnausgleich einzubeziehen.
Der Liquidationswert ist grundsätzlich der unterste Wert, der für einen Unternehmenswert in der Zugewinnbilanz in Betracht kommt. Er kommt nur in Ausnahmefällen zur Anwendung. Bei der Substanzwertmethode wird das Betriebsvermögen zum Wiederbeschaffungswert (“Einkaufswert”) bewertet. Bei der Liquidationswertmethode erfolgt die Bewertung zum Zerschlagungswert (“Verkaufswert”).
BGH, Beschluss vom 05.12.2018 – XII ZB 116/17
zum Liquidationswert eines Unternehmens im Zugewinnausgleich
Aus den Entscheidungsgründen:
(Zitat, Rn 34) “Der Liquidationswert (Zerschlagungswert) gilt in der Regel als unterste Grenze des Unternehmenswerts (vgl. Senatsurteil vom 7. Mai 1986 – IVb ZR 42/85 – FamRZ 1986, 776, 779). Sein Ansatz kommt grundsätzlich dann in Betracht, wenn das Unternehmen zur Mobilisierung des Vermögens “versilbert” werden muss, um den Zugewinnausgleich zahlen zu können, oder wenn dem Unternehmen wegen schlechter Ertragslage oder aus sonstigen Gründen keine günstige Fortführungsprognose gestellt werden kann (vgl. auch Senatsurteil vom 7. Mai 1986 – IVb ZR 42/85 – FamRZ 1986, 776, 779; Schulz/Hauß Vermögensauseinandersetzung bei Trennung und Scheidung 6. Aufl. Rn. 156; Büte Zugewinnausgleich bei Ehescheidung 5. Aufl. Rn. 212; BeckOGK/Siede [Stand: 1. November 2018] BGB § 1376 Rn. 641).
Aus der Trennlinie zwischen Vermögensrecht und Unterhaltsrecht folgt das Verbot der Doppelverwertung. Dieses besagt: wird ein wirtschaftlicher Umstand bereits im Unterhaltsrecht berücksichtigt wird, kann dieser Umstand nicht zusätzlich im Vermögensrecht berücksichtigt werden und umgekehrt. Deshalb sind bei der Unternehmenswerterwmittlung sowohl nach der Ertragswert-Methode, als auch nach der Substanzwert-Methode familienrecht-spezifische Korrekturen durchzuführen. Solche Korrekturen sind veranlasst, wenn der Unternehmensgewinn aus unternehmerischer Erwerbstätigkeit Bemessungsgrundlage zur Bestimmung seines unterhaltsrelevanten Einkommens ist.
BGH, Urteil vom 9. Februar 2011 – XII ZR 40/09
Wertermittlung einer freiberuflichen Praxis im Zugewinn
Leitsätze:
a) Der Goodwill einer freiberuflichen Praxis ist als immaterieller Vermögenswert grundsätzlich in den Zugewinnausgleich einzubeziehen.
b) Bei der Bemessung eines solchen Goodwill ist im Rahmen der modifizierten Ertragswertmethode ein Unternehmerlohn abzusetzen, der sich an den individuellen Verhältnissen des Inhabers orientiert.
c) Die stichtagsbezogene Bewertung einer Inhaberpraxis im Zugewinnausgleich setzt eine Verwertbarkeit der Praxis voraus. Deswegen sind bereits bei der stichtagsbezogenen Bewertung dieses Endvermögens latente Ertragssteuern abzusetzen, und zwar unabhängig davon, ob eine Veräußerung tatsächlich beabsichtigt ist.
d) Die Berücksichtigung eines Goodwills im Zugewinnausgleich verstößt nicht gegen das Doppelverwertungsverbot, weil er den am Stichtag vorhandenen immateriellen Vermögenswert unter Ausschluss der konkreten Arbeitsleistung des Inhabers betrifft, während der Unterhaltsanspruch auf der Arbeitsleistung des Inhabers und weiteren Vermögenserträgen beruht.
Die Leistung des Unternehmers für das Unternehmen spiegelt sich nicht im Aktivvermögen des Unternehmens. Jedoch hat diese Einfluss auf den ideellen Geschäftswert (= Goodwill) des Unternehmens, der als eigene Wertposition den Wert des Unternehmens mitbestimmt: zu den Grundlagen der Bewertung des Goodwills siehe BGH vom 25.11.1998, AZ: XII ZR 84/97; weiter Hoppenz, FamRZ 2006, 1242 ff). Der Goodwill besteht aus objektiven und subjektiven Kriterien, die auf die Person des Unternehmerszurückzuführen sind. Erscheint der Goodwill nicht als übertragbar hat er von Anfang an außer Ansatz zu bleiben. Praxisbewertungen haben sich daran zu orientieren, als würde ein gedachter Dritter zum Stichtag diese Praxis übernehmen (s. Gutachten S. 24, BGH FamRZ 77, 286), d.h. dass nur die Praxis einen Firmenwert besitzt, die verkauft werden kann bzw. auf einen Nachfolger übertragbar ist. Der Goodwill ist um die subjektiven Bewertungskriterien zu bereinigen. Dies verlangt das Verbot der Doppelverwertung.
