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Verschaffen Sie sich jetzt Klarheit, wie Sie bei einer Scheidung der Zugewinn des Vermögens ermittelt wird. Wir informieren Sie über die Grundsätze des Zugewinns und erklären Schritt für Schritt den Berechnungsprozess.
| Wegweiser zur Ermittlung des Zugewinns
Mit dem System des Zugewinnausgleichs wird nicht des gemeinsame Vermögen der Eheleute auseinandergesetzt. Vielmehr wird die Differenz des unterschiedlich hohen Zugewinns an Vermögen während der Ehezeit ausgeglichen. Der Güterstand der Zugewinngemeinschaft führt begründet keine Eigentums- und Haftungsgemeinschaft. Vielmehr bleibt in der Zugewinngemeinschaft jedem Ehegatten sein Vermögen allein rechtlich zugewiesen. Es gibt also das Vermögen des Ehemannes und das Vermögen der Ehefrau. Man darf sich nicht durch das Wort “Z …- gemeinschaft” irritieren lassen. Was Zugewinn ist, definiert § 1373 BGB. Der Zugewinn-Zeitraum ist die Zeit ab Beginn des gesetzlichen Güterstandes (= Anfangsvermögen) bis zur Beendigung des gesetzlichen Güterstandes (= Endvermögen). Voraussetzung für einen Zugewinn ist, dass das Endvermögen höher ist als das Anfangsvermögen. Ist das Anfangsvermögen höher, dann gibt es keinen Zugewinn. Es gibt auch keinen negativen Zugewinn. Der geringst mögliche Zugewinn ist NULL. Der Zugewinn eines Ehegatten ermittelt sich nach folgendem Schema:
Die Technik der Zugewinnermittlung folgt damit dem gleichen Prinzip wie die Gewinnermittlung im Einkommensteuerrecht nach § 4 Abs.1 EStG. Für die Zugewinnermittlung werden insgesamt vier Vermögensaufstellungen benötigt:
Stichtag für das Anfangsvermögen nach § 1374 BGB ist der Tag der Eheschließung. Denn an diesem Tag tritt der gesetzliche Güterstand ein. Kann der Ehegatte den Bestand eines Anfangsvermögens nicht beweisen, wird vermutet, dass sein Anfangsvermögen gleich „Null“ ist. Das folgt aus der Logik des § 1377 Abs.3 BGB. Wird von den Ehegatten ein gemeinsames Verzeichnis zum Bestand des Anfangsvermögens erstellt, so wird wiederum vermutet, dass das gemeinsam festgestellte Anfangsvermögen richtig ist (§ 1377 Abs.1 BGB).
Der Stichtag für das Endvermögen nach § 1375 BGB ist grundsätzlich der Tag, an dem der Scheidungsantrag zugestellt wird. Denn das Gesetz fingiert diesen Tag (= Tag der Rechtshängigkeit der Scheidung) als den Stichtag, an der gesetzliche Güterstand beendet wird (§ 1384 BGB). Damit sollen Manipulationen des Endvermögens in der Phase zwischen Scheidungsantrag und Rechtskraft der Scheidung vermieden werden (BGH, NJW 87, 1764).
Ein davon abweichender Stichtag für das Endvermögen gilt, wenn ein Ehegatte berechtigt die > vorzeitige Aufhebung der Zugewinngemeinschaft verlangt (§ 1386 BGB) oder die Ehegatten einvernehmlich > per Ehevertrag den gesetzlichen Güterstand vorzeitig beenden.
Der Vermögensbestand an anderen Tagen als den Stichtagen für das Anfangs- und Endvermögen spielt für das System des Zugewinnausgleichs keine Rolle. Es spielt auch keine Rolle, wie und aus welcher Quelle es zu der Vermögensbildung gekommen ist (BGH, Beschluss vom 16. Oktober 2013 – XII ZB 277/12 > BLOG-Eintrag: Der Lottogewinn nach Trennung).
Wertschwankungen vor oder nach dem Stichtag sind unerheblich. Veränderungen nach dem Endvermögens-Stichtag werden beim Zugewinnausgleich nicht berücksichtigt. Selbst wenn ein vollständiger Vermögensverfall nach dem Stichtag stattfindet, so findet dies beim Zugewinnausgleich keinerlei Berücksichtigung (BGH, Urteil vom 04. Juli 2012 – XII ZR 80/10, Rn 28). Auch kann sich der Ausgleichspflichtige nicht auf eine Begrenzung der Ausgleichsforderung nach § 1378 Abs.2 BGB mit dem Argument berufen, er habe das zum Zeitpunkt der Zustellung des Scheidungsantrags festgestellte Vermögen (Wertpapierdepot) zum Zeitpunkt der rechtskräftigen Ehescheidung nicht mehr (Kursverfall der Aktienwerte nach Scheidungsantrag: BGH, Urteil vom 04. Juli 2012 – XII ZR 80/10, Rn 30).