BGH, Urteil vom 06.02.2008 – XII ZR 45/06
Goodwill freiberuflicher Unternehmen
Aus den Entscheidungsgründen:
(Zitat, Rn 23) “(der Goodwill) gründet sich auf immaterielle Faktoren wie Mitarbeiterstamm, günstigen Standort, Art und Zusammensetzung der Mandanten/Patienten, Konkurrenzsituation und ähnliche Faktoren, die regelmäßig auf einen Nachfolger übertragbar sind, aber auch auf Faktoren wie Ruf und Ansehen des Praxisinhabers, die mit dessen Person verknüpft und deshalb grundsätzlich nicht übertragbar sind. Da der Käufer einer freiberuflichen Praxis oder eines Anteils hieran mit dem good will die Chance erwirbt, die Mandanten/Patienten des bisherigen Praxisinhabers zu übernehmen und auf dem vorhandenen Bestand unter Nutzung der funktionalen Einheit den weiteren Ausbau (mit) zu betreiben, kommt dem good will in der Regel ein eigener Marktwert zu. Seine bestehende Nutzungsmöglichkeit bestimmt über den Stichtag für den Zugewinnausgleich hinaus ebenfalls den Vermögenswert der Praxis, vorausgesetzt, dass Praxen der entsprechenden Art in nennenswertem Umfang veräußert werden oder einen Partner aufnehmen (BGH Urteil vom 13. Oktober 1976 – IV ZR 104/74 – FamRZ 1977, 38, 40).
(…) Der good will wird allerdings für die Vermögensbewertung im Rahmen des Zugewinnausgleichs nur dann zutreffend ermittelt, wenn von dem zunächst festgestellten Ausgangswert nicht ein pauschaler Unternehmerlohn, sondern der den individuellen Verhältnissen entsprechende Unternehmerlohn in Abzug gebracht wird. Nur auf diese Weise wird der auf den derzeitigen Praxis(mit)inhaber bezogenen Wert eliminiert, der auf dessen Arbeit, persönlichen Fähigkeiten und Leistungen beruht und auf einen Übernehmer nicht übertragbar ist (vgl. Senatsurteil vom 25. November 1998 – XII ZR 84/97 – FamRZ 1999, 361, 364). Wird dieser “subjektive Mehrwert” nicht berücksichtigt und damit von einem überhöhten Wert des good will ausgegangen, wird der Sache nach künftiges Einkommen des Praxis(mit)inhabers vorweg im Wege des Zugewinnausgleichs verteilt, obwohl insoweit nur das am Stichtag vorhandene Vermögen auszugleichen ist (Johannsen/Henrich/Jaeger Eherecht 4. Aufl. § 1376 Rdn. 16; Klingelhöffer FamRZ 1991, 882, 884; Münch FamRZ 2006, 1164, 1170; Das aus der subjektiven Leistung des Praxisinhabers resultierende Einkommen ist aber entsprechend den ehelichen Lebensverhältnissen für den Unterhalt einzusetzen. Um eine doppelte Teilhabe – im Wege des Zugewinnausgleichs und des Unterhalts – zu vermeiden, ist bei der Ermittlung des good will deshalb nicht ein pauschal angesetzter kalkulatorischer Unternehmerlohn in Abzug zu bringen, sondern der im Einzelfall konkret gerechtfertigte Unternehmerlohn (Münch FamRZ 2006, 1164, 1170 und FamRB 2007, 375, 378; Klingelhöffer FamRZ 1991, 882, 884; so auch die Empfehlungen des Arbeitskreises 7 des 17. Deutschen Familiengerichtstags; a.A. bei An-wendung der Ertragswertmethode: Kleinmichel FuR 2007, 329, 332). Auf diese Weise wird erreicht, dass Vermögen im Wege des Zugewinnausgleichs und Einkommen im Wege des Unterhalts ausgeglichen wird. Zu einer doppelten Teilhabe würde es nur dann kommen, wenn zu Lasten des Vermögensstamms Entnahmen getätigt werden und in den Unterhalt fließen, ohne dass dies güterrechtlich berücksichtigt würde.”
Anmerkung:
Meist wird die Frage nach der familienrechtlichen Bewertung des Goodwills über die Absetzung des individuellen Unternehmerlohns weitestgehend neutralisiert. Mit Entscheidung vom 22.11.2017 – XII ZB 230/17 hat der BGH klargestellt, dass beim Abzug des Unternehmerlohns nicht nur das Unternehmergehalt zu berücksichtigen ist. Darüber hinaus sind sämtliche (auch nicht unternehmensleitende) erbrachte Tätigkeiten des Unternehmers für sein Unternehmen zu monetarisieren und und als Unternehmerlohn-Position vom übertragbaren Goodwill in Abzug zu bringen, weil ein potentieller Erwerber für diese erbrachte Unternehmerleistung als Surrogat Personalkosten (Vergütung für Dritte) aufwenden müsse.
Hier ist zu beachten, dass in der Realität häufig nur Unternehmensverkaufspreise erzielt werden, die unter dem nach der Ertragswertmethode errechneten Unternehmenswert liegen (Piltz, Die Unternehmensbewertung in der Rechtsprechung). Ein solches besonderes Strukturmerkmal liegt oftmals in der Tatsache, dass bei Kleinbetrieben das Unternehmen auf dem konkreten Inhaber ausgerichtet ist und damit die Fortführung des Unternehmens mit einem neuen Unternehmensinhaber kaum einen Wert aufweist, der hier mitgenommen wird. Anders dagegen, wenn die Persönlichkeit des derzeitigen Unternehmensinhabers keinen entscheidenden Einfluss auf den Wert des Unternehmens ausübt.
Das Einkommen des Unternehmensinhabers aus seiner betrieblichen Tätigkeit ist unterhaltsrelevantes Einkommen des Unternehmers. Insoweit partizipiert der unterhaltsberechtigte Ehegatte an dem Unternehmen bereits über einen Unterhaltsanspruch am Erfolg des Unternehmens (Verbot der Doppelverwertung ). Bei der Feststellung des Durchschnittsgewinns zur Bestimmung des Unternehmenswerts nach der Ertragswert-Methode wird deshalb von den gewonnenen Ergebnissen ein sogenannter „kalkulatorischer Unternehmerlohn“ in Abzug gebracht. Neben dem Abzug des fiktiven Bruttolohns erfolgt ein weiterer Abzug von den fiktiv angenommenen Arbeitgeberanteilen (= Zuschlag von 20 % auf das fiktive Bruttoeinkommen). Nach Abzug des Unternehmerlohns kommt es nicht selten vor, dass der familienrechtlich relevante Ertragswert des Unternehmens gleich Null ist. Dies ist dann der Fall, wenn mit den Betriebseinnahmen aus dem Unternehmen nur die Betriebskosten und der fiktiv anzusetzende Unternehmerlohn bestritten werden kann.
BGH, Urteil vom 02.02.2011 – XII ZR 185/08
Latente Steuerlast beim Unternehmenswert
Leitsatz:
Von dem ermittelten Wert der Praxis sind unabhängig von einer Veräußerungsabsicht latente Ertragsteuern in Abzug zu bringen. Diese sind nach den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen zu bemessen, die am Stichtag vorlagen.
Aus den Entscheidungsgründen:
(Zitat, Rn 47 ff) “In der Rechtsprechung des Senats ist anerkannt, dass bei der stichtagsbezogenen Bewertung im Zugewinnausgleich eine latente Steuerlastwertmindernd ins Gewicht fällt. Dies gilt nicht nur in Fällen, in denen eine Veräußerung tatsächlich beabsichtigt ist, vielmehr handelt es sich um eine Konsequenz der Bewertungsmethode. Soweit der Wert danach ermittelt wird, was bei einer Veräußerung zu erzielen wäre, darf nicht außer Betracht bleiben, dass wegen der damit verbundenen Auflösung der stillen Reserven dem Verkäufer wirtschaftlich nur der um die fraglichen Steuern verminderte Erlös verbleibt. Insoweit geht es um unvermeidbare Veräußerungskosten (Senatsurteile vom 9.Februar 2011 – XII ZR 40/09 -FamRZ 2011, 622, Rn.29ff. und vom 24.Oktober 1990 -XII ZR 101/89 – FamRZ 1991, 43, 48 und vom 8.September 2004 -XII ZR 194/01 – FamRZ 2005, 99, 101). Diese Rechtsprechung hat vereinzelt Kritik erfahren. Dabei ist insbesondere darauf hingewiesen worden, dass eine noch nicht entstandene Steuerschuld wertmindernd in Abzug gebracht werde, obwohl eine solche nicht berücksichtigt werden könne (Hoppenz FamRZ 2006, 449, 450; Gernhuber