Vermögensbewertung zum Stichtag: Der Streit um die Bewertung eines Vermögensgegenstandes zum maßgeblichen Stichtag spielen in der Praxis eine große Rolle, die insbesondere bei Immobilien mit Gutachtern geklärt werden müssen. Vor allem Grundstücke werden häufig nach einer Trennung veräußert. Sofern die Veräußerung zeitnah zum Stichtag erfolgte, kann der Verkaufserlös als Wert der Immobilie auch im Zugewinn angesetzt werden. Hierbei sind die auf dem Gegenstand lastenden Schulden sowie die Veräußerungskosten und Steuern abzuziehen (Carlberg in Scholz/Kleffmann/Motzer, Praxishandbuch Familienrecht, Teil B Rdnr. 4).
Eine Ausnahme davon bilden die in § 1374 Abs.2 BGB beschriebenen Erwerbsvorgänge (sog. privilegierter Vermögenserwerb). Privilegierte Erwerbsvorgänge werden dem Anfangsvermögen hinzugerechnet. Damit wird geerbtes oder geschenktes Vermögen aus dem Zugewinn herausgenommen.
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Eine weitere Ausnahme bilden > illoyale Vermögensminderungen. Vermögensminderungen, die auf Handlungen im Sinne des § 1375 Abs.2 S1. BGB zurückzuführen sind, werden dem Endvermögen hinzugerechnet.
Wegen des Stichtagsprinzips ist grundsätzlich der Vermögensbestand an anderen Tagen als dem Stichtag ohne Belang. Also bestehen Bestrebungen, exakt für den maßgeblichen Stichtag das Endvermögen möglichst gering auszuweisen. Wer also großes Vermögen in Form von Kapitalanlagen besitzt, das erheblichen Kursschwankungen ausgesetzt ist (Aktien), für den kann das Stichtagsprinzip ein Entscheidungskriterium dafür sein, an welchem Tag der Scheidungsantrag, dem anderen Ehegatten zugestellt werden soll, nämlich am besten am Tag, an dem die Aktienkurse im Keller liegen. Wer etwa noch Schulden aufzunehmen hat, sollte dies vor dem Stichtagerledigen. Dann können die Schulden in die Vermögensbilanz zum Endvermögen eingebucht werden. Nach dem Stichtag werden sie nicht berücksichtigt. Beliebt sind auch Behauptungen, das Barvermögen sei vor dem Stichtag im Spielcasino verspielt worden (Thema: Verschwendung).
BGH, Beschluss vom 13.12.2017 – XII ZB 488/16
Stichtagsprinzip – Wenn der Scheidungsantrag gezielt (manipulativ) für einen gewollten Endvermögensstichtag eingereicht wird
Leitsätze:
Anmerkung: Der BGH erklärt in dieser Entscheidung (siehe Rn 12 ff) sehr ausführlich das System der Stichtage. Ein Scheidungsantrag, der 8 Monate nach dem Trennungszeitpunkt eingereicht wird, ist noch kein Umstand, der ausnahmsweise eine Stichtagsverschiebung begründen kann: (Zitat, Rn 19) “Das Oberlandesgericht ist in rechtsbeschwerderechtlich nicht zu beanstandender Weise davon ausgegangen, dass ein Zeitraum von etwa acht Monaten zwischen dem Datum der Zustellung des Scheidungsantrags und dem Ablauf des Trennungsjahres allein für eine Verschiebung des Stichtags nicht ausreicht. Denn angesichts des im Zugewinnausgleichsrecht festgelegten pauschalisierenden und schematischen Berechnungssystems begründet eine solche Zeitspanne keine Umstände, die dem Gerechtigkeitsempfinden in unerträglicher Weise widersprächen.”