NJW 1991, 2238, 2242; Tiedtke FamRZ 1990, 1188, 1193f.; Schröder Bewertungen im Zugewinnausgleich 4.Aufl. Rn.74; vgl. auch Piltz aaO S.156f.). Darüber hinaus ist beanstandet worden, dass bei der Bewertung anderer Vermögensgegenstände, etwa Grundstücken, die innerhalb der Spekulationsfrist veräußert werden, oder bei Lebensversicherungen eine latente Steuerpflicht nicht berücksichtigt werde, was aus Gründen der Gleichbehandlung nicht gerechtfertigt sei (Kogel NJW 2007, 556, 558ff.; Haußleiter NJW-Spezial 2008, 164, 165; Hoppenz FamRZ 2006, 449, 450f.). Der Senat hält daran fest, dass eine latente Steuerlast ungeachtet einer bestehenden Veräußerungsabsicht als Konsequenz der Bewertungsmethode wertmindernd in Ansatz zu bringen ist. Die Bewertung einer freiberuflichen Praxis im Zugewinnausgleich erfolgt stichtagsbezogen und demgemäß losgelöst von einer beabsichtigten Veräußerung. Maßgebend ist, dass der am Stichtag vorhandene Wert und die damit verbundene Nutzungsmöglichkeit dem Inhaber zur Verfügung stehen. Die Nutzungsmöglichkeit bestimmt aber auch den Vermögenswert, vorausgesetzt, Praxen der entsprechenden Art werden in nennenswertem Umfang veräußert (Senatsurteil BGHZ 175, 207 = FamRZ 2008, 761 Rn.20; BGH Urteil vom 13.Oktober 1976 -IV ZR 104/74 – FamRZ 1977, 38, 40). Ziel der Bewertung ist es deshalb, einen Wert der freiberuflichen Praxis zu ermitteln, der im Fall einer Veräußerung auf dem Markt erzielt werden könnte. Insofern folgt die Berücksichtigung latenter Ertragsteuern aus der Prämisse der Verwertbarkeit. Abgesehen davon darf nicht außer Betracht bleiben, dass wegen der mit einer Veräußerung verbundenen Auflösung der stillen Reserven dem Verkäufer wirtschaftlich nur der um die Steuern geschmälerte Erlös verbleibt. Deshalb ist der in der Senatsrechtsprechung angeführte Gesichtspunkt der unvermeidbaren Veräußerungskosten gerechtfertigt. […]. Auch hinsichtlich der Höhe der in Abzug gebrachten latenten Ertragsteuern ist die angefochtene Entscheidung nicht zu beanstanden. […] Ausgehend von dem im Zugewinnausgleich geltenden Stichtagsprinzip muss auch die bei einer Veräußerung anfallende Steuer nach den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen bemessen werden, die am Stichtag vorlagen. Eine Wertbestimmung, die sich nicht hieran ausrichten würde, könnte nicht für sich in Anspruch nehmen, den zugewinnausgleichsrechtlich maßgebenden Wert widerzuspiegeln. Der Senat hat es allerdings aus Gründen der Zweckmäßigkeit und Praktikabilität nicht für rechtsfehlerhaft gehalten, dass Ertragsteuern lediglich in Höhe des halben Steuersatzes angesetzt worden sind. Dabei ist er davon ausgegangen, dass zum Stichtag in der Regel nicht bekannt ist, wann und zu welchem Preis der betreffende Vermögensgegenstand tatsächlich veräußert werden wird (Senatsurteil vom 25.November 1998 -XII ZR 84/97 – FamRZ 1999, 361, 364f.). An dieser Sichtweise hält der Senat nicht fest. Für eine stichtagsbezogene Wertermittlung kommt es nicht darauf an, welche Ertragsteuern bei einem künftigen Veräußerungsfall tatsächlich anfallen würden. Vielmehr ist – als Konsequenz der Bewertungsmethode – die bei unterstellter Veräußerung zum Stichtag entstehende Steuerlast maßgebend. Das erfordert eine Berücksichtigung der steuerrechtlich relevanten tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse bezogen auf diesen Zeitpunkt (vgl. auch Senatsurteil vom 9.Februar 2011 -XII ZR 40/09 – FamRZ 2011, 622 Rn.30). Danach bestehen keine Bedenken gegen die in Höhe von insgesamt 144.800 € abgezogenen latenten Ertragsteuern. Nach der maßgebenden Rechtslage am Stichtag waren die Voraussetzungen eines tarifbegünstigten Veräußerungsgewinns (§18 Abs.3 iVm § 16 Abs.2 bis 4 und § 34 Abs.1 und 2 Nr.1 EStG) schon deshalb nicht gegeben, weil die Beklagte das 55.Lebensjahr noch nicht vollendet hatte (vgl. auch BFH BB 1995, 187f. und NJW 2000, 1670).”
Anmerkung:
Wurde der Wert eines Unternehmens (oder eines sonstigen Vermögensgegenstandes) methodengerecht ermittelt, stellt sich die Frage, ob das bereits der endgültige Wert ist, den man im Zugewinnausgleich in die Bilanz des Endvermögens einzustellen hat. Der BGH und die h.M. verneinen dies mit dem Hinweis darauf, dass Zugewinnausgleich in Geld geschuldet werde. Deshalb sei auf den hypothetischen Veräußerungsfall abzustellen und zu ermitteln, welcher Geldbetrag insoweit tatsächlich zu erlangen wäre. Folglich dürften auch sämtliche hypothetischen Veräußerungskosten abgezogen werden. Im Fall der Veräußerung eines Unternehmens können diverse Transaktionskosten anfallen, z.B. Gutachterkosten, Maklerkosten, Notarkosten, Registerkosten. Insoweit wären entsprechende Schätzungen vorzunehmen und der ermittelte Betrag vom Gegenstandswert abzuziehen. Außerdem würden bei Veräußerung eines Unternehmens regelmäßig Ertragsteuern anfallen.
Laut BGH sind diese fiktiven bzw. „latenten“ Steuern ebenfalls vom ermittelten Unternehmenswert abzuziehen. Erst der insoweit bereinigte Wert sei in die Vermögensbilanz einzustellen. Die Erfüllung einer Zugewinnausgleichsforderung führt beim Ausgleichsberechtigten zu keiner Steuerlast, da ein unentgeltlicher und somit nicht zu versteuernder Vorgang vorliegt. Beim Ausgleichsverpflichteten hingegen ist im Falle einer späteren Veräußerung oder Liquidation des Unternehmens eine Versteuerung des Veräußerungs- oder Liquidationsgewinns vorzunehmen. Der Ausgleichsberechtigte würde besser gestellt, wenn er die Zugewinnausgleichsforderung in Form der Hälfte des Unternehmenswertes (bzw. max. Zugewinn) erhielte, während später der Ausgleichsverpflichtete den vollen Unternehmenswert als Veräußerungspreis der Einkommensteuer unterwerfen müsste. Nach der Rspr. des BGH ist zur Ermittlung des Ausgleichsanspruchs in Fällen des Zugewinnausgleichs eine fiktive Veräußerung des Unternehmens an einen Dritten zum jeweiligen Stichtag zu unterstellen. Aus diesem Grund wird eine fiktive Einkommensteuer (latente Steuerlast) des Ausgleichsverpflichteten auf den ermittelten Unternehmenswert berechnet und anschließend vom Unternehmenswert abgezogen (vgl. zur grds. Relevanz latenter Steuern in der Unternehmensbewertung Petersen/Zwirner/Zimny, DB 2015 S. 1609 ff.; auch die IDW S 13 Richtlinie thematisiert die Ertragsteuereffekte in Form von latenten Steuern). Die Entscheidung des BGH, Urt. v. 02.02.2011 – XII ZR 185/08 – stellt klar, dass eine latente Steuerlast nicht nur bei der Bewertung eines Unternehmens, sondern bei jedem Vermögensgegenstand berücksichtigt werden soll, der im Falle seiner Veräußerung am Stichtag Verbindlichkeiten auslösen würde. Somit gilt
Die sog. latenete Steuerlast ist sowohl beim Unternehmenswert im Anfangsvermögen wie auch im Endvermögen zu berücksichtigen. Hat der Ausgleichsverpflichtete noch nicht das 55. Lebensjahr vollendet, kann die latente Steuerbelastung je nach Höhe des Veräußerungsgewinns und der übrigen steuerlichen Verhältnisse bis zu 42% (bzw. 45% bei sehr hohem Einkommen) zuzüglich Solidaritätszuschlag 5,5% und Kirchensteuer betragen. Einmalig kann ab Vollendung des 55. Lebensjahres oder dauernder Berufsunfähigkeit der ermäßigte Steuersatz von 56% des Durchschnittssteuersatzes in Anspruch genommen werden (zum Streit um den richtigen Steuersatz in der Praxis: Oliver Frielingsdorf, Typische Streitpunkte im Zugewinnausgleichsverfahren trotz BGH-konformer Bewertungs-Methodik, in: NZFam 2015, 200ff ). In der Praxis wird oftmals im Wege der Schätzung gem. § 287 ZPO – (insbesondere bei Einzelunternehmen und Personenhandelsgesellschaften) ein standardisierter Steuersatz von 35 % angenommen (BGH , Urteil v. 17.11.2010 – XII ZR 170/09, Rn 31, FamRZ 2011, 183).