Weiter müssen für eine vom Gesetz abweichende Stichtagsverschiebung handfeste Tatsachen vorgetragen werden, dass der Scheidungsantrag böswillig verfrüht mit bewusster Schädigungsabsicht eingereicht wurde. (Zitat, Rn 29) “Schließlich sind die Ausführungen des Oberlandesgerichts, denen zufolge eine bewusste oder gar geplante Minderung des Endvermögens durch eine “verfrühte” Stellung des Scheidungsantrags in Benachteiligungsabsicht nicht ersichtlich ist und die darlegungspflichtige Ehefrau hierzu nicht in genügender Weise vorgetragen hat, rechtsbeschwerderechtlich nicht zu beanstanden.” In der Praxis wird die bewusste Schädigungsabsicht nur in ganz seltenen Ausnahmefällen nachzuweisen sein. So fehlt die Schädigungsabsicht bereits dann, wenn der antragstellende Ehegatte plausibel erklärt, warum aus seiner Sicht eine Scheidungsreife eingetreten ist oder demnächst eintritt.
Zur Feststellung eines Zugewinns wird jeder Vermögensgegenstand erfasst. Ausnahmen davon können nur im Wege einer notariellen Vereinbarung geschaffen werden.
Vermögen, das ein Ehegatte nach Eintritt des Güterstands von Todes wegen oder mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht, durch Schenkung oder als Ausstattung erwirbt, wird nach Abzug der Verbindlichkeiten dem Anfangsvermögen hinzugerechnet, soweit es nicht den Umständen nach zu den Einkünften zu rechnen ist.
Nach § 1374 Abs.2 BGB ist nur Vermögen, das ein Ehegatte nach Eintritt des Güterstandes von Todes wegen oder mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht, durch Schenkung oder als Ausstattung erwirbt, seinem Anfangsvermögen hinzuzurechnen und damit vom Zugewinnausgleich ausgenommen. § 1374 Abs.2 BGB kann auf einen sonstigen (anderen) Vermögenszuwachs auch nicht entsprechend angewendet werden (BGH, Beschluss vom 16. Oktober 2013 – XII ZB 277/12, Rn 12).Die Fälle des § 1374 Abs.2 BGB, in denen ein Zugewinnausgleich nicht stattfinden soll, stellen Ausnahmen von dem gesetzlichen Prinzip dar, wonach es für den Zugewinnausgleich grundsätzlich nicht darauf ankommt, ob und in welcher Weise der den Ausgleich fordernde Ehegatte zur Entstehung des Zugewinns beigetragen hat (Senatsurteil BGHZ 170, 324 = FamRZ 2007, 978 Rn. 16). Dabei sind die in § 1374 Abs. 2 BGB geregelten Ausnahmen nicht allein dadurch gerechtfertigt, dass der andere Ehegatte in diesen Fällen nicht zu dem Erwerb beigetragen hat. Ein wesentlicher Grund für die gesetzliche Ausnahmeregelung ist vielmehr, dass eine derartige Zuwendung meist auf persönlichen Beziehungen des erwerbenden Ehegatten zu dem Zuwendenden oder auf ähnlichen besonderen Umständen beruht (Senatsurteile BGHZ 170, 324 = FamRZ 2007, 978 Rn. 16; BGHZ 157, 379 = FamRZ 2004, 781, 782; BGHZ 130, 377 = FamRZ 1995, 1562, 1564; BGHZ 82, 145 = FamRZ 1982, 148; BGHZ 82, 149 = FamRZ 1982, 147; BGHZ 80, 384 = FamRZ 1981, 755, 756).
Wichtig ist, dass Sie Angaben zum Vermögenserwerb nach § 1374 Abs.2 BGB freiwillig Auskunft erteilen; denn solche Zuflüsse mindern Ihr Endvermögen und damit Ihren Zugewinn, selbst wenn diese während der Ehe verbraucht wurden, also am Stichtag für die Berechnung des Endvermögens nicht mehr vorhanden sind. Solche Positionen müssen im Bestreitensfall ebenso wie das Anfangsvermögen durch Urkunden belegt oder mit Zeugen nachgewiesen werden.
Als Erbschaften im Sinne des § 1374 Abs.2 sind solche Vermögenswerte zu berücksichtigen, die aufgrund eines Erbrechts im Wege der Legalzession (= von Todes wegen) auf den Erben übergehen. Entscheiden ist der Wert der tatsächlich durch Erbe zugeflossenen Vermögensgegenstände. Unerheblich sind geflossene Zahlungen aus Anlass einer Erbauseinandersetzung.