Dem Kammergericht Berlin (KG, Urteil, vom 23.09.2016 – 13 UF 135/14) lag der Fall der Bewertung von AG-Anteilen für den Zugewinnausgleich zu Grunde. Zur Ermittlung der latenten Steuerlast im fiktiv gedachten Veräußerungsfall, orientiert sich das KG an der steuerrechtlichen Rechtslage zum Stichtag. Nach § 3 Nr.40c EStG bleiben 40 % vom Gewinn aus der Veräußerung von von Anteilen an Kapitalgesellschaften (§ 17 Abs.2 EStG) steuerfrei. Der Veräußerungsgewinn (= Tatsächlicher Unternehmenswert – Buchwert des Unternehmens) spiegelt das Potential der stillen Reserven im Unternehmen wieder (vgl. BGH FamRZ 2011, 1367).
Ertragssteuerlast beim Teileinkünfteverfahren
Ein weit verbreiteter Irrglaube ist, dass der Verkauf einer GmbH ähnlich wie der Verkauf von Aktien an der Börse mit einem Pauschalsatz von 25 % besteuert wird. Allerdings sieht das für die Veräußerung einer GmbH relevante Einkommensteuerrecht die Anwendung des Teileinkünfteverfahrens vor, wenn der Verkäufer in den letzten 5 Jahren eine Beteiligung von über 1 % hielt und eine natürliche Person oder Personengesellschaft ist. Bei diesem Verfahren sind 40 % des Veräußerungsgewinns (nicht des Verkaufspreises!) steuerfrei, während die restlichen 60 % dem Einkommensteuersatz unterliegen. Obwohl das Gesetz den Verkauf einer Kapitalgesellschaft ausdrücklich als Einkünfte aus der Geschäftstätigkeit definiert, wird bei der Veräußerung keine Gewerbesteuer erhoben.
Bemessungsgrundlage ist der Veräußerungsgewinn nach Abzug der Veräußerungskosten (§ 17 Abs.2 S.1 EStG). Die verbleibenden 60 % des Veräußerungsgewinns nach § 17 Abs.2 S.1 EStG) sind dem sonstigen steuerbaren Einkommen lt. Steuerbescheid zuzurechnen. Daraus ermittelt sich die mit fiktivem Einkommensanteil (= fiktiver Veräußerungserlös) zu ermittelnde persönliche Gesamtsteuerlast des Anteilseigners. Davon wiederum die reale Steuerlast (ohne fiktivem Veräußerungserlös) abgezogen ergibt die latente, sich im Veräußerungsfall des Unternehmensanteils ergebende, Steuerlast. Die Entscheidung des KG wurde vom BGH im Wege der Rechtsbeschwerde überprüft. Der BGH hat den Rechenweg des KG ( Teileinkünfteverfahren : sog. “40/60 – Methode” bei Besteuerung von Veräußerungsgewinnen ) zur Ermittlung der latenten Steuerlast ausdrücklich als konform mit der BGH-Rechtsprechung bezeichnet (vgl. BGH, Urteil vom 8. November 2017 – XII ZR 108/16, Rn 40)
Schema zur Besteuerung nach Teileinkünfteverfahren
Vereinfacht dargestellt ermittelt sich der Veräußerungsgewinn gemäß folgendem Schema (ohne gesetzliche Freibeträge):
Position | Betrag | Kommentar | |
Veräußerungspreis | 1.000.000 € | Verkaufspreis gem. Notarvertrag | |
– | Anschaffungskosten | 25.000 € | Stammkapital, mindestens 25.000 EUR. |
– | Anwaltskosten | 10.000 € | Anwaltliche Beratung beim Verkauf |
– | Steuerberatungskosten | 15.000 € | Steuerliche Beratung beim Verkauf |
– | M&A Berater | 20.000 € | Abwicklung und Beratung beim Firmenverkauf. |
= | Veräußerungsgewinn | 930.000 € | Tatsächlicher Gewinn des Verkäufers |
– | 40% steuerfrei nach EStG | 372.000 € | Bei Beteiligung über 1% |
= | Steuerpflichtiger Betrag | 558.000 € | Zu versteuern mit dem persönlichen Steuersatz |
Unter Berücksichtigung des persönlichen Steuersatzes ergibt sich auf den Veräußerungsgewinn durch das Teileinkünfteverfahren eine reale Steuerlast von 25% bis 30%, die als Faustformel hilfsweise herangezogen werden kann.
Es gibt Unternehmen und Unternehmensbeteiligungen für die es unmöglich ist, einen realistischen Verkehrswert auszuweisen, weil sie faktisch nicht zu veräußern sind. Dies gilt insbesondere für nicht frei verwertbare Unternehmensbeteiligungen, wie z.B. GmbH-Beteiligungen und Beteiligungen an Personengesellschaften. Gesellschaftsverträge enthalten teilweise Einschränkungen bezüglich der Möglichkeiten zum Verkauf der Gesellschaftsanteile.
Die IDW S 13 Richtlinie sieht für Bewertungen für familien- und erbrechtliche Anlässe für Verkaufseinschränkungen einen Abschlag vor (Fungibilitätsabschlag). Der Fungilitätsabschlag kann an Hand von objektiven Kriterien im Einzelfall zu berücksichtigen sein. Ein pauschaler geschätzter Abschlag ohne Begründung für den Einzelfall ist nicht ausreichend.
Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung soll > Ziel jeder Wertermittlung die Feststellung des vollen wirklichen Wert sein. Dieser für den Zugewinn maßgeblliche Wert kann selbst durch vertragliche Vereinbarungen nicht gekürzt werden. Wenn ein Unternehmen nicht wirklich verkauft werden kann, ist eine Methode zur Ermittlung des Verkehrswertes des Unternehmens nicht die richtige. Als realitätsgerechte Alternative kann nur die Zerschlagung des Unternehmens oder bei Unternehmensbeteiligungen das Ausscheiden aus dem Unternehmen gegen Zahlung einer Abfindung in Betracht kommen. Wird in diesem Sinne „ sachverhaltsspezifisch“ vorgegangen (vgl. BGH, FamRZ 1986, 776, 779 ), dann kann es für die Wertermittlung nur auf den Liquidations- bzw. Zerschlagungswertankommen. Der Liquidationswert bildet die unterste Grenze der möglichen Wertermittlung. Dies ist der Wert, der bei einer Veräußerung der einzelnen Gegenstände des Betriebsvermögens zu erzielen ist. Dabei sind die Verbindlichkeiten und die Liquidationskosten sowie latente Steuern abzuziehen. Ein solcher Wert kommt in Betracht, wenn der Vermögensgegenstand als Folge des Zugewinnausgleichs versilbert werden muss und auch eine Veräußerung nicht durch eine Stundung nach § > 1382 BGB abgewendet werden kann ( BGH, FamRZ 1995, 1270, 1271) . Wenn die Bezahlung des vollen Zugewinnausgleichs nur durch eine Unternehmensverwertung in Frage kommt, wäre der Liquidationswertermittlung die „sachverhaltsspezifisch“ korrekte Wertermittlungsmethode . Weder eine Bewertung nach dem Wiederbeschaffungswert noch nach dem Ertragswert ist hier sachverhaltsspezifisch angezeigt. Wenn dagegen das Unternehmen tatsächlich weiter fortgeführt wird und nicht aus Anlass der Scheidung tatsächlich aufgegeben und zerschlagen wird, spricht dies gegen ein Abstellen ausschließlich auf den Liquidationswert. Explizit für Gesellschaftsanteile bietet dafür der BGH, Urteil vom 01.10.1986 – IV b ZR 69/85 (KG) folgenden Hinweis:
BGH, Urteil vom 01. 10. 1986 – IV v ZR 69/85 (KG)
Unveräußerliche Unternehmensbeteiligung (Beteiligung an GmbH)
Aus den Entscheidungsgründen:
(Zitat) “Bei einer nicht frei verwertbaren Unternehmensbeteiligung, wie sie der Bekl. besitzt, bestimmt die weitere Nutzungsmöglichkeit durch den Inhaber maßgeblich den wahren Wert (…). Wenn diese Nutzungs- und Gewinnerzielungsmöglichkeit während der Ehe aufgebaut worden ist, wäre es nicht sachgerecht, den anderen Ehegatten nicht daran teilhaben zu lassen und beim Zugewinnausgleich unter Lebenden nur einen Betrag zu berücksichtigen, der bei einem fiktiven Erbfall zum Bewertungsstichtag zu zahlen wäre. Im vorliegenden Fall spricht alles dafür, dass der Bekl. die GmbH, deren Geschäftsführer er ist, auf unbestimmte Zeit fortsetzt. Was seine Beteiligung wirklich wert ist, ist daher nach den Grundsätzen der Entscheidung BGH, NJW 1980, 229 zu ermitteln, wobei die beschränkte Verwertbarkeit allenfalls in dem Ausmaß berücksichtigt werden kann, in dem sie sich nach der Verkehrsanschauung auf den Wert auswirkt ( BGH, NJW 1980, 229).