Schenkungen (z.B. Zuwendungen der > Schwiegereltern) sind nur anzunehmen, wenn sie den Charakter der Unentgeltlichkeit aufweisen und für die Vermögensbildung des Beschenkten bestimmt sind. Dazu
BGH, Urteil vom 06.11.2013 – XII ZB 434/12
Was ist eine Schenkung im Sinne von § 1374 Abs.2 BGB?
(Zitat, Rn 29) „Das Gesetz definiert nicht näher, was in diesem Zusammenhang unter “Einkünften” zu verstehen ist. Mit der Zielsetzung, die der Zugewinnausgleich verfolgt, sollen nur Vermögenszuwächse ausgeglichen werden. Wenn dabei auch solche unentgeltlichen Zuwendungen nach § 1374 Abs. 2 BGB privilegiert wären, die nicht der Vermögensbildung, sondern von vornherein nur dem Verbrauch dienen, würde dies – zum Nachteil des anderen Ehegatten – zu einer ständigen Vergrößerung des Anfangsvermögens führen, ohne dass diese Zuwendungen im Endvermögen noch in nennenswertem Umfang in Erscheinung treten würden. Es würde dann nicht nur eine Nichtbeteiligung des anderen Ehegatten an diesen Zuwendungen, sondern faktisch sogar dessen Benachteiligung erreicht (OLG Bremen OLGR 1998, 205, 207; MünchKommBGB/Koch 6. Aufl. § 1374 Rn. 28; Erman/Budzikiewicz BGB 13. Aufl. § 1374 Rn. 20; Johannsen/Henrich/Jaeger Familienrecht 5. Aufl. § 1374 Rn. 39). Bei unentgeltlichen Zuwendungen im Sinne des § 1374 Abs. 2 BGB ist deshalb in erster Linie danach zu unterscheiden, ob sie zur Deckung des laufenden Lebensbedarfes dienen oderdie Vermögensbildung fördern sollen. Das wird im Einzelfall unter Berücksichtigung des Anlasses der Zuwendung, der Willensrichtung des Zuwendenden und der wirtschaftlichen Verhältnisse des Zuwendungsempfängers zu beurteilen sein (Senatsbeschluss BGHZ 101, 229, 234 = FamRZ 1987, 910, 911).
OLG München, Hinweisbeschluss vom 28.10.2019 – 2 UF 831/19
(intern vorhanden, unser Az.: 519/16)
Einkommen oder Schenkung im Sinne von § 1374 Abs.2 BGB?
(Zitat) “Nach der gesetzgeberischen Zielsetzung sind Einkünfte einmalige oder regelmäßige Zuwendungen, die nicht zur Vermögensbildung, sondern zum laufenden Verbrauch bestimmt sind. Bei der jeweiligen Einzelfallprüfung sind der Anlass der Zuwendung, die Absicht des Zuwendenden und die wirtschaftlichen Verhältnisse des Empfängers zu berücksichtigen (Schulz/Hauß, Vermögensauseinandersetzung bei Trennung und Scheidung, 6. Auflage, Rn. 39; FA-FamR/Hammermann, 11. Aufl., Kap.9, Rdnr.115 ff). Nach vorherrschender Meinung sind auch größere Geldzuwendungen, wie für den Kauf eines Pkws oder einer Wohnungseinrichtung zu den Einkünften im Sinne von § 1374 Abs. 2 BGB zu rechnen. Anhaltspunkte für die Beurteilung, ob größere Geld- oder Sachzuwendungen Einkünfte darstellen, können sich – vergleichbar der Vermögensbewertung unsicherer Rechte – aus einer Prognose ergeben: Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass Zuwendungen, falls die Ehe in ein paar Jahren scheitert, bereits verbraucht oder noch im Vermögen des begünstigten Ehegatten vorhanden sind? Ist die Wahrscheinlichkeit gering, dass die Zuwendungen noch vorhanden sind, spricht dies dafür, sie als Einkünfte zu bewerten (Schulz/Hauß a.a.O. Rn. 41, 43).”
Anmerkung: Vermögenszuwendungen ohne Gegenleistung sind nicht dem Anfangsvermögen nach § 1374 Abs.2 BGB als “Schenkungen” zuzurechnen, soweit sie als” Einkünfte” zu qualifizieren sind. Das ist der Fall, wenn z.B. Geldschenkungen nicht zur Vermögensbildung, sondern zum Verbrauch bestimmt waren (OLG Köln, Urteil vom 26.08.2008 – 4 UF 38/08, in NJW 2009, 1005; vgl. Hdb. des FA, Kap. 9, Rn 93ff). Weil in der Praxis die Beteiligten zu den Geldschenkungen regelmäßig keine ausdrückliche Zweckbestimmungserklärung abgeben, sind sämtliche Umstände darzulegen. Die Beweislast für die Umstände zur Qualifizierung als Schenkung, die dem Anfangsvermögen zugerechnet werden soll, trägt dabei derjenige Ehegatte, der sich zu seinen Gunsten auf die Zurechnungsvorschrift des § 1374 Abs.2 BGB berufen will (BGH, Urteil vom 20.07.2005 – XII ZR 301/02, in FamRZ 2005, 1660).