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 01.12.2015 – II-1 UF 2/15
Unveräußerliche Unternehmensbeteiligung
(Beteiligung an einer international tätigen Wirtschaftsprüfer- und Steurberater GmbH)
Anmerkung:
Alle Gesellschafter sind Angestellte der Wirtschaftsprüfer- und Steurberater GmbH. Im Gesellschaftsvertrag findet sich eine Abfindungsregelung, wonach der ausscheidende Gesellschafter mit dem Saldo seines Eigenkapitalkontos, seines Verrechnungskontos und des Gewinnanteils für das laufende Geschäftsjahr abgefunden wird. Abfindungsansprüche auf stille Reserven oder good will sind ausgeschlossen. Das OLG Düsseldorf bewertet die GmbH-Beteiligung zum Liquidationswert = Abfindungsguthaben lt. Gesellschaftsvertrag; Argument: die gesellschaftsvertraglichen Regelungen führen dazu, dass keiner der angestellten Gesellschafter einen Wertzuwachs seiner GmbH-Beteiligung erfährt, wenn ein Gesellschafter aus der GmbH ausscheidet. Das OLG hat die Rechtsbeschwerde zum BGH gemäß § 70 Abs.2 S.1 Nr.1 FamFG zugelassen, weil die Frage der güterrechtlichen Bewertung der vorliegenden Partnerbeteiligung an einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft von grundsätzlicher Bedeutung ist.
BGH, Urteil vom 10. 10. 1979 – IV ZR 79/78
Unveräußerliche Unternehmensbeteiligung
(Beteiligung an Personengesellschaft)
Leitsätze:
1. Wenn es für die Bewertung eines zum Endvermögen gehörenden Unternehmens (oder einer Unternehmensbeteiligung) auf die Ertragslage des Unternehmens ankommt, umfaßt der Auskunftsanspruch nach § 1379 BGB die Vorlage der zur Beurteilung der Ertragslage benötigten Bilanzen nebst Gewinn- und Verlustrechnungen.
2. Bei der Berechnung des Endvermögens ist eine Unternehmensbeteiligung bezogen auf den Bewertungsstichtag nach objektiven Kriterien zu bewerten.
3. Bei einer Unternehmensbeteiligung, die keinen Marktpreis hat, bilden im Regelfall der den good will einschließenden Verkehrswert des Unternehmens und der Umfang der Beteiligung die wesentlichen Grundlagen für die Bemessung ihres Wertes. Wenn die Beteiligung – wie in aller Regel bei einer Personengesellschaft – unveräußerlich ist und der Gesellschaftsvertrag im Falle der Kündigung eines Gesellschafters nur einen Abfindungsanspruch vorsieht, der sich nach einem geringeren als dem wirklichen Wert des Unternehmens richtet, kann sich dies wertmindernd auswirken. Auf den Betrag des Abfindungsanspruchs ist der Wert der Beteiligung in einem solchen Fall allerdings dann beschränkt, wenn die Kündigung am Bewertungsstichtag bereits erfolgt war.
BGH, Urteil vom 11.12.2002 – XII ZR 27/00
Bewertung Mitarbeiterbeteiligung
(stille Beteiligung)
Die Bewertung unveräußerlicher Untemehmensbeteiligungen muss im Zugewinnausgleich beachtet werden (BGH FamRZ 1980, 37; 1999, 361).
Aus den Entscheidungsgründen:
(Zitat) “Zutreffend weist das Berufungsgericht auf die Rechtsprechung des Senats (Senatsurteile BGHZ 75, 195 = FamRZ 1980, 37 ff. sowie vom 25. November 1998 – XII ZR 84/97 – FamRZ 1999, 361) zur Bewertung unveräußerlicher Unternehmensbeteiligungen im Zugewinnausgleich hin. Danach ist in Fällen, in denen der Gesellschafter bei seinem Ausscheiden nur eine geringere Abfindung erhält, als sie dem anteiligen Unternehmenswert entspricht, grundsätzlich nicht nur dieser Abfindungswert zugrunde zu legen, sondern auch der in der Vergangenheit aufgebaute und am Stichtag vorhandene Nutzungswert zu bemessen, den die Beteiligung für den Inhaber hat (vgl. ferner Senatsurteil vom 1. Oktober 1986 – IVb ZR 69/85 – FamRZ 1986, 1196, 1197). Die eingeschränkte Verfügbarkeit der Beteiligung ist insoweit allenfalls wertmindernd zu berücksichtigen. (…)”
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