Danach sind in der Regel als
Erfolgen die Zuwendungen für ein Anwesen, dessen Eigentümer beide Ehegatten jeweils zur Hälfte sind, sind sie jeweils zur Hälfte in der Vermögensbilanz jedes Ehegatten zuzurechnen. Soweit Zuwendungen in das gemeinsame Anwesen eingeflossen sind, ist diese als Schenkung an beide Ehegatten jeweils zur Hälfte dem Anfangsvermögen zuzurechnen (vgl. BGH, Urteil vom v. 21.07.2010 – XII ZR 180/09).
Bereits ab Trennung kann Auskunft über das Endvermögen zum Zeitpunkt der Trennung verlangt werden (§ 1379 Abs.2 BGB). Somit gibt es einen Anspruch auf Auskunft zum Vermögensbestand eines Ehegatten an drei unterschiedlichen Stichtagen.
Warum bezeichnen wir den “Tag der Trennung” als “Ersatz-Stichtag“? Weil er ersatzweise an die Stelle des Stichtags des Scheidungsantrags tritt, wenn der Verdacht besteht, dass in der Zeit zwischen Trennung und Scheidungsantrag Vermögen unzulässig verschleudert wurde. Dadurch wird die Phase der Vermögensminderung nach Trennung rechtstechnisch abgeblendet. Zeigt die Vermögensbilanz eines Ehegatten zum Tag der Zustellung des Scheidungsantrags einen geringeren Wert als zum Tag der Trennung, so hat dieser Ehegatte darzulegen und zu beweisen, dass die Vermögensminderung nicht auf Manipulationen und Verschwendungen im Sinne des § 1375 Abs.2 Nr. 1 bis 3 BGB zurückzuführen ist. Gelingt ihm der Beweis nicht, wird für die Berechnung des Zugewinns insoweit das Vermögen zum Trennungszeitpunkt herangezogen. Mit dieser Regelungstechnik soll das Feld für Manipulationen auf die Zeit vor der Trennung zurückgedrängt werden (Walter Kogel, Arbeitshilfen: illoyale Vermögensminderung im Zugewinnausgleich, in: FF 2016, 449). Allerdings gibt es diesen Auskunftsanspruch nach § § 1379 Abs.2 BGB nur dann, wenn es einen Trennungs-Stichtag gibt.
BGH, Urteil vom 19. April 2000 – XII ZR 62/98
Anspruch auf Auskunft über Verwendung oder Verbleib diverser Vermögensgegenstände besteht – im Regelfall – nicht.
(Zitat) “Ein darüber hinausgehender Anspruch auf Auskunft über Verbleib und Verwendung der Sparguthaben in der Zeit vom 29. August 1994 bis 31. August 1995, den die Klägerin auf den Verdacht illoyaler Vermögensminderungen im Sinne des § 1375 Abs. 2 BGB stützt, besteht nicht. Wie der Bundesgerichtshof mehrfach entschieden hat, erstreckt sich der Auskunftsanspruch aus § 1379 Abs. 1 BGB nicht auf die nach § 1375 Abs. 2 BGB dem Endvermögen hinzuzurechnenden Vermögensminderungen. Ein Recht auf Auskunft kommt insoweit nur ausnahmsweise gemäß § 242 BGB in Betracht, wenn und soweit der Kläger Auskunft über einzelne Vorgänge verlangt und konkrete Anhaltspunkte für ein Handeln im Sinne des § 1375 Abs. 2 BGB vorträgt (BGHZ 82, 132, 138; Senatsurteil vom 26. März 1997 – XII ZR 250/95 – FamRZ 1997, 800, 803; Johannsen/Henrich/Jäger aaO § 1379 Rdn. 3 m.w.N.). Für Vermögensminderungen im Sinne von § 1375 Abs. 2 Nr. 2 BGB reicht im Übrigen ein großzügiger Lebensstil oder ein Leben über die Verhältnisse nicht aus. Außerdem muß die Benachteiligungsabsicht im Sinne von Abs. 2 Nr. 3 gegenüber dem anderen Ehegatten das leitende Motiv gewesen sein“.
Anmerkung: Keineswegs hat sich ein Anspruch auf Auskunft über Verbleib und Verwendung von Vermögenswerten mit dem Auskunftsanspruch des Vermögensbestands zum Trennungszeitpunkt (§ 1379 Abs.2 BGB) erledigt. Jede illoyale Vermögensminderung i.S.d. § 1375 Abs.2 BGB, die nach Eintritt des Güterstandes erfolgt, kann dem Endvermögen für die Ermittlung des Zugewinns zugerechnet werden. Wer eine solche Vermögensverschwendung darlegen und beweisen will, die vor dem Trennungszeitpunkt stattgefunden hat, kann sich aber nicht auf die erleichterte Beweislastregelung des § 1375 Abs.2 S.2 BGB verlassen. Er benötigt also einen besonderen Auskunftsanspruch. Einen solchen Auskunftsanspruch leitet der BGH aus § 242 BGB ab (vgl. BGH, Beschluss vom 15.8.2012 – XII ZR 80/11; vgl. auch Walter Kogel, Arbeitshilfen: Illoyale Vermögensminderung im Zugewinnausgleich, in: FF 2016, 449). Dieser aus § 242 BGB abgeleitete allgemeine Auskunftsanspruch wird vor allen Dingen auch dann eingesetzt, wenn der genaue Trennungszeitpunkt nicht ermittelbar ist (was in der Praxis häufig der Fall ist). Falls der Ausgleichsberechtigte Kenntnis vom Vermögen der Gegenseite zum ungefähren Trennungsdatum hatte, ist der Verpflichtete gehalten, sich zum Verlust dieses konkret bezeichneten Vermögens lückenlos zu äußern (vgl. KG FamRZ 1998, 1514 („Schwund“ von 135.000 EUR); OLG Bremen FamRZ 1994, 94 (Fehlbetrag von 36.000 EUR bei guten Einkommensverhältnissen). Allerdings hat der Auskunftsberechtigte nach § 1379 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BGB – wie bisher nach § 242 BGB – konkrete Tatsachen vorzutragen, die ein unter § 1375 Abs. 2 Satz 1 BGB fallendes Handeln nahelegen. Das gilt jedenfalls dann, wenn und soweit er Auskunft für die Zeit vor der Trennung begehrt.
Gerade dann, wenn der genaue Trennungszeitpunkt nicht ermittelbar ist, wird der Auskunftsanspruch nach § 242 BGB zum Einsatz kommen müssen. Falls der Ausgleichsberechtigte Kenntnis vom Vermögen der Gegenseite zum ungefähren Trennungsdatum hatte, ist der Verpflichtete gehalten, sich zum Verlust dieses konkret bezeichneten Vermögens lückenlos zu äußern. Das folgt aus der allgemeinen > prozessualen Obliegenheit zur vollständigen und wahrheitsgemäßen Darlegung (§ 138 Abs.3 ZPO) der entscheidungsrelevanten Umstände. Auch hier gilt – wie allgemeinen bei Auskunftsansprüchen nach § 242 BGB: Derjenige, in dessen Sphäre sich Vermögensminderungen abspielen, ist viel eher in der Lage, dezidiert den Verlust zu erklären, als der Außenstehende, welcher Ansprüche geltend macht. Zwar muss der Ausgleichsberechtigte das Endvermögen der Gegenseite nachweisen. Sofern aber Vermögensverluste unstreitig bestehen oder sich rechnerisch aus der Auskunft ergeben, trifft den Verpflichteten eine gesteigerte Obliegenheit, den Vermögensverlust zu erklären. Tut er dies nur widersprüchlich, halbherzig oder gar nicht, werden ihm diese Beträge zugerechnet.
BGH, v. 19.04.2000 – XII ZR 62/98
Verschwendung – Verwendung von Sparvermögen
Anmerkung: Der BGH hat für den Fall einer Verschwendung nach § 1375 Abs.2 Nr.2 BGB betont, dass diese nicht bereits gegeben ist, wenn ein Ehegatte über die Verhältnisse hinaus lebt. Hinzukommen muss, dass eine Benachteiligungsabsicht im Sinne des § 1375 Abs. 2 Nr.3 BGB das leitende Motiv gewesen ist (zur Auskunft über Mittelverwendung siehe auch Thema: Bankkonto).